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WPK
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Beiträge: 16

New PostErstellt: 20.03.08, 17:00     Betreff: Re: Hausbau - Sitten und Gebräuche

Hallo, Karin

Richtfest hat bei Einfamilienhäusern in Südafrika eigentlich keine
direkte Entsprechung. Am Schluss erst feiern, scheint mir
(wirtschaftlich) zudem weniger sinnvoll, da würde ich eher daran
denken, die künftigen Nachbarn einzuladen.

Pfusch am Bau hat auch in Südafrika Tradition. Deshalb würde ich lieber
in der Bauphase "in Richtung Qualitätsarbeit bestechen" als eine
Schlussfeier machen.

Zumal das Personal auf der Baustelle sicher nicht (müsste ein
Kleinunternehmer sein, der baut und der einen festen Mitarbeiterstamm
hat, oder irgendwo im mehr ländlichen Bereich, wo Leute durchaus
vielseitiger sein können als im städtischen Bereich, wo umgekehrt die
Leute sich eher stärker spezialisieren) die ganze Bauzeit über
unverändert ist. Ansonsten wechseln die Mitarbeiter ständig: Fürs
Aussschachten, die Versorgungsleitungen verlegen, die Gussformen fürs
Fundament erstellen, den Beton mischen und das Fundament gießen, die
Mauern hochziehen, die Fenster und Türen setzen, die Decken einbringen,
den Dachstuhl bauen und das Dach decken, den Kamin hochziehen, für die
Elektroinstallation, die Sanitärinstallation, fürs Verputzen, fürs
Fliesenlegen, für die Malerarbeiten nimmt man je andere Kolonnen.

Und da gibt es dann die jeweiligen Fachleute (die 'was können) und
deren Helfer. Also: Der hochqualifizierte Fliesenleger lässt seinen
Helfer den Kleber anrühren und die Fliesen schleppen, er selbst zieht
das Fliesenbett auf und legt die Fliesen ein - und die Fugen macht dann
wieder der Helfer. Der Elektriker markiert die Stellen wo die Dosen
hinkommen, der Sicherungskasten und so und der Helfer muss dann z.B.
die Löcher für die Unterputzdosen in die Wand schlagen. Ihr müsst die
"Fachleute" für Euch gewinnen, die tatsächlich vor Ort arbeiten (viele
Weiße z.B. überwachen nur ihre schwarzen "Halbfachleute" und haben
mehrere Trupps laufen). Vergesst nicht, dass die Leute hier in der
Regel keine Lehre gemacht haben, also nur selten wirklich 'was von dem,
was sie praktisch ausüben, an Grundlagen (wie in der deutschen
berufsschule oder bei einem guten Meister oder in der
ausbildungswerkstatt oder so) gelernt haben.

Die meisten Südafrikaner sind "kommunikationsfreudig": Wenn man die
Gelegenheit hat, sie zu fragen, was sie gerade da machen und dann, wenn
man erkennt, dass sie die Arbeit gut machen, sie auch richtig
überschwenglich lobt und sie später noch namentlich begrüßt, anspricht
(also am nächsten Tag oder auch die Woche danach noch weiß, mit wem man
geredet hatte), das wird eigentlich recht gut aufgenommen.

Ansonsten geht Ihr an warmen Tagen mit (anzukündigen, weil die Leute
wollen ohne Euch ja auch nicht darben) mit Getränken wie kaltem Coca
Cola und mit gebratenem Huhn oder Huhn in Soße und entsprechenden
Beilagen (wie z.B. der "Pap", dieser Maisbrei hier, selten fehl. Viele
Schwarze essen kein Schweinefleisch und manche auch kein "red meat",
aber bei geschenkt sind sie oftmals großzügiger. Spätestens am Vortag
absprechen / ankündigen und große Portionen einplanen! Wenn's Weiße
sind: Die Buren grillen wie verrückt, sehr, sehr gerne (naja, auch ein
rassistisches Vorurteil, aber stimmt mit meinen eigenen Erfahrungen
überein).

