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Der KANUN

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New PostErstellt: 11.03.08, 22:03  Betreff: Re: Der KANUN - Wege aus der Gewalt  drucken  weiterempfehlen

Wege aus der Gewalt

Das schlagartige Wiederaufleben des scheinbar

überwundenen Gewohnheitsrechts stellt für Albanien ein weiteres

Handicap auf dem Weg zu einer modernen zivilen Gesellschaft

dar. Es gibt kein kurzfristig wirksames Rezept zur

Gegensteuerung.

Dass eine ausschließlich repressive Strategie des Staates

keinen anderen Erfolg als das zeitweilige "Einfrieren" dieser

Tradition zeitigt, ist durch das PPSH-System bewiesen worden.

Doch sind ein funktionierender, flächendeckend effizienter

Einführung

49

Albanischen Freundschaftsgesellschaft e.V.

3/1995.

xxxvi

Dieser Aufsatz erschien zuerst in der Zeitschrift der Deutsch-Albanische Hefte Nr. 2 und

staatlicher Sicherheitsapparat und eine von der Allgemeinheit

akzeptierte Justiz die objektive Voraussetzung für das

Zurückdrängen des Kanun, weil nur so den Menschen eine

Alternative zur Selbstjustiz geboten wird. Erste Schritte in dieser

Richtung sind unternommen worden.

Das Hauptproblem liegt aber im Subjektiven, weil einem

dominanten Wertesystem nur mit einem anderen Wertesystem

begegnet werden kann.

Wie auch in anderen Bereichen, muss sich auch hier ein

common sense zwischen allen politischen Lagern und allen

gesellschaftlichen Kräften zugunsten einer modernen

Zivilgesellschaft herausbilden, der in der individuelle Menschenund

Bürgerrechte und gesellschaftliche Interessen gleichermaßen

ihren Platz haben. Eine Schlüsselfunktion haben auch die Kirchen

und Religionsgemeinschaften, die sich nicht wie in vergangenen

Zeiten auf eine Koexistenz mit dem Gewohnheitsrecht einlassen

dürfen. Auch sie müssen sich als Faktoren innerhalb einer

modernen staatlichen Ordnung verstehen und ihren Einfluss zu

deren Gunsten, gegen das Gewohnheitsrecht geltend machen.

Die Massenmedien müssen vermitteln, dass die Blutrache

keine Form von ehrenhaftem Handeln und Heldentum, sondern

von Schwerstkriminalität ist. Und vor allem müssen die jungen

Menschen in Nordalbanien den Mut aufbringen, sich dem

Gruppenzwang zu widersetzen und deutlich zu sagen, dass die

Rache für Morde, die vor 50 Jahren geschehen sind, nicht ihre

Angelegenheit sein kann und dass es für Streitfälle andere

Lösungen als mit der Waffe geben muss

49.

Einführung

xxxvii

Michael Schmidt-Neke

Kiel




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~Joyce Meyer~

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New PostErstellt: 11.03.08, 22:04  Betreff: Re: Der KANUN - Wege aus der Gewalt  drucken  weiterempfehlen













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New PostErstellt: 11.03.08, 22:05  Betreff: Re: Der KANUN - 1. Buch: Die Kirche  drucken  weiterempfehlen

DER KANUN

Der Kanun des Lekë Dukagjini

3

1. Buch: Die Kirche

[1. Kapitel]

Der Machtkreis der Kirche, die Gräber, die Gründe, der

Besitz der Kirche, der Pfarrer, der Pfarrdiener und die

Arbeiter der Kirche

[1.] Der Machtkreis der Kirche

Als Machtkreis (wörtlich

die Grenze des Grundes, auf dem die Kirche erbaut ist: 1. Die

Kirche selbst; 2. Die Zelle, das Haus des Pfarrers.

"Die Kirche hat ihren Rauch (d. h. ihr Haus) in der

Pfarrgemeinde."

Die Kirche hat ein Recht auf Sach-, Grund- und

Hausbesitz innerhalb und außerhalb der Pfarrgemeinde.

Die Kirche hat Anteil am Berge, Weidegrund, Wasser und

an der Mühle der Gemeinde.

Die Kirche hat Anteil an den Bußgeldern der

Pfarrgemeinde.

Die Kirche hat das Recht, zu kaufen und verkaufen,

Geschenke zu nehmen und zu behalten, was ihr durch Wohltäter

gespendet wurde; sie kann ihren Besitz nach eigenem Ermessen

anlegen und verwalten.

Die Unbestrafbarkeit der Kirche: "Die Kirche wird nicht

mit Buße belegt."

hija = Schatten) der Kirche gilt

Der Kanun des Lekë Dukagjini

50

seine Familie - untersteht dem Stammesgesetz (er, als Mitglied seiner

Familie) zum Unterschied vom kath. Priester. Für die Kirche und ihren

Besitz tritt der Stamm ein, wie im Norden. Ist der Pope oder Hodzha

unverheiratet oder nicht aus dem Stamm, dessen Pope oder Hodzha er ist,

so gelten die Bestimmungen wie im Norden.

4

Kanun i Papazhulit: Der Pope bzw. der Hodzha - genauer:

Die Kirche hat niemandem Pfand zu geben." Die Kirche

untersteht ihrem kirchlichen Gericht, nicht dem Kanun

kann das Stammesgericht ihr keinerlei Last auferlegen. Entsteht

ein Gegensatz zwischen Kirche und Gemeinde, so kann die

Gemeinde von der Kirche kein Pfand fordern; sie wird bei den

Kirchenoberen (dem Bischof) Klage erheben; seinem Urteil haben

sich Kirche wie Gemeinde zu unterwerfen.

Für jede Verfehlung, die die Kirche nach Meinung der

Pfarrgemeinde begangen hat, kann sie zwar nicht in Buße

genommen werden, doch wird ihr auferlegt, durch sie verursachte

Schaden auszugleichen.

Die Kirche zahlt keine Abgaben, noch tritt sie ein in die

Streitmacht, noch wird von ihr für die Söhne des Stammes

Nahrung gefordert, noch hat sie Pflichtarbeit abzuleisten für die

Gemeinde; in dem Falle jedoch, daß die Gemeinde eine Arbeit zur

Erhaltung der Kirche beschließt oder zur Wahrung oder Mehrung

ihres Besitzes oder eines Grundstückes, an dem sie Anteil hat, ist

auch sie verpflichtet, zu bezahlen, Nahrung zu geben, Arbeiter zu

entsenden, im gleichen Maße, wie es die Gemeinde von ihren

Gliedern fordert.

Die Ehre der Kirche:

"Die Kirche hat weder Schwert noch Strick."

"Wer die Kirche beleidigt, beleidigt die Pfarre."

"Die Ehre der Kirche fordert die Pfarrgemeinde" (nicht

der Pfarrer).

50. Daher

Der Kanun des Lekë Dukagjini

5

"Der Kirche, Mühle, Schmiede und dem Kaufhause gilt

niemand als Freund" (d. h., sie braucht für niemanden Blut zu

nehmen).

Wer die Kirche schändet (beleidigt), ist zu Sühne

verpflichtet: a) gegen die Kirche, b) gegen die Pfarrgemeinde,

c) gegen den Stamm. Es beleidigt aber die Kirche, wer schimpft,

bedroht, schlägt oder tötet, jenen, der sich im Schatten (Schutz)

der Kirche befindet. Den Schuldigen bestraft die Pfarrgemeinde

und nicht die Kirche, denn "die Kirche hat weder Schwert noch

Strick".

Wer geschlagen oder getötet oder auf irgendeine Weise

beleidigt oder geschädigt wird, indes er den Schatten der Kirche

betreten hat oder ihn soeben verläßt - der Kirche selbst erwächst

daraus nicht Schande, denn der Kirche gilt niemand als Freund

(d. h. sie tritt für niemandes Wohl oder Wehe mit ihrer Ehre ein).

Wird aber außerhalb der Kirche gekämpft, und jemand fällt darauf

in die Hand der Kirche (wird z. B. verwundet in die Kirche oder

das Pfarrhaus getragen), so gilt dieser als Freund der Kirche.

Verletzt dann jemand den Schatten der Kirche (ihre Obhut), so ist

die Pfarrgemeinde verpflichtet, die Ehre der Kirche

wiederherzustellen.

[2.] Die Gräber

In das Grab einer Bruderschaft oder Sippe darf weder

Toter noch Erschlagener aus anderer Bruderschaft oder Sippe

gelegt werden. Tut dies jemand ohne Erlaubnis der Bruderschaft

oder Sippe, der die Gräber gehören, so legt der Kanun ihm auf,

den Toten aus den fremden Gräbern wieder zu entfernen.

Kommt Einer und gründet im Dorf ein Haus, der dort

weder Bruderschaft noch Sippe hat, so wird ihm nach Gutdünken

des Dorfes ein Ort für die Gräber im Gräberfeld der Gemeinde

Der Kanun des Lekë Dukagjini

51

Wohnstätte erhielt, hat auch Recht auf ein Grab, für das er nichts zu

entrichten hat. Lud er schwere Schuld auf sich, so wird ihm das Grab im

Stammesgebiet verweigert (besonders bei Verletzung der

Gastfreundschaft).

6

Kanun i Papazhulit: Jeder, der durch den Stamm Recht auf

gegeben, unter Auferlegung der Verpflichtung, innerhalb

Jahresfrist der Kirche den Preis zu erlegen oder ihr sonst etwas für

den Altar zu entrichten

Wer streitet oder schmäht oder jemandem droht, wer

schlägt oder erschlägt zwischen den Gräbern, verfällt der Strafe

jener, die den Schatten der Kirche beleidigen oder verletzen.

51.

[3.] Güter und Besitz der Kirche

Güter und Besitz der Kirche sind unantastbar, niemand

kann auf sie Hand legen.

Güter und Besitz der Kirche sind unter der Hut des

Messepriesters dieser Pfarrgemeinde.

Wer wagt, Güter oder Besitz der Kirche anzutasten, den

bringt die Pfarrgemeinde wieder zur Vernunft, indem sie ihn

veranlaßt, nach dem Kanun seine Hand von diesen Gütern wieder

abzuziehen.

Schädigt jemand die Kirche an Gütern oder Besitz, so

schätzt die Pfarrgemeinde den Schaden, den der Schädiger

ersetzen wird.

Wer Kirchengut stiehlt, hat, neben der Pflicht, das

Gestohlene zu ersetzen, nach dem Gebrauch des Ortes, darauf sich

die Kirche befindet, der Kirche auch die Buße für geraubte Ehre

zu entrichten - und der Pfarrgemeinde die Buße für verletzte

Obhut, denn die Kirche ist die Behütete (das Mündel) der

Der Kanun des Lekë Dukagjini

52

Sachwalter zu ernennen; beide müssen zeitweilig dem Altenrat

Rechenschaft ablegen.

7

Kanun i Papazhulit: Neben Popen oder Hodzha ist ein

Pfarrgemeinde. Erkennt der Dieb seinen Fehler an und begibt er

sich - noch ehe die Schande, die er der Kirche angetan hat,

bekannt ist - in die Hand des Messepriesters der Pfarre, indem er

ihm das gestohlene Gut zurückgibt, so ist er zu keiner anderen

Buße verpflichtet; der Messepriester hat das Recht, ihn

freizusprechen.

Fällt der Dieb in die Hut des Messepriesters, nachdem

dieser den Diebstahl dem Stamm bereits mitgeteilt hatte, so hat die

Pfarrgemeinde das Recht, ihm die Buße abzufordern, sowohl für

sich selbst als für die Kirche, wenn auch der Priester ihn

lossprechen würde nach Rückerstattung des gestohlenen Gutes.

Regelung des Kirchenbesitzes:

Güter und Besitz der Kirche verwaltet der Pfarrer, und die

Pfarrgemeinde hat nicht das Recht, von ihm über den Gebrauch

des aus dem Kirchenbesitz gezogenen Betrages Rechenschaft zu

fordern

52.

[4.] Der Pfarrer

a) Die Ernennung des Pfarrers:

Den Pfarrer ernennt der Bischof, er allein hat das Recht,

ihn abzusetzen.

b) Die Rechte und Pflichten des Pfarrers:

Der Pfarrer hat das Recht, die Pfarrgemeinde zu belehren

und zu ermahnen und ihr die Glaubenslehre vorzustellen, wie es

die Seelsorge erfordert; niemand aus der Pfarrei hat die Macht,

sich in die Pflichten des Messepriesters einzumischen.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

53

Blut.

Da Pope und Hodzha Familie haben, fällt diese für sie ins

54

verfällt er dem Eide.

8

Da für den Hodzha des Südens kein Beichtgeheimnis gilt,

Für die Dienste, die der Pfarrer der Gemeinde leistet, hat

er Recht auf den Zehent, je nach dem Brauch des Standortes der

Kirche. Die Gemeinde ist nicht verpflichtet, dem Pfarrer den

Zehent zur Tür abzuliefern, der Pfarrer wird ihn mit eigenen

Arbeitern erheben.

Der Pfarrer hat das Recht auf den Ertrag der Kirchengüter,

des Bodens wie des lebenden Gutes, niemand als seine kirchlichen

Vorgesetzten hat das Recht, darüber von ihm Rechenschaft zu

fordern.

Der Pfarrer ist der Pfarrei gegenüber zu all jenem Dienst

in Glaubensdingen und der Seelsorge verpflichtet, die ihm das

Kirchengesetz auferlegt, und darüber hinaus auch noch zu einigen

besonderen Diensten an bestimmten Tagen z. B.: die Häuser zu

segnen, die Messe einigemal im Jahr auf den Gräbern zu lesen, die

von der Pfarrkirche abgelegen wären.

c) Die Person des Pfarrers ist unantastbar:

"Der Priester ist der Schutzbefohlene der Pfarre."

"Der Priester fällt nicht ins Blut"

"Der Priester verfällt nicht dem Eid"

Wer den Priester schmäht, schilt oder bedroht, die Hand

gegen ihn erhebt, ihn schlägt oder tötet, wird sich der Gemeinde

nach dem Brauch der Örtlichkeit verantworten. Die Gemeinde ist

verpflichtet, die Ehre ihres Pfarrers zu fordern.

Erschlägt jemand den Pfarrer, so verfolgt die Gemeinde

den Blutschuldigen, seine Sippe und seinen Stamm.

53.54.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

55

dem Blut, wenn er getötet hat.

Kanun i Papazhulit: Sowohl der Pope wie der Hodzha verfällt

56

viel wie der Eid eines Häuptlings.

9

Kanun i Papazhulit: Der Eid von Pope oder Hodzha gilt so

Wird der Täter von Gemeinde oder Stamm getötet, so darf

die Familie des Priesters niemanden anders aus der Familie des

Täters töten, sonst bringt sie das Blut auf das eigene Haus.

Erschlägt der Pfarrer jemanden, so wird weder er noch

seine Kirche mit Buße belegt, und der Pfarrer fällt nicht unter das

Blut

Selten, fast nie, wird dem Pfarrer der Eid abgefordert, nur

in außerordentlich wichtiger Angelegenheit.

Geschieht es, daß dem Pfarrer der Eid auferlegt wird, um

sich selbst reinzuwaschen, oder als Eideshelfer, so gilt sein Eid

wie der Eid von 24 Personen

Schwört der Priester, der als ehrenhafte, geheiligte Person

des ewigen Rechtes gilt, so braucht er das Evangelium nicht zu

berühren; es genügt, daß er die Eidesworte vor dem Evangelium

spricht.

Fällt der Priester unter eine Buße, so faßt ihn nicht der

Kanun; es ist Sache seiner Oberen, ihn zu fassen.

Ist aber die Schuld des Priesters gegen seine

Pfarrgemeinde sehr schwerwiegend, so unterwirft sich der Priester

dem Gericht des Kanun. Sein Oberer sendet einen anderen

Priester, um dem Kanun im Namen des Schuldigen das Pfand zu

geben.

Es ist möglich, daß der Pfarrer mit jemandem kämpft und

jemanden anfällt, daraus dennoch aber weder ihm selbst noch dem

55, wohl aber seine Sippe; sie "hält das Blut".56.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

57

gewichtiger als die Stellung des Popen oder Hodzha im Süden. Der kath.

Priester ist sozusagen der Vater uud Mittelpunkt des Stammes; die

Stellung des Popen und Hodzha ist im Süden nur die eines angesehenen

Stammesmitgliedes.

10

Im ganzen ist die Stellung des katholischen Priesters viel

Geschlagenen Unehre erwächst; dann fällt er nicht in Schuld vor

dem Kanun

57.

[5.] Die Diener der Kirche

Der Diener (Lohndiener) der Kirche darf auf seinem

eigenen Grund arbeiten.

Wohin immer dieser Diener geht und für welches Wort er

an jemandes Türe pocht nach dem Befehl seines Herrn, er geht

und spricht im Namen des Pfarrers.

Wer ihn faßt in Wort oder Tat, es wird aufgefaßt, als fasse

er den Pfarrer, und er verfällt der Buße für die (Verletzung der)

Kirche nach dem Kanun.

Die Buße, die in Angelegenheit des Dieners der Kirche

genommen wird, geht nicht den Diener an, sondern die

Dorfkirche.

Erschlägt jemand den Kirchendiener und der Täter ist aus

der Pfarrei des Dorfes, so wird er nur vom Haus des Getöteten

verfolgt; ist er aber aus fremdem Dorfe, dann verfolgt ihn auch die

Pfarrgemeinde, deren Kirchendiener erschlagen wurde.

[6.] Die Arbeiterschaft der Kirche

Der Kanun des Lekë Dukagjini

58

nicht.

11

Der Kanun i Papazhulit kennt in diesem Fall die Todesstrafe

Tastet jemand die Arbeiterschaft der Kirche an, so verfällt

er der Buße der Pfarrgemeinde.

So viele Kirchenarbeiter es seien, der Angreifer bezahlt

nur eine Buße, doch eine schwere.

Die Geldstrafe, die für den Angriff auf die Arbeiterschaft

der Kirche erhoben wird, wird zwischen der Kirche und dieser

Arbeiterschaft geteilt.

[2. Kapitel]

Die Strafgerichtsbarkeit

[1.] Die Verhängung der Strafe

Unter Strafe wird ein Übel verstanden, das durch die

gesetzliche Gewalt für getane Schuld auferlegt wird.

Nur der Stammeshäuptling mit den Führern (Häuptern)

und mitunter auch den Kirchenoberen hat das Recht, der gegen die

Kirche begangenen Schuld ihre Strafe zuzumessen.

Dem Schuldigen, der die Kirche geschändet (beleidigt)

hat, wird die Strafe durch die Häupter und das Volk vollzogen.

Die Arten der Strafe für den an der Kirche schuldig

Gewordenen sind folgende: a) das Todesurteil

aus dem Stamm mit Angehörigen und Besitz; c) das Verbrennen

des Hauses; d) das Brachlassen des Bodens oder das Abschneiden

58; b) sas Ausstoßen

Der Kanun des Lekë Dukagjini

59

abgegolten werden, indem die Oka Getreide 1 Groschen, die Oka

Branntwein 5 Groschen, der Ochse 400 Groschen gilt.

12

[Gj.]: Nach dem Kanun kann die Geldbuße durch jederlei Gut

der Fruchtbäume; e) die Buße mit lebendem Vieh; f) die Buße

durch Geld

59.

[2.] Die Bestimmung der Strafe nach der Art der Schuld

Wer die Kirche verletzt, wird abgebrannt und mit den

Seinen aus dem Stamme verstoßen. Der Schuldige - der Täter -

wird durch den Stamm für vogelfrei erklärt (ausgeschellt,

ausgerufen,

ungerächt vergossen werden). Die ihm nächsten

Sippenangehörigen kaufen seinen Grund, dessen Erlös der

zerbrochenen, geschändeten Kirche zufällt.

Wer fremdes Gut stiehlt und geht und es in der Kirche

versteckt, ohne Wissen des Pfarrers, hat der Kirche 1000

Groschen Buße zu zahlen für geraubte Ehre, 100 Hammel Buße

dem Stamm zu geben für verletzte Obhut außer der Beute, die er

dem Besitzer nach Weise des Kanun ersetzen muß.

Wer das Vieh der Kirche stiehlt im Umkreis, wo der

Kanun gilt, hat ihr, wie jedem andern, das Zwei-für-Eins zu

zahlen.

Wer im Haus oder in der Nachtherberge des Pfarrers

stiehlt, wird Zwei-für-Eins des gestohlenen Gutes ersetzen. 100

Groschen zahlt er der Kirche für geraubte Ehre und 100 Hammel

dem Stamm für verletzte Obhut.

me leçitë = ausschellen) und verliert sein Blut (es darf

Der Kanun des Lekë Dukagjini

60

öffentlich beschimpft, werden die Anwesenden die Beschimpfung auf

sich nehmen und ahnden.

Wird unter dem Kanun i Papazhulit der Pope oder Hodzha

61

den 7 Stämmen von Puka gültigen Kanun.

13

[Gj.]: Diese Strafen sind entnommen dem in der Mirdita und

Wer den Messerpriester der Pfarre vor dem Volke schilt

oder beleidigt (in Worten), zahlt der Kirche 100 Groschen Buße;

100 Hammel zahlt er dem Stamm

Wer den Pfarrer bedroht, zahlt 10 Hammel Buße.

Wer den Priester in schwerer Sache verleumdet, dem wird

das Haus verbrannt, und 100 Hammel zahlt er dem Stamm Buße.

Wer die Hand an den Priester legt, ihn schlägt oder stößt

oder bespuckt, der wird "verbrannt und gebraten" und vom Ort

verstoßen, und die Erde wird ihm mehrere Jahre brach gelassen.

Wer den Priester erschlägt, wird vogelfrei durch den

Stamm (ausgerufen, ausgeschellt) und verliert sein Blut. Überdies

wird ihm das Haus verbrannt, der Boden bleibt ihm brach, die

Obstbäume, Reben und Gartenfrüchte werden ihm abgeschnitten

und zerstört. Seine Gründe seien der Kirche, seine Bruderschaft

aber kann sie durch Geld ablösen

Wer den Diener des Pfarrers schilt oder verleumdet oder

antastet, zahlt dem Stamm 10 Hammel Buße oder auch mehr, je

nach Schwere der Schuld.

Wer den Pfarrdiener erschlägt und ist aus dem Dorfe, dem

wird das Haus verbrannt und 100 Hammel und 1 Ochse Buße

genommen.

Wer den Pfarrdiener durch Wort oder Tat antastet, zahlt

die Buße der 10 Hammel.

60.61.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

14

Wer sich der Strafe der Kirche und des Kanun nicht

unterwirft, vor dessen Haus versammelt sich der Stamm und

nimmt ihm alles, was er in der Hürde hat.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

15




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New PostErstellt: 11.03.08, 22:06  Betreff: Re: Der KANUN - 2. Buch: Die Familie  drucken  weiterempfehlen

2. Buch: Die Familie

[1. Kapitel]

Die Familie als solche

[1.] Begriff der Familie

Die Familie ist eine Gemeinschaft aus Gliedern, die unter

einem Dache leben; eine Gemeinschaft, deren Zweck die

Vermehrung der Menschheit durch Heirat ist, die Entwicklung der

Menschheit nach Körper und Geist.

Die Familie begreift die Leute des Hauses. Vermehren sie

sich, so teilen sie sich in Bruderschaften, diese schließen sich zu

Sippen zusammen, die Sippen zu Stämmen; und alle bilden eine

große Familie, die man Volk nennt und ein gemeinsames

Vaterland hat, ein Blut, eine Sprache, einen Brauch.

[2.] Rechte und Pflichten des Herrn des Hauses

Das Recht, die Befugnis, die Pflicht des Herrn des Hauses

(

dem Ältesten unter einem Dache oder dem ersten Bruder; haben

diese Benannten nicht die für dieses Amt notwendigen

Eigenschaften, wie die Pflicht es umschreibt, so wird durch alle

Hausbewohner gemeinsam gewählt, wer am gescheitesten,

sanftesten und sorgsamsten ist. Herr des Hauses kann auch ein

unverheirateter Mann werden.

amvis) ist nach dem Kanun die Regierung des Hauses; sie obliegt

Der Kanun des Lekë Dukagjini

16

Der Herr des Hauses hat das Recht:

a) im eigenen Hause den Kopfplatz einzunehmen, auch

wenn im Hause Ältere wohnen;

b) die Waffen zu befehligen, und seien es hundert; auf das

Sattelpferd, auf eigenes Bett und eigene Decke; er ist Herr

über die Kaffeegerätschaften - und all diese Dinge betrifft

dann das Gesetz über die Teilung nicht;

c) über das Verdienst der Mitglieder des Hauses, ihres

Lohnes, ihrer Geschenke;

d) zu kaufen, verkaufen oder tauschen das Land (Äcker,

Wiesen, Weiden, Wälder), die Reihenfolge der

Bewässerung, das Vieh, die Kupfergeräte;

e) zu geben, zu nehmen (Schuld), Bürge zu werden;

f) Häuser, Hütten, Hürden zu errichten;

g) die Leute im Haus an die Arbeit oder auf den Weg zu

schicken;

h) die Leute im Haus zur Arbeit auszuleihen oder gar zur

Arbeit ohne Ersatz;

i) über Wein und Branntwein, zu kaufen, verkaufen,

auszuleihen;

j) die Leute des Hauses zu strafen, wenn sie nicht so gehen

wollen, wie das Gedeihen des Hauses erfordert.

Die Strafen sind folgende:

a) ohne Essen lassen;

b) für eine oder zwei Wochen die Waffen des Armes oder

Gürtels entziehen;

c) im Haus zu binden oder gefangen zu setzen;

d) den Unbotmäßigen aus Haus und Anteil zu vertreiben, um

schlechte Führung und Gefahr abzuwenden.

Wird Einer im Hause Bürge über mehr als den Wert seiner

Waffen, verkauft, kauft oder tauscht er etwas ohne Erlaubnis des

Herrn des Hauses, so hat dieser das Recht, die Verantwortung

abzulehnen, denn der Kanun hält es nicht für üblich (dem Brauch

Der Kanun des Lekë Dukagjini

17

entsprechend), zu verkaufen oder zu kaufen oder zu tauschen oder

sich zu verbürgen auf diese Weise, und alles ist ungültig, was

ohne Erlaubnis des Herrn des Hauses geschah.

Pflicht und Verbindlichkeit des Herrn des Hauses ist es:

a) sich einzusetzen für Glück und Gedeihen der

Hausbewohner;

b) die Hausbewohner im Zaum zu halten, daß sie nicht

Schaden und Untergang verursachen;

c) als Erster in der Arbeit zu führen, die ihm obliegt;

d) das Auge auf der Erde zu haben, daß sie nicht brach

bleibe; auf den Herden, damit sie nicht an Gedeihen

einbüßen;

e) zu schaffen mit Verstand und Klugheit, innerhalb und

außerhalb des Hauses, und das Haus vor Schaden und

Untergang zu behüten;

f) Sorge zu tragen für Kleidung und Schuhwerk der

Hausbewohner aus den Einkünften des Hauses;

g) Ordnung und Gerechtigkeit im Hause aufrechtzuerhalten

und keinen der Hausbewohner gegen die anderen zu

bevorzugen;

h) den Knaben Waffen zu beschaffen, sobald er sieht, daß sie

waffenfähig geworden sind.

[3.] Rechte und Pflichten der Frau des Hauses

Das Recht der Frau des Hauses (

a) über alle Gegenstände, die das Haus enthält;

b) zu entleihen und auszuleihen: Mehl, Brot, Salz, Käse und

Butter;

c) den Frauen des Hauses zu befehlen, sie um Wasser zu

schicken und um Holz, mit Nahrung zu den Arbeitern des

amvise) ist folgendes:

Der Kanun des Lekë Dukagjini

62

am Urteil über den Vater.

