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Flora
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Erstellt: 16.05.06, 13:34 Betreff: Der Kanun (Wikipedia) das albanische Gewohnheitsrecht
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Kanun des Lek Dukagjin
In den nordalbanischen Bergen waren die Bewohner durch die dortigen geografischen Gegebenheiten so von der Außenwelt abgeschottet, dass sich hier ein aus dem Mittelalter stammendes, möglicherweise sogar vorrömisches Gewohnheitsrecht bis in die Neuzeit erhalten hat. Dieses wird in seiner meistzitierten Fassung als Kanun des Lek Dukagjin (albanisch: Kanuni i Lekë Dukagjinit) bezeichnet, nach einem zu Skanderbegs Zeiten lebenden mächtigen Fürsten. Dass Lek (Alexander) Dukagjin (1410-1481) nicht nur Namensgeber, sondern auch Urheber dieser Gesetzessammlung war, ist unwahrscheinlich.
Grundlage des Kanuns ist das Leben in der Großfamilie, wo in der Regel drei Generationen unter der Anführerschaft des ältesten Mannes unter einem Dach wohnten. Die Gesetzessammlung regelt die Bereiche Schuldrecht, Ehe- und Erbrecht, Strafrecht sowie Kirchen-, Landwirtschafts-, Fischerei- und Jagdrecht ziemlich umfassend. Im Strafrechtsbereich ist der Kanun noch von der Ehrverletzung und der Blutrache geprägt, wobei der Begriff des Gottesfriedens (Besa) bereits bekannt ist. Da der Kanun bis heute tief im Denken der nordalbanischen Gegen verwurzelt ist, entsteht oft ein Konflikt zwischen modernen Gesetzen und dem Kanun. Die Frauen spielen im Kanun eine marginale Rolle und haben kaum Rechte. Sie gelten als Schlauch (shakull), in dem die Ware transportiert wird, sind aber auf der anderen Seite unverletzlich, wenn es zu Ehrverletzungen kommt.
Die Nordalbaner erkannten keine zentrale Herrschaft an. Streitigkeiten wurden auf Versammlungen der Familienoberhäupter eines Dorfes oder Stammes geregelt, einer Art Landsgemeinde resp. Thing. Einzige weltliche Autorität war der Kapedan ("Kapitän"), der jeweils vom Oberhaupt der Familie Gjonmarku gestellt wurde. Er war Anführer der Mirditen und letzte Instanz in Entscheidungen und Streitfragen. Die Rechte der privilegierten Familie und die Rolle des Kapedan waren im Kanun genau umschrieben. Jeder Mirdite, der jemanden tötete, musste den Gjonmarku eine Abgabe zahlen.
Kanun i Papazhulit
Im Süden des Landes bestand ein nur in Details verschiedener Kanun i Papazhulit, der auf die unterschiedlichen sozialen, religiösen und gesellschaftlichen Umstände Rücksicht nimmt. Im weniger abgeschiedenen Südalbanien waren die Bedeutung und die tiefe Verwurzelung in der Bevölkerung aber viel geringer.
Geschichte
In den unzugänglichen nordalbanischen Gebirgen hatten die Osmanen, die das Land rund 500 Jahre lang besetzten, nie wirklich die Macht erlangt. Somit konnten sie dort auch nicht ihre Gesetze einführen. Mangels anderer staatlicher Macht konnte sich der Kanun deshalb bis in die Neuzeit erhalten.
Das immer nur mündlich überlieferte Gesetzeswerk wurde erstmals vom Franziskanerpater Shtjefën Gjeçovi (1874-1929) am Ende des 19. Jahrhunderts in der Version des Kanun des Lek Dukagjin gesammelt und in der Folge in Teilen publiziert. Die erste vollständige Publikation erschien 1933 in Shkodra.
Während der kommunistischen Diktatur in Albanien war der Mechanismus der Blutrache sistiert; denn der Staat konnte seine Rechtshoheit landesweit durchsetzen. Seit dem Zusammenbruch des Kommunismus anfangs der 1990er Jahre hat sich insbesondere die Blutrache wieder etabliert. Der junge demokratische Staat war zu schwach, um diese Dynamik der Selbstjustiz regulieren zu können. Erst das Erstarken des albanischen Staates nach den Unruhen von 1997 führte zu einem langsamen Rückgang der Blutrache-Konflikte. Heute sollen – je nach Quelle – wieder bis zu 15.000 albanische Familien in Blutrache-Konflikte verstrickt sein, die zum Teil auf Vorfälle vor dem Zweiten Weltkrieg zurückgehen. Dabei werden die regulierenden Bestimmungen des Kanun aber meist nicht eingehalten, so dass auch Kinder und Frauen bedroht werden und in ärmlichen Verhältnissen zu Hause gefangen sind.