A propos Pfusch am Bau: Da könnte ich Bücher schreiben! Das gibt's auch
in Deutschland, aber da haftet der Bauträger oder wer sonst so
wenigstens für das Ärgste (naja, theoretisch). Hierzulande fehlt es
oftmals am Interesse, die Baustelle ordentlich abzuwickeln (sprich:
wechselnde Bauleute, die einfach ihren Job machen und dafür
schnellstmöglich bezahlt werden wollen). Ich gebe Dir nur fünf
Beispiele für das, was ich meine:
FUNDAMENTPLATTE: Wird meist aus dickem, recht mageren Beton und ohne
jede Stahlverstärkung gegossen - und ohne jede Dehnungsfuge. Bei dieser
Konstellation kann die Fundamentplatte gar nicht dick genug sein, muss
aber dennoch einen massiven Block ausbilden. Klassischer Fehler: Am
Donnerstag wird angefangen, dann ruht die Arbeit übers (lange?)
Wochenende und am Dienstag wird weitergemacht. Keine Menschenseele
denkt daran, diese Tage über den in der Sonne liegenden, schnell
abbindenden Beton feucht zu halten oder die Platte in einem Arbeitsgang
zu gießen - und Du kannst Dir jetzt schon ausmalen, wo in zehn oder
fünfzehn Jahren im Fundament und danach in der Hauswand die großen
Risse sein werden.
MAUERWERK: Standard sind hier in Pretoria zweischalige (also mit
isolierendem Luftspalt dazwischen) Ziegelmauern (1000 Vollziegel
aktuell so ZAR 1900, also warum sollte man schlechteres Material
nehmen?), bei denen i. d. Regel kurz über der Fundamentplatte (etwa dem
späteren Innenfußboden entsprechend) eine Feuchtigkeitsdämmung (eine
Art Dachpappe, schmale Bahnen Bitumenpappe) eingefügt wird - auf der
wird dann weiter hochgemauert. Alle paar Reihen kommt dann so eine Art
Maschendrahtzaun ins Mörtelbett ("Brickforce" oder so), der
Rissebildung später vermeiden helfen soll. Und dann kommen noch lange,
senkrecht verlaufende starke Drähte, mit denen später der Dachstuhl an
den Hauswänden verankert wird. Dehnungsfugen müssen sauber ausgeführt
werden und sollten nicht am Ende einfach überputzt werden - was dann
natürlich irgendwann Putzrisse bringen würde. 100 Grad und mehr
Temperaturunterschiede muss das Mauerwerk verkraften und Risse
entstehen dann ohne Dehnungsfugen sehr schnell! Ameisen sind in warmen
Ländern manchmal sehr lästig: Die suchen sich Wege ins Haus (sie
fliehen z.B. vor Regen!) durch Stellen hindurch, wo die Ziegel nicht
lückenlos mit Mörtel verfüllt sind, z.B. im Fenster- und
Türbereich.Aufpassen sollte man in der rohbauphase auch, ob die Ecken
des Mauerwerks auch richtig verschränkt ("Reißverschlusssystem) sind -
also nicht einfach eine Mauer neben der anderen steht, im rechten
Winkel zueinander (hat hier kulturgeschichtlich Bedeutung, Great
Zimbabwe und so kannte das Verschränken nicht, entsprechend ist auch
nahezu alles eingestürzt). Fensterstürze sollten reichlich auf dem
seitlichen Mauerwerk (also link und rechts) aufliegen - sonst könnt Ihr
später nie richtig aufstocken, wenn Ihr das 'mal wollt.
MALER streichen hierzulande häufig ohne entsprechende Grundierung auf
den noch feuchten Putz - die Farbenhersteller empfehlen für frischen
Putz (einlagigen Zementputz, richtiger Beton ist üblich, nix Kalk- oder