18

Unter dem Kanun i Papazhulit beteiligen sich die Söhne nicht

Hauses, zum Wassern und Gießen, den Dung zu sammeln,

zu ernten und zu säen oder jäten (reinigen);

Obliegenheiten der Frau des Hauses sind:

a) für Mittag- und Abendessen zu sorgen, zu sieden, den

Tisch zu decken und die Speisen zu verteilen;

b) sich für die Erdfrucht zu befleißigen, daß sie nicht zu

Schanden komme;

c) zu sorgen, daß nicht ohne Erlaubnis des Hausherrn

gekauft, verkauft oder getauscht werde. Sie kocht nicht

selbst, geht nicht um Wasser, macht nicht Holz oder

bereitet den Dung, noch begießt sie, erntet oder putzt

(jätet), noch bringt sie selbst den Arbeitern Essen zu;

d) sich der Gerechtigkeit bei Behandlung der Leute des

Hauses zu befleißigen, auch der Kinder, niemanden vor

den andern zu bevorzugen;

e) sie sorgt für die Kinder, so lang deren Mütter bei der

Arbeit sind.

[4.] Rechte und Pflichten der Hausbewohner

Das Recht der Hausbewohner ist:

a) den Herrn des Hauses seines Amtes zu entsetzen, wenn

sie sehen sollten, daß er nicht zum Besten des Hauses

wirkt und es dem Untergang zutreibt

b) die Frau des Hauses abzusetzen, wenn es in die Augen

fiele, daß sie vergeudet oder insgeheim verkauft (und sei

es nur ein einziger Tropfen Öles), oder daß sie die eignen

Kinder vor den andern Kindern begünstigt;

62;

Der Kanun des Lekë Dukagjini

19

c) jeder hat ein Recht auf die eigenen Waffen; sie können sie

verkaufen, tauschen, zum Pfand geben, aber sie haben

kein Recht, einen anderen im Hause um Geld anzugehen;

d) über die Ochsen hat das Recht der Bauer, der sie führt,

auch um jemandem zu helfen durch Darlehen oder

Geschenk, ohne daß er dazu die Erlaubnis des Herrn des

Hauses bräuchte;

e) über die Schafherde hat das Recht der Hirte, der sie

pflegt; der Herr des Hauses hat nicht das Recht, sich in

dieses Amt einzumischen; ehe ein Stück verkauft oder

geschlachtet wird, muß es dem Hirten gesagt werden, und

dieser wird wissen, welches Stück Kleinvieh oder welche

Kuh wegzugeben oder abzutun ist.

Die Verbindlichkeiten der Leute im Hause sind:

a) nicht Bürge zu werden ohne Erlaubnis des Herrn des

Hauses;

b) sie können Bürge werden, auch ohne Erlaubnis des Herrn

des Hauses, für so viel, als der Wert ihrer Waffen

ausmacht, denn diese sind Besitz des Einzelnen;

c) sie können zu niemandem als Arbeiter gehen ohne

Erlaubnis des Herrn des Hauses;

d) sie können nicht kaufen, verkaufen oder tauchen;

e) die Leute des Hauses können nicht den Herrn des Hauses

in den Arbeiten des Hauses oder der Gemeinde bekritteln;

f) wen der Hausherr bezeichnet, der muß zum Heeresdienst

gehen;

g) die Frauen haben die Pflicht, für das Haus zu arbeiten; ist

aber die Zeit überschritten und sind sie damit von den

Arbeiten für das Haus entbunden, so können sie für sich

selbst arbeiten.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

20

[2. Kapitel]

Die Familie als Teil des Dorfes und Banners (Stammes)

[1.] Das Recht der Familie

a) sie hat das Recht der Stimme im Rat des Dorfes;

b) sie hat das Recht auf einen Anteil aus den dem Dorf

bezahlten Bußen;

c) sie hat das Recht auf das Gemeindegut;

d) sie hat das Recht, wen immer in ihre Hut zu nehmen;

e) sie hat das Recht, mit dem Feuerbrand anzuführen beim

Verbrennen eines Hauses der eigenen Sippe;

f) sie hat das Recht, die Bußnehmer anzuführen, in der

Hürde der eignen Sippe;

g) fiel das Haus in eine schwere Schuld, für die es die Strafe

des Feuerbrandes trifft und der Axt, so darf weder Dorf

noch Stamm Hand anlegen zum Untergang, ohne daß der

Schuldige selber führt.

[2.] Verbindlichkeit der Familie

Im Dorfe:

a) Der Herr des Hauses ist verantwortlich für jeden Schaden,

den seine Leute irgendwem zufügen;

b) er wird in den Rat gehen, so oft sich das Dorf versammelt;

c) er wird Arbeiter entsenden zu jeder Arbeit, die die

Dorfbewohner reihum zu erledigen haben.

Im Stamme:

a) Er wird in den Stammesrat gehen, wenn gerufen wird:

"Ein Mann für jedes Haus!";

Der Kanun des Lekë Dukagjini

63

Feudalherrngeschlecht keine Buße.

Unter dem Kanun i Papazhulit nimmt das jeweilige

64

hinter dem 3. Abschnitt ("Das Recht der Vetternschaft" des 2. Kapitels,

ist dort aber fehl am Platze und daher hierher übernommen worden,

wohin es systematisch besser paßt.

Dieses Kapitel befindet sich im albanischen Text im 5. Buch

65

Totschläger Asyl gebe.

21

Der Kanun i Papazhulit ordnet an, daß der Herr dem

b) er ist reihum mit dem Dorfe für "zwei Bissen Brot" der

Jungmannschaft des Dorfes verpflichtet;

c) er wird dem Haus der Gjonmarkaj (der Führersippe für

den Kanun) 500 Groschen Buße zahlen für jeden Mord

d) er wird mit den Kämpfern des Stammes ausziehen.

[3. Kapitel]

63;64

Die Bediensteten

Der Herrschaft obliegt der Befehl, dem Bediensteten der

Gehorsam.

Der Lohn wird nach der Abmachung bezahlt, die

zwischen Herrn und Knecht stattgefunden hat.

Für einen Fehler des Dieners darf ihn der Herr nicht am

Lohn strafen.

Stahl oder tötete aber der Diener in Brot und Auftrag des

Herrn, so fällt zwar der Diener in Schuld und Blut, aber der

Schaden ist des Herrn, und dieser wird den Diener aus dem Übel

ziehen

65.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

22

Geschah Diebstahl und Totschlag im Dorf des Herrn, so

wird dieser den Diener entfernen, aber den Jahreslohn auszahlen,

denn die Schuld war des Herrn, nicht des Dieners.

Vollführt jedoch der Diener ein Verbrechen aus eigenem

Antrieb, innerhalb oder außerhalb des Dorfes seines Herrn, ohne

dessen Wissen, so wird der Diener den Schaden der Geldbuße

erleiden, und wenn der Herr ihn entlassen will, braucht er ihm den

Lohn nur bis zum Entlassungstage zu zahlen.

Tötet der Diener jemanden auf eigenen Entschluß, so fällt

das Blut auf sein eigenes Haus.

Tötet jemand den Diener, so fällt er mit dessen Haus ins

Blut, aber der Herr dient ihm als Freund (d. h. bestraft die

verletzte Freundschaft). Der Diener gilt als Freund, den er rächen

muß.

Fällt es dem Herrn ein, sich vom Diener zu trennen, nur,

weil er ihm nicht gefällt, und ohne Schuld des Dieners, so wird er

ihm den Jahreslohn zahlen.

Verzieht der Herr mit seinem Haushalt von einer Gegend

in die andere und nimmt er den Diener nicht mit, so schuldet er

ihm den Jahreslohn; will aber der Diener ihm nicht folgen, so

schuldet er ihm den Lohn nur bis zum Tag der Trennung.

Fällt dem Diener ein, vor der Frist aus dem Dienst zu

treten, nur weil er dort nicht mehr dienen mag, so wird der Herr

den Lohn nur bis zum Trennungstage geben.

Verhält sich der Diener nicht nach dem Geschmack des

Herrn, so kann er sich von ihm trennen, aber ihn weder schelten

noch schlagen.

Schilt der Herr den Diener hart oder schlägt er ihn, und

trennt sich dieser dann von ihm vor der Frist, so muß er ihn für

Schelten oder Schlagen entschädigen.

Mäßiges Tadeln und Anschreien der Herrschaft wird der

Diener hinunterschlucken.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

23

Schlägt den Diener eine fremde Hand, so fordert dieser

sein Recht vor Gericht, der Herr aber fordert Entschädigung für

die Schande, die seinem Brot durch dieses Schlagen widerfuhr.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

24




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New PostErstellt: 11.03.08, 22:06  Betreff: Re: Der KANUN - 3. Buch: Die Heirat  drucken  weiterempfehlen

3. Buch: Die Heirat

[1. Kapitel]

Begriff und Arten der Ehe

Sich nach dem Kanun verheiraten heißt, ein Haus gründen

oder das Haus um ein Glied vermehren, sowohl für die Arbeit als

für Vermehrung der Nachkommenschaft.

Arten der Heirat:

a) mit dem Sakrament der Ehe, gebilligt durch den Glauben

und den Kanun des Lek;

b) die Frau unterhalten, gegen den Glauben und den Kanun

des Lek;

c) die Frau oder das Mädchen, das geraubt wurde, außerhalb

des Brauches, des Glaubens und des Kanun.

[2. Kapitel]

Rechte und Pflichten hinsichtlich der Heirat

[1.] Das Recht des Jünglings und des Mädchens

a) Das Recht des Jünglings:

"Der Jüngling hat das Recht, seine Heirat zu bedenken, so

er keine Eltern hat."

Hat der Jüngling Eltern, hat er nicht das Recht:

i) seine eigene Heirat zu bedenken;

Der Kanun des Lekë Dukagjini

25

ii) den Vermittler zu bezeichnen;

iii) sich in die Verlobungsverhandlungen einzumischen;

iv) etwas zu bestimmen, was die Ehezeichen, die Kleider, die

Schuhe (für den Vermittler) oder die Ablegung des

Versprechens betrifft.

b) Das Recht des Mädchens:

Wenn das Mädchen auch keine Eltern hat, so hat es doch

kein Recht, sich mit der eigenen Heirat zu befassen; das Recht ist

in der Hand der Brüder oder Vettern;

Das Mädchen hat kein Recht:

i) den eigenen Gefährten zu wählen; sie wird zu dem gehen,

mit dem sie sie verloben;

ii) sich weder in Vermittlung noch Verlöbnis einzumengen;

iii) noch auch in die Sache der Schuhe oder Kleider.

[2.] Die Pflichten des Mannes und der Frau

Die Pflichten des Mannes gegen die Frau. Der Mann ist

verpflichtet:

a) für Kleider und Schuhe und den gesamten

Lebensunterhalt der Frau zu sorgen;

b) die Ehre der Frau zu schützen und ihr keinen Grund zu

geben, sich wegen Entbehrung eines Notwendigen

beklagen zu müssen.

[3.] Das Recht des verwitweten Mannes, der verwitweten

Frau

Recht des verwitweten Mannes: Der Witwer, wenn er

keine Eltern hat, hat das Recht, selbst für seine

Der Kanun des Lekë Dukagjini

66

sie im eigenen Hause lebt, nicht im Haus der Brüder; dort bestimmen

diese für sie.

26

Unter dem Kanun i Papazhulit hat sie diese Rechte nur, wenn

Wiederverheiratung zu sprechen (der Mann der albanischen Berge

freilich tut dies nicht, selbst wenn er weiß, daß er unverheiratet

bleiben müßte; die Sitte fordert, einen anderen zu beauftragen mit

dem, was die Wiederverheiratung betrifft).

Recht der verwitweten Frau: "Die Witwe spricht selbst.

Die Witwe schickt das Hochzeitsgeleit zurück."

Die verwitwete Frau hat das Recht:

a) selbst über die Hochzeit zu sprechen;

b) zum Gatten zu wählen, wer ihr gefällt;

c) den zu bezeichnen, der ihr zum Vermittler dienen soll

[3. Kapitel]

66.

Die Vermittlung, das Verlöbnis

[1.] Die Vermittlung

Vermittler (

den Eltern des Jünglings oder Mädchens Fürsprech zu sein, daß

sie jenes Mädchen geben oder nehmen für den bestimmten

Jüngling.

Recht und Obliegenheit des Vermittlers:

a) Der Vermittler hat das Recht auf 50 Groschen für die

Vermittlung, für die durch den Kanun bestimmten

Schuhe.

b) Diese Schuhe haben ihre Frist am Tage, an dem die Braut

abgeholt wird.

shkues) heißt derjenige, der es übernimmt, bei

Der Kanun des Lekë Dukagjini

27

c) Den Vermittler wählt entweder das Haus des Mädchens

oder das des Jünglings.

d) Die Schuhe des Vermittlers zahlt stets das Haus des

Bräutigams, sollte ihn auch das Haus des Mädchens

bezeichnet haben.

e) Der Vermittler hat das Recht, für die Eltern sowohl des

Jünglings wie des Mädchens zu sprechen.

f) Die Obliegenheit des Vermittlers ist, zu gehen, um sich zu

verständigen, um das Geld mit dem Vater oder Bruder des

Bräutigams zu den Eltern des Mädchens zu bringen.

g) Der Vermittler hat das Recht, sich in jede Angelegenheit

zwischen den Eltern des Bräutigams und denen der Braut

einzumischen, bis zum Tage der Hochzeit.

[2.] Das Verlöbnis

Die Ehehindernisse nach dem Kanun. Bei der Verlobung

eines Mädchens wird in Betracht gezogen:

a) daß weder Blutsverwandtschaft noch

Familienzusammengehörigkeit sei;

b) daß die zu Verlobenden nicht der gleichen Sippe seien;

c) daß das Mädchen nicht eine Nichte der Sippe des

Jünglings sei, der sich mit ihr verloben will;

d) daß sie keine entlassene Frau sei;

e) daß keine Patenschaft bestehe:

i) vom Wiegen an der Kirchentüre;

ii) durch Heirat;

iii) durch das Schneiden der Haare;

iv) daß nicht durch getrunkenes Blut Bruderschaft

entstanden sei.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

67

Mädchenräuber der Rache der Sippe des Mädchens, seine Sippe aber darf

nicht belangt werden.

28

Nach dem Kanun i Papazhulit verfällt der Geliebte oder

Der Kanun duldet weder Verlöbnis noch Ehe, wenn eines

der oben erwähnten Hindernisse besteht, und sei es im

Viertausendsten Grad.

Beim freien Verlöbnis ist es Kanun, daß der Vermittler

geht - und der Vater oder der Bruder des Jünglings - zu den Eltern

des Mädchens, um die Zeichen zu überbringen.

Beim Eintreten wird der Vermittler das Feuer entfachen,

ehe er um das Mädchen bittet; während er entfacht, spricht er.

Wenn er das Abendessen gegessen hat, gibt der Vater des

Bräutigams dem Vermittler das Geld und die Zeichen in die Hand.

Wenn der Vermittler das Geld auf den Broteinschieber gezählt hat,

läßt er sowohl Geld wie Zeichen in den Händen des Vaters

des Mädchens.

Es gibt keine Braut ohne Vermittler. Das geraubte oder

entflohene Mädchen, wenn es einen Mann findet, wird nicht als

Braut geschmückt; sie wird "mädchenmäßig" (mit

Jungmädchenkleidern) gehen, denn sie ging und wurde genommen

außerhalb des Kanun, ohne Vermittler

67.

[3.] Das Zeichen

"Das Zeichen (shêji) - und selbst wenn Du Deine Hand

zurückziehst - macht einen Menschen zu dem Deinen."

Der Kanun des Lekë Dukagjini

68

anderes Schmuckstück sein.

29

Nach dem Kanun i Papazhulit kann das Zeichen auch ein

Das Zeichen besteht aus einem kupfernen, oder (seit

kurzem) silbernen Ringe

Fundstelle in unseren Bergen. "Der Ring und 10 Groschen sind

nach dem Kanun."

Das Zeichen wird weder zurückgeschickt noch

umgetauscht, solange jener lebt, der das Mädchen nimmt.

Mit dem Zeichen geht das Mädchen in die Hand über und

wird das Wort gesprochen (verpfändet). Wird das Wort

gebrochen, stehen die Eltern des Mädchens mit dem Haus des

Bräutigams im Blut.

Wenn es dem Jüngling einfällt, kann er das angelobte

Mädchen verlassen, aber das Zeichen und alles, was er für das

Mädchen zahlte, geht ihm verloren; der Grund dafür ist: "Wer das

durch den Ring gebundene Mädchen verläßt, dem nimmt das

Gesetz zur Buße sowohl den Rind als auch alles andere, was er für

sie bezahlt haben mag." Ehe der Jüngling das Mädchen entläßt,

wird er es dem Vermittler zu wissen tun, und dieser wird mit zwei

Gefährten aus dem Dorf des Jünglings zu den Eltern des

Mädchens gehen und im Angesicht von zwei Gefährten aus dem

Dorf des Mädchens anzeigen, daß der Jüngling, der das Mädchen

genommen hatte, seine Hand zurückzieht, so daß sie frei sind, sie

anderswo zu verheiraten.

Das Mädchen unter dem Ring hat nicht das Recht, den

Jüngling zu entlassen, auch dann nicht, wenn er ihr nicht gefällt.

Gehorcht das Mädchen nicht, zu diesem Gatten zu gehen,

mit dem es verlobt ist, so kann es bei Lebzeiten des Bräutigams

auch dann keine andere Ehe eingehen, wenn seine Eltern es

unterstützen. Die Eltern des Mädchens sind verpflichtet, bis zum

allerletzten Deut, alles dem Haus des Bräutigams wiederzugeben,

68, denn des Goldes weiß man keine

Der Kanun des Lekë Dukagjini

69

wenn der Jüngling sich verheiratet.

Nach dem Kanun i Papazhulit darf das Mädchen heiraten,

70

ungetreue Braut tötete, sich rechtfertigen, und je nach dem Spruch des

Altenrates ihres Stammes (ihrer Sippe) geht ihr Blut verloren oder nicht.

30

Nach dem Kanun i Papazhulit muß der Bräutigam, der die

was der Bräutigam für das Mädchen gab. Das Zeichen und die 10

Groschen des Kanun, die dem Mädchen gesandt wurden, damals,

als man es verlobte, werden in ihrer Truhe sein bis zum Todestage

des Bräutigams, und das Mädchen wisse, wie auch der Jüngling

und ihre Eltern, daß dieses Zeichen nicht wegbewegt werden

kann.

Nach dem Kanun ist das Mädchen gebunden und kann -

außer mit Erlaubnis des Bräutigams, der sich mit ihr verlobt hatte,

oder wenn dieser seine Hand zurückzieht - nicht heiraten, und es

ist nicht nach dem Kanun, daß ein anderer gehe und sie zur Ehe

verlange. Selbst wenn der Bräutigam eine andere Frau nimmt

bleibt sie - außer er gibt ihr Erlaubnis - dennoch gebunden.

"Gebunden ist gebunden!"

Stirbt der Bräutigam, so ist nach dem Kanun das Mädchen

frei, und so sie will, kann sie heiraten, denn "stirbt der Bräutigam,

gilt sein Zeichen als verloren".

Wenn das Mädchen nicht gehorchte und nicht zu dem

Gatten ging, der sich ihm verlobt hatte, werden sie es demjenigen

auch mit Gewalt ausliefern, der sich ihm verlobte, "mit der

Patrone im Rücken". Und würde ihm das Mädchen ins Auge

schlagen (ihn beleidigen), indem es flieht, erschlägt es dieser mit

der Patrone seiner Eltern, und das Blut des Mädchens geht

verloren, weil er es mit der Patrone seiner Eltern tötete

69,70.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

71

schneiden."

31

Der Ausdruck im Kanun i Papazhulit ist: "Den Tag

[4.] Die Bindung der Treue ("Der Tag des Zeichens")

Bestimmung für die Treuebindung:

"Die Treue binden"

festsetzen, da das Brautgeleit aufbrechen wird, um die Braut

abzuholen.

Wie die Treue des Mädchens "gebunden" wird, also am

Tage des Zeichens, werden die Hochzeitsbegleiter unbedingt

aufbrechen, und diesen Tag verschiebt der Kanun niemals, noch

duldet er, daß er verschoben werde.

An diesem Tag bricht das Hochzeitsgeleit auf, und wüßte

es, daß die Braut im Sterben liegt; sie auf dem Boden schleifend,

kriechend, wird es sie ins Haus des Bräutigams bringen.

Dem Brautgeleite darf der Weg nicht gehindert werden,

und sei ein Toter im Haus des Bräutigams oder der Braut.

Den Toten im Haus, bricht das Brautgeleit auf; die Braut

kommt ins Haus, der Tote verläßt es. Dort wird die Totenklage,

hier das Hochzeitslied sein. (Das sagt man, um anzuzeigen, daß an

diesem Tage nicht einmal der Tod das Hochzeitsgeleit aufhalten

kann, - denn, was Singen betrifft - in diesem Fall wird nicht

gesungen).

71 heißt, den Tag und die Frist

[5.] Der Preis, der für die Braut gegeben wurde und der

heute gegeben wird

Der Kanun des Lekë Dukagjini

72

Süden ist wohlhabender.

Nach dem Kanun i Papazhulit ist der Preis etwas höher; der

73

doch kann es gegen ein anderes Blut oder gegen Boden getauscht

werden.

32

Nach dem Kanun i Papazhulit wird das Blut nicht gekauft,

Der Preis, der für Mädchen oder Frau bis vor 50 Jahren

gegeben wurde, bestand aus 50, 100, 200 und bis zu 400

Groschen

Der Preis des Kanun in letzter Zeit beträgt bis 1500

Groschen, so viel, als auch das Blut der Frau ausmacht

72.73.

[6.] Das Erbe der albanischen Frau

"Die albanische Frau hat kein Erbteil der Eltern, weder

Grund noch Haus." Der Kanun hält die Frau als einen Überschluß,

ein Anhängsel im Hause. Die Eltern haben keine Aussteuer, kein

Heiratsgut für die Tochter zu bedenken; er, der sie nimmt, wird für

sie sorgen. Die Eltern des Jünglings, der das Mädchen nimmt,

werden alles bedenken, was für ihre Hochzeit nötig ist.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

74

Gegenden verschieden.

Nach dem Kanun i Papazhulit sind diese Bestimmungen nach

75

33

[Gj.]: Ehedem statt Branntwein: Wein.



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New PostErstellt: 11.03.08, 22:09  Betreff: Re: Der KANUN - 4. Buch: Die Hochzeit  drucken  weiterempfehlen

4. Buch: Die Hochzeit

[1. Kapitel]

Die Hochzeit

[1.] Zubereitung der Hochzeit nach dem Kanun

Für die Hochzeit (

a) Der Hochzeitsochse wird 100 Oka (120 kg) Fleisch und

Fett ergeben;

b) eine Last Maismehl;

c) 4 Babune (Babun etwa 13 kg) Roggenmehl;

d) 4 Oka Kaffee;

e) 12 Oka Zucker;

f) 8 Oka Reis;

g) 4 Oka Honig;

h) 2 Oka Butter;

i) 10 Oka Käse;

j) 3 Oka Speiseöl;

k) 70 Oka Branntwein

dasmë) werden bereitgestellt74:75.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

76

34

Kanun i Papazhulit: nach der Gegend verschieden.

Die Hochzeit nach dem Kanun erfordert

a) 12 Hochzeitsbitter, 13 Hochzeitsbitterinnen;

b) Hochzeitseinlader;

c) Hochzeitsdiener;

d) Köche;

e) Dienerinnen;

f) Tänzerinnen;

g) Hammeltreiber;

h) Liedersänger;

i) Braut und Bräutigam;

j) 2 Hochzeitszeugen (Hochzeitspaten);

k) den Hochzeitskranz.

Die Pflichten des Herren der Hochzeit:

Vier Wochen vor der Hochzeit wird der Vater des

Bräutigams oder der Herr seines Hauses selbst gehen und das

Hochzeitsgeleit einberufen. Zuerst werden die befreundeten, dann

die verwandten Mitglieder des Hochzeitsgeleites geladen.

Es ist Kanun, daß jeder Freund mit einem Hammel zur

Hochzeit kommt. Hammel werden senden:

a) die Neffen und Großneffen, und wenn den Neffen die

Mutter in der Wiege noch am Rücken trägt, wird sie den

Hammel mit der Hand zuführen;

b) der Onkel des Bräutigams.

Die Reihenfolge, in der man zur Hochzeit geht, ist:

a) am Donnerstag gehen die Neffen und Nichten;

b) am Freitagabend gehen die Hochzeitbitter, Diener, Köche,

Wasserträger, Hammeltreiber und das befreundete Geleit.

Wenn die Hammeltreiber den Hof des Bräutigams

76:

Der Kanun des Lekë Dukagjini

35

erreichen, gibt jeder von ihnen einen Schuß ab aus der

eignen Büchse;

c) am Samstag in der Frühe bricht das verwandte Geleit auf.

Am Samstag, wenn das Verwandtengeleit aufbricht, wird

das Hochzeitsrind geschlachtet.

[2.] Die Führung des Hochzeitsgeleites

"Die Führung des Hochzeitsgeleites (krushkí) erfrage und

erbitte, denn außer demjenigen, dem es zukommt, gibt es keinen

Mann, der führen dürfte."

Die Führung des Hochzeitsgeleites darf nicht geändert und

angetastet werden. Wer den Herrn der Hochzeit beschwätzt, einem

Solchen die Führung des Geleites zu übertragen, dem diese

Führung nicht zusteht - außer, daß er in Buße fällt (auch der

Hochzeitsführer, den er widergesetzlich bezeichnete) -, der Kanun

erkennt dies nicht an. Führer des Geleites kann nicht sein:

a) ein Freund; es muß sein ein Gefährte aus dem Dorf des

Bräutigams;

b) er wird nicht aus der Bruderschaft oder der Sippe des

Bräutigams sein, sondern aus andrer Sippe.

Den Geleitführer betrachtet der Kanun nicht nach dem

Aussehen, sondern danach, ob ihm die Führung zusteht - und sei

er fürs Auge wie ein Kind oder eine Mißgeburt, das Haus des

Bräutigams wird ihn annehmen.

Dieses Gesetz ist sehr streng.

[3.] Zusammensetzung und Weg des Hochzeitsgeleites

Der Kranz des Hochzeitsgeleites auf seinem Wege

(der Hochzeitsbegleiter =

krushku)

Der Kanun des Lekë Dukagjini

36

Die Reihenfolge der Hochzeitsgäste, wenn sie aufbrechen,

um die Braut einzuholen, und auf dem Rückweg mit ihr, ist nach

dem Kanun wie folgt: 1. Der Geleitführer, ein Dorfgefährte des

Bräutigams, geht zuerst; 2. ein befreundeter Hochzeitsbegleiter;

3. ein Hochzeitsbegleiter, Dorfgenosse; 4. ein befreundeter

Hochzeitsbegleiter; 5. ein Hochzeitsbegleiter, Dorfgenosse; 6. ein

befreundeter Hochzeitsbegleiter; 7. ein Hochzeitsbegleiter,

Dorfgenosse; 8. ein befreundeter Hochzeitsbegleiter; 9. ein

Hochzeitsgenosse, Dorfgenosse; 10. ein befreundeter

Hochzeitsbegleiter; 11. ein Hochzeitsbegleiter, Dorfgenosse;

12. ein Hochzeitsbegleiter mit dem Hammel an der Hand; 13. die

Hochzeitsbegleiterin, die dem Hammel den Weg weist. Zuletzt

wird der Vater oder Bruder des Bräutigams gehen, das Pferd an

der Hand.