Die katholische und die islamische Geistlichkeit in Nordalbanien sprechen sich konsequent für die Achtung des bürgerlichen Rechts und damit für die Sistierung des Kanuns aus. Ihr Einfluss auf die Gläubigen und vor allem auf die religiös nicht Gebundenen ist allerdings begrenzt. Hier noch ein Link dazu
http://www.elsie.de/pdf/B2001DerKanun.pdf
Te fala Flora
[editiert: 16.05.06, 13:36 von Flora]
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lupo-de-mare
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Beiträge: 423 Ort: München-Durres
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Erstellt: 05.06.06, 19:51 Betreff: Re: Der Kanun (Wikipedia) das albanische Gewohnheitsrecht
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Der Kanun wurde leider von Vielen seit 1990, in einer eigenen Interpretation kurz gesagt ziemlich vermurkst, was sich sehr negativ auswirkte.
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Veilchen1
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Erstellt: 03.07.06, 20:26 Betreff: Re: Der Kanun (Wikipedia) das albanische Gewohnheitsrecht
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Ich als Deutsche (ich weiß leider nicht wie das die alb. FRauen unter uns empfinden), kann leider nicht verstehen wie es zu der Regelung der "Blutrache" kommen konnte. Und vor allem auch nicht wie es dazu kommen kann, dass sich noch soviele Leute daran halten. Das ist eins der schlimmsten "Gesetze" die es bei den Albanern gibt, finde ich. Trotzdem guter Thread.
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Ladina
Ehemaliges Mitglied
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Erstellt: 03.07.06, 20:30 Betreff: Re: Der Kanun (Wikipedia) das albanische Gewohnheitsrecht
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Das ist mir auch ein Rätsel. Mein Mann empfindet es als vollkommen selbsverständlich und würde auch danach handeln, wenn es drauf ankommen würde. Das macht mich manchmal sehr nachdenklich und in so einer Blutrache ist man schneller verwickelt als einem lieb ist. Vor ein paar Monaten wurde die Frau eines Cousins meines Mannes in Tirana von ihrem Nachbarn erschossen. Es ging lediglich um Wasser. Tja, jetzt ist die Familie des Cousins am Zuge und wird wohl bald die Blutrache ausführen. Schlimmer Gedanke.
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Veilchen1
Vielschreiber
Beiträge: 423 Ort: Baden-Württemberg
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Erstellt: 03.07.06, 20:45 Betreff: Re: Der Kanun (Wikipedia) das albanische Gewohnheitsrecht
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So ähnlich geht es mir auch. Vor ca. 2 Monaten ist ein Cousin von meinem Mann von einem Enkel eines Derwish überfahren worden. Der Typ wollte einfach schnell fahren obwohl er gesehen hat das Kinder auf der Straße sind. Das Kind ist tot, der Fahrer aus dem Gefängnis frei gekauft. Ich kann sehr gut verstehen und nachvoll ziehen das die Familie des Kindes Hassgedanken hegt und dieses Unrecht vergelten will, aber bei dieser Blutrache hört die Geschichte niemals auf und völlig Unbeteiligte leiden letztendlcih darunter. Als mein Mann mir zugestimmt hat als ich sagte also könnte jemand warten das du aus dem Flugzeug steigst und dich abknallt aus RAche, war ich wirklich erschrocken. Ich liebe ihn sehr und würde ihn nie verlieren wollen, aber genauso gut könnte es mcih treffen und ich hab mit der Geschichte genausowenig zu tun wie mein Mann. Was ist das für eine Regel? Das unschuldige ihr Leben lassen müssen für den Fehler eines kleinen dummen Jungen der einfach nciht weiß das das Gaspedal am Auto kein Spielzeug ist?! Wie kann es sein das eine Frau ihren Sohn oder ihre Tochter verliert weil jemand mit dem Gewehr eine Ohrfeige rächen muss. Und dann noch, das es ja nciht mal den trifft der das ganze verzapft hat. Sobald man sich an der Person einmal gerächt hat, ist sie tabu?! Dafür muss der Rest der Familie leiden?! Nein....sowas kann und will ich nicht verstehen!!!!!
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Ladina
Ehemaliges Mitglied
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Erstellt: 03.07.06, 20:50 Betreff: Re: Der Kanun (Wikipedia) das albanische Gewohnheitsrecht
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Die Frauen sind generell nicht von der Blutrache betroffen. Dir wird nichts passieren. Auch Kinder sind ausgenommen und alte Leute, soweit ich weiß. Dennoch ist es ein bedrückendes Gefühl, zu wissen, der eigene Mann könnte diesem zum Opfer fallen. Komischerweise macht mein Mann sich darüber überhaupt keine Gedanken. Er sagt, wenn es so sein soll, dann soll es so sein. Und wenn jemand seiner Familie was antut, dann geht er über Leichen. Ich weiß nicht, warum die Familien, die normalerweise sehr westlich eingestellt sind, die Blutrache als normal ansehen. Naja, ändern können wir nichts daran und ehrlich gesagt würde ich auch zur Mörderin, sollte jemand meinem Mann was tun.
