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Sklavin Isaura, Vale Tudo, das Recht zu lieben

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suslik
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New PostErstellt: 18.09.07, 10:55  Betreff: Re: Sklavin Isaura, Vale Tudo, das Recht zu lieben  drucken  weiterempfehlen

,,Mein Gott, ist etwas mit Fátima geschehen?"
,,Wenn du so willst, ja! Das Haus, Raquel. Deine Tochter hat das Haus seines Vaters an Senhor Fernando verkauft. Zuletzt wurde Fátima am Flughafen gesehen ... Sie sitzt vermutlich im Flugzeug, das gegen zwei nach Rio abgeflogen ist."

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suslik
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New PostErstellt: 23.09.07, 21:05  Betreff: Re: Sklavin Isaura, Vale Tudo, das Recht zu lieben  drucken  weiterempfehlen

2. Kapitel


Rio, das ist das Herz Brasiliens, die Metropole am Atlantischen Ozean, die schönste Stadt der Welt ... Rio, das sind die übervölkerten Strände der Copacabana, an denen schlanke, hochgewachsene dunkelhäutige Frauen ihre Körper im Takt der Sambarhythmen wiegen. Rio, das ist Karneval und Fußball, beides nirgendwo auf der Welt faszinierender als hier ... Doch Rio, das sind auch die Favelas, die notdürftig zusammengehauenen Bretterbuden der Slums, die alljährlich im Morast unterzugehen drohen, wenn zur Regenzeit gewaltige Überschwemmungen über die Stadt hereinbrechen ... Rio, das ist die Stadt der Straßenjungen, die stehlen, was ihnen unter die Finger kommt, und die sich verkaufen, zu jedem Preis ... Rio ist Schmutz und Gewalt und doch zugleich die Stadt Christus`, der hoch oben auf dem Corcovado mit ausgebreiteten Armen dieses unfaßbare, schillernde Gedicht aus Zement, Asphalt, Lichtern und Farben segnet ... diese wahnwitzige Stadt, deren Wolkenkratzer die umgebenden Berge zu überflügeln suchen und sie doch nie erreichen werden.

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suslik
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New PostErstellt: 27.09.07, 09:16  Betreff: Re: Sklavin Isaura, Vale Tudo, das Recht zu lieben  drucken  weiterempfehlen

Schon vom Flugzeug aus bewunderte Ivan das immer wieder faszinierende Schauspiel dieser Stadt. Aus der Vogelperspektive batrachtet wirkte das Leben irritierend friedvoll. Dort unten, an den Stränden wie in den Straßen, bewegten sich die Menschen wie die Ameisen voran, von hier oben erschienen sie still und schweigsam. Ebenso friedlich wirkte das Meer in der Bucht von Guanabara, das sich in gleichmäßigen Wellen auf den Strand zubewegte, um sich schließlich schäumend im Sand zu verlaufen.
Sich dieser Stadt aus der Luft zu nähern, war für Ivan immer wieder ein faszinierendes Schauspiel. Was konnte beeindruckender sein, als aus Tausenden Metern Höhe auf den Zuckerhut herabzublicken, der unbewegt wie eh und je die Bucht von Guanabara überragte ... So musste er vor Jahrhunderten bereits die Gäste aus der Alten Welt empfangen haben, ein gewaltiger, scheinbar unüberwindlicher Wächter, der doch seine Machtlosigkeit eingestehen musste, als diese Gäste sich als Eroberer zeigten. Der Anflug auf Rio war und blieb ein Erlebnis, gleich, wie oft man ihn schon erlebt hatte. Ivan blickte auf die Strände, Berge und Seen, er beobachtete die Viadukte, die wie Telegrafenleitungen riesige Steinbrocken miteinander verbanden. Die Surfer, die auf den gewaltigen Wellen hin und her schaukelten, wirkten aus dieser Perspektive wie kleine Zinnsoldaten, und selbst die viel größeren Schiffe, die auf der dem Meer abgewandten Seite des Zuckerhuts bewegungslos auf dem Wasser ruhten, erinnerten an Spielzeugmodelle. mit denen Kinder die Ankunft Columbus`in der Neuen Welt nachspielten. Der Himmel hatte zu Ivans Begrüßung die Farbe der Berge angenommen, sogar das Weißgrau der Wolken war jetzt, am späten Nachmittag, in ein fremdartiges Rotbraun übergegangen.