Wenn die Hochzeitsbegleiter aufbrechen, um die Braut

einzuholen, wird jeder einmal seine Büchse abschießen im Hof

des Bräutigams.

Den Hochzeitsbegleitern, mit oder ohne die Braut, wie

auch dem Trauergeleite mit dem Toten, darf niemand an die Türe

gehen, sie zu betrachten, es sei denn, daß der Durchlaß oder die

Straße des Dorfes dort vorüberführt.

Die Dorfstraße oder die große Straße kann niemand

irgendwem verbieten, auch dann nicht, wenn sie ihm an der

Haustüre vorüberführt.

"Dort, wo der Mensch vorübergeht, geht auch das Vieh -

geht der Lebende auch mit dem Toten."

Die Erlaubnis des Hausherrn wird ausnahmslos erbeten,

um an dessen Grundmauern vorüberzugehen, und dieser kann den

Durchlaß (d. h. den Weg auf seinen Grund, die große Straße ist

ohne Erlaubnis frei) freigeben, und sei es mit dem Wort, daß dort

keine Straße sei und daß ihm die Ehre nicht besudelt werden

möge.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

37

Nimmt sich jemand heraus, sei es das Hochzeitsgeleit oder

das Trauergeleit mit dem Toten, jemandem die Türe zu

durchschreiten, so erlaubt diesem der Kanun, dieses Geleit

hinauszuweisen mit der Begründung, daß er den Hausdurchlaß für

sich selber habe und nicht als große Straße.

Geschah es, daß die Geleitschaft mit Gewalt eindrang, so

kam es vor, daß sie dem Toten Genossen wurden und der Braut

der Rock über den Kopf gestülpt wurde.

"Das Hochzeitsgeleit des Dorfes soll dem befreundeten

Hochzeitsgeleite die Straße freigeben."

Das Hochzeitsgeleit auf seinem Wege zur Braut, die es

abholt, darf seine Büchsen nicht abschießen, und das Gesetz

verbietet ihm, jemanden anzutasten.

Die Wanderer, wessen Herkunft und Ehre sie seien, die

mit dem Hochzeitsgeleite zusammentreffen, werden die Straße

freigeben, bis das Hochzeitsgeleit vorüber ist.

Das Hochzeitsgeleit des Ortes wird dem befreundeten

Geleit den Weg freigeben; dies ist Pflicht der Männlichkeit und

Höflichkeit, die unsre Berge seit Menschengedenken beobachtet

haben. Treffe ich mit dem befreundeten Hochzeitsgeleite in

meinem Dorf oder Stamm zusammen, legt es mir der Kanun zur

Pflicht, mich mit meinem Geleit zurückzuziehen, bis das

befreundete Geleit vorüber ist.

Treffen sich zwei Hochzeitsgeleite in fremdem Dorf oder

Stamm, so ist es gesetzliche Pflicht, daß sie sich ausweichen und

in Ehren und ohne Streit auseinandergehen.

"Hochzeitsbegleiter ist Hochzeitsbegleiter, Freund ist

Freund."

"Der Kanun verpflichtet uns, den Freund in unsrem Haus

nicht anzutasten."

"Hochzeitsbegleiter ist Hochzeitsbegleiter" und das

Gesetz verbietet uns nicht, ihn (das heißt das Mitglied der uns

verschwägerten Familie) zu sticheln (necken) in unserem Haus,

Der Kanun des Lekë Dukagjini

77

nicht der Sippe der Blutsverwandtschaft an, und das Gesetz läßt uns freie

Bahn, ihn zu necken (aufzuziehen!), obwohl er unsern Herdstein besetzt

hält, d. h. sich jederzeit bei uns aufhalten kann (

die beiden größten Steinblöcke, die rechts und links vom offnen Herd in

das Erdreich gerammt sind, damit das zwischen sie gelegte Brennholz

nicht auseinanderfalle). Mancher faule und zugleich gefräßige Mann geht

zur verschwägerten Familie, setzt sich neben den Herdstein und rührt

sich (besonders winters) nicht von der Stelle, außer dann, wenn man ihn

zu Tische ruft. Hier der Grund, warum es niemandem zur Schande

gerechnet wird, den Hochzeitsbegleiter zu tratzen. Das Hochzeitsgeleit

kommt und bringt mit sich Fleisch, gebratenes Eingeweide, Branntwein

(Wein), das Übernachtungsgeld und anders; nach dem Kanun ißt der

Hochzeitsbegleiter sein eigen Brot unter meinem Dache, er ist also in

gewissem Sinne nicht mein Gast, den ich der Gastfreundschaft wegen

nicht necken darf.

38

[Gj.]: Der durch Heirat Verwandte ist Schwager, gehört somitcarâ = der Herdstein, d.h.

und wenn er uns den Herdstein einnimmt. Den Hochzeitsbegleiter

zu necken, wird niemandem als Schande angerechnet

Das Hochzeitsgeleit wird mit sich bringen:

a) den Hammel mit 12 Oka Lebendgewicht; reicht er nicht

aus, so hat der Vater der Braut das Recht, den

Hochzeitszugführer zu drängen, daß er einen anderen

Hammel "nach dem Gesetze" kaufe;

b) an Fasttagen werden sie 8 Oka getrocknete Fische

mitbringen;

c) Käse, 2 Oka;

d) Wein, 8 Oka;

e) Branntwein, 2 Oka;

77.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

78

Der Kanun i Papazhulit kennt das Übernachtungsgeld nicht.

79

genauen Vorschriften nicht.

39

Da der Süden reicher ist, kennt der Kanun i Papazhulit diese

f) 12 Groschen Übernachtungsgeld - dieses Geld ist für das

Brot, das das Haus der Braut dem Hochzeitsgeleite

vorsetzt

g) dem Knaben, der das Hochzeitsgeleit bedient, 5

Groschen;

h) der Frau, die die Braut schmückt, 5 Groschen;

i) 10 Groschen dem Onkel des Mädchens, dem Bruder ihrer

Mutter

Die Hochzeitsbegleiter kommen wie Räuber, wie eine

Diebsbande in der Nacht, um Beute zu machen und einen

Menschen wie einen gefangenen Sklaven mit sich fortzuführen,

sie kommen nicht als Freunde. Auch darum hat der Herr des

Hauses den Weg offen, sie zu necken, sie zu überfallen, indem er

ihnen die Waffen zurückhält, und sie können ihm kein Pfand dafür

fordern, denn das Gesetz nimmt ihre Klage nicht an.

78;79.

[4.] Die Hochzeit im Hause der Braut

Im Haus, daraus die Braut fortzieht, ist es nicht Kanun zu

singen; es ist auch nicht Kanun, die Büchsen loszuschießen.

Sollte das Hochzeitsgeleit auch früh im Brauthause

anlangen, so ist doch kein Gesetz, wieder vom Haus aufzubrechen,

ehe die Sonne untergeht und die Dämmerung einfällt.

Einen "Ochsenweg" (so weit der Ochse geht, ohne

stehenzubleiben) vom Haus der Braut entfernt, geht ein Gefährte

Der Kanun des Lekë Dukagjini

40

aus dem Dorf der Braut, der weder ihres Blutes noch ihrer Sippe

ist, dem Geleite entgegen.

Zieht das Geleit ins Gehöft der Brauteltern ein, so wird

jeder Begleiter pro Kopf einen Schuß abgeben, so auch, wenn sie

wieder aufbrechen, um die Braut fortzubringen. Nur der

Geleitführer spricht. Es ist nicht nach dem Kanun, wenn die

anderen Geleitmitglieder sprechen, außer jemand ruft sie mit

Namen und fragt sie mit Namen.

Die Hochzeitsbegleiter werden miteinander die Mahlzeit

essen, an einem Tisch; es ist nicht nach dem Kanun, sie in zwei

Abteilungen zu trennen. Geht das Mahl seinem Ende zu, so

werden die Hochzeitsgäste die Geschenke für die Braut auf die

noch ungebrochenen Brote auf den Tisch niederlegen. Die

Geschenke bestehen aus 1 Groschen pro Kopf; es ist nicht nach

dem Kanun, mehr oder weniger zu geben.

[2. Kapitel]

Tod der Brautleute

[1.] Das Gesetz des Bräutigams

"Stirbt der Bräutigam, sind die Eltern der Braut

verpflichtet, die Hälfte des Bräutigamsgeldes zurückzugeben."

Stirbt der Bräutigam, ehe er die Braut zu sich nahm, so

bleibt dem Freund das Zeichen (der Ring) und die 10 Groschen

des Gesetzes; alles übrige Geld wird den Bräutigamseltern bis zum

letzten Deut zurückgegeben. Heiratet der Bräutigam, verbrachte

nur eine Nacht mit der Braut und stirbt, so wird den

Bräutigamseltern die Hälfte der Hälfte des Brautpreises

zurückgegeben. Stirbt der Bräutigam innerhalb der zwei ersten

Ehejahre, so behält der Freund (der Brautvater) zwei Teile für

Der Kanun des Lekë Dukagjini

80

die Braut die Schwelle des Bräutigams übertrat, und diese stirbt, so

trennen sich die Eltern von der Tochter mitsamt ihren Kleidern und

sonstigem Zubehör (Schmuck usw.), und es besteht keinerlei Pflicht,

etwas vom Brautpreise dem Haus des Bräutigams zurückzuerstatten.

41

In Oroshi (Mirdita) gilt: Ist Jahr und Tag vergangen seitdem

sich; einen Teil des Preises gibt er den Bräutigamseltern zurück.

Stirbt der Bräutigam innerhalb der zwei ersten Ehejahre, läßt er

aber ein Kind zurück auf dem Herdstein, so hat der Freund gegen

die Bräutigamseltern keinerlei Verpflichtung, denn die Tochter hat

den Preis bezahlt mit dem Kinde, das sie dem Hause gelassen hat.

Stirbt der Bräutigam nach drei Ehejahren, so haben seine Eltern

nichts zu fordern, denn die Tochter hat den Lohn in deren Hause

abgegolten.

[2.] Der Tod der Braut

Stirbt die Braut innerhalb der drei ersten Ehejahre, ohne

im Haus des Mannes ein Kind zu lassen, so haben ihre Eltern das

Recht, ihre Kleider samt deren Zubehör (Schmuck usw.) zu

nehmen, aber die verschlossene Truhe mit einem ganzen Gewand

bleibt bei den Eltern des Mannes.

Stirbt die Frau und läßt beim Manne Sohn oder Tochter,

so haben ihre Eltern das Recht auf den Halsschmuck; all ihre

andren Sachen bleiben beim Manne

[3. Kapitel]

80.

Wirkungen der Ehe

Der Kanun des Lekë Dukagjini

81

bis Prevesa (also in ganz Albanien); die Gebräuche sind mitunter

verschieden, auch je nach der Religion.

42

Diese Gesetze sind im wesentlichen gleich von Mitrowitza

[1.] "Die Frau fällt nicht ins Blut, die Frau läßt ihr Blut bei

den Eltern"

Obschon nach unserem Kanun "das Blut mit dem Finger

geht", so begreift doch diese Bestimmung die Frau nicht mit ein,

weil die Frau "nicht ins Blut fällt", selbst wenn sie jemanden

erschlägt.

Erschlägt die Frau ihren eigenen Mann oder wen immer,

so werden ihre Eltern Rechenschaft für dieses Blut geben.

Der Mann kauft die Pflicht des Lebensunterhaltes der

Frau, aber nicht ihr Leben.

Befällt die Frau Unheil aus Schuld des Mannes, so werden

ihre Eltern ihn nach dem Kanun zur Rechenschaft ziehen.

Verletzt der Mann die Frau und beklagt diese sich bei

ihren Eltern, so wird der Mann diesen Rechenschaft geben.

Schlägt der Mann die Frau, so fällt er nach dem Gesetz

nicht in Schuld, und ihre Eltern können ihn für dieses Schlagen

nicht zur Rechenschaft ziehen.

Tötet die Frau den Mann und erhebt sich der Schwager

und tötet die Schwägerin, weil sie ihm den Bruder tötete, so ist

dies kein Abgelten nach dem Gesetz. Das Blut der Frau ist nicht

gleichwertig mit dem Blut des Mannes; also werden ihre Eltern für

den Überschuß Sühne leisten.

Wie die Eltern verpflichtet sind, Rechenschaft zu geben

für alles Böse, das die Tochter im Haus des Mannes oder wo

immer verübt, so setzen auch die Eltern den Preis ihres Blutes,

nicht aber ihr Mann oder Sohn

81.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

43

[2.] "Die Frau gilt als anvertraut für ihren Unterhalt"

Sie ist

wird, d. h. sie ist dazu bestimmt, die Kinder eines fremden Mannes

(d. h. eines nicht Blutsverwandten) zu tragen, sonst aber, dem

Blute nach, gehört sie ihrem Elternhause, wohin sie als

(kinderlose) Witwe wieder zurückkehrt.

Die Frau gilt als anvertraut, solange sie unter dem Dach

ihres Mannes lebt, denn die Eltern können die Hand von ihrer

Abkömmin nicht abziehen und behalten die Pflicht, sich für sie zu

verantworten oder auch für sie Rechenschaft zu fordern und ihr zu

ihrem Recht zu verhelfen.

shakull (Schlauch), in dem die Ware transportiert

[3.] Die verwitwete Frau

Die Frau, die verwitwet und kinderlos zurückbleibt, wird,

indem sie sich vom Hause ihres Mannes trennt, die Gewänder

mitnehmen; die sie als Braut brachte, desgleichen ihre

verschlossene Truhe.

Die junge Frau, die Witwe wird, aber Kinder hat, wird,

falls sie im Hause des Mannes bleiben will, durch zwei Paar

Bürgen verpflichtet. Zwei Bürgen werden aus dem Dorfe sein, wo

sie Witwe wurde, die sich verbürgen, daß niemand mit ihr zu tun

hat, daß sie den Namen der Eltern des toten Mannes und diese

selbst nicht mit Schande beflecken wird; zwei andre werden ihre

Eltern oder ihre Vetterschaft wählen, die dafür Bürge werden, daß

man sie nicht von ihren Kindern trennt, außer wenn sie selbst

darum nachsucht, um sich wieder zu verheiraten.

Die Frau, die ohne Mann und ohne Kinder zurückbleibt

und, weil vorgerückten Alters, die Eltern bittet, sie in der Obhut

des Manneshauses zu belassen, wird niemanden aus der

Der Kanun des Lekë Dukagjini

82

Schande für eine Witwe, zur verheirateten Tochter zu ziehen.

Im Geltungsbereich des Kanun i Papazhulit gilt es als

83

Frauen tragen, besonders bei den Mirditen.

44

[Gj.]: Quasten sind die Haarbüschel, die die verheirateten

Bruderschaft des Mannes betrüben (sie braucht also keine

Bürgen).

Die verwitwete und sohnlose Frau, die eine verheiratete

Tochter hat, hat das Recht, in der Obhut des Manneshauses zu

bleiben. Sie darf aber auch zu ihren Eltern zurückkehren oder zu

einer verheirateten Tochter ziehen

Grund und Boden ihres Mannes wird für ihren Unterhalt sorgen,

drei Lasten Getreide jährlich, bis zu ihrem Tode.

Verheiratet sich aber eine Witwe aufs neue, so findet sie

ihren Lebensunterhalt beim zweiten Manne; die Erde des ersten

Mannes erträgt für sie keine Pflanze mehr.

82, um dort zu leben, und der

[4.] Die abgeschnittene Quaste

83

Führte sich die Frau beim Manne nicht so auf, wie es sich

gehört, so gestattet der Kanun, ihr die Quaste (Franse) des Haares

abzuschneiden und sie zu entlassen.

Die Ehe bleibt, und weder der Mann noch Frau können

sich bei des Partners Lebzeiten wieder verheiraten. Bereut die

Frau, kann es jedoch geschehen, daß der Mann sie auf Bitten der

Freunde zurücknimmt.

Für zwei Dinge hat die Frau die Patrone im Rücken, und

für einen Grund darf ihr die Quaste geschnitten und sie entlassen

werden:

a) für Untreue,

Der Kanun des Lekë Dukagjini

84

meinem Hause, denn Du bist nichts wert. Habest Du schlechten Weg!"

[Gj.]: Der Mann, der die Frau entläßt, sagt: "Gehe aus

85

römischen Kirche, nicht.

45

Dies gilt im Süden, außerhalb der Einflußgebiete der

b) für Verletzung der Freundschaft.

Für diese beiden Taten der Treulosigkeit tötet der Gatte

die Frau; sie bleibt ohne Schutz, ohne Gottesfrieden (die Eltern

sind ihr nicht zur Treue verpflichtet), und ihr Blut wird nicht

gefordert, denn die Eltern der Frau, der Getöteten, geben dem

Manne die Patrone zurück und senden ihm die Bürgen (daß sie ihn

nicht verfolgen werden).

Für Dieberei entläßt jedoch der Mann die Frau und

"schneidet ihr die Quaste", aber eine andere Schande darf er ihr

nicht antun.

Die Entlassene darf, wenn sie das Haus des Mannes

verläßt, nichts andres mitnehmen, als die Kleider auf dem Leibe.

Ihre andern Kleider gehen der Entlassenen verloren, denn den

Preis, den der Mann für sie bezahlt hat, den findet sie bei ihren

Eltern

Hat die Entlassene einen Sohn an der Brust, so muß ihr

der Mann, wenngleich er sich von ihr trennt, einen Ort in der Nähe

des Hauses anweisen, muß ihr den Sohn geben und sie mit Speise,

Trank und Kleidung unterhalten

84.85.

[5.] Die Frau ohne Ehe

Der Kanun des Lekë Dukagjini

86

Dies kommt im Geltungsbereich des Kanun i Papazhulit

niemals vor; im Norden geschah es vorübergehend nur als Folge des seit

der Türkenherrschaft, bis ins 19. Jahrhundert, eingetretenen großen

Priestermangels, der in vielen Gegenden die Trauung jahrelang

unmöglich machte.

46

Wer eine Frau ohne Ehe zu sich nimmt, sei durch Glauben

und Gesetz gebunden

Die Frau ohne Ehe (Trauung) hat im Hause des Mannes

keinerlei Recht. Der Kanun bestimmt für den Mann, der eine Frau

ohne Trauung zu sich nimmt, folgende Strafen:

a) das Haus wird ihm verbrannt, die Erde bleibt ihm brach;

b) er wird aus dem Ort vertrieben und darf seinen Boden

nicht wieder betreten, ehe er die Frau entläßt, die er ohne

Trauung zu sich nahm;

c) hat er ein Kind mit der Frau, die er ohne Trauung zu sich

nahm, so gilt das Kind als außerhalb des Gesetzes, und es

kann niemals erben.

[4. Kapitel]

86.

Stellung der Familienmitglieder

Die Eltern, der Vater, die Mutter, das Kind

[1.] Stellung des Mannes und Vaters

Der Mann hat das Recht:

a) die Frau zu tadeln und zu beraten;

b) die eigene Frau zu schlagen und zu binden, wenn sie

seinen Anordnungen Spott bietet.

Der Vater hat das Recht:

Der Kanun des Lekë Dukagjini

87

Familienkreis - nicht nur der Vater - ausspricht.

47

Der Kanun i Papazhulit fordert, daß diese Strafen der engste

a) über Leben und Lebensführung der Kinder;

b) zu schlagen, zu binden, gefangen zu setzen und zu töten,

Sohn wie Tochter; der Kanun zieht ihn nicht zur

Rechenschaft, vor ihm gilt dies so, als töte er sich selbst.

"Wer sich selbst tötet, der verliert sein Blut"

c) den Sohn in Dienst zu geben so oft er will, aus dem

Grunde, "weil, solange der Vater lebt, der Sohn als

Fronknecht (Leibeigner) gilt";

d) über den Verdienst des Sohnes, seinen Lohn oder was

immer er einnimmt;

e) zu verkaufen und zu kaufen, zu nehmen und zu geben;

f) den Sohn aus dem Haus zu verbannen ohne Anteil, wenn

er sich seiner Befehlsgewalt widersetzt. Jedoch wenn der

Vater stirbt, kommt der verbannte Sohn in sein Erbe.

Pflicht des Vaters ist:

a) sich zum Besten der Kinder abzumühen nach Ehre wie

Besitz;

b) den Söhnen Waffen zu kaufen, wenn sie waffenfähig

werden;

c) keine Legate zu machen, so er Kinder hat;

d) das Erbe den Söhnen zu gleichen Teilen zu hinterlassen.

87;

[2.] Stellung der Frau und Mutter

a) Der Mann hat kein Recht über das Leben der Frau.

b) Die Frau hat keinerlei Recht, weder über die Kinder noch

über das Haus.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

88

ihr Elternhaus zu schicken.

48

Der Kanun i Papazhulit erlaubt dem Sohne nur, die Mutter in

c) Tötet der Sohn die Mutter, fällt er ins Blut mit den Eltern

der Mutter.

d) Schlägt, verletzt oder tötet die Frau eine fremde Hand, so

rächt (fordert) der Mann ihr die Ehre, ihre Eltern aber ihr

Blut.

e) Schlägt die Schwägerschaft die Frau des Mannes, so

fordern (rächen) ihre Eltern ihre Ehre, wenn der Mann sie

nicht fordern sollte.

f) Ist die Mutter eine Aufstörerin (die das Haus

durcheinanderbringt), so verstößt der Sohn die Mutter aus

dem Haus, ohne Nahrung und Gut; nur im ersten Jahr

wird er ihr das Brot des Mundes geben (drei Lasten

Getreide); anderes gibt er ihr nicht

88.

[3.] Stellung der Kinder

Pflicht und Verantwortlichkeit der Kinder fordert:

a) den Eltern Gehorsam und Unterwürfigkeit zu bezeigen;

b) sie bleiben unter dem Befehl des Vaters bis zu dessen

Tode;

c) sie dürfen an ihn nicht Hand legen noch dawiderreden;

d) für jede Angelegenheit werden sie sich mit dem Vater

verständigen;

e) ohne Erlaubnis des Vaters können sie nirgendwohin

gehen;

f) ohne Einwilligung des Vaters können sie nicht kaufen

oder verkaufen, mit niemand Gütertausch treiben;

Der Kanun des Lekë Dukagjini

89

Söhne des ältesten Bruders das Amt in Dorf oder Stamm bekleiden; teilt

es sich, so haben weder der Onkel noch seine Söhne ein Recht, sich in

49

[Gj.]: Solange ein Haus ungeteilt bleibt, wird der Onkel der

g) sie können nicht als Bürge auftreten, außer für so viel, als

die Waffe des Gürtels ausmacht;

h) sie können den Vater nicht aus dem Hause tun, auch wenn

er durch Alter den Verstand verlor;

i) raubt oder stiehlt oder tötet der Sohn, so wird der Vater

sich verantworten, denn "Gewinn und Gefahr der Söhne

zerstückelt den Vater und dessen Brüder";

j) tötet der Sohn den Vater, so richtet die Sippe den Sohn

hin, oder sie vertreibt ihn für immer und ewig aus dem

Orte;

k) beschließt einer der Söhne, sich vom Vater zu trennen, so

bleibt er ohne Anteil am Besitz.

[4.] Recht der Erstgeburt

a) Dem erstgeborenen Sohne steht die Herrschaft im Hause

zu nach des Vaters Tode.

b) Der älteste Bruder wird bei allen Angelegenheiten

innerhalb und außerhalb des Hauses gefragt.

c) Handelt es sich um ein Häuptlingshaus, so steht dem

ersten Sohne des ältesten Bruders das Banner zu (die

Häuptlingschaft).

d) Ist es ein Führerhaus (einer Mark, wie etwa der Mirdita),

so gebührt dem ersten Sohne des ältesten Bruders die

Führerschaft (es ist nicht Majorat, sondern Seniorat).

e) Ist es das Haus eines Dorfältesten, so gebührt dem ersten

Sohne des ältesten Bruders die Ältestenschaft

89.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

die obengenannten Ämter zu mischen, denn sie gebühren den Söhnen des

ältesten Bruders.

90

50

Kanun i Papazhulit: dem ältesten Bruder.

[5. Kapitel]

Die Teilung

Der Kanun über die Teilung umfaßt:

a) das Haus, die Bauplätze und Hürden;

b) die Erde: i) Äcker, ii) Rebgärten, iii) Wiesen, iv)

Weideplätze und Alpen, v) das Buschfeld, die Wälder;

c) den Wasserlauf (die Reihenfolge am Wasser);

d) die Mühle;

e) die Gewinne und Auslagen (Verluste);

f) die Waffen;

g) die Kupfergeräte, Eisenwerkzeuge, Ochsengerätschaften;

h) die Hausmöbel: Matratzen und Decken;

i) die lebenden Tiere: Kühe, Ochsen, Schafe und Ziegen;

j) das Getreide und jede Ackerfrucht;

k) die Bienen;

l) Käse und Butter;

m) Wein und Branntwein;

n) die Ältesten der Teilung.

Haus, Grund und Hürden:

Das Haus mit dem Grund, der es umgibt, fällt dem

jüngsten Bruder

Die Wasserläufe und Hürden werden zu gleichen Teilen

unter die Brüder verteilt. So viele Anteile als Feuerstellen.

90.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

51

Die Erde:

a) Die Erde der Vorfahren wird nach der Elle gleich unter

die Brüder verteilt;

b) Die durch die Söhne gekaufte Erde (nach dem Tod der

Eltern erworben) wird nach Gewehren verteilt;

c) Äcker, Weingärten, Wiesen, Weiden, Buschfelder,

Wälder werden mit der Elle unter die Brüder verteilt;

d) Berg und Alpen werden nicht geteilt; sie werden sie

gemeinsam besitzen sowohl für Holz als Weide.

Die Reihenfolge am Wasser wird nach dem Maß, per Oka

verteilt.

Die Mühle wird, wie die Erde, nach der Zahl der Brüder

verteilt.

Gewinn und Verluste:

a) Gewinn und Verluste gehören dem ganzen Gut: sie fallen

dem Haus als solchem zu und werden vor der Teilung

geregelt.

b) Die besonderen Einnahmen nimmt der Kanun nicht aus:

"Was die Teilung des Hauses betrifft, sei inbegriffen."

c) Die Ausstattung der Frau fällt nicht unter den

Ältestenbeschluß der Teilung.

d) Die Geschenke, die für die Braut am Tag der Hochzeit

zusammenkommen, sei es bei den Eltern, sei es beim

Manne, begreift der Kanun der Teilung nicht ein; sie

gehören der Frau.

Die Waffen gehören dem ältesten Bruder;

Kupfergeräte, Eisenwerkzeuge, Ochsengerätschaften

werden verteilt wie folgt:

Die Kupfergeräte werden nach Brüdern verteilt, auch die

Eisenwerkzeuge.

Die Äxte, Hacken, Sensen, Baummesser, Stutzmesser,

Sägen, Kellen usw., auch die Ochsengerätschaften, werden nach

Brüdern verteilt.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

52

Die Hausmöbel:

a) Die Matratzen und Decken werden unter die Brüder zu

gleichen Teilen verteilt;

b) Die Bottiche, Kübel, Kannen, Eimer nach Brüdern;

c) Löffel, Melkeimer, Rasierwerkzeuge, Butterfässer,

Walker, Töpfe, Schüsseln und was immer für Gefäße aus

Ton oder Holz vorhanden sein mögen, teilt die Hausfrau

nach Anordnung der Ältesten; so auch die Hühner.

Das lebende Getier: "Die Schafe werden unter die

Gewehre verteilt." Beim Teilen der Kleintiere, der Kühe und

Ochsen, der Pferde, erhalten nur jene ein Teil, die fähig sind, eine

Waffe zu tragen.