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Veilchen1
Vielschreiber
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Erstellt: 03.07.06, 20:58 Betreff: Re: Der Kanun (Wikipedia) das albanische Gewohnheitsrecht
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Das mit den Frauen und Kindern und Alten wußte ich nicht. Klar würd ich auch zum Berserker werden wenn jemand meinen Mann umbringen würde, aber wenn ich dann Rache üben würde, dann nur an der Person die ihn auch auf dem Gewissen hat und nicht an dem Bruder oder dem Onkel oder jemand andrem Verwandten. Mein Mann hält von der Blutrache nicht soviel. Er hofft immer das es nicht soweit kommt und jetzt in diesem Fall z.B. der Onkel entscheidet das er keine Blutrache will. Aber wenn es dazu kommen sollte das Blutrache geschworen wird, bleibt ihm ja nichts andres übrig als mitzumachen. Das ist ja leider auch teil des Gesetzes. Letztendlich hängt jeder an seinem Leben und will es nciht auf so sinnlose Art und Weise verlieren. Da wir unsere Männer lieben, müssen wir uns leider mit so sinnlosen Sachen auseinander setzen und hoffen das es nie soweit kommt und man ein langes glückliches zufriedenes Leben zusammen führen kann.
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lupo-de-mare
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Erstellt: 03.07.06, 21:59 Betreff: Re: Der Kanun (Wikipedia) das albanische Gewohnheitsrecht
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l eZitat: Ladina
Das ist mir auch ein Rätsel. Mein Mann empfindet es als vollkommen selbsverständlich und würde auch danach handeln, wenn es drauf ankommen würde. Das macht mich manchmal sehr nachdenklich und in so einer Blutrache ist man schneller verwickelt als einem lieb ist. Vor ein paar Monaten wurde die Frau eines Cousins meines Mannes in Tirana von ihrem Nachbarn erschossen. Es ging lediglich um Wasser. Tja, jetzt ist die Familie des Cousins am Zuge und wird wohl bald die Blutrache ausführen. Schlimmer Gedanke. |
Ja, Grundstücke und Wasser.
Jeder hat sich auf ein Grundstück gesetzt und eine Tafel aufgestellt:
Tokes private
Dann wird dem Nachbarn, die Wasserleitung illegal angezapft usw..
Da sollte man sich wundern, das es kracht, wenn jeder illegal und irgendwo baut.
Das ist aktuell auch die grösste Problem in Albanien. Vor kurzem wurden der Bürgermeister von Velipolje/Skhoder und der Bürgermeister von Golem festgenommen. Es sind die beiden Gemeinden mit Durres und Tirana, wo die Grundstücks Registrierungs Direktoren ebenso festgenommen wurde usw..
Andere tragen es halt mit Waffen aus.
Kosovaren haben sich überall in Tirana und Durres viele km Grundstücke geklaut! Da muss es einfach irgendwann Ärger geben.
[editiert: 03.07.06, 22:00 von lupo-de-mare]
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lupo-de-mare
Vielschreiber
Beiträge: 423 Ort: München-Durres
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Erstellt: 21.12.08, 09:29 Betreff: Re: Der Kanun (Wikipedia) das albanische Gewohnheitsrecht
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Inzwischen wurden über 5.000 Personen in Albanien ermordert wegen der Blutrache, und fast immer ging es um Grundstücke, welche praktisch die Nord Albaner bzw. auch Kosovaren illegal im Raum Durres-Tirana-Vora-Kruje etc.. besetzt und bebaut haben.
5.097 Kanun Tode in Albanien in 16 Jahren
Ramuz Haradinaj Hotels direkt am Militär Zaun (Grundstück der Zentral KOmmandos des Militärs und Staatspräsidenten in Plepa südlich Durres)nördlich am Strand! Sitz der Todes Schwadrone schon in 1998 der sogenannten Atlantik Brigande.
Bar "DRENICA" eine von 6 illegalen Bauten von Hashim Thaci südlich Durres
Neue Kaufhäuser in Durres: Das hintere blaue Kaufhaus gehört dem Chef der Bande e Durresi, dem Kosovaren Lul Berisha, der mit 16 anderen hoch kriminellen Gangstern und Mördern im Gefängnis sitzt u.a. auch als zig-fach Mörder von Albanern. Unverändert gab es allein wegen dieser Gruppe mehrere Morde im Raum Durres in 2008.
Die Durres Bande von "Lul" Lulzim Berisha und Klodian Saliut
Wenn man durch Mord meint, sich Grundstücke anzu eignen, oder seine Schafs Herde trotz Ermahnung ständig auf fremde Grundstücke treibt, so kracht es halt nun mal in Albanien, weil die Justiz vollkommen korrupt ist. Aber auch hier bessert sich langsam etwas.
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