Gipsputz oder gar "atmende Wände") spezielle Vorstreichfarben und
mehrwöchige Wartezeiten - den Unterschied merkt Ihr, wenn Ihr später
einmal drüberstreichen wollt oder sich die Farbe abschält.
FLIESENLEGER musste ich bislang um Dehnungsfugen (nach etwa 3 m
sinnvoll, absolut notwenig, wenn die Fliesen der Sonne ausgesetzt sind,
mit dauerelastischem Material wie Bitumen zu verfugen) geradezu betteln
- freiwillig hat noch keiner welche gemacht.
Dehnungsfugen sollten dort sein, wo z.B. das Fundament Fugen hat oder
z.B. die Fundamentplatte der Terasse an die fürs Haus anschließt.
DÄCHER: Geht einmal davon aus, dass in Südafrika fast kein Dach richtig
dicht ist. Flachdächer sind selten dauerhaft dicht, brauchen
regelmäßige Nachschau und gelegentlich neue Dachbahnen. Ziegel mit
Dichtlippen (wie bei der deutschen "Flachdachpfanne" (gar aus Ton) sind
höchst selten und die üblichen Betondachziegel müssen auf jeden Fall
einmal im Jahrzehnt gestrichen werden (haben Dichtungsprofile meist nur
an der Seite, nicht im Anschluss an den nächsten Ziegel nach unten).
Wegen der Starkwinde werden Dachziegel so aufgelegt, dass sie sich
notfalls vom darunter liegenden Ziegel "atmend" um einen oder zwei
Millimeter abheben können und im Dach innen kein Überdruck entstehen
kann, der das Dach zerstören kann. Das heißt, dass durchaus Regenwasser
in den Spalt zwischen zwei Ziegeln eindringen kann und dann eben in den
Dachraum gelangt: Je mehr Winkel und Ecken ein Dach hat (wir hatten
'mal eins mit 14 Dachflächen gemietet, also sieben Mal so viel wie
zwingend nötig) und eine Fläche war immer undicht).
Aus Deutschland kommend, denkt man bei der Dachhaut dann gleich an
Unterspannbahnen. Die aus Plastik leben wegen der Hitze nicht sehr
lange, werden brüchig und reißen dann bei jeder mechanischen Belastung
oder hängen schön durch, bilden Taschen für Schmutz und Regenwasser und
reißen dann auf, wenn sie voller Wasser sind - mit wunderschönen Güssen
ins Wohnzimmer (die meisten Zimmerdecken sind genau vier Millimeter
dicke Gipskartonplatten!). Die Unterspannbahnen aus Alu sind eigentlich
nur vom Fachmann verlegbar, weil die Laien sie schon beim Verlegen
zerreißen. Also: einfache Dachform, einmal je Jahrzehnt dichten und
streichen lassen und alljährlich den Vogeldreck und das, was absandet,
mit einem groben Besen gründlich entfernen. Die Dichtungen der
Dachreiter mit spezieller Zement-Latex-Mischung dicht halten /
überpinseln)

Wen Ihr merkt, dass solche fundamentale Regeln gut eingehalten werden,
dann lobt, was das Zeug hält! Wenn Ihr umgekehrt Zweifel habt, dann
holt Euch einen erfahrenen Baupraktiker (ich kenne da zum Beispiel
einen ganz tollen deutschen Arcitekten in Johannesburg, der sieht die
Fehler, bevor die leute sie gemacht haben!) und lasst den einmal nach
Fehlern suchen.

Also: Nicht erst am Ende "feiern", lieber gute Arbeit ganz früh loben,
loben, loben, loben und außer der Reihe einen netten Imbiss während der
normalen Arbeitspausen!

Hoffe, das hilft weiter1

Viel Vorfreude wünsche ich auf Euere Übersiedlung!

Wolfgang


[editiert: 22.08.10, 22:04 von WPK]
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