Das Getreide: es wird nach Mündern verteilt: Den

Männern, Frauen und Kindern wird am Teilungstage der

Mundvorrat gegeben: Kleinkinder, die noch kein Jahr alt sind -

Knaben wie Mädchen - haben kein Recht auf Mundvorrat. Sind

sie ein Jahr alt, wird ihnen wie den andern ihr Anteil gegeben.

Nicht nur das Getreide, sondern jede Nährpflanze von

Acker oder Garten wird nach Mündern verteilt.

Die Bienenvölker werden unter die Brüder verteilt, der

Honig nach den Mündern.

Milch- und Mehlwaren aller Art werden nach Mündern

verteilt.

Wein und Branntwein - mit einem Wort alles, was

gegessen oder getrunken werden kann - wird nach Mündern

verteilt.

Die Ältesten der Teilung:

a) Sie werden entweder zwei oder vier sein, wie es das Haus

erfordert, das geteilt wird.

b) Die Ältesten der Teilung haben Recht auf ein Stück

Kleinvieh pro Kopf.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

91

Essen ersetzt, noch ehe das Haus verteilt ist. Dem unverheirateten Bruder

werden die Ausgaben für seine Heirat gegeben, noch ehe das Haus

verteilt ist.

53

[Gj.]: Dem armen Ältesten werden die Ausgaben für das

c) Die Schuhe (Bezahlung) für die Ältesten der Teilung

bezahlen die Brüder, die teilen wollen, gemeinsam

Die Frauen haben keinen Anteil, außer am Mundvorrat, an

allen Speisen und Getränken.

Das Viehfutter - Heu und Stroh - wird nach dem Vieh

verteilt.

Beschließen die Brüder bei Lebzeiten des Vaters, zu

teilen, so haben sie kein Recht, sich in die Teilung des Grundes

oder der anderen Habe zu mischen; jeder wird auf jenen Teil

ziehen, den der Vater ihm anweist.

Nach dem Tode des Vaters nimmt der Kanun keinen

Bruder von der Teilung aus; so viele sie sind, in so viele Anteile

geht die unbewegliche und bewegliche Habe des Vaters.

Rufen vier Brüder die Ältesten zur Teilung auf, so werden

sie die Erde der Vorfahren nach der Elle gleichmäßig unter sich

teilen.

Teilen sich zwei Brüder eines Sippenzweiges mit zwei

Brüdern eines andern, so teilen sie die Erde der Ahnen in zwei

Hälften, die von ihnen gekaufte nach den Büchsen (unter die

Waffenfähigen).

Stirbt ein Bruder von drei sich teilenden, ohne einen Sohn

am Herd zu lassen, so wird die Erde, die ihm zugefallen war, in

zwei Teile geteilt, aber die später erworbene Erde und das Vieh

bleiben geteilt, wie sie geteilt waren.

Dies gilt auch für die Brüder von zweierlei Müttern (also

Stiefbrüdern).

91.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

54

Sind die Brüder einmal nach Stein und Grenze geteilt und

ziehen sie wieder zusammen, nach einiger Zeit aber beschließen

sie, nochmals zu teilen, so teilen sie die Erde nach den Grenzen

der ersten Teilung. Haben sie inzwischen neuen Grund erworben

und neues Vieh; dies teilen sie bei der zweiten Teilung nach

Büchsen.

Sind zwei oder mehr Brüder, einer von ihnen stirbt,

hinterläßt einen Sohn, so wird mit diesem Waisenknaben geteilt,

als sei er ein Bruder; ihm fällt der Anteil seines Vaters zu.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

55




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New PostErstellt: 11.03.08, 22:10  Betreff: Re: Der KANUN - 5.Buch: Die Erbschaft  drucken  weiterempfehlen

5. Buch: Die Erbschaft

[1. Kapitel]

Intestaterbrecht

Der Kanun anerkennt als Erben nur den Sohn, nicht die

Tochter.

Den außerehelichen Sohn erkennt der Kanun nicht als

Erben an.

Dem Blutneffen fällt das Erbe zu, nicht dem Milchneffen

oder Tochterneffen.

Weder bei Eltern noch bei Gatten tritt die Frau in das Erbe

ein,

a) damit nicht die (weibliche) Neffenschaft auf Grund und

Boden des Onkels (Mutterbruders) seßhaft werde;

b) auf daß nicht die Eltern der Frau sich auf dem Gut des

Schwiegersohnes, dessen Geschlecht ausstarb, festsetzen;

c) damit sich die Sippen eines Stammes nicht mit den Sippen

eines andern vermischen.

Stirbt der Mannesstamm eines Hauses aus, und seien

hundert Töchter aus diesem Hause hervorgegangen, sie haben kein

Reicht, sich in die Erbschaft ihrer Eltern zu mischen, noch ihre

Söhne oder Töchter. "Der Tochterneffe kann sich nicht an den

Krückstock der Onkel hängen (an ihren Schäferstab klammern)."

Bleibt nur ein vater- und mutterloser Sohn in der Wiege,

ohne Bruder und Schwester, so ist die entfernte Verwandtschaft

verpflichtet, ihn aufzuziehen, ihm Vieh und Grund zu behüten,

Der Kanun des Lekë Dukagjini

56

doch haben sie kein Recht, irgend etwas zu verkaufen oder zu

verändern.

Weil die Vetternschaft verpflichtet ist, den Knaben

aufzuziehen und zu ertüchtigen ("auf die Füße zu stellen"), ihm

Vieh und Grund zu behüten, so haben sie das Recht, für ihre Mühe

und ihren Schweiß etwas zu nehmen: "Der Arbeiter will seinen

Lohn." Darum genießen sie des Fruchtertrages, und die

Vermehrung des Gutes (Viehes), sie werden sie nach dem Gesetz

mit ihm teilen, wie es der Herr des Hauses tut mit seinem eignen

Sohn.

Wird der Knabe 15 Jahre alt, erkennt ihn das Gesetz als

Mann an und als Herrn seiner Angelegenheiten, darum werden

ihm seine Besitztümer ausgehändigt und das Regiment in seinem

eigenen Hause.

Haben zwei Vetterhäuser gleiches Recht und gleichen

Anspruch, so verteilen sie den ausgestorbenen Grund zu gleichen

Teilen.

Hat das ausgestorbene Gut keine nahe Vetternschaft, so

hat die Bruderschaft und Sippe, und sei es des 100. Gliedes, Recht

auf Vieh, Erde und Habe des Gutes.

Bleibt das Gut nur mit einer Tochter, so geht der nächste

Vetter zu ihr, nimmt sie ins eigne Haus und übernimmt sogleich

das Regiment über Gut, Erde und Besitz.

Die Vetternschaft hat die Pflicht, die Tochter des

erloschenen Gutes ins Haus zu nehmen, sie mit Kleidern und

Schuhwerk zu versorgen.

Sie hat auch die Pflicht, die verwaisten Mädchen zu

verheiraten, ihnen aufzuwarten beim Besehen (durch die

Heiratsvermittlung) und sie nach dem Kanun zu geleiten (bei der

Hochzeit), den Töchtern das Mahl zuzurichten (Totenmahl), wenn

sie im Hause der Vettern vor oder nach der Hochzeit sterben

sollten.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

92

etwa jemand nach Zuneigung hinterlassen will, bedarf er unbedingt der

Zustimmung der Vetternschaft.

[Gj.]: Der Kanun des Lek kennt kein Testament, und wenn

93

Mohammedaner.

57

Der Kanun i Papazhulit kennt solche Legale auch für die

Der angenommene Bruder. Angenommener Bruder ist

nach dem Kanun jener, der der Mutter mit einem zweiten Manne

geboren wird.

Der angenommene Bruder hat kein Recht auf das Erbteil

im Gut des ersten Mannes seiner Mutter.

[2. Kapitel]

Die Legate, Testamente

92

[1.] Vermächtnisse zugunsten der Kirche

Unter Legaten oder Testamenten - oder, wie der

Volksmund sie nennt, "um etwas nach der Seele zu hinterlassen"

- versteht man, etwas der Kirche

Wiesen, Garten oder Weinberg, Buschfeld oder Wald, das

Wasserrecht, oder wildes wie zahmes Getier, Brache oder

Bestelltes; dazu muß er:

a) normal und geistig gesund sein;

b) frei sein, was die Hinterlassenschaft betrifft;

c) er darf nicht durch irgend jemandes Drohung erschreckt

sein;

d) er muß das Recht auf eine Hinterlassenschaft haben.

Die Vermächtnisse sind zweierlei, ohne und mit Auflage:

93 zu vermachen, wie Äcker und

Der Kanun des Lekë Dukagjini

58

a) Diejenigen mit Auflage (Pflicht) sind jene, bei denen der

Vermächtnisgeber der Kirche eine Auflage vorschreibt,

z. B. eine oder zwei Messen zu lesen im Jahr für seine

Seele oder die Seele seiner Eltern, als Entgelt für das Gut,

das er der Kirche hinterläßt.

b) Legate ohne Auflage sind jene, die hinterlassen werden,

ohne der Kirche etwas aufzuerlegen; sie gelten als

"Geschenke".

c) Der Vermächtnisgeber ist verpflichtet, seine Vetterschaft

zu versammeln und die Ältesten der Sippe, mit Zeugen;

darauf geben der Vermächtnisgeber wie auch jene

Ältesten und Zeugen ihre Unterschrift, wie das Gesetz

(der Kanun) es fordert.

[2.] Recht desjenigen, dessen Geschlecht erlischt

Jedweder ist Herr über seinen Besitz, und wer der Kirche

etwas hinterlassen will, ist frei, es zu tun, niemand darf ihn

hindern.

Der Vater, auch wenn er keine Söhne hat, hat aber nicht

das Recht, den Töchtern Grund, Gut oder Haus zu vermachen.

Bei Lebzeiten des Vaters hat dieser das Recht, den

Töchtern Geld, Kleider, Schmuck zu schenken; nach dem Tode

des Vaters hingegen hat die Tochter nicht das Recht, ein etwa

versprochenes Geschenk anzufordern.

[3.] Das Recht der Vetternschaft

Die Vetternschaft des in seinem Samen Erloschenen hat

das Recht, dessen Erde und Vieh mit Geld abzulösen (falls der

Verstorbene diese der Kirche hinterließ), doch den Ertrag werden

Der Kanun des Lekë Dukagjini

94

Mohammedaner, daß die Vetternschaft die Kosten für Totenfeier und

Grab zu erlegen hat.

59

Der Kanun i Papazhulit bestimmt für die Orthodoxen und

sie der Kirche einhändigen, nach der Absicht des im Samen

Erloschenen.

Hinterließ der im Samen Erloschene ein Blutrecht oder

eine Blutschuld, so werden sie das Schuldige aus dem für seine

Habe Bezahlten begleichen und nur den Überschuß der Kirche für

die Seele des im Samen Erloschenen aushändigen.

Stirbt der in seinem Samen Erloschene unerwartet (ohne

besondere Bestimmung für die Kirche), so hat die Vetternschaft

das Recht auf seinen Besitz und seine Habe.

Hinterläßt der im Samen Erloschene nichts Geschriebenes,

so ist die Vetternschaft dennoch verpflichtet, seiner Seele zu

gedenken. Nimmt sich die Vetternschaft dieser Sache nicht an, so

werden die übrigen Sippenmitglieder mit den Ältesten festsetzen

(wenn sie seine Habe teilen), was der Kirche zu belassen ist

Hat der im Samen Erloschene eine verheiratete Tochter,

so ist die Vetternschaft, wenn sie seine Habe durch Geld erwirbt,

verpflichtet, ihr aufzuwarten und sie nach dem Gesetz zu geleiten.

Hat ein Vater Söhne, so kann er kein Testament machen.

Stirbt der Vater unerwartet, indem er einen Sohn in der

Wiege hinterläßt, so wird die Vetternschaft ihn und seine Habe in

Obhut nehmen, bis er 15 Jahre alt ist.

94.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

95

Übeltäter insgeheim, ungesehen, hingeht, die Haustüre öffnet in böser

Absicht oder die Mauer durchlöchert, so daß man zum Stehlen

eindringen kann.

60

[Gj.]: Für das erbrochene Haus wird genommen, wenn ein



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New PostErstellt: 11.03.08, 22:18  Betreff: Re: Der KANUN - 6.Buch: Haus, Vieh und Landgut  drucken  weiterempfehlen

6. Buch: Haus, Vieh und Landgut

[1. Kapitel]

Das Haus und sein Umkreis

"Das erbrochene Haus

das Zwei-für-Eins für den Herrn."

95 fordert 500 Groschen Buße und

Auf dem Grundstein erhebt sich das Haus, sei es

Wohnturm (

Herdstein hat und Rauch abläßt.

Jedes im Hof befindliche Gebäude gehört zum Hause, in

dessen Schatten (Schutz, Obhut) es steht; wird solches Gebäude

erbrochen, verfällt die Buße der 500 Groschen und das Zwei-für-

Eins.

Niemand darf das Haus betreten, ohne sich vom Hofe aus

dem Herrn des Hauses mit der Stimme bemerkbar zu machen.

Rufe - und wenn dir niemand antwortet -, bleibe und

warte, oder gehe fort an deine Arbeit.

Dringt er ein, öffnet er die Türe, so gilt das Haus als

erbrochen und geschändet, was 500 Groschen Strafe hat und die

verlorenen Dinge das Zwei-für-Eins. Der Kanun sagt: "Wer

jemandem das Haus erbricht, hat 500 Groschen Buße zu zahlen an

kullë) oder ebenerdige Hütte, es genügt, daß es einen

Der Kanun des Lekë Dukagjini

96

wird solche Schuld durch öffentliche Abbitte gesühnt und durch den

Tadel des Altenrates, Schäden durch das Zwei-für-Eins.

Der Kanun i Papazhulit bestimmt kein Geld zur Buße; meist

97

allgemeinen Geldbußen weit mehr üblich als im Bereich des

Papazhulit

ist auf den großen Einfluß der katholischen Priesterschaft in

Nordalbanien zurückzuführen. Diese Geistlichkeit strebte danach, die

Kapitalstrafe (das Blutnehmen) möglichst einzuschränken, und hat diese

Anschauungsweise im Lauf der letzten Jahrhunderte auch im Wortlaut

des Kanun zur Geltung bringen können.

61

Im Norden, unter dem Kanun i Lekë Dukagjinit sind imKanun i, der Geldbußen so gut wie überhaupt nicht gelten läßt. Dies

den Stamm für geraubte Ehre; für gestohlene Gegenstände dem

Herrn das Zwei-für-Eins"

Die Hürde des Viehs hat 500 Groschen Buße an den

Stamm und das Zwei-für-Eins für den Herrn

Die Getreidescheuer hat 500 Groschen Buße mit dem

Zwei-für-Eins an den Herrn.

Wird jemandem der Durchgang oder Übersteig zum Hof,

Acker, Wiese oder Garten erbrochen, den er vor dem Hause hat:

500 Groschen Buße dem Stamm, das Zwei-für-Eins dem Herrn.

[2. Kapitel]

96.97.

Das lebende Vieh

[l.] Der Hirte

Hirt ist derjenige, der die Herde zur Weide führt.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

98

Herrn melden, auch wo und wann es gestohlen wurde; er hat keine andre

Pflicht" (Gesetz des Manu).

[Gj.]: "Wurde ein Rind gestohlen, so wird es der Hirt dem

99

er aber die Treue verletzte, wird er vor dem Altenrat als

Der Kanun i Papazhulit legt ihm das Zwei-für-Eins auf; weilbâlash

(scheckiges Vieh) erklärt, worauf er nie mehr eine Stelle findet.

62

Der bezahlte Hirt hat die Pflicht, der Herde seine Fürsorge

zu widmen, damit sie nicht zu Schaden kommt und niemanden

schädigt.

Fügt der Hirt mit der Herde Schaden zu, so bezahlt der

Besitzer der Herde den Schaden, nicht aber der Hirte.

Verliert der Hirt ein Stück Vieh, so wird er es dem Herrn

der Herde zu wissen tun, und sowohl Herr wie Hirte werden sich

bemühen, es wiederzufinden.

Ging dem Hirten ein Stück Vieh verloren, ohne Zeichen

oder Spur, so kann der Herr der Herde den Hirten zum Eide

zwingen; leistet der Hirt den Eid (seiner Schuldlosigkeit), hat er

keine andre Pflicht.

Bricht sich ein Stück der Herde den Hals oder wird es

vom Wolf zerrissen, so ist der Hirt verpflichtet, dem Herrn der

Herde dessen Abzeichen zu bringen; andre Pflicht erwächst ihm

nicht.

Hat jemand dem Hirten ein Stück der Herde gestohlen, so

hat er die Pflicht, dies dem Herrn der Herde zu melden und ihm

Stelle und Stunde des Diebstahls zu bezeichnen; eine andre

Pflicht erwächst ihm nicht

Betätigte sich der Hirt selbst als Dieb, so wird er dem

Herrn, nach Vorschrift des Kanun, den Schaden vergüten und das

Vieh auf eigene Kosten zurückbringen. Hat er sein Jahr nicht

abgedient, so erhält er Lohn nur bis zum Tag seiner Übeltat

98.99.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

100

Leute leihen sich von Wohlhabenden Tiere aus (Kühe, Schafe, Ziegen,

Schweine), deren Produkte (Käse, Butter, Wolle, die Jungen) zur Hälfte

mit dem Besitzer geteilt werden.

[Gj.]: Zur Nutznießung und Zucht verliehene Tiere. Ärmere

101

Besitzer gehört; sonst wird der Wert der Weide zuerst abgezogen, dann

er Ertrag geteilt.

63

Kanun i Papazhulit bestimmt dasselbe, wenn die Weide dem

Erschlägt der Hirt den die Herde überfallenden Dieb, so

kommt dessen Blut auf sein eigenes Haus; was aber die gestohlene

Herde betrifft, so wird der Herr sich darum kümmern (alarmieren).

Der Hirt hat die Pflicht, die Herde zu behüten, und darf

sich nicht auf Hürde oder Nicht-Hürde hinausreden, denn "das

Tier braucht Hütung, weil es geht, die Erde aber bewegt sich

nicht".

[2.] Der Leithammel oder Leitwidder

(Hammel, Widder der Glocke)

"Die Ehre der Herde ist bei der Glocke."

Wird überfallen mit Gewalt, aus irgendeinem Haß,

angesichts des Hirten und des Glockenhammels, und wird der

Angreifer bei dem Überfall nicht getötet, so zahlt dieser Angreifer

500 Groschen Buße (für geraubte Ehre der Herde) und das

Zwei-für-Eins.

[3.] Das zur "Hälfte"

100 gegebene Vieh101

Der Kanun des Lekë Dukagjini

64

Das Rind gehört dem Herrn; stirb ein Stück, so ist es sein

Schaden; zum Beweis wird ihm dessen Zeichen gebracht durch

den, der es zur Hälfte bewirtschaftet hat.

Wurden Schafe oder Ziegen "zur Hälfte" gegeben, so wird

Schaf- und Ziegenwolle zwischen Herrn und Hirten zur Hälfte

geteilt.

Der Herr braucht weder für Salz noch Hütte zu sorgen,

sondern der Hirte wird dies tun, der das Vieh "zur Hälfte" hat.

Wurde ein weibliches Kalb "zur Hälfte" gegeben und

wuchs es im Haus des Hirten heran, so gehört sein erstes Kalb

dem Hirten, die Milchware beiden (Herrn und Hirten) zur Hälfte.

Hat der Hirte die Milchfrucht verdorben, die er "zur

Hälfte" hat, so ist er verpflichtet, dem Herrn die Hälfte und das

Kalb zu ersetzen.

Das Vieh wird stets im Herbst zur Hälfte gegeben und

genommen.

Die Kuh "zur Hälfte" bringt dem Herrn 4 Oka (etwa 5 kg)

Käse und 2 Oka Butter. Für 10 Ziegen erhält der Herr 5 Oka

Butter, ½ Oka pro Kopf. Für 10 Schafe erhält der Herr 5 Oka

Butte, ½ Oka pro Kopf. Am Käse hat der Herr weder für Ziegen

noch Schafe ein Recht.

[4.] Das Kopfrind (Hauptrind)

Das Kapital (an Rind) gehört ganz dem Verleiher (dem

eigentlichen Besitzer), also das Kopf- oder Hauptrind.

Das Kopfrind verendet niemals.

Wolle und Ziegenhaar des "Kopfrindes" gehört dem

Herrn; die Jungen gehören alle dem Hirten, vom Augenblick an,

da das Vieh seine Türe erreichte; die Milchfrucht je nach

Abmachung; vielerorts wird auch von ihr nichts abgegeben.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

65

Kam ein Stück des Rindes zu Schaden, hat es der Hirt zu

ersetzen, um die Zahl wieder vollzumachen.

[5.] Das Vieh "mit Verantwortung"

Das Vieh "mit Verantwortung" kann nicht weggenommen

werden. Aber nahmst du das Vieh "zur Hälfte", so bindet dich die

Pflicht der Verantwortung nicht, dann ist der Schaden des Herrn.

Ist freilich der Schaden veranlaßt durch Nachlässigkeit des Hirten,

so trägt er ihn und muß das beschädigte Stück Vieh ersetzen.

[6.] Sauen "zur Hälfte"

Wurde ein weiblicher Frischling übernommen "zur

Hälfte" und wird er von der Muttersau entwöhnt und jener, der ihn

übernahm, zog ihn auf, so wird er dessen Würfe mit dem Herrn

teilen. Da die Sau selbst (die er aufzog) dem Hirten gehört, wird

er dafür dem Herrn um ein Ferkel mehr geben.

Nahm die Sau in jenem Jahre nicht an, so darf der Hirt sie

weder verkaufen noch schlachten; er muß sie behalten, bis sie

einmal geworfen hat.

Nahm die Sau an und warf, die Ferkel aber gehen

zugrunde, ehe sie entwöhnt waren, so wird der Hirt die Sau hüten,

bis sie ein zweites Mal annimmt und wirft - und die Ferkel werden

geteilt (wie oben erwähnt).

Die Ferkel werden nach dem Entwöhnen geteilt, nicht

früher.

Wurde eine erwachsene Sau "zur Hälfte" gegeben, so wird

der Wurf geteilt, die Sau aber kehrt zum Herrn zurück, wofür der

Hirt ein Ferkel mehr erhält.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

102

Hund zur Ehrensache und unterliegt deren Gesetzen."

66

Kanun i Papazhulit: "Wenn mutwillig getötet, wird der

[7.] Die Hütte des Hundes

Der Kettenhund muß eine Hütte haben.

Die Hütte ist das Obdach des Wächters von Haus und

Hürde.

Erschlug jemand den Hund in seiner Hütte, so zahlt er

dem Herrn des Hundes 500 Groschen Buße (für "erbrochenes

Haus").

Der Kettenhund wird nach dem Abendfutter freigelassen,

bis zum Tagen. Von Sonnenaufgang an bleibt der Hund in seiner

Hütte, die Keite um den Hals.

Überfällt dich der Hund auf der großen Straße und du

kannst dich nicht vor ihm retten, ohne ihn zu töten, und du tötest

ihn, so kann der Besitzer weder Ersatz noch auch Älteste

(Gerichtsbeschluß) fordern, denn "die Hauptstraße ersetzt nicht".

Überfällt dich der Hund bei Tage, du tötest ihn mit der

Kugel in Kopf oder Brust, so geht der Hund verloren (braucht

nicht ersetzt zu werden).

Der Hund beim Schadenstiften darf getötet werden, doch

nur, wenn er "mit dem Fleisch im Maul" betroffen wird, d. h. ein

Tier deiner Herde beschädigte.

Der Hund auf dem Berg, der seine Herde behütet, wird

vom Richter nicht verfolgt; erschlugst du ihn, du mußt ihn

ersetzen

Der Priester darf bei der Kirche keinen Kettenhund halten.

Denn der Priester muß bei Tag und Nacht für jeden Bedarf des

Volkes bereits sein. Will der Priester einen Kettenhund halten, so

darf er ihn weder bei Tag noch Nacht losbinden.

102.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

67

[8.] Der Pflugochse

Der Pflugochse ist ein Zugtier, als dessen

Entlehnungspreis ein Meterzentner Getreide jährlich gilt

(Meterzentner ist

Bauer auch für den Winter, so kostet er einen Meterzentner

Getreide, überwintert ihn der Herr, so ½ Meterzentner.

Wurde der Pflugochse gestohlen, so werden sich der

Bauer (der ihn entlieh) und der Besitzer gemeinsam um seine

Auskundung bemühen. Das Schuhgeld (für den Auskundschafter)

werden sie zu gleichen Teilen bezahlen.

Glaubt aber der Besitzer, daß der Bauer den Ochsen in

Schaden fallen ließ, so wird sich dieser durch Eid reinwaschen.

Zerriß ein wildes Tier den Ochsen oder biß ihn die

Schlange auf dem Berg, so daß der Bauer ihn verendet fand, so

wird er dem Besitzer die Haut senden oder ein andres Zeichen.

Ging ein zeichenloser Ochse verloren, verschwand er

spurlos, so wird der Bauer vor dem Herrn schwören, daß er den

Finger nicht im Schaden hat, der den Ochsen befiel.

Hat der Bauer den Zugochsen nicht zur Arbeit

herangezogen, so möge er ihn haben und füttern, aber dem

Besitzer (des Ochsen) muß er dennoch den

Getreide) entrichten.

Der Bauer wird dem Herrn die Feldfrucht (den

Türe bringen.

, also Pflugochse kau me hû). Hat ihn der(d. h. die Last) bis zur

[9.] Die Bienen

Der erbrochene Bienenstock hat 500 Groschen Buße dem

Stamm und das Zwei-für-Eins dem Besitzer.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

68

Der Bienenstock steht im Kanun dem Hause gleich, der

Viehhürde, der Getreidescheuer und dem Milchschrank

(Milchkammer).

Wer einen Bienenstock stiehlt innerhalb der Umhürdung,

für den gilt die Hürde als erbrochen, also 500 Groschen Buße,

dem Besitzer aber das Zwei-für-Eins des Stockes.

Leugnet er, so hat er den Eid mit 12 Eideshelfern zu

leisten, 6 durch das Gericht ernannte, 6 unernannte durch das

Gericht.

Der Bienenstock mit Bienen, nach dem Preis des Kanun,

ist 50 Groschen. Die Oka Honig (etwas mehr als 1 kg) macht 5

Groschen, die Oka Wachs auch 5 Groschen.

Der geflohene Schwarm, der sich auf fremdem Baum oder

fremder Hecke niederläßt, gehört dem Besitzer, der ihm nachgeht;

der Baum- oder Heckenbesitzer darf ihn nicht zurückhalten.

Den geflohenen Schwarm, dem niemand nachgeht,

braucht der Besitzer von Baum oder Hecke niemand auszufolgen,

er kann ihn behalten.

Der schwärmende Schwarm muß auf dem Fuß verfolgt

werden; setzt er sich - wo immer es sei -, so wird er vom Besitzer

eingefangen.

Flieht der Schwarm und setzt er sich, ohne daß ihm

jemand folgt, so darf ihn jener, der ihn zuerst findet, für sich

einfangen.

Ist dort, wo die Bienen niedergingen, jemand, und später

tritt ihn der Besitzer der Bienen entgegen, ohne daß dieser den

Bienen sogleich gefolgt wäre, so gewährt ihm das Gesetz weder

Klage noch Eid, denn niemand kann sagen: "dies sind meine

Bienen", wenn er dem Schwarm nicht auf dem Fuße folgte bei

ihrem Schwärmen, denn "Biene ist Biene".

Die in fremdem Garten gefundenen Bienenvölker oder im

Hausumkreise darf niemand einfangen; sie gehören jenem, in

dessen Garten oder Hausumkreis sie gefunden wurden.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

69

Der auf dem Berg oder in fremdem Walde gefundene

Schwarm - so dieser fern vom Hause ist - gehört dem Finder.

Der in Felsenhöhlen gefundene Schwarm, an fremdem

Ort, in Hausferne, gehört dem Finder, sonst aber jenem, in dessen

Hausumkreis man ihn fand.

[3. Kapitel]

Die Landgüter

[1.] Das Hausgut

"Hütte oder Haus, die Rauch aufsteigen lassen (Herd

haben), haben ihre Ehre."

Dieses Hausgut (

Acker, Wiese, Alpen, Weg und Steg (Durchlaß), hat eine Grenze

auf dem Berg, dem Hang, in der Ebene.

Alle Rauche (Herdstätten) haben Anteil am Gemeindegut.

Äcker, Weingärten, Garten, Wiesen, Alpen,

Gebüschfelder und Wälder sind durch Grenzen gesichert

(geschieden).

Das Gemeindegut, Berg, Alpen, ist Gemeindegut sowohl

für das Errichten von Hütten wie auch für Holz- und

Reisignutzung und Geräte.

Die Grundbesitzerfamilien können mehr denn einen Anteil

Grund und Boden haben, so ihnen ein Anteil durch Beerbung von

in ihrem Samen Erloschenen zufiel.

Wer Hürde und Hütte auf der Alpe (dem Freigebiet)

errichtet, samt Bauplatz und Garten und Ackerstück einrichtet,

kann diesen Grund bebauen; er sei sein Besitz, niemand darf ihn

hindern oder von dort vertreiben.

pronë) hat Hof und Garten, Weinberg,

Der Kanun des Lekë Dukagjini

103

Erlaubnis angegangen werden.

Kanun i Papazhulit: Der Altenrat der Gemeinde muß um

104

verliert es.

70

Kanun i Papazhulit: Wer sein Haus 30 Jahre vernachlässigt,

Schattenstellen (

Bäume, die jemand als Viehschattenstellen stehen läßt, darf

niemand schlagen; sie gehören jenem, der sich als Erster auf

jenem Platz festsetzte.

Zieht ein Haus um, verläßt es sein Dorf, verkaufte es aber

weder Bauplatz noch Erde, so blieben sie sein Eigen; niemand hat

das Recht, sich dort festzusetzen.

Verkaufte es die Erde samt Zubehör, so bleibt dennoch der

Ort des Hauses sein Eigen; solang jemandes Haus steht, darf

niemand es nehmen.

Jedes Haus im Dorf hat das Recht, so viel Grund des

Gemeindebesitzes zu bearbeiten als es rings durch einen mit der

Linken geworfenen Stein umzeichnet

Dort, wo Einer zu ackern beginnt, wird er sich kreuzbeinig

hinsetzen, wird einen Stein in seine Linke nehmen und ihn rings

nach den vier Himmelsrichtungen werfen. Dieser Grund ist sein.

Früher war Brauch, die Axt zu werfen.

Die einmal bearbeitete Erde, sei es für Garten oder Haus,

kann kein andrer im Dorf oder Stamm betreten und bebauen, und

ließe er sie auch 100 Jahre brach. Sohn nach Sohn gehöre die Erde

dem, der sie zuerst umbrach (Berge von Alessio). In Oroshi gilt:

"Wer sein Haus 10 Jahre vernachlässigt, verliert es; es gehört

jenem, der es hernach als Erster bezieht"

mrrîz, für des Viehes Mittagsrast) und103.104.

[2.] Jemanden im Dorf zum Bruder machen

Der Kanun des Lekë Dukagjini

105

Stimme im Rat haben.

71

Kanun i Papazhulit: Seine Söhne aber werden Sitz und

"Jemanden im Dorf zum Bruder machen" heißt: jemanden

aus fremdem Stamm aufnehmen, so daß er sich im Dorf eines

anderen Stammes niederlassen kann. Hat das Dorf jemanden zum

Bruder gemacht, so kann ihm jeder im Dorf, bis an alle vier

Dorfgrenzen, Land verkaufen.

Auf Alpe, Berg und Gemeindeland des Dorfes und

Stammes kann ihm nichts verkauft werden, und Anteil an der

Regierung kann er niemals haben

Gerätschaften werden ihm als Ehrengeschenk zur Verfügung

gestellt.

Den gemeinsamen Ämtern des Dorfes wird er sich

verantworten.

Tod und Hochzeit, Pfand und Bulle, das Darlehen des

Mehles hat er leihweise vom Dorf. Er wird Buße zahlen, und auf

Bußanteil hat er Recht.

105. Weide, Holzgebrauch und

[3.] Das Gemeindegut

"Das Gemeindegut geht mit dem Rauch."

Das Gemeindegut (Gemeindeland) ist der Grund, den

Dorf- oder Stammesgenossen gemeinsam besitzen, zur Weide,

Holzgewinnung, für Reisig, Jagd und anderes.

Das Gemeindeland wird nicht geteilt. Aber so viele

Häuser oder Rauche (Herdstätten) im Dorfe sind, so viele haben

Recht auf das Gemeindeland des Dorfes; so viele Herdfeuer im

Stamme, so viele haben Recht auf das Gemeindeland des

Stammes.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

72

Den Schatz des Gemeindelandes kann kein Einzelner ohne

die anderen verkaufen. Schaden und Gewinn sind allen Rauchen

gemeinsam - des Dorfes oder Stammes. Weder Acker noch

Weinberg oder Garten kann jemand im Gemeindeland aufgraben,

ohne daß ihm Einhalt geboten würde durch das ganze Dorf, den

ganzen Stamm. Wer aber einen Baum ins Gemeindeland setzt, hat

das Recht auf dessen Holz; er kann ihn nach Gutdünken fällen,

niemand andrer darf an diesen Baum die Axt legen.

Die in das Gemeindeland gesetzten Obstbäume oder

Bäume gehören jenem, der sie pflanzte, aber ihre Früchte kann

essen, wer mag - der den Baum setzte, darf ihn nicht hindern.

[4. Kapitel]

Die Grenze

[1.] "Die Grenzen der Grundstücke sind unbeweglich"

Die Grenze wird durch große Spitzsteine bezeichnet, die

unter die Erde und über die Erde ragen; zur Grenzzeichnung kann

auch altes, gelagertes Holzwerk dienen.

"Der Grenzstein hat die Zeugen hinter sich." Den

Grenzstein umgeben die Zeugen. Diese bestehen aus 6 oder 12

Kieseln (kleine Steine), die rund um den Grenzstein eingegraben

werden.

Beim Bezeichnen und Besteinen der Grenzen müssen

außer den in Frage stehenden Häusern auch die Dorfältesten

zugegen sein, die Stammesältesten und so viel als möglich von

den Jungmannen und Kindern, auch aus den umliegenden

Dorfschaften, auf daß die Grenze in ihrer Erinnerung lebe.

Jedes Grundstück - ob Acker oder Wiese, Garten oder

Weinberg, Gebüschfeld oder Wald oder Hausumkreis, Dorf von

Der Kanun des Lekë Dukagjini

106

Armbeuge.

Kanun i Papazhulit verlangt den Stein im Nacken statt in der

107

auf diesen Himmel. Ihr mögt mich zerstückeln (

unredlich handle!" Mitunter wird statt mit Stein und Scholle mit einer

Münze im Mund geschworen; die Münze stellt den Wert des Bodens dar.

73

Schwur des Kanun i Papazhulit: "Ich schwöre auf Erde undme thert), falls ich

Dorf, Stamm von Stamm - werden durch eine Grenze

ausgeschieden.

Die einmal festgesetzte Grenze wird nie mehr verändert.

Die Gebeine des Grabes und der Grenzstein gelten gleich

vor dem Kanun. Grenzsteinversetzen gilt gleich dem Spielen mit

dem Totengebein. Wer sich anschickt, eine Grenze zu bezeichnen

oder einzurichten, wird es mit Ernst tun, wird in die Armbeuge

106

Stein und Erdklumpen legen und den beiden Dörfern oder

Stämmen vorausziehen, um die Grenze zu setzen oder die Zeichen

der alten Grenze neu zu befestigen.

Mit dem Stein und Erdklumpen in der Armbeuge wird der

Älteste (

Aufbruch vereidigt.

Nach dem Kanun ist die Eidesformel wie folgt

a) "Durch diesen Stein (oder: durch diese Last), mit dem ich

mich beschwerte, mit dem von den Vorfahren Gehörten,

werde ich jetzt den Lauf der früheren Grenze zeigen und

werde Keines Grund und Boden benachteiligen, sondern

tun, wie Geist und Seele mir eingibt."

b) "Auf dieses Gewicht: Hier und hier und hier waren die

alten Grenzen und hier setze auch ich sie fest. Möge ich

im Jenseits büßen, so ich euch belog!"

c) "Auf dieses Gewicht, das mich im Jenseits belaste: hier

waren die alten Grenzzeichen, wie es mir der Großvater

plak), der zum Grenzfestsetzen anführt, vor dem107:

Der Kanun des Lekë Dukagjini

108

aus diesem Grunde nicht mehr hingerichtet.

74

Im Bereich des Kanun i Papazhulit wurde seit 100 Jahren

zeigte, als ich ein Knabe und bei ihm Ziegenhirte war. Er

nahm es in jenes Leben mit. Daß hier die Grenzen sind

und hier - und nach seinem Wort nehme auch ich es auf

meine Seele."

d) "Dieses Gewicht belaste mich in diesem und dem anderen

Leben, wenn ich nicht mit ganzer Seele nach der alten

Grenze gehe."

Wenn du so (mit dem Stein im Arm) die Grenze mit dem

Gewicht festsetzest, gibt es Keinen, der den Grenzstein versetzen

dürfte.

Wurde dem Ältesten Stein und Gewicht gegeben, nahm er

sie auf den Arm und schickte er sich an, mit dir die Grenze zu

ziehen, so darf niemand ihn hindern; man sagt: "So führe uns denn

an, und so du nicht mit Rechtlichkeit handelst, belaste dich dies

Gewicht im ewigen Leben!"

Während der Greis den Grenzstein setzt, hält er die Hand

auf ihn und sagt: "Wer immer diesen Stein rückt, dem laste er im

ewigen Leben!"

Wer den Grenzstein verrückt in der Absicht, Haus mit

Haus, Dorf mit Dorf, Stamm mit Stamm zu verfeinden,

angetrieben durch Reden und Geschenke, und wird entdeckt, wird

nicht nur bestraft und ist ehrlos, sondern ihm fallen auch die

Schäden zur Last, so aus diesen Wirren entstehen.

Geschieht ein Mord als Folge des Grenzverrückens, so

wird der Anstifter dieser Wirren mit der Buße von 100 Hammeln

und einem Ochsen belegt und durch das Dorf hingerichtet

"Die Grenze macht keinen Bogen (Schlinge)."

108.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

109

über die Grenzen, von denen behauptet wird, daß sie mit denen unsres

Kanun übereinstimmen.

75

[Gj.]: Das Gesetz M~nava DharmaÑ~stra hat viele Punkte

Um jedes Mißverständnis auszuschließen, wird die Grenze

nicht in Biegungen, nicht geschlängelt sein, sondern gerade

gezogen.

[2.] Die durch das Blut gewonnene Grenze

Überschreitet jemand die fremde Grenze

wissen, daß es fremdes Gebiet ist, und niemand kommt zur Türe,

um Stimme zu geben, um zu sagen, daß er Fremdes betrat, so wird

ihm am Tage des Pfandes keine Buße für verursachten Schaden

auferlegt, und hätte er selbst im Holz oder sonstwo Schaden

verursacht - vorausgesetzt, daß er sich zurückzieht, sobald er den

Grund als fremd erkannte.

Streiten sich über die Grenze Brüder oder Vettern, Sippe

mit Sippe, Dorf mit Dorf - und werden hundert erschlagen: außer

daß sie sich zugrunde richten, entsteht keine Folge, denn die

Grenze kann nicht verrückt werden. Die Pfänder der Ältesten

werden den Streit schlichten. Wird jemand erschlagen, während

die Grenze erst festgesetzt wird, oder unter den Hirten auf den

Bergen, indem sie unter sich streiten wegen der Weidegrenze auf

Alpe und Hochweide, so wird sofort der Ältestenrat über die

Grenzfestsetzung abgebrochen. "Er fordert das Weidegeld von

mir, ich gab ihm Eisen und Dolch zur Antwort: Dort, wo die

Steine der Grenze festgelegt sind, bleibt die Grenze."

Die Gedenksteine (

Ermordungsstelle eines Menschen (an jede solche Stelle wird ein

109, ohne zuguret e muanavet) an der

Der Kanun des Lekë Dukagjini

110

Unter dem Kanun i Papazhulit: kleine Pyramidensteine.

111

Kanun i Papazhulit nennt diese blutgewonnene neue Grenze:

kufi e gjakut

den Grund").

76

(die Blutgrenze). Gjaku shton tokën ("Das Blut vermehrt

Stein gelegt oder ein Steinhaufen

die Grenzen sein.

Geschieht es, daß zwei Männer sich Büchse gegen Büchse

(

gegenseitigen Schießen) töten, ziemlich entfernt einer vom

andern, so wird die Grenze der einen Partei beim Gedenkstein des

Einen, die des Andern beim Gedenkstein des Andern sein.

Der Ort, der zwischen den beiden Wildbächen liegt, ist

Besitz beider Wohnstätten.

Bleibt aber der Erschlagene nicht auf dem Fleck tot liegen,

ermannt er sich und dringt ein auf den Grund des anderen, sei es

aufrecht, sei es auf dem Bauche kriechend, wie tief er auch über

die fremde Grenze drang, dort, wo er durch seine Wunden

ermattet endgültig hinsinkt und stirbt, dort werden seine

Grenzsteine errichtet, sie gelten als Grenze, und seien sie auf

fremdem Grunde

Der Ort gehört fortan zu jenem Dorf oder Banner

(Stamm), dem der Getötete angehörte, der in das Gebiet eindrang;

kein Mann dürfte wagen, jene Steine, die dort, wo er starb, als

Grenze errichtet wurden, wegzurücken, denn das Land wurde mit

Blut gewonnen und vergossenem Leben (geopfertem Schädel).

Dieses Recht gilt nur, wenn der Streit über die Grenze

entbrannte, nicht etwa bei Totschlag aus andrer Ursache.

110 getürmt) werden für immerflakë për flakë, d. h. Flamme gegen Flamme, also beim111.

[3.] Die durch den Gewichtstein gewonnene Grenze

Der Kanun des Lekë Dukagjini

112

bei der Bestimmung naher Grenzen der Gewichtstein gebraucht und für

entfernte Grenzen eine Steinplatte hergerichtet, die man sich auflud,

indem man sagte: "Wer kann sie bewältigen?"

[Gj.]: Vor langer Zeit, als es noch keine Büchse gab, wurde

113

von Kurvelesh.

Dies gilt unter dem Kanun i Papazhulit noch heute im Gebiet

114

Gewichtstein oder das Einschlagen der Axt eroberten, werden vom

Gesetz anerkannt als Männertat, denn zu ihrem Gewinn hat Mut und

Kraft gedient, um Schande und Schmach zu vertreiben. Dies wird noch

klarer verstanden werden, wenn wir die Sitten unsrer Berge im einzelnen

dartun.

77

[Gj.]: Die durch Blut gewonnenen Grenzen, die durch

(oder durch die aufgeladene Steinplatte)

112

Zwei entzweite Stammschaften wählten einen

kräftigen Mann für jede streitende Seite; das Festsetzen der

Grenze wurde ihnen aufgegeben. Mit dem Gewichtstein: dem es

gelang, den Stein am weitesten zu schleudern, dessen Banner

wurde dort aufgepflanzt, wo der Stein niederfiel. Genauer: Hatte

ich den Stein am weitesten geschleudert, so gehörte mir jenes

Gebiet, warfst du weiter als ich, so nahmst du jenes Gebiet

der Steinplatte auf dem Rücken: indem man sich die Platte oder

einen großen Stein auflud, ging man vor, so weit man die Last

schleppen konnte. Wer am weitesten trug, dessen Grenze oder

Stammesgrenze wurde dort gezogen. "So geschah es in Unter-

Fandi in der Ebene der Mulden, oder am hl. Berg der Alpen von

Oroshi."

113. Mit

[4.] Die durch die Axt bezeichnete Grenze

114

Der Kanun des Lekë Dukagjini

115

noch heute die Streitaxt geworfen, die sonst heut eine Waffe der Frauen

ist. Sie heißt

78

In der Laberia, im Süden, wird zur Erringung des Waldesnaxhake.

Zwingt mich die Not, einen Ort für Holz zu gewinnen

oder eine Alpe, so schultere ich, falls es mir nicht gelingt, mir

beides zu beschaffen, die Axt und gehe auf eine fremde Alpe. Auf

den Klang meiner Axt kommen die Wächter der Alpe und finden

mich beim Zerschlagen des Nadelbaumes.

Hat sich der Schädiger schnell bemüht und die Kraft

seiner Arme gut genutzt und seine Axt so tief in den Baum

geschlagen, daß die Wächter sie nicht herausziehen können - dann

sei die Grenze des Stammes, dem der Schädiger angehört, dort, wo

er die Axt einhieb. Wie es Gjoka Buçë aus Kaçinari in Kushnen

getan hat

[5. Kapitel]

115.

Die Straßen

[l.] Die Dorfstraße

"Die Straßen sind die Adern der Erde."

"Die Straße und der Durchlaß zwischen zwei

Wohnplätzen verlangt nach der eignen Breite":

a) Die Straßen der Dorfwohnplätze sollen 8 Spannen breit

sein; 4 für den einen Anwohner, 4 für den andern.

b) Um zwischen zwei Äckern Hecken zu errichten, werden

8 Spannen abgegeben, 4 gibt der Besitzer des einen

Ackers, 4 der andere.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

116

Wasser für das Vieh viel breiter, niemand darf dort ackern, auch wenn sie

sehr breit ist.

79

Kanun i Papazhulit: In der Müseqe ist die Straße zum

c) Handelt es sich nicht um die Dorfstraße, sondern um die

Straße zweier Anrainer, so werden diese, falls sie

zwischen sich eine Straße errichten, abwechselnd eine

Spanne frei geben, die Grenze wird in der Mitte sein.

Wollen sie keinen Weg lassen, so flechten Sie gemeinsam

eine Hecke

d) Wird eine Örtlichkeit mit Mauerwerk umgeben, so wird

dieses so weit von der fremden Grenze errichtet, als es

selber dick ist.

e) Ein Haus muß so weit von der fremden Grenze erbaut

werden, als sein Dach Breite hat.

f) Wird ein Brunnen gegraben, dann so weit von der Grenze,

daß das Wasser des fremden Brunnens nicht einsickern

kann, oder so weit, als die Brunnenöffnung breit ist. "Die

Wasser sind das Blut der Erde."

g) Wird ein Ölbaum, ein Feigenbaum oder andrer Nutzbaum

gepflanzt, so setzt man ihn 5 Fuß von der fremden

Grenze; hält er sich dort nicht, so 10 Fuß (

116.kufija hijes

"Grenze des Schattens").

h) Keimt ein Baum zu nahe von der Anrainergrenze, wohl

aber innerhalb der eignen Grenze, und der Besitzer

schlägt ihn nicht ab, so hat der Anrainer das Recht, ihn

mit dem Baummesser zuzuschneiden, soweit das

Baummesser reicht. "Nach dem Gesetz darf der Stiel des

Baummessers nur 3½ Spannen messen."

i) Will sonst jemand einen Baum pflanzen, so sei es 10 Fuß

von der fremden Grenze.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

80

[2.] Die Landstraße (Hauptstraße)

Die Hauptstraße wird so breit sein, daß das Pferd mit

seiner Last am Ochsen mit seinem Joch vorbeigehen kann.

Die Straße darf weder aufgehalten noch abgeschnitten

werden; sie folgt der Adernrichtung; das Wohl der Gemeinschaft

geht über die Privatwohlfahrt.

"Die Arbeit entfernt die Hauptstraße, aber sie darf sie

nicht ins Wasser stoßen, wo das Vieh ertrinkt, noch auf den

Felsen, wo es den Hals bricht."

Hast du die Hauptstraße aus deinem Grund entfernt, so

darfst du sie nicht etwa stark schief machen, und die Arbeit der

Zubereitung wirst du selbst leisten.

Hast du sie schlecht bereitet und es trifft dich davon der

Schaden selbst, so magst du ihn leiden, trifft er einen anderen, so

fällt er dir zur Last, und du wirst Rechenschaft geben, je nach dem

Schaden.

"Die Straße des Stammes wird so breit sein, wie der

Fahnenschaft des Banners lang ist."

[3.] Die Sackgasse

Der Durchlaß oder Übersteig (über einen Zaun) heißt nach

dem Gesetz "Sackgasse"; ist sie nach allen vier Grenzen auf

deinem Grund, so magst du sie schließen und die Erde, wo sie lief,

bebauen.

War es jedoch ein Durchlaß, den die Fußgänger

(Dorfgenossen) von jeher benützten, so mußt du einen andern in

der Nähe errichten, wenn du ihn schließen solltest, weil er dir

Schaden auf Feld, Garten oder Weinberg verursacht.

War es ein Durchlaß nur durch deine Gefälligkeit oder

dein Wort und es entsteht dir Nachteil (oder Schande), so hast du

Der Kanun des Lekë Dukagjini

81

das Recht, ihn zu schließen und dem Dorf mitzuteilen, daß dort

niemand mehr gehen möge. Doch war’s ein Durchlaß, wo die

Gefährten stets durchgingen, die Hochzeitsgeleite mit der Braut

oder die Leichenzüge mit dem Toten, weil es dort zur Kirche führt

- und so von alters, so darfst du ihn nicht schließen.

Zur Änderung eines Durchlasses bedarf man unbedingt

der Zustimmung des Dorfes.

[6. Kapitel]

Die Stammesweide

"Die Stammesweide, das Weidegeld (pashtrak) gib selbst,

sonst werden sie sie dir mit Gewalt nehmen."

Stammesweide heißt die Örtlichkeit für Weide innerhalb

der Grenzen eines Stammes, wo die Herden andrer Stämme nicht

weiden dürfen.

Wird auf Berg oder Alpe eines andren Stammes eine

fremde Herde betroffen, so wird ihr Besitzer Weidegeld zahlen.

Der Schaden an der Stammesweide wird durch Vieh

ersetzt.

"Die Glocke des Leithammels darf nicht als Weidegeld

genommen werden, sie ist die Ehre der Herde."

Der Herr des Berges hat nicht das Recht, die fremde Herde

anzutasten und mit eigener Hand das ihm verfallene Stück Vieh zu

nehmen; die Hand des Herdenbesitzers wird ihm das Vieh geben,

das für den Schaden zu geben ist. Der Besitzer des Berges hat

auch nicht das Recht, das Stück Vieh auszusuchen; er wird das

Vieh nehmen, das ihm die Hand des Hirten zuweist. Betritt die

Herde den fremden Berg hundertmal an einem Tage - hundert

Stück Vieh wird der Besitzer der Herde geben.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

82

Wurde der Hirt nicht angetroffen, um Bezahlung von ihm

zu fordern, erhob sich darauf der Herr des Berges mit einigen

Genossen, um die fremde Herde zu überfallen, so unterstützen

sowohl Dorf wie Stamm diese Beutenehmer und fordern

Rechenschaft vom Besitzer der Herde. Dorf und Stamm des Hirten

werden entweder den Hirten zwingen, das Weidegeld zu zahlen,

oder die Hand von ihm abziehen.

[7. Kapitel]

Die Arbeit

[l.] "Die Arbeit rückt den Durchlaß"

Die Arbeit entfernt die Hauptstraße, darf sie aber nicht

"ins Wasser stoßen, wo das Vieh ertrinkt, noch auf den Fels, wo

es den Hals bricht" (siehe oben). Geht aber die Hauptstraße über

deinen Grund und du beschließt es, dort zu ackern, so darfst du die

Straße verlegen, darfst sie aber nicht über den Bach führen oder

über Felsen, noch zu nahe am Wasser oder Abgrund. "Die Arbeit

rückt den Durchlaß." Beschlossest du jene Erde zu bearbeiten,

über die der Durchlaß des Dorfes führt, so bearbeite sie, aber für

den Durchlaß wirst du einen anderen Ort finden.

Der Kanun will nicht, daß jemandes Erde geschädigt

werde, darum sagt er: "Die Hecke bewegt die Straße"; aber Straße

und Durchlaß werden an andrer Stelle ersetzt.

[2.] Der Lohnbauer

Lohnbauer ist, wer zu einem Herrn geht, dessen Erde zu

bebauen.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

83

Die Herrschaft wird für die Errichtung einer Hütte sorgen,

sei es einer ebenerdigen oder eines Wohnturms (

Lohnbauern und seine Hausgenossen.

Was die Ochsen betrifft: wie es mit dem Herrn abgemacht

wird. Hat der Lohnbauer eigene Ochsen, so darf er die Erde

bearbeiten; und was das Getreide betrifft, so nach Abmachung.

Hat der Lohnbauer keine Ochsen, so darf er sie nur beim Herrn

nehmen.

Die Geräte, Werkzeuge und ihre Schärfen (Klingen) sind

Sache des Lohnbauern.

Den Wasserlauf zu teilen oder zuzurichten, ihn zu pflegen

- ebenso. Brach das Leitungswasser in die Abteilung eines andern

durch Schuld des Lohnbauern, so trägt er den Schaden.

Gräben aufzuwerfen ist Sache des Grundherrn, nicht des

Lohnbauern.

Die Grundstücke zu umhecken ist Sache des Lohnbauern,

nicht des Grundherrn.

Die Bearbeitung der Grundstücke, das Säen, Bewässern,

Ernten, Abräumen, ist Sache des Lohnbauern, nicht des Herrn.

Was immer der Bauer sät auf der Erde seines Herrn

(jederlei Pflanze), wird er mit dem Herrn teilen nach Abmachung.

Zuerst erhält der Herr, dann der Bauer, so fordert es Sitte und

Ansehen.

Die Früchte (Feigen, Nüsse, Mispeln, Granatäpfel, Äpfel

und ähnliches) nimmt der Bauer vom Baum und teilt sie mit dem

Herrn.

Der Lohnbauer hat das Recht, ein Stück Garten auf dem

Grund seines Herren umzugraben, um für sich selbst Kohlarten,

Zwiebeln, Lauch usw. zu bauen. Pflanzt er in jenem Garten auch

Tabak, so hat er ihn für sich selbst. Pflanzt der Bauer Tabak und

Kartoffeln außerhalb des Gartens, so hat er sie zur Hälfte mit der

Herrschaft.

kullë) für den

Der Kanun des Lekë Dukagjini

84

Sollte der Lohnbauer das Vieh des Herrn "zur Hälfte"

haben, so gehört das Stroh dem Bauern, und mit dem Mist wird er

die Gründe düngen. Die Mühe der Arbeit hat der Lohnbauer.

Hat er Wiesen, die an die Äcker stoßen, so mäht sie der

Bauer; das Heu hat er zur Hälfte mit dem Herrn, das Einhecken

und Bewässern ist Sache des Bauern.

Die Weide auf den Wiesen hat der Bauer, der sie pflegt,

umheckt und bewässert und mäht, und die Herrschaft darf sie

keinem andern geben, nur wird das Vieh des Herrn mit dem des

Bauern grasen.

Der Bauer baut das Heu zu Haufen; deren Unterhalt

obliegt dem Herrn. Das Ernten, Säubern und Dreschen des Maises

hat der Bauer, außer, der Herr sammelt die Kolben auf dem Halm

und häuft sie im eigenen Hofe; dann erntet und überbringt der

Bauer, für das Säubern aber sorgt der Herr.

Zum Wässern der Gartenpflanzen nimmt der Bauer das

Wasser in der Reihenfolge der Grundstücke seines Herrn.

[3.] Der Schmied

"Der Schmiede (wie der Kirche, Mühle, Herberge) dient

niemandem als Freund."

Die Schmiede hat man in der Reihenfolge wie auch die

Mühle.

Der Schmied schmiedet in der Folge, in der ihm jemand

Eisenwerk zum Schmieden bringt.

Der Schmied wird nicht auf Freundschaft sehen (jemanden

bevorzugen) noch den Reichen vom Armen unterscheiden, den

Nahen vom Fernestehenden. Es ist seine Pflicht, die Reihenfolge

einzuhalten.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

117

großen Siedlungen.

85

Im Süden gibt es in den Dörfern keine Schmiede, nur in den

Die Arbeit (Mühe) des Schmiedes wird pro Joch Erde

bezahlt (je nachdem der Bauer, der bei ihm schmieden läßt, Grund

hat

Der Schmied hat die Pflicht, zu schmieden; das Eisen wird

jeder für sich selbst bringen.

Das Gebläse, die Schläuche, der Amboß und die andern

Werkzeuge gehören dem Schmiede; den Zunder bringt ihm der

Besitzer des Eisens.

Es ist Pflicht des Schmiedes, durch das ganze Jahr zu

beschlagen und Eisenwaren zu bearbeiten.

Die Besitzer der Eisenwaren haben ihren bestimmten Tag,

jeder einmal im Jahre; in dieser Reihenfolge sind sie dem

Schmiede für Nahrung und Arbeitslohn verpflichtet. Zur übrigen

Zeit sind sie ihm nicht verpflichtet.

Der Schmied ist verpflichtet, für ein Jahr zu schmieden,

er darf niemanden übergehen.

Fügt der Schmied etwas aus eigenem Eisen hinzu, wird

ihm der Besitzer der Eisenwaren sein Eisen bezahlen, das er für

ihn verwandte.

Für das Schmieden von Ketten, Fallen und anderem

Eisenwerk, das mit der Bauernarbeit nichts zu tun hat, muß er, der

es braucht, besonders zahlen.

Niemand braucht dem Schmied den Lohn ins Haus zu

bringen, er holt ihn.

Der Schmied und sein Haus sind vom Waffendienst

befreit.

Der Schmied ist verpflichtet, für 10 zum Heeresdienst

befohlene Dorfmitglieder ein Schwert zu schmieden.

117.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

86

Weder der Schmied noch sein Haus sind von einem

Dorfamt ausgenommen.

[4.] Die Mühle

"Der Müller und seine Hausgenossen werden nur auf

einem Ellenbogen schlafen."

Tag und Nacht wird der Müller die Kornfrucht bewachen,

sei es, um sie zu mahlen oder um zu verhindern, daß dem Besitzer

von ihr verlorengeht. Der Müller ist verantwortlich für alles, was

der Besitzer der Kornfrucht ihm übergibt.

Geht von der Kornfrucht verloren, so trägt der Müller den

Schaden; er wird das Verlorene ersetzen.

"Mühle und Schmied hat man in der Reihenfolge." Der

Müller ist verpflichtet, das Korn in der Reihenfolge zu mahlen,

wie es ihm der Besitzer zubringt, ohne auf Vorliebe zu achten.

Die vom Dorf überlassene Mühle hat die Reihenfolge

vorgeschrieben.

Gehört die Mühle dem Müller, geht das Mahlen in der

Reihenfolge, in der die Lasten zukommen, wie beim Schmiede,

bei der Quelle und der Fähre. Diesen allen gilt die Reihenfolge

nach Ankunft der Kunden.

Ist dir die Reihenfolge beim Müller zuerkannt und du

gehst zum Mahlen für den ganzen oder halben Tag, findest aber

die Mühle besetzt, so hast du das Recht, den Mahlstein

aufzuhalten und das Mahlen zu unterbrechen, Mehl und Getreide

zu entfernen und selbst zu mahlen.

Ist es nicht die dir zuerkannte Reihenfolge, du aber gehst

zur Mühle und findest dort Kunden, so mußt du warten oder zu

einer andren Mühle gehen.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

87

[5.] Das Mühlwasser, der Mühlbach

Ist der Mühlbach mit seinem Land gekauft, so darf

niemand aus ihm Wasser ablassen, den Bach ableiten oder gar das

Bett trocken lassen.

Ist der Mühlbach mit Bett und Land gekauft, so heißt er

"zum Land gehörig"; selbst wenn der Acker vertrocknet, darf

niemand den Mühlbach trocken legen.

Ist er hingegen ein Gewässer, das sowohl Mühle wie

Acker dient, so daß mit seinem Wasser auch die Äcker zu

bewässern sind, so bleibt die Mühle trocken, ehe die Pflanzen

verdorren, denn "hast du nichts zu ernten, wirst du auch nichts

zum Mahlen haben".

Die Klage des Müllers, daß ihm die Mahlsteine trocken

gesetzt wurden, die er doch als Besitz hat, nimmt der Kanun nicht

an; er sagt: "Für Kaufladen und Mühle werden die Gefährten nicht

mit Buße belegt."

"Der Mühlbach (Mühlgraben) fordert seinen eignen

Weg." Dieser Weg ist 8 Fuß breit, daß ihn das beladene Pferd

beschreiten kann. Dieser Mühlenweg ist auch notwendig, weil der

Müller Bewegungsfreiheit haben muß, um das Mühlwasser zu

reinigen und zu regeln.

Um das Wasser in Ordnung zu halten, gehen alle Müller

hinaus, die an dem Bach wohnen. Fehlt einer ohne Erlaubnis

seiner Genossen, so wird er nach Bestimmung der andern in Buße

genommen; an dieser Geldstrafe haben nur allein die Müller

Anteil.

Starb dem Müller jemand im Haus, so befreit ihn der

Kanun 8 Tage von jeder Arbeit, die dem Dorf gemeinsam ist;

niemand hat das Recht, an seine Tür zu kommen, um vom ihm für

Dorf oder Mühle Arbeit zu fordern. Nach 8 Tagen wird er seinen

Arbeiter senden, und sei er sogar aus dem Geschlecht der

Gjonmarkaj (das erste Geschlecht der Mirdita und des Kanun).

Der Kanun des Lekë Dukagjini

88

[6.] Die Bewässerung

Der Wasserlauf für die Äcker darf weder verändert noch

behindert werden.

Der Wasserlauf ist früh durch eine Art Kaufvertrag

geordnet worden, diesen Kaufvertrag darf niemand ändern.

Die Örtlichkeit, über die die Wasser führen, werden durch

Älteste und Volk abgegangen; diese Begehung gilt als

Entscheidung und wurde zum Ältestenbeschluß. Ein neuer

Ältestenbeschluß kann den früheren nicht abändern:

"Ältestenbeschluß auf Ältestenbeschluß gibt kein Gesetz."

Was die Vorfahren richtig befanden, dürfen die

Nachfahren nicht abschaffen. Klagt jemand wegen des

Wasserlaufes, so wird seine Klage nicht angenommen, denn der

Wasserlauf ging über jene Örtlichkeit schon vor der Klage;

erschöpfst du dich also auch mit Pfändern, so gibt es doch keinen

Richter, der jenen Lauf abschneiden dürfte.

Das Wasser ist geflossen und schuf sein Bett; das Bett

macht die Örtlichkeit zum Grund, dort also wird es fließen,

verbleiben und arbeiten. Aus seinem Grund darf niemand es

entfernen, seine Arbeit niemand hindern, denn es hat sich den

Grundstein geschaffen. "Der Grundstein darf nicht ausgerissen

werden", sagt der Kanun.

Sowohl Mühl- wie Ackerbach ist zum Besten der

Gemeinschaft; er muß unbedingt irgendwo fließen. Wie die

Fügung fällt - ob schwer, ob leicht -, so verpflichtet das Gesetz sie

zu tragen.

"Es gehört sich nicht, daß wegen eines Hauses ein Dorf

austrocknet."

"Gemeinwohl geht über das Wohl des einzelnen."

"Das Dorfwasser ist mehr wert als die Wurzel eines

Hauses." Da es für das Gemeinwohl werkt, wo der Zirkel der

Der Kanun des Lekë Dukagjini

89

Berieselungsrinne sich ansetzte, da wird es fließen, hättest du auch

an der Rinne keine Reihenfolge zu eigen.

"Die Wasser können nicht aufwärts fließen, fällt es ihnen

ein, auf deinen Grund zu strömen, so darfst du sie nicht hindern."

Wie immer der Bachlauf sei, und fällt es dir ein, dein Haus

auf dem Bachlauf zu errichten, du darfst ihn nicht ablenken, auch

nicht, wenn dort dein Herdstein zu stehen kommt; an seiner

Wurzel wird der Bach vorbeiströmen.

Fällt die Berieselungsrinne auf deinen Bauplatz, du darfst

sie nicht ablenken, doch wird dir die Gemeinschaft den Schaden

ersetzen, entweder, indem sie dir Anteil gibt an der Rinne, oder

durch Geld, oder indem sie dir eine andre Örtlichkeit abtritt.

Versteint Eigensinn deine Seele, die Rinne wird doch

nicht aufgehalten, das Gemeinwohl hindert es; einigst du dich

nicht mit den Gefährten, so nimmt dir der Richter den Grund;

vielleicht fordert er ihn sogar als Buße.

"Die Arbeit fördert die Berieselungsrinne, sie darf sie

nicht niedriger machen." Die Rinne niedriger zu machen, das

duldet der Kanun nicht, denn flösse sie niedriger als ihr der Weg

gesetzt ist, so könnten fremde Äcker trocken bleiben.

Wer im Wasserbett arbeitet, wird es verderben oder

niedriger machen oder weiterführen. Das Verderben und

Niedrigermachen des Wasserlaufes duldet der Kanun nicht, doch

darfst du ihn weiterführen.

Was das Wohl deines Hauses dich tun heißt am

Wasserlauf, daran hindert der Kanun dich nicht, doch achtet er

darauf, daß niemandem Schaden erwachse durch Verminderung

des Wassers oder dadurch, daß es infolge von Windungen und

Abzweigungen langsamer fließe.

Rührt jemand zu eigenem Nutzen an den

Bewässerungslauf, so ist er verpflichtet, ihn wiederherzustellen,

wie er war, und niemand wird ihm dabei helfen. Schaden und

Gewinn sind für sein eignes Haus.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

90

Beschloß jemand, den Wasserlauf höher zu legen, auf den

eignen Bauplatz, um Mehl- oder Tuchmühle zu betreiben, der

wird der Bewässerungsrinne das neue Bett selbst bereiten. denn

das Wasser wird nun "auf eine zum Grund gehörige Rinne"

fließen.

Hat jemand absichtlich jemandes Bewässerungsrinne

verdorben, so muß er nicht nur die Rinne wieder richten, er muß

auch den Reihenfolgeteilnehmern den Schaden ersetzen und zahlt

Buße je nach der Schwere des Falles: "Die neue Rinne darf die

alte nicht austrocknen."

"Die alte Rinne hat ihre Erde in Besitz genommen, also

darf sie ihr die neue nicht verderben."

Der Kanun hat dieses Verbot erlassen, damit die

Wasserrinnsale sich nicht vervielfältigen, denn dann wäre der

Zeugen und Pfänder kein Ende.

Eine Rinne hat ihre Erde in Besitz genommen vor wer

weiß wieviel Menschengeschlechtern, es gibt also weder Älteste

noch Kanun, die sie austrocknen dürften.

"Die Bewässerungsrinne des Dorfes hat ihre

Abteilungen."

Wer die Reihenfolge des zum Bewässern von Acker und

Wiese nötigen Wassers (oder des Gartens) hat, ist verpflichtet, sie

einzuhalten und sich nach der Einteilung zu richten.

Die Zuteilung der Rinne wird gesetzt und weggenommen

mit Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, je nachdem jemand auf

die ganze, halbe oder Viertelsrinne berechtigt ist.

Trocknet die Rinne bis zum Bett aus, sei es durch Regen

oder weil die Rinne von selbst abströmte, soviel Anteilnehmer an

der Rinne sind, so viele werden hinausgehen, um das Wasser in

Ordnung zu bringen.

Ergoß sich das Wasser auf Grund, der den Hahn für die

Rinne hat, so wird der Herr dieses Grundes sie selbst in Ordnung

bringen.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

91

Brach aber das Wasser bei einem Solchen ein, der keinen

Anteil an der Rinne hat, so muß der Anteilhaber hinausgehen und

das Wasser fassen.

Zerbrach das Vieh die Wasserrinne, so wird der

Herdenbesitzer den Schaden vergüten.

[7.] Das Wassergeld der Mühle

Das Wassergeld für das Mahlen, das der Müller für jede

Getreidelast nimmt, besteht aus einem Maß Getreide.

Der Müller hat Recht auf das Wassergeld wie jeder

Arbeiter auf den Lohn seiner Mühe. "Wie der Arbeiter den Lohn

will, so will der Müller das Wassergeld."

Der Besitzer der Lasten ist verpflichtet, das Wassergeld zu

zahlen nach Vorschrift des Kanun.

"Der Kirche, Mühle, Schmiede und Herberge dient

niemandem als Freund."

In der Mühle werden allerhand Körner gemahlen, dorthin

kommen allerhand Leute, jeder für seine Arbeit und seinen

Bedarf. Indem er zur Mühle geht, nimmt jeder den Brotsack mit

such und ißt sein eigen Brot, solange er in der Mühle ist.

Der Müller mahlt nicht aus Gefälligkeit, sondern zu

seinem Vorteil, um das Wassergeld zu verdienen.

Der Müller trägt Verantwortung für Lastzuträger und Last,

solange er die Last des Gemahlenen aufladet, bis er sagt:

"Glückliche Reise."

Macht sich der Lastzuträger auf aus der Mühle und

jemand überfällt ihn, erschlägt ihn, sobald er den Schatten (die

Obhut) der Mühle verließ, nimmt ihm das Pferd samt der Last, so

dient ihm der Müller nicht zum Freunde, noch fordert er seinen

Kopf, so ihm der Totschläger in die Hand fällt.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

92

[8. Kapitel]

Die Jagd

[1.] Allgemeines

Der Kanun hat keine Zeit festgesetzt, in der die Jagd ruhen

müßte; in unsren Bergen ist die Jagd zu jeder Zeit frei.

Kommt jemand zum Jagen in die Umgebung fremder

Häuser, so darf der Besitzer der Örtlichkeit ihn hindern und die

Jagd verbieten.

Niemand darf zur Jagd in fremde Grenze eindringen;

wagte dies einer, so wird ihm die Jagd gehi


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~Joyce Meyer~

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New PostErstellt: 11.03.08, 22:19  Betreff: Re: Der KANUN - 7.Buch: Der Handel  drucken  weiterempfehlen

7. Buch: Der Handel

[1. Kapitel]

Allgemeines

Der Kanun kennt den Handel mit und ohne Bedingung, d.

h. durch einfachen Abschluß, oder aber vor Zeugen und mit

Angeld.

Das Angeld (

Empfangnahme der Ware bezahlt wird.

"Das Angeld gibt dir die Ware zu eigen, doch wirst du

bezahlen, was darüber hinaus zu bezahlen ist."

Ob du einen oder hundert Groschen Angeld gibst, du bist

Besitzer der beangeldeten Ware.

"Das einmal genommene Angeld kann nicht

zurückgegeben werden." Wenn das Angeld gegeben ist, kann sich

der Verkäufer nicht mehr anders besinnen - und träten hundert

neue Käufer auf. Bereut der Käufer, so geht ihm das Angeld

verloren, und seien es 100 Groschen.

Betrügt der Verkäufer, indem er einem anderen, der mehr

bezahlt, die beangeldete Ware verkauft, so ist dieser Handel

ungültig.

Kommt die Angelegenheit vor Ältesten und Pfänder, so

verlangt der Kanun, daß der Verkäufer die Ware zurück erwirbt

und jenem gibt, der sie beangeldete.

Leugnet der Verkäufer, daß er Angeld erhielt, und der

Angeldgeber hat keine Zeugen, so zwingt der Kanun den

Verkäufer zum Eid; schwört er, so geht das Angeld verloren.

kapâr) ist jenes Geld, das vor

Der Kanun des Lekë Dukagjini

121

daß ein Grundstück oder die Reihenfolge an Berieselungsrinne oder

Mühle außerhalb des Dorfes verkauft wurde. Können sich weder

Vetternschaft noch Sippe oder Anrainer entschließen, jenen Grund oder

Reihenfolgerecht zu erwerben, so wird das Dorf sein Möglichstes tun,

denn es gehört sich nicht, daß der Fernstehende kauft und sich dem Dorf

in die Nase setzt.

100

[Gj.]: Es ist in unseren Bergen so gut wie nie vorgekommen,

Die mit Bedingung gekaufte Ware kann zurückgegeben

werden, wenn sie sich als fehlerhaft erweist.

Die Ware, die trotz der Befürchtung gekauft wird, daß sie

gestohlen sein könnte, deren Besitzer (

auftritt, nachdem sie gekauft wurde, zwingt den Käufer, sich an

den Verkäufer zu wenden; den Preis, den der Käufer für diese

Ware gegeben hatte, muß ihm der Verkäufer der gestohlenen

Ware zurückgeben. Die Vorschrift des Kanun lautet: "Wo immer

der Besitzer seinen Besitz findet, nimmt er ihn an auch."

[2. Kapitel]

zot = "Herr" = Eigentümer)

Der Handel mit Erde (Grundstücken)

[1.] Allgemeines

Ehe ein Grund oder eine Wasserlaufreihenfolge oder die

Reihenfolge bei der Mühle verkauft wird, geht man zur Tür der

Vetternschaft und Bruderschaft der Sippe.

"Der Anrainer kauft den Grund des Anrainers, wenn ihn

nicht die Vetternschaft oder Bruderschaft der Sippe kauft."

Kaufen ihn weder die Genannten noch der Anrainer, dann

bist du frei, sie jedwedem Käufer im Dorf zu verkaufen. Kauft sie

auch das Dorf nicht, bist du frei, sie irgendwem zu verkaufen

121.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

101

Verkaufte jemand Grund und Reihenfolge an Wasser und

Mühle, ohne es Vetternschaft und Bruderschaft der Sippe und dem

Anrainer mitzuteilen, dann ist nach dem Kanun der Verkauf

ungesetzlich (ungültig). Die Vorerwähnten sind berechtigt, den

Verkauf für nichtig erklären zu lassen.

Der Käufer darf keine Abmachung treffen, von der er

weiß, daß sie außerhalb des Herkommens getroffen ist, denn es

wird ihm sein Geld genommen werden.

Sagt aber der Käufer, daß er dies vor dem Kauf wohl

beachtete, und er beeidet dies, so wird der Verkaufende nach der

Schwere des Falles in Buße genommen; das Verkaufen des

Grundes aber bleibt ungesetzlich und wird für hinfällig erklärt.

Der ausgesteuerte Bruder und die nahe Vetternschaft kauft

die Erde um 100 Groschen billiger als die entfernte

Verwandtschaft und Sippe. (Das Dukagjin - also die

Stammschaften Shala, Shoshi, Nikaj, Merturi und Dushmani - gibt

die Erde den Nahen um 500 Groschen billiger als den Entfernten.)

[2.] Die mit Bedingungen gekaufte Erde

Verkaufe ich dir die Erde heute, morgen aber fällt dir ein,

sie wieder zu verkaufen, so darfst du sie keinem andern verkaufen,

ohne mich zu befragen. Diese Bedingung bindet den Käufer, und

er kann nirgends anders verkaufen, ohne dem ersten Verkäufer

wieder zur Tür gekommen zu sein.

Wurde die Erde ohne diese erwähnte Bedingung verkauft,

so ist der Käufer frei, zu verkaufen, wie es ihm gefällt.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

122

so gegeben, daß der Daumen des Käufers den Daumen des Verkäufers

umschlingt. Ein Dritter trennt die Hände mit der Handseite.

Unter dem Kanun i Papazhulit wird die Hand zum Verkauf

123

kaufen; man kann sie nur durch Tausch erwerben. Das Kaufen der Waffe

gilt als so schändlich, daß eine Verwünschung lautet: "Mögest du so

verarmen, daß du die Waffe des Gürtels verkaufen mußt!"

102

Unter dem Kanun i Papazhulit ist es Schande, Waffen zu

Für die verkaufte Erde, die verkaufte Reihenfolge an

Wasserlauf oder Mühle ist es Gesetz, einen Branntwein zu

trinken

[3. Kapitel]

122. Den Branntwein wird jener spendieren, der kauft.

Der Handel mit Waffe und Pferd

"Die Büchse und das Pferd haben den Keil auf dem Keil."

Kauftest du die Waffe

"Mögest du sie in Ehren führen!" und du hingst sie an den

Tragstock mit eigener Hand, so bleibt sie dir an der Türe, auch

wenn du einen Betrug daran entdeckst.

Die Büchse wird stets geladen gekauft.

Kauftest du ein Pferd und du bindest es mit eigener Hand

an den Keil, du wendest den Rücken, und es verreckt - so ist es

dein Schaden; du mußt es dem früheren Besitzer bezahlen.

Das Pferd wird stets mit dem Leitseil gekauft.

Kauftest du Ochs oder Kuh mit der Bedingung, daß sie

sich bis zum Georgs-Tag nicht als schlecht erweisen - und sie

erwiesen sich als schlecht (verfault), so muß sie der frühere

123, und der Verkäufer sagte dir:

Der Kanun des Lekë Dukagjini

124

ist ungleich reicher.

103

Der Kanun i Papazhulit setzt die Preise nicht fest; der Süden

Besitzer zurücknehmen, und der Käufer wird bis zum letzten Deut

zurückerhalten, was er für diese Tiere zahlte.

[4. Kapitel]

Die Preise im Kanun

124

1. Die Erde, Platz für ein Haus 500 Groschen

2. Grundstück mit 100 Groschen Ertrag 500 Groschen

3. Das Joch Grund, je nach dem Boden

4. Der Losanteil Wald, die Reihenfolge

an der Berieselungsrinne,

je nach der Gegend 100 Groschen

5. Ein guter Ölbaum 100 Groschen

6. Ein Baum für Holz und Floß bis 23 Groschen

7. Die Last Getreide 100 Groschen

8. Kupferwaren; nach dem Gewicht;

der Kessel 500 Groschen

9. Der 15 Oka wiegende Zuber 100 Groschen

10. Eine gute Pfanne 50 Groschen

11. Die Oka ungewaschene Wolle 5 Groschen

12. Die Oka Ziegenhaar 3 Groschen

13. Die Elle getretener (gepreßter) Loden 20 Groschen

14. Der Bienenstock mit Bienen 50 Groschen

15. Die Oka Honig 5 Groschen

16. Die Oka Wachs 5 Groschen

17. Die Oka Wein 1 Groschen

18. Die Oka Traubenbranntwein 5 Groschen

Der Kanun des Lekë Dukagjini

104

19. Die Oka Käse 5 Groschen

20. Die Oka frische Butter 10 Groschen

21. Die Oka Butterschmalz 15 Groschen

22. Die Oka Fleisch 3 Groschen

23. Die Oka getrocknetes Schweinefleisch 10 Groschen

24. Die Oka Kaffee 9 Groschen

25. Die Oka Heu 10 Para

26. Ein Paar Opanken (Schuhe) 5 Groschen

27. Das Schaf und die Ziege 50 Groschen

28. Lämmchen und Zicklein 20 Groschen

29. Hammel oder Widder für die Glocke 100 Groschen

30. Das neugeborene Kalb 50 Groschen

31. Der Stier 200 Groschen

32. Der Zugochse 400 Groschen

33. Die Lastkuh 300 Groschen

34. Das Lastpferd 590 Groschen

35. Das Maultier 1000-1500 Groschen

36. Der Esel 300 Groschen

37. Das Schwein 50-100 Groschen

38. Das gemästete Schwein 500 Groschen

39. Die Büchse 500 Groschen

40. Eingelegte, silberbeschlagene Pistolen 1000 Groschen

[5. Kapitel]

Der gezahlte Reisende (Bote)

"Machst du deinen Weg - nimmst du Lohn."

Bote heißt, wer in fremdem Auftrag eine bezahlte Reise

unternimmt.

Der Bote geht nicht in der Hut des Senders, er ist in

eigener Hut. Geschieht ihm unterwegs ein Unglück, so dient der

Der Kanun des Lekë Dukagjini

105

Sender nicht zum Freunde. Der Bote wie der Vermittler machen

den Weg für Botenlohn, im eigenen Brot, darum sind sie in

niemandes Hut.

Ging der Reisende allein aus seinem Haus und jemand

erschlug ihn, so dient ihm weder das Haus, das ihn sandte, noch

in das er gesandt ist, als Freund.

Geht aber der Bote aus dem Haus, das ihn sandte, oder aus

dem Haus, dahin er gesandt war, und es trifft ihn Unheil in deren

Brot, so wird ihm als Freund gedient, wie der Kanun bestimmt.

[6. Kapitel]

Die Sache für die Sache

Das alte Gesetz - wie oft auch das Gesetz der neuen Zeit

- kannte keine Geldpreise, und die Verpflichtungen wurden

erledigt: die Sache für die Sache.

Der Kanun duldet nicht, daß jemand gezwungen wird,

durch Geld zu ersetzen:

a) weder die Schäden;

b) noch die Bußen;

c) das Blut.

Wurde jemandem Schaden zugefügt in Acker, Weinberg

oder Wiese, so wird ihm durch den Schädiger, die beschädigte

Pflanze durch die Pflanze vergütet. Verfiel jemand der Buße des

Dorfes oder Stammes, so wird diese Buße durch Rind abgegolten,

mit Kühen, Ochsen, Hammel - oder durch Geld.

Hat jemand einen anderen getötet, so wird auch das Blut

"Sache für Sache" gesühnt, auch durch Rind, Erde und Waffe. In

Der Kanun des Lekë Dukagjini

125

Befriedung vergossenen Blutes ein Gesetz erlassen und den Kopfpreis

auf 1000 Piaster festgesetzt; kein Mensch hat sich daran gehalten; ist der

Fall nicht besonders schwer - wie Verletzung der Gastfreundschaft und

Ehre -, so kann er durch Vermittlung der engeren Verwandtschaft

befriedet werden, durch Abtretung von Grund, und dieser Grund heißt

dann "der durch Blut erworbene" wie jener weiter oben beim

Grunderwerb geschilderte.

Die türkische Regierung hat 1856 für Südalbanien zur

126

Blutschuld meist durch das Blut abgegolten worden. Der Kanun des Lekë

Dukagjini, der im 15. Jahrhundert modifiziert, nicht etwa aber geschaffen

wurde, sagt, das Rind sei das Geld der Alten gewesen (F. Konica,

[Gj.]: Bis zuletzt - bis zur Kommunistenzeit - ist eine

Albania

106

, 1907, XI, Nr. 3, S. 58).

letzter Zeit kann der Täter auch für Blut mit Geld - aber auch

durch die Waffe - sühnen

Die Buße für den Mord wird mit "Sache gegen Sache"

geleistet, wie auch andere schwere Schuld gegen Dorf oder

Stamm; so Verrat, gebrochene Freundschaft und anderes.

Die kleinste Buße beträgt einen Hammel, die höchste kann

100 Hammel nicht übersteigen

[7. Kapitel]

125.126.

Das Darlehen

[1.] Allgemeines: Zins und Pfand

Der Kanun des Lekë Dukagjini

127

besonders vom Besiegten) Abgabe genommen werden, und zwar

geschaht dies bei den orthodoxen Christen besonders in solchem Maße,

daß es zwischen 1300 und 1700, der Zeit der Albanerwanderung nach

Griechenland, sich zu einem richtigen System ausgewachsen hat, das

Unter dem Kanun i Papazhulit kann vom Fremden (und

selem

griechische Gegend, legten ihr Kriegssteuer von z. B. 100 Schafen auf,

mit Termin; konnten die Griechen nach Ablauf des Termins nicht zahlen,

so wurden nun 100 Kühe gefordert, abermals mit Termin; konnten auch

diese nicht geliefert werden, so wurde ein Sohn als Leibeigener

gefordert, schließlich aber - immer die Nichtzahlung vorausgesetzt - das

ganze Haus. Auf diese Weise wurde der Albaner Bodenherr in

Griechenland, bis 1768 die türkischen Truppen, gemeinsam mit der

griechischen Bevölkerung, die Albaner bei Tripolica geschlagen haben.

Derselbe albanische Christ, der auf diese Weise die Griechen durch

Wucher vernichtete, konnte seinem Stammesgenossen nach dem Kanun

unter keinen Umständen Zins abfordern - genau wie unter dem Kanun

des Lekë Dukagjini - denn der

Kriegsrecht.

107

genannt wurde. Beispiel: Albanische Orthodoxe überfielen eineselem ist kein Friedens-, sondern ein

Das Gesetz der Berge kennt kein Darlehen (

Zins. Der Kanun kennt nur das einfache Darlehen: so viel du

erhieltest, mußt du zurückgeben

Um die Sache des Darlehens zu sichern und jede

Möglichkeit der Untreue auszuschließen, darf ein Pfand (

genommen werden.

Das Pfand hat einen Wert, gleich der Schuldhöhe, oder sie

sogar übersteigend.

Das für das Darlehen gegebene Pfand kann als

"Unterpfand gegen Verlust" aufgefaßt werden. Es wird als

"Unterpfand gegen Verlust" gelten, wenn der Darlehensnehmer

sich gegenüber dem Gläubiger verpflichtet, die Schuld an einem

hua) gegen127.peng)

Der Kanun des Lekë Dukagjini

128

Tag geknüpft wird, z. B. "Du wirst es zurückgeben, wenn du geerntet

hast."

Der Kanun i Papazhulit duldet, daß die Frist nicht an einen

129

Greise (Ältesten) wußten die Albaner unserer Berge früher nichts davon,

Darlehen gegen Zins zu geben; dieser abscheuliche Mißbrauch ist erst

später in unsere Berge eingedrungen.

108

[Gj.]: Nach den erwähnten Vorvordern und dem Zeugnis der

bestimmten Tag

geht, falls die Frist nicht eingehalten wird. Die am bestimmten

Tag bezahlte Schuld löst das Pfand aus.

Wurde die Schuld am bestimmten Tag nicht bezahlt, und

erschien der Schuldner nicht, um sich mit dem Gläubiger zu

treffen (verständigen), so hat letzterer das Recht, das Pfand zu

verkaufen und sein Darlehen aus dem Erlös zu decken.

Der bestimmte Tag gilt bis Sonnenuntergang. Bis zum

Sonnenuntergang wird der Gläubiger seinen Schuldner erwarten;

kommt er nicht, so wird das Pfand verkauft.

Was er über das Darlehen hinaus für das Pfand erhalt,

wird er dem Pfandgeber auszahlen

128 zurückzuzahlen, wobei das Pfand verloren129.

[2.] Die Frist

"Eine Frist festsetzen" (me pré ditën = "den Tag

schneiden"), "eine Frist geben", "die Frist verlängern", "die

Frist läuft ab".

Die Frist für das Darlehen ist ein festgesetzter Zeitpunkt,

an dem der Schuldner seinem Gläubiger das Darlehen

zurückerstattet.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

109

Das Darlehen kann auf Treu und Glauben gegeben sein,

mit Bürgschaft oder mit Pfand.

[8. Kapitel]

Die Abmachung, das Geschenk

"Die Abmachung (godi) ist auf dem Grund der Tasche."

Die Abmachung ist das Versprechen einer Sache, die

jemand für eine Leistung geben will.

Die Abmachung wird versprochen: für einen

Ältestenbeschluß, eine Reise oder Wanderung, für die Versöhnung

des Blutes, eine Vermittlung oder eine Heilbehandlung.

Die Abmachung besteht aus einer Summe, die bis 500

Groschen beträgt.

Die Abmachung wird auch getroffen, ohne eine Summe

festzulegen; z. B.: "Du wirst ein Paar dünne Opanken erhalten, so

du mir diese Sache erledigst." Dünne Opanken haben einen Wert

von 10, 20 oder 25 Groschen, die Oka Kaffee, die auch oft

versprochen wird (Kaffee aus echten Bohnen), zwischen 50 und

500 Groschen. Konnte der Älteste die Sache nicht einrenken, so

wird die Abmachung nicht gegeben, und der Kanun nimmt die

Klage bei nicht erledigter Angelegenheit nicht an.

Wurde die Angelegenheit (das Versprechen) erledigt, für

die die Abmachung galt, so muß das Abgemachte gegeben

werden, denn die Abmachung (das Versprechen) ist "am Grunde

der Tasche".

"Ich schenkte es dir, ich schenkte es dir nicht - der Kanun

greift es nicht." Sagtest du jemandem, du werdest ihm dies und

das schenken, und später verschlucktest du dein Wort - "für

geschenkt, nicht geschenkt", behelligt der Kanun nicht mit

Ältesten und Pfand (wohl aber für die Abmachung). "Du bist frei,

Der Kanun des Lekë Dukagjini

110

deine Mannesehre hochzuhalten, frei, sie dir zu rauben!" Der

Kanun sagt: "Dein getrübtes Antlitz wasche, wenn du magst;

magst du, so schwärze es noch mehr!"

[9. Kapitel]

Das Wort des Mundes

[1.] Das Wort

"Das Wort bringt nicht den Tod." "Die Hexe bringt dich

nicht ins Blut." "Der Mund zieht niemanden ins Blut."

"Die Zunge ist aus Fleisch, aber sie mahlt allerhand!"

"Das Wort aus meinem Munde geht in das Ohr des

anderen ein, und der Dritte nutzt es zu jemandes Untergang - ich

aber sitze und scherze."

Bringt mein Mund jemandem den Tod, ich sitze und

ergötze mich; niemand kann mich für diese schlechte Tat (mit

Ältesten) belangen, die das Wort meines Mundes verursachte.

Trotzdem bringt das Wort gegen die Ehre insofern ins Blut, als,

wenn auch jeder frei ist, "sein geschwärztes Antlitz geschwärzt zu

lassen", dennoch jeder als ehrlos gilt, der solches Wort (zwar nicht

durch Ältestenspruch, was er nach dem Kanun nicht zu tun

vermag) nicht durch die Waffe straft. Strafst du durch die Waffe

- die Ältesten werden dich freisprechen.

Jener, der böse, aufhetzende Worte aussät und verbreitet,

bald für den, bald für jenen, den nennt der Kanun "schlechten

Arbeiter". Niemand nimmt ihn in Arbeit, niemand in Lohn.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

130

zur Anstiftung des Totschlages und was es bedeutet: "Das Wort als

Pfand", wird sich späterhin ergeben.

111

[Gj.]: Die Bedeutung und Macht des gesprochenen Wortes

"Ob ich sprach oder nicht sprach, der Mund besiegelt

nichts." Die bösen Worte beachtet der Kanun nicht

130.

[2.] Der Ableugner

Ableugner wird jener genannt, der eine Belastung oder

Verleumdung, die ihm zugeschrieben wird, nicht zugibt, d. h. eine

Anschuldigung abstreitet, sei es wegen eines zugefügten

Schadens, eines Diebstahls, einer mutmaßlichen Bedrohung, eines

Angeschreies, eines Mordes. Mutmaßliche Bedrohung und

Angeschrei unterliegen nicht dem Kanun. Den Ableugner darf

man nicht ohne weiteres zwingen wollen, daß er zahle oder sich

entlaste; ob er hat oder nicht hat - auf bloße Anschuldigung oder

Verleumdung (d. h. auf die einfache Behauptung hin) - darf

niemand belangt werden.

Der Ableugner macht sich nur schuldig, wenn er sich nicht

rechtfertigen will.

Der Ankläger und Verleumder kann den Ableugner mit

Ältesten und Pfand zur Rechtfertigung veranlassen.

[3.] Der Eid

"Über den Eid (beja) hinaus kann auch der Haß nicht

treiben."

"Der Eid - mehr kann nicht verlangt werden."

Der Kanun des Lekë Dukagjini

131

Feuer und Brot geschworen werden; die Formeln sind festgesetzt. Hier

zeigt sich gerade ein Unterschied zwischen dem

dessen späterer Form, dem

Papazhulit

von ihm dem heutigen Leben angepaßten Kanun - ebenso wie der

i Lekë Dukagjinit

auch heute noch mehr im Gebrauch.

112

Unter dem Kanun i Papazhulit kann auf Erde, Himmel,Kanun i Papazhulit undKanun Idris Suli. Während der Kanun idie erwähnten Eidesformeln zuläßt, verlangt Idris Suli in demKanun- den Eid auf Glaubenszeichen. Die ältere Form ist

"Der Eid wäscht das Blut" (d. h. wenn jemand seine

Schuldlosigkeit beeiden kann).

"Das verlorene Gut, das vergossene Blut ordnet der Eid."

"Der Eid - oder die Sache!"

Der Eid ist eine Maßnahme zur Feststellung der

Glaubwürdigkeit, durch die ein Mensch, der sich vom Übel einer

entehrenden Anklage zu befreien hat, mit der Hand ein

Glaubenszeichen

er die Wahrheit spreche.

Diese Schwurhand ist vom Kanun der albanischen Berge

anerkannt, sowohl, um sich von einer Beschuldigung zu entlasten,

als auch, um seine Treue zu verpflichten.

Den Eid mit dem Wort allein nimmt der Kanun nicht an;

um sich von einer Anklage zu befreien, fordert er unbedingt, daß

der Eid auf ein Glaubenszeichen abgelegt werde, das mit der Hand

berührt wird.

Der Eid des Albaners hat zweierlei vor Augen: a) Er ruft

Gott an zum Zeugen der Wahrheit; b) Er knüpft an den Eid die

Belastung durch die ewigen Strafen - und durch die zeitlichen,

durch den Kanun.

131 berührt, indem er Gott zum Zeugen anruft, daß

[4.] Der Eid auf den Stein und der Eid auf Kreuz und

Evangelium

Der Kanun des Lekë Dukagjini

113

Der Eid der albanischen Berge ist zweierlei:

a) Der Eid auf den Stein, auf den Kanun (er ist von Alters

üblich). Unter "Stein" versteht man jenen dreieckigen

Stein mit 3 Löchern, der ein Gewicht hielt, mit dem das

Wachs für die Kirchenkerzen gewogen wurde;

b) Der Eid auf Kreuz und Evangelium.

Der Eid auf den Stein, nach dem Kanun, ist einer der

schrecklichsten und schwerwiegendsten Eide, den der Albaner der

Berge kennt.

Kanun ist, daß, so sich der Ableugner von einer Anklage

reinwäschen will, er den Eid auf den Stein oder auf Kreuz und

Evangelium schwört.

Die Eideshelfer (

"Schwurhände"; einige werden das Evangelium berühren, einige

andere werden bestimmt, den Eid in der Kirche abzulegen

(Dukagjin).

Der Eid auf den Stein wird abgelegt:

a) um sich von einer Anklage zu befreien;

b) um sich mit seiner Treue zu verpflichten gegen

Helfershelfer und Verräter;

c) um sich bereitzuhalten, gemeinsamen Bedrohungen und

Gefahren die Stirne zu bieten.

porot, poronik) heißen die

[5.] Wer wird den Eid leisten?

"Leiste - und verliere", sagt der Kanun, nicht aber "leiste

und nimm".

Den Eid leistet, wer die Anschuldigung ableugnet: "Die

Ableugnung hat den Eid." "Dem Ableugner steht der Eid zu."

Der Kanun des Lekë Dukagjini

114

Dem Ankläger wird der Eid nicht zugestanden, und der

Eid gebührt ihm nicht, auch wenn er den Täter mit eigenen Augen

stehlen und morden sah.

Der Grund für dieses Gesetz ist: Wenn er sich der Anklage

nicht entblödet, wird er sich auch des Falscheides nicht entblöden,

auch wenn er mit Unehre daraus hervorgeht.

Dem Ersten wird auferlegt, den Eid anzuhören, dem

Zweiten, ihn zu schwören.

Der Kanun sagt: "Der Eid nimmt nicht" und "Dem

Nehmer steht der Eid nicht zu".

Da aber nach Vorschrift des Kanun "Der Verbrecher den

Eid auf sich hat", sowohl um dem Besitzer der verlorenen Sache

das Herz zu stärken, wie auch, um ihn zu veranlassen, die Fäden

seiner Gedanken auseinanderzuhalten, duldet das Gesetz, daß er

den Eid mit Eideshelfern fordern kann. Jenem, der sich ohne

Eideshelfer reinwäschen will, wird der Eid weder zuerkannt noch

aberkannt, denn: "Der Wolf beleckt das eigene Fleisch, aber das

fremde frißt er" (d. h. für sich selbst mag man wohl falsch

schwören, aber nicht für einen anderen).

Die Vorschrift des Kanun ist daher: "Nur sich selbst durch

Eid reinzuwaschen, wird keinem anerkannt" (d. h. durch seine

Verweigerung der Eideshelfer setzt er seine Glaubwürdigkeit

herab).

[6.] "Der Eid nimmt die eigene Sache"

Es gibt wenige Fälle, da der Kanun zuläßt, daß "der Eid

nimmt", (nämlich) für einen bedeutenden Gegenstand, der

verloren wurde und in fremder Hand befunden und von dem auch

andere bezeugen, daß er jenem gehört, der ihn fordert.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

132

die Spur des Heidentums verlöschen. So glaubt der (unverdorbene)

Albaner noch heutzutage, daß nach dem Tode sein Schatten überallhin

kommen wird, wohin er zu seinen Lebzeiten kam. Damit der Schatten

sich bei dieser Wanderung nicht allzusehr erschöpfe, legte der reisende

Albaner bei seiner Wanderung auf einen Baum an unauffälliger Stelle

Steine, die dem Schatten als Zeichen für Ruhe und Rast dienen sollten.

115

Weder Christentum noch Islam konnten in Albanien völlig

Und leugnet jener auch, in dessen Hand der bedeutsame

Gegenstand befunden wurde, so nimmt ihm der Kanun doch die

Leugnung nicht an, und der Eid wird ihm nicht gewährt.

Findet er sich nicht bereit, den Gegenstand an dessen

Besitzer (Eigentümer) herauszugeben, so wird der Besitzer

schwören, daß er ihm gehört - und er wird ihm gegeben.

Klagte aber jemand eine Verpflichtung oder ein Darlehen

gegen einen Toten ein, von denen die Eltern angeblich nichts

wissen oder deren Betrag sie nicht verlieren wollen (so daß sie sie

abstreiten), so gilt die Vorschrift des Kanun: Das Bestreiten für

den Toten läßt das Gesetz nicht gelten. Auch in diesem Fall

"nimmt der Eid", d. h. der Kläger (Forderer) wird den Eid leisten.

Für jede Klage, die gegen einen Toten erhoben wird,

findet der Eid auf dessen Grabstätte statt. Am bestimmten Tage

werden sich der Kläger und die Eltern am Grab des Toten

einfinden, auf dem Darlehen und Verpflichtung des Toten

eingeklagt werden. Der Kläger wird Erde und Stein vom Grab des

Toten nehmen, sich diese auf die Armbeuge legen und die für

solchen Eid bestimmten Worte sprechen: "Ich klage so und so viel

Darlehen ein von diesem Toten, und wenn ich ihn

unrechtmäßigerweise damit belaste, so möge ich in diesem und

jenem Leben den Stein überall hintragen mitsamt der Erde, wo je

sein Fuß hintrat, solange er am Leben war."

Wenn der Kläger diesen Eid geleistet hat - Darlehen und

Verpflichtung auf den Toten werden die Eltern bezahlen

132.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

116

[7.] Der Eid an der Türe

Der Kanun läßt auch zu, daß der Eid an der Türe geleistet

wird.

Beim Eid an der Türe schwört der Herr des Hauses im

eigenen und im Namen der Hausbewohner.

Beim Eid an der Türe darf der Besitzer (Eigentümer) des

verlorenen Gutes den Eid nicht auch von den Hausbewohnern

fordern, da der Hausherr für sie schwört.

Bei jedem Eid sind nach dem Kanun Frauen und Kinder

ausgenommen.

Jener, der an der Türe schwören läßt, darf den Eid mit

Eideshelfern jenem Hause zuschieben, gegen das er den meisten

Verdacht hat.

Hat der Herr der verlorenen Sache ein Haus ausgesucht,

und ihm den Eid mit Eideshelfern zuzuschieben, so muß er auch

einige andere Häuser aussuchen, die Eideshelfer werden sollen:

denn in zwei Eide kann niemand geschickt werden (also die Leute

jenes Hauses können nicht auch als Eideshelfer dienen, da sie

durch den Hausherrn schon unter Eid stehen).

Auch im für das Haus (an der Türe) geleisteten Eide wird

für sich selbst geschworen, für die Hausbewohner und für das "Ich

weiß nicht".

[8.] Der Eid auf das Haupt der Söhne

Der Eid auf dem Haupt der Söhne wird als einer der

schwersten Eide anerkannt; er ist nach dem Kanun zulässig.

Wurde jemandem der Eid auf das Haupt der Söhne

abgefordert, so wird er ihn leisten und damit das Herz des

Anklägers beruhigen (überzeugen). Wenn sie den Schwurtag

Der Kanun des Lekë Dukagjini

117

bestimmen, wird der Ankläger zum Haus des Betreffenden (des

Verdächtigen) gehen, und dieser, so viele männliche Kinder er

unter dem Dache hat, versammelt sie, nähert sich ihren Häuptern,

legt die Hände auf ihre Häupter und schwört: "Bei den Häuptern

meiner Söhne, ich tat das Unrecht nicht, für das du mich anklagst,

ich weiß nicht, wer es getan hat."

Über diesen Eid hinaus darf der Ankläger vom

Verdächtigen keinen anderen Eid fordern.

[9.] Der Eid mit "Ich weiß nicht"

Der Gipfel des Eides ist das "Ich weiß nicht".

Der Eid schiebt dir auch das "Ich weiß nicht" zu.

"Der Eid hat keine Schlupfwinkel und Ausflüchte."

Das "Ich weiß nicht" ist ein Mittel, das der Kanun zur

Vorschrift erhoben hat, um dem Dorfe jede Möglichkeit zu

nehmen, zum Helfershelfer des Täters und zum Hehler der Sache

zu werden.

Das "Ich weiß nicht" wird ohne Unterschied bei jedem

Eide gefordert.

Wenn auch jener, der schwört, weder stahl, noch erschlug

hat er doch vielleicht etwas erfahren, oder er weiß, daß sein

Bruder oder Vetter gestohlen oder erschlagen hat.

Wenn man den Eid leistet, wird man sagen: "Weder ich

selbst, noch jemand meines Hauses, und ich weiß nicht, wer stahl

oder tötete."

Darum hat der Kanun den Eideshelfer eingesetzt, damit,

während ein Mann den Eid leistet, nicht Einer, ein Zweiter oder

ein Dritter etwas wissen kann vom Hörensagen oder Sehen eines

Anzeichens, und daß sie nicht die Seele verkaufen, indem sie

jemanden mit Falschheit entlasten.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

118

Wenn der Eid mit "Ich weiß nicht" geleistet wird, hat

niemand mehr das Recht, jenen Verdächtigten noch zu belasten

für jenen Diebstahl oder jenes vergossene Blut, noch auch seine

Eideshelfer. Man wird anderswohin gehen und Nachforschungen

anstellen für diese Sache oder das vergossene Blut. "Eid auf Eid

läßt der Kanun nicht zu."

Kann jemand nicht mit "Ich weiß nicht" schwören, so

wird er überhaupt nicht schwören, denn er bedenke, daß er vor

Gott auf der Waage ist, daß der Falscheid gleich einem Blitzschlag

gegen die eigene Seele ist, auch Strafe und Schande zur Folge hat,

wenn er entdeckt wird. Er wird mit einem der Ältesten sprechen,

daß sie die Eideshelfer zurückhalten, weil er auch nicht schwören

wird; er wird den Übeltäter angeben, damit dieser den Besitzer

(Eigentümer) der verlorenen Sache befriedige. Der Besitzer des

gestohlenen Gutes oder vergossenen Blutes wird nach weiterer

Nachforschung von diesem (den jener genannt hat) Rechenschaft

fordern, wie der Kanun es heischt.

Wenn er sich nicht selbst unter den Eid stellte, hat der

Besitzer der verlorenen Sache (des vergossenen Blutes) das Recht,

den Eid von ihm zu fordern - und wenn er sich als Angeber

bewährte, wird er ihm auch den Angeberlohn zahlen.

Entweder den Eid mit "Ich weiß nicht" - oder das Gut

oder den Verbrecher. Eine Ausrede vor dem Eid kennt der Kanun

nicht; ist jemand nicht zum Eid mit "Ich weiß nicht" bereit, so hält

der Kanun ihn für schuldig: also entweder den Eid mit "Ich weiß

nicht" oder das Gut erstatten oder den Übeltäter angeben, so man

an diesen Diebstahl oder Mord keinen Anteil haben will. Die

Vorschrift des Kanun ist unerbittlich. "Die Spitze des Eides ist das

"Ich weiß nicht", und das "Ich weiß nicht" bringt die Sache ans

Licht."

Was mit dem Eid gewonnen wird, sei dessen, der es nahm.

"Nach dem Eid werde ihm (dem Stück Vieh) die Glocke

umgehängt, und nach dem Eid schirre den Ochsen an."

Der Kanun des Lekë Dukagjini

119

Das sind Worte des Kanun, nicht, weil sie ihm gefallen,

sondern weil es keinen Ausweg gibt als sich durch Eid

reinzuwaschen. Der Kanun sei in diesem Fall nicht mehr im Spiel,

und darum bleibt das Wort: "Treffe Gott dich nicht im

Falscheide!"

Um jeden Zweifel auszuschließen, daß etwa falsch

geschworen sei, werden die Ältesten des Gerichtshofes gut

hinsehen, um als Eideshelfer Ehrenhafte zu bestellen, auf denen

der gute Eid liegt.

[10.] Buße für den Meineid

Hat ein Mann die traurige Kühnheit, dem Besitzer den

eigenen Besitz anschauen zu lassen (damit jener sich überzeuge,

daß er das Gestohlene nicht hat), so wird er nach dem Meineid das

Gestohlene doppelt ersetzen und die Buße für Meineid zahlen -

und darauf stempelt ihn der Kanun mit dem Siegel der

Ehrlosigkeit, Geschlecht nach Geschlecht durch 7 Generationen.

Tritt nach dem Eid der geheime Angeber auf, ein

wahrhaftiger Mann, gegen den Eidesleister, so werden ihn die

Ältesten genau erforschen und ohne Eile prüfen.

Tritt ein guter geheimer Angeber auf, ein wahrhaftiger

Mann, mit sicheren Anzeichen, werden die Ältesten mit dem Dorf,

mit den Eideshelfern und dem Angeber dem Verbrecher vor die

Türe rücken und auf den Meineidigen den Kanun anwenden.

Die Strafen für Meineid sind:

a) Er wird dem Besitzer der Sache das Zwei-für-Eins zahlen

(für Blut gibt es das Zwei-für-Eins nach dem Kanun

nicht).

b) Er wird dem Angeber das Schuhgeld (Angeberlohn)

zahlen.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

133

120

Unter dem Kanun i Papazhulit: Dorf oder Stamm.

c) 100 Hammel und ein Ochse für den Eid mit 24

Eideshelfern und 500 Groschen dem Hause Gjonmarkaj.

War der Eid mit weniger als 24 Eideshelfern, so nimmt

das Dorf

d) Er wird zur Kirche gehen, um sich von dem Meineid

mitsamt den Eideshelfern lossprechen zu lassen.

e) Er wird pro Eideshelfer 500 Groschen zahlen, da er sie

zum Meineid führte, indem er die Kirche schändete.

Dieses Geld wird der Verbrecher auf den Altar legen.

133 die Buße.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

121




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New PostErstellt: 11.03.08, 22:22  Betreff: Re: Der KANUN - 8.Buch: Die Ehre  drucken  weiterempfehlen

8. Buch: Die Ehre

[1. Kapitel]

Die persönliche Ehre

Der Kanun der albanischen Berge unterscheidet nicht den

Menschen vom Menschen: "Die Seele für die Seele - denn das

Äußere schenkte Gott." "Der Gute und der Böse haben denselben

Wert: der Kanun nimmt sie beide für Männer." "Der Gute stammt

vom Bösen ab, der Böse vom Guten." Von sich aus wiegt jeder

Einzelne 400 Derhem (türkisches Gewicht), weil 400 Derhem eine

volle Oka ist und der Ehrenhafte auch sein volles Gewicht hat.

Beleidigt jemand einen andern im Dorf, Pfand oder

Älteste, gibt es nicht für geraubte Ehre. Der Kanun sagt: "Wenn

du willst, verzeihe ihm; magst du, so wasche die getrübte Stirn!"

"Jeder hat seine Ehre für sich selbst, und niemand kann

sich einmischen oder die Ehre mit Ältesten und Pfändern

umhegen. Zwei Fingerbreit Ehre auf die Blume der Stirne gab uns

Gott."

"Die geraubte Ehre hat keine Buße." "Die geraubte Ehre

kann nicht verziehen werden (versöhnt durch Buße)."

"Die geraubte Ehre wird durch Gegenstände nicht ersetzt,

aber durch das Vergießen des Blutes oder durch die edle

Vergebung (nach der Vermittlung durch Herzensfreunde)."

Der Geschändete hat, was die Ehre betrifft, die offene

Türe (sie wurde ihm durch die Beleidigung aufgestoßen - die

schlimmste Unehre in Albanien). Pfand fordert er nicht. Älteste

zieht er nicht zu. Der starke Mann holt sich selbst die Buße.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

122

Jener, dem die Tür geraubt wurde, gilt vor dem Kanun als

tot.

Die Ehre wird dem Manne geraubt:

a) indem ihm jemand vor den im Rat versammelten Männern

sagt, er lüge;

b) indem man ihn bespuckt, bedroht, stößt oder schlägt;

c) indem man die Treue oder Vermittlung bricht;

d) indem man ihm die Frau schändet oder entführt;

e) indem man ihm die Waffen des Armes oder Gürtels

schändet;

f) indem man ihm das Brot schändet, durch Beleidigung des

Freundes, des Dieners;

g) indem man ihm das Haus erbricht, die Hürde, Scheuer

oder Milchkammer;

h) indem man ihm Darlehen oder Verpflichtung vorenthält;

i) indem man ihm die Herdplatte (den Herdstein) entfernt;

j) indem man vor dem Freunde einen Bissen zu sich nimmt,

und so dem Freund die Ehre raubt;

k) indem man ihm vor dem Freund den Tisch schändet;

wenn der Herr des Hauses die Pfanne auskratzt oder den

Teller ausleckt.

[2. Kapitel]

Die gemeinsame Ehre

[1.] Der Freund

"Das Haus des Albaners gehört Gott und dem Freunde."

Der Freund (

Hof Stimme zu geben.

mik) kann das Haus nicht betreten, ohne im

Der Kanun des Lekë Dukagjini

123

Wenn der Freund Laut gibt, wird ihm der Herr des Hauses

oder sonst ein Hausbewohner antworten und entgegengehen.

Man begrüßt sich mit dem Freund, nimmt ihm die Waffe

ab, führt ihn ins Haus.

Die Waffen hängt man auf den Waffenstock und führt den

Freund zu Häupten der Stube an den Herd.

Man facht das Feuer an, ruft um Holz: "Der Freund will

Holz!"

Dem Freund wird mit Brot, Salz und Herz Ehre erwiesen.

Das Brot, Salz und Herz, den Holzblock und Streu für das

Lager findet der Freund bereit zu jeder Stunde des Tages und der

Nacht.

Dem müden Freunde wird aufgewartet mit Diensten und

Ehrbezeugung. Dem Freunde werden die Füße gewaschen.

Für jeden Freund braucht es die Speise, an die er selbst

gewöhnt ist.

Für den guten Freund braucht es Kaffee, Branntwein und

gedeckten Tisch mit einer Speise des Überflusses.

Für den Herzensfreund braucht es Tabak, den Kaffee mit

Zucker, Branntwein, Brot und Fleisch. "Dem Herzensfreunde wird

das Haus überlassen."

Wenn er ins Haus kommt, wirst du dem Freund die

Waffen halten. Das Halten der Waffen ist:

a) Ein Zeichen der Höflichkeit und Ehrbezeugung und der

Zufriedenheit über sein Kommen.

b) Es ist auch ein Zeichen der Obhut, denn, wenn du sagst:

"Gut, daß du kamst!", wird er ohne Furcht sein, denn er

weiß dich bereit, jeder Gefahr zu wehren.

c) Es ist auch ein Zeichen der Vorsicht für dich selbst, denn

indem du die Waffen an dich nimmst, könnte der Freund

dir nichts Übles mehr tun, auch wenn er böse Absichten

hätte; er ist entwaffnet.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

134

man den Knall des Schusses nicht mehr hört.

124

Der Kanun i Papazhulit fordert, daß er so weit weg sei, daß

Dem Freunde wird der Platz zu Häupten der Stube

belassen.

Dem Freunde gibt man den Platz zu Häupten (Ehrenplatz)

sowohl im Haus wie im Männerrat, wenn er auch im Rat keine

Stimme hat.

Der Ehrenplatz wird dem Freunde überlassen als Zeichen

der Ehrerbietung, doch auch, auf daß man ihn gut sehe und er sich

nicht unter die Leute des Hauses mischen kann.

Betritt der Freund dein Haus, hat er dir seine Schuldigkeit

bezahlt.

Kommt dir der Freund ins Haus und er schuldet dir selbst

Blut, du wirst ihm sagen: "Gut, daß du kamst!"

Der Freund wird begleitet, so weit er begleitet zu sein

bittet.

Nimmt auch der Freund den Ehrenplatz ein, er führt nicht,

du führst ihn.

Der Freund wird geleitet, und wenn er ein Kind ist, ob

Mädchen, ob Knabe, geradeso wie ein Mann oder eine Frau.

Indem du den Freund geleitest, bis wohin er zu gehen

wünscht - du drehst ihm den Rücken, um deiner Arbeit

nachzugehen - in diesem Augenblick knallt die Büchse und tötet

ihn - er gilt dir nicht mehr als Freund

Für jeden Freund (Schutzsuchenden, Gastfreund) mußt du

den Arbeitstag verlieren, bei eigenem Brot (d. h. du mußt dich und

ihn aus eigener Tasche ernähren), solltest du selbst dabei

verarmen, auf daß du dich nicht mit Schande befleckst.

Während du den Freund geleitest, wird jede Schande, die

ihm jemand antut, von dir gefordert.

134.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

125

Führe den Freund nicht; wenn du ihn aber führst, machte

die Augen auf, damit niemand ihm Schlechtes oder Schande

antue.

Der Kanun schreibt vor, den Freund zu geleiten, damit

ihm nichts Übles betreffe und ihm niemand Übles zufüge in

deinem Brot.

Tut der Freund in deinem Brot eine Übeltat, so wird von

dir Rechenschaft gefordert werden.

Der Geschändete und Geschädigte ist nicht verpflichtet,

den zu verfolgen, der ihn beschämte oder schädigte, er wird dem

an die Türe pochen, der jenen im Haus hatte und ihm Nahrung

gab.

"Das Brot sühnt den Schaden."

Darum ist es Kanun, daß man den Freund führe, denn es

wird angenommen, daß er den Weg nicht kennt und nicht weiß, ob

er Freund oder Feind begegnet.

Du wirst ihn anführen, denn du bist der Hüter des

Freundes, sowohl um ihn vor Ubel zu bewahren, als auch um ihn

von Übeltat abzuhalten.

"Das Brot ehrt dich, bringt dir aber auch Mühe." (Manche

sagten: "Das Brot wurde mir zum Teufel!").

Schändet der Freund dir das Brot, wirst du nach dem

Kanun Rechenschaft geben für das erbrochene Haus oder die

erbrochene Hürde, für gestohlene Herde und andere Räubereien.

Du wirst die durch deinen Freund verursachten Schäden

ersetzen, indem du die Glocke deiner Herde an den Balken hängst,

oder indem du die Zugochsen hergibst, oder deine Reihenfolge am

Wasser verkaufst.

Ehre und Schande wirst du mit dem Freunde teilen und

den Geschädigten wirst du befriedigen.

Du wirst bezahlen, kannst du aber vom Freunde etwas

dafür bekommen, hast du es für dich; sonst bleibt der Schaden dir.

"Du habest und gebest", sagt der Kanun.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

135

im Schatten des Hauses geschieht, betrifft den Hausherrn. Der Schatten

reicht, so weit die Stimme aus dem Haus gehört werden kann."

Der Kanun i Papazhulit sagt zusammenfassend: "Alles, was

136

126

Der Kanun i Papazhulit sagt: "Er steht unter deiner Glocke."

Wie dir die Pflicht obliegt, für den beraubten Freund

einzustehen, so bist du auch zur Rechenschaft verpflichtet, wenn

der Freund in deinem Brot jemanden beraubt.

[2.]

Të premt e mikut (Schädigung des Freundes)

"Die Hut entläßt nicht."

Als

Schutzsuchende oder Gastfreund usw., der dich um Schutz oder

Schirm angeht, sei es durch den üblichen Zuruf: "In deiner Hut!",

sei es durch Einkehr in deine Wohnstätte

mik (Freund) gilt im weiteren Sinne jeder135. Të premt e mikut

bedeutet Schadenzufügung jeder Art gegen solchen Freund.

"Der Freund dem Freunde - der Gefährte dem Gefährten!"

Wenn dir an deiner Türe jemand auch nur ein Stück Glut

erbittet, um seine Pfeife anzuzünden, du gabst sie ihm, und

jemand tastete ihn an - er dient dir zum Freunde.

Fällt dir jemand in die Hand (Obhut) und sei es nur, indem

er deinen Namen nennt und sagt: "Ich bin der Freund jenes

Betreffenden" und wenn er dir auch nie an der Türe war - und

jemand tastet ihn an, so gelte er dir als Freund an der Türe, und

dein Antlitz ist dir geschwärzt

Verspottet dir jemand den Freund oder beschimpft ihn, so

wirst du die Ehre des Freundes wiederherstellen mit Gefahr deines

Lebens.

136.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

127

Beraubte jemand deinen Freund, so bleiben dir zwei

Wege: entweder richtet er dich zugrunde (indem du den Schaden

ersetzest), oder er bedeckt dich mit Schande (wenn du deine

Freundespflicht nicht erfüllst).

Jenem, der dir den Freund beraubte, wird jeder

Gegenstand mit der linken Hand unter dem Knie durchgegeben

(Zeichen der Verachtung), bis er dir den Freund bezahlt hat.

Die linke Hand gilt vor dem Kanun als die Unehrenhafte,

die nimmt und nicht gibt. Was den Freund betrifft, wird nicht

verziehen. Nur der Treulose mit dem Treulosen versöhnt sich über

ihn.

Im alten Kanun hat der Richter den Ungetreuen (den einer

Treulosigkeit Bezichtigten) mit einem Knüttel verjagt wie einen

Hund und ließ ihn nicht in den Männerrat kommen.

Treulos ist derjenige, der seinem Schützling (dem

Schutzsuchenden) selbst das Leben nimmt oder ihn sonst schädigt,

oder der, so er Treue schuldet, verkauft (ausliefert, verrät); solcher

wird durch das Dorf hingerichtet, und sein Blut geht verloren

(wird nicht angefordert).

Mit dem Mund des Kanun: "Wegen des Vaters, Bruders

und der Vetternschaft kann verziehen werden, aber was dem

Freund angetan wurde, wird nie verziehen (es sei denn auf

Vermittlung des Herzensfreundes).

Für den beraubten Freund wird sehr selten ein

Gottesfriede geschlossen (d. h. die Rache durch Buße verglichen).

Die Vermittlung wird zuerkannt, wenn die Angelegenheit in

Ordnung gebracht wird, nachdem sie gegeben und genommen

haben (d. h. wenn die Missetat gesühnt ist, dann erst mischt sich

die Vermittlung ein).

Die Dörfer untereinander dienen als Freund:

a) Wenn ein Gefährte sich gegen den Gefährten verfehlt und,

aus seinem Haus tretend, ihn tötet oder dessen Begleiter

oder wen immer. (Dann tritt also das Dorf des Getöteten

Der Kanun des Lekë Dukagjini

137

und wenn der Täter nicht erkannt ist.

Im Kanun i Papazhulit nur dann, wenn er keine Sippe hat

138

die Bestrafung des dem Freunde zugefügten Unrechts nicht übernimmt),

ist man mit Schmach bedeckt. Der Albaner, der unter das Blut fällt, ohne

Blut vergossen zu haben, indem er den Totschlag am Freunde bestrafen

muß und den Täter tötet - wenn er es nicht in die Hand nimmt, ist er

ehrlos.

128

[Gj.]: Augenblicks, wenn man den Freund nicht fordert (d. h.

gegen das Dorf des Täters als Freund des Getöteten

auf.)

137

b) Selbst wenn der geschädigte Schützling Stammesbruder

oder Vetter ist, bleibt es unsere Pflicht, sein Blut zu

fordern. Zwar wird weder Stammesbruder, noch

Blutsverwandter im eigentlichen Sinn als Schützling

betrachtet, trotzdem ist es Schande, den Täter nicht zu

strafen (töten, verfolgen).

c) Fordert er nicht (durch die Rache) den erschlagenen

Freund, weil der Täter ein Stammesbruder war, kann er

nicht mehr in den Männerrat gehen, denn er ist für sein

ganzes Leben mit Schmach bedeckt. Der Albaner, der

dem Blut verfällt, weil er eine Blutschuld ahndete, wo er

nicht der dazu Berufene war, der also das Blut eines

ermordeten Schützlings ausgleicht, obschon dazu ein

anderer vor Stamm und Kanun die Pflicht hatte, wird dies

lieber hinnehmen und lieber mit Haus und Hof zugrunde

gehen als die Schande tragen, daß er da nicht eingriff, wo

die Sitte es erheischt.

Treffen sich auf der Landstraße zufällig zwei

Dorfgenossen und, während sie wandern, wird der eine

erschlagen, so dient der andere ihm nicht zum Freunde (d. h. er

braucht die Bestrafung nicht zu übernehmen)

138.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

139

geltenden Schweif.

Kanun i Papazhulit: das Hinterteil mit dem als Delikatesse

140

haben aber solchen Totschlag verursacht, daß das Blut den Tisch wie

Regen netzte.

129

[Gj.]: Diese Betragensvorschriften scheinen wie Spiel, sie

[3.] Das Benehmen des Hausherrn gegen den Freund im

Hause

Der Freund nimmt den Ehrenplatz ein in der Stube, am

Tisch; ihm gebührt Obhut.

Dem Häuptlingsfreunde gebührt der Kopf

Hammels, dem Freund das Rippenstück.

Der Freund wird den Branntwein eingießen und als erster

die Hände auf den Tisch legen.

Ist der Freund nicht Bannerträger (Häuptling), aber eines

der Häupter des Banners (Stammes), gebührt ihm das

Rippenstück, dem gewöhnlichen Freunde der Kopf des Hammels.

Ist jemand aus dem Hause Gjonmarkaj am Tisch und ein

entfernter Freund, dann teilt der Häuptling mit dem Gjonmarkaj

den Hammelskopf, das Rippenstück gebührt dem anderem

Freunde.

Der Häuptling wird den Hammelskopf mit der Faust

brechen und dem Freund, wenn er das Rippenstück herausgeschält

hat, dessen Knochen brechen.

Kommt als Freund ein Ohërnjani (von Thkellas) nach

Mirdita oder in die Berge von Alessio - und da ist auch einer der

Gjonmarkaj, so nimmt der Ohërnjani den Ehrenplatz ein, nach ihm

der Gjonmarkaj (Dies geschieht nicht aus Ehre)

139 des140.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

130

Den Kaffee nimmt der Freund, nach ihm der Herr des

Hauses.

Die Hände am Tisch wäscht der Herr des Hauses, nach

ihm der Freund.

Das Glas Branntwein trinkt der Herr des Hauses, dann der

Freund.

Den Bissen tunkt der Freund ein, dann der Herr des

Hauses; jener Hausherr, der den Bissen vor dem Freunde eintunkt,

zahlt 500 Groschen Buße.

Jener Herr des Hauses, der den eigenen Tisch schändet vor

dem Freunde, zahlt 500 Groschen Buße.

Die für den Freund abgeschossene Büchse (um für ihn

einzutreten) hat keine Buße (denn dieses Eintreten schreibt der

Kanun vor).

[4.] Die Vermittlung

Der Vermittler (

Schuld und wird nicht gefaßt.

Vermittler heißt jener, der sich einmischt, um über böse

Worte zu entscheiden, die Rache abzuwenden, aus der Totschlag

und anderes Verderben entstehen könnte.

Der Vermittler kann Mann oder Frau sein, Knabe,

Mädchen oder auch Priester.

Der Vermittler kann von Haus zu Haus, Dorf zu Dorf,

Stamm zu Stamm gehen, er hat überall Zutritt.

Wurde die Vermittlung einem bestimmten Hause

zugesprochen, sucht es den Freund selbst auf, der es zur

Vermittlung will.

Wurde die Vermittlung einem Dorfe zugesprochen, sucht

es den Freund selbst auf, gemeinsam.

ndermjetsi), wie der Bote, trägt keine

Der Kanun des Lekë Dukagjini

131

Wurde die Vermittlung einem Stamme zuerkannt, bittet

der ganze Stamm jenen Freund, den er zur Vermittlung will.

Wurde dem Priester die Vermittlung zuerkannt (d. h., daß

vermittelt werden soll), bittet die Pfarrei diesen (Priester)-freund,

daß er sich im Namen des Stammes einmische.

Der Priester, um über ein Übel zu entscheiden, mischt sich

nicht im eigenen Namen ein, sondern im Namen der

Pfarrgemeinde oder des Stammes, doch nur dann, wenn nicht die

Macht des Glaubenswortes in die Waagschale fällt.

Wo nicht die Macht des Glaubenswortes in die

Waagschale fällt, kann der Priester wie jeder andere vermitteln; da

aber sein Amt weder Schwert hat noch Strick, wenn seine

Vermittlung mißachtet würde, wird ihm Dorf und Stamm die Ehre

schützen, indem sie ihn als Freund (im Sinne der

Wiedergutmachungspflicht) beanspruchen.

Seien auf der einen Seite 100 Menschen erschlagen, auf

der andern kein einziger - sobald ein Vermittler eintritt, wird

dennoch die Büchse ruhen, das Feuer verlöschen (bis der

Vermittler sein Amt erfüllt hat).

Wird das Wort des Vermittlers nicht beachtet (führt die

Vermittlung nicht zum Zweck), so wird jenes Wohnviertel, das

mit dem Werk der Büchse beginnt, den Vermittler als seinen

ausgemachten Freund betrachten. (Ruht weder Büchse noch böses

Wort nach der Vermittlung, verwickelt sich der Knäuel in Haß, die

Büchse spielt kreuzweise, und man vernichtet sich gegenseitig).

Die Vermittlerworte sind nach dem Brauch: "Laßt die

Worte - oh Ihr! Ich bin Vermittler, laßt die Büchse ruhen, ihr

Männer - ich bin Vermittler, auf daß ihr euch verständiget. Laßt

die Büchse ruhen, denn das Dorf - der Stamm - steht zwischen

euch!"

Der Vermittler nimmt Pfänder von beiden Streitparteien,

indem er ihnen mitteilt, wo und wann sich der Männerrat zur

Verständigung versammeln wird.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

132

Gelingt dem Vermittler die Versöhnung nicht, werden die

Pfänder beider Parteien ehrenhaften Männern ausgehändigt; damit

befreit sich der Vermittler vom Amt und Würde.

Die Vermittlung endet stets bei Sonnenaufgang oder

Sonnenuntergang.

[5.] Die Bürgschaft

Bürge heißt jener, der sich einem andern für eine Schuld

zur Verantwortung verpflichtet; zahlt zur bestimmten Frist der

Schuldner nicht, tritt der Bürge ein.

Der Gläubiger, der einen Bürgen hat, braucht dem

Schuldner nicht zur Tür zu gehen, der Bürge wird für jenen zur

Verantwortung gezogen. "Gebundene Hand - gebende Hand", sagt

der Kanun.

Und stirbt der Schuldner, geht dem Gläubiger nichts

verloren; für die Schuld jenes Verstorbenen tritt der Bürge ein.

"Stirbt der Schuldner - so lebe der Bürge!" sagt der Kanun.

Bereut der Bürge und möchte aus seiner Bürgschaft

entlassen sein, so entläßt ihn der Kanun nicht, denn "der Bürge

tritt nicht für gute Vorsätze in die Sache ein, sondern um zu

zahlen!"

Der Bürge tritt freiwillig in die Sache ein, und darum hat

er kein Recht - weder vom Schuldner, noch vom Gläubiger - ein

Schuhgeld (Vermittlungsgebühr) zu fordern. "Bürge oder

Treueverschworener wird niemand für Gewinn."

Bittet der Schuldner jemanden um Bürgschaft, und dieser

tut ihm den Willen vor der Männerschaft, so sagt er: "Ich mache

dir den Bürgen, aber sieh zu, daß du, falls du nicht die Absicht

hast, das Geld zur bestimmten Frist zu bezahlen (bereitzulegen),

mir dies schon jetzt mitteilst, damit ich mich bereithalte, an

Der Kanun des Lekë Dukagjini

141

noch Bürge der Schande, wenn nicht zum festgesetzten Termin bezahlt

wird (

er die Schuld ableugnet. Als die Staatsbank unter König Zog errichtet

wurde, erschraken die Direktoren, da die Fristen für Rückzahlung nie

eingehalten wurden; Landeskundige beruhigten sie, weil die Schuldner

ihre Schuld niemals ableugneten. Tatsache ist, daß die Bank in 15 Jahren

in Darlehnsgeschäften nicht einen einzigen Lek einbüßte.

133

Unter dem Kanun i Papazhulit verfällt weder Schuldnerse çdo ditë është e Zotit - jeder Tag ist Gottes), sondern nur, wenn

deinerstatt zu zahlen. Daß du es wissest! Denn Unehre ertrage ich

nicht!"

Antwortet darauf der Schuldner nicht und duldet er, daß

jener sich verpflichtet, an seinerstatt zu zahlen, wird der Bürge

dem Gläubiger sein Pfand geben.

Der Gläubiger hat das Recht, dieses Pfand wem immer zu

geben, um seine Forderung einzutreiben.

Der Bürge hat das Recht, beim Dorf gegen den schlechten

Schuldner zu klagen, und das Dorf wird den Schuldner drängen,

das Pfand des Bürgen auszulösen und ihm wieder einzuhändigen.

Hat der Schuldner das Geld nicht bereitgelegt aus

schändlichem Geiz, läßt ihn das Dorf, je nach der Schwere seiner

Schuld, für getanen Raub verfolgen

Hat der Schuldner das Geld aber zu bestimmten Frist

bereitgelegt, wird er dies dem Bürgen zu wissen tun, ehe er dem

Gläubiger das Geld aushändigt.

Wenn der Schuldner zur bestimmten Frist das Geld aus

Mittellosigkeit nicht bereitlegen kann, wird sich der Bürge

bereithalten, für ihn zu zahlen, und das im Guten; er hat keinen

Grund, ihn vor das Dorf zu bringen, und seine Klage würde nicht

beachtet: hätte er sich besonnen, ehe er sich verbürgte!

[3. Kapitel]

141.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

134

Das Blut und die Verwandtschaft, die Bruderschaft und

Patenschaft im Kanun der Berge

[1.] Die Geschlechterfolge

Die Reihenfolge der Geschlechter in Blut und

Verwandtschaft geht bei den Albanern der Berge ununterbrochen

fort.

Als Bruder und Sippengenosse gilt, wessen Voreltern

früher oder später aus demselben Hause herausgeteilt wurden.

Trennten sich von einem Albaner 400 Herdstellen los, er

nimmt und gibt nicht mit ihnen (d. h. er verschwägert sich nicht

mit ihnen).

[2.] Der Stammbaum des Blutes, der Stammbaum der

Milch,

der Neffe aus dem Blute, der Tochterneffe

Die Geschlechterfolge entspringt aus Blut oder

Verwandtschaft.

Die Geschlechterfolge des Blutes stammt von Vaterseite,

jene der Verwandtschaft von Mutterseite (

und Brust").

Die Abstammung von Vaterseite heißt Stammbaum des

Blutes, die Abstammung von Mutterseite Stammbaum der Milch

(der Brust).

"Blut(Stamm)neffe" und "Blut(Stammes)nichte" heißt

jener Kreis von Männern und Frauen, die dem Vaterhaus

entstammen.

"Tochterneffe" und "Tochternichte" heißt jener Kreis von

Männern und Frauen, die von den verheirateten Töchtern

abstammen.

gjak edhe gjini "Blut

Der Kanun des Lekë Dukagjini

135

[3.] Die Bruderschaft

Die Bruderschaft entsteht durch das Bluttrinken und

hindert die Verschwägerung für immer zwischen den

Blutsbrüdern, ihren Häusern und Herdstätten.

[4.] Die Patenschaft

Was Blut und BlutBruderschaft für die Verschwägerung

ist, ist auch die Patenschaft.

Die Patenschaft in den albanischen Bergen ist dreierlei:

a) die Taufpatenschaft;

b) die Ehepatenschaft;

c) die Patenschaft der Haare.

Die Taufpatenschaft verhindert die Verschwägerung,

Geschlecht nach Geschlecht, nicht nur zwischen dem Täufling,

seinen Eltern und dem Paten, sondern auch jenen, die ihn an der

Kirchentüre wiegen, den Leuten ihrer Häuser und Herdstätten.

[5.] Die Ehepatenschaft

Die Ehepatenschaft hindert die Verschwägerung zwischen

den Hausgenossen des Paten und des Bräutigams, da sie auch die

Herdstätten umfaßt - all dies genau wie bei der Taufpatenschaft.

[6.] Die Patenschaft der Haare

Der Kanun des Lekë Dukagjini

136

Diese Patenschaft, die durch das Rasieren und Schneiden

der Haare entsteht, gehört zu den gesetzlichen Bindungen, die

unauflöslich sind.

Die Patenschaft der Haare hindert die Verschwägerung,

Geschlecht nach Geschlecht, zwischen den Häusern und der

Bruderschaft des Paten und des Patenkindes.

Die

Kanun bestimmten Zeit zu den Eltern geht, so geht auch die

ndrikullí ist wie der Brautbesuch; wie die Braut zur im

ndrikull

Die Frist für die

zur bestimmten Frist zum Haarpaten.ndrikullí ist im Kanun bestimmt. Die

ndrikullí

Tage, die die

ungerader Zahl, nie gerader sein: drei oder fünf.

kann nicht länger als 5 Tage verschoben werden: diendrikuj beim Paten verbringen, werden immer

[7.] Vorgehen nach dem Kanun beim Schneiden der Haare

Pate wird der genannt, der die Haare schneidet.

Ndrikull

oder

Haare geschnitten werden,

schneidet.

denen die Haare geschnitten werden.

Pate und

können von den Hausgenossen nicht mehr unterschieden werden.

Die Haare können nicht geschnitten werden, ehe Knabe

und Mädchen ein Jahr alt sind. Stirbt das Kind, ehe ihm die Haare

geschnitten wurden, wird es nicht begraben; es wird der in

Aussicht genommene Pate gerufen; wohnt er weit weg, wird ein

anderer dem Kinde die Haare schneiden, der aber weder Haus

noch Sippe des Kindes angehören darf.

nunë heißt die Mutter des Knaben oder Mädchens, denen diekumtër der Mann, der die HaareFamull oder famulleshë heißen Knaben und Mädchen,ndrikull sind wie Bruder und Schwester und

Der Kanun des Lekë Dukagjini

142

Haare schneiden.

137

Kanun i Papazhulit: Auch dem Mädchen kann ein Mann die

Um dem Knaben die Haare zu schneiden, braucht es einen

Mann; die Haare des Mädchens schneidet eine Frau

Die Eltern des Knaben oder Mädchens, denen die Haare

geschnitten werden, bereiten das Mahl, so gut sie nur können, um

den Paten zu ehren.

Der Pate wird mit einem Herzensfreunde eintreffen.

Es werden noch 3 oder 4 Gefährten geladen, um an der

Freude des Hauses teilzunehmen.

Ist der Kaffee getrunken, wird der Ort bereitet, wo sich der

Pate niederläßt und sich jene Werkzeuge befinden, mit denen er

die Haare schneiden wird.

Es bedarf eines Stuhles, darauf sich der Pate setzt, eines

Gefäßes mit Wasser, darein der Pate eine kleine, alte Silbermünze

fallen läßt (wie man sie auch dem Toten in den Mund legt); der

Tisch für das Haarschneiden wird gedeckt, Scheren und

Rasiermesser liegen bereit.

Hat sich der Pate auf den Stuhl gesetzt, legt ihm ein Knabe

der Sippe das Patenkind auf den Schoß.

Der Pate schneidet die Haare wie folgt: einen Schopf an

der Stirne, einen von jeder Schläfe, einen Schopf vom

Hinterhaupte.

Nimmt er die Haare, berührt der Pate dreimal die Stirn des

Patenkindes mit der Schere und sagt: "Du seist gesund und langen

Lebens"; er küßt das Patenkind, nimmt es vom Schoß, reicht es

der Mutter (der

an sich nimmt.

Der Pate gibt der

mehr.

142.ndrikull), die auch das Gefäß mit der Silbermünzendrikull 50-150 Groschen und nicht

Der Kanun des Lekë Dukagjini

138

Die Haarschöpfe nimmt die Mutter und hebt sie in ihrer

Truhe auf.

Die

und Weste, und den Leuten vom Haus des Paten, so viel deren

sind, wird sie dem einen eine Tischplatte (kupferne Tischscheibe)

senden, dem andern ein gesticktes Hals- oder Gürteltuch oder ein

Paar Socken.

Ehe dem Kind nicht die Haare (durch den Paten)

geschnitten sind, darf die Schere ihm nicht den Kopf berühren;

wachsen die Haare zu sehr, werden sie mit der Flamme (eines

Feuerstahles oder Kienes) abgesengt.

Werden dem Kind die Haare geschnitten. übernachtet der

Pate im Haus des Patenkindes; am nächsten Morgen steht er auf,

nimmt Mutter und Patenkind in sein eigenes Haus, wo sie nach

dem Kanun 3 oder 5 Tage weilen.

Weder Tod noch Hochzeit, noch irgendein Fest wird ohne

ndrikull schickt dem Paten als Geschenk Janker, Hose

ndrikull

und Patenkind gefeiert.

Der Kanun des Lekë Dukagjini

139




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Next time the devil tells you "You're stupid" say "No, you're stupid - ...I'm going to heaven, you ain't getting in".
~Joyce Meyer~
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