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suslik
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New PostErstellt: 08.10.07, 19:48  Betreff: Re: Sklavin Isaura, Vale Tudo, das Recht zu lieben  drucken  weiterempfehlen

Ivan liebte diese Stadt und ihr Hinterland, und er war glücklich, dass er nun wieder hier leben durfte. Hier war er geboren und aufgewachsen, hier hatte er geheiratet und einen Sohn aufgezogen. Seine Familie lebte hier, und auch seine Freunde waren hier zu Hause. Rio - das war auch sein Leben, seine Geschichte. Das einzige, was ihm fehlte, um in dieser Stadt wieder glücklich zu sein, war ... Geld!
Geld ... Immer wieder Geld! Wegen des leidigen Geldes hatte er Rio verlassen müssen, damals, nach seiner Trennung von Leila, seiner Frau, der Mutter seines Sohnes. Das Leben war schwierig, ja, unerträglich geworden. Er musste sich selbst über Wasser halten und für Leila und den kleinen Bruno sorgen. Leila war eine kluge Frau. Sie hatte studiert, Psycologie, doch gearbeitet hatte sie nie, vor allem hatte sie nie entwas verdient. Also musste Ivan von einem Tag auf den anderen plötzlich zwei Haushalte versorgen. Kein Wunder , dass er nicht zweimal überlegte, als ein großes Unternehmen ihm für das dreifache Gehalt eine Führungsposition in Sao Paulo anbot. So lebte er seit vier Jahren in Sao Paulo und flog Woche für Woche heim nach Rio, wo Bruno auf ihn wartete. Und Bartolomeu und Eunice, Ivans Vater und Stiefmutter. Die Strapazen dieser wöchentlichen Fernreisen ertrug Ivan nur schwer, sie gingen an die Substanz, körperlich und vor allem auch finanziell. Sein Gehalt, so gut es auch war, reichte vorn und hinten nicht. Außerdem fehlten ihm die Freunde von früher, fehlte das abendliche Bier am Strand, fehlten die Fahrradausflüge zum See Rodrigo de Freitas, fehlte ihm ganz einfach die unbeschwerte Art, mit der man in Rio den Alltag verbrachte.

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suslik
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New PostErstellt: 11.10.07, 14:00  Betreff: Re: Sklavin Isaura, Vale Tudo, das Recht zu lieben  drucken  weiterempfehlen

Die ersten Monate in Sao Paulo waren wunderbar gewesen: jeden Abend ein gutes Theaterstück, täglich ein neues Restaurant, hier eine reizvolle Ausstellung, dort ein neuer Film oder eine Party. Er hatte ein preiswertes und doch komfortables Apartment in einer angenehmen Wohngegend gefunden, konnte sich Woche für Woche einen ausgezeichneten irischen oder amerikanischen Whiskey trinken. Seine Arbeit gefiel ihm, und er war zudem erfolgreich. Kurzum: Es ging ihm gut, er hatte allen Grund, zufrieden zu sein.
Paulo ist eine eigenartige Stadt. Alles ist in ständiger Bewegung, beziehungsweise alles flucht, wenn diese Bewegung gestört wird. Und das wird sie ständig, beginnend mit den morgendlichen endlosen Verkehrsstaus, die sich mit einem unerträglichen Nieselregen verbinden, der nie aufhören will. Sao Paulo kennt keine Wolkenbrüche, auch keine Überschwemmungen ... nur den ständigen Nieselregen. Diese Stadt ist so fürchterlich maßvoll, ganz anders als Rio. Nie heiß und nie trocken, dafür unablässig warm und feucht. Und so sind auch die Menschen: die Männer nie aufbrausend, dafür bis zur Langeweile kühl; die Frauen nie aufregend, sondern seltsam gesichtslos, weder verwahrlost noch elegant, einfach nur langweilig. Ja, das war es: der Stil! Der Stil von Sao Paulo passte nicht zu ihm.

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suslik
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New PostErstellt: 15.10.07, 19:33  Betreff: Re: Sklavin Isaura, Vale Tudo, das Recht zu lieben  drucken  weiterempfehlen

Natürlich war an diesem Donnerstag alles anders als gewöhnlich, was hatte er auch erwartet? Maria José, die Hausangestellte, die längst zur Familie gehörte, hatte ein Boeuf Stroganoff und dazu einen Krabbencocktail angerichtet - kein Alltagsessen, sondern eine Würdigung seiner Anwesenheit, die große Veränderungen verhieß. Bruno, sein Sohn, hatte den wöchentlichen Judokurs ausfallen lassen, und Bartolomeu, sein Vater, war lange vor Redaktionsschluss nach Hause gekommen, um den Sohn beim Essen Gesellschaft zu leisten. Selbst Leila war zu Ivans Begrüßung hier in Bartolomeus Apartment in Laranjeiras erschienen, um ihren geschiedenen Mann sofort mit ihren Sorgen und Nöten zu überfallen: Sie hatte wie üblich kein Geld. Eunice, Bartolomeus zweite Frau, war aufgeregt zur Tür gestürmt, als es gegen zwei Uhr läutete, sie hatte die Tür aufgerissen und ihren Stiefsohn überschwenglich begrüßt. Und dann waren sie alle über Ivan Mereiles hergefallen. Jeder wollte als erster erfahren, ob er den Posten als Technischer Direktor einer großen Fluggesellschaft in Rio de Janeiro bekommen hatte oder nicht.
Ivan hatte so seine gesamte Familie nahezu vollzählig versammelt zu seiner Begrüßung vorgefunden, allein Fernanda, Eunices Tochter aus erster Ehe, fehlte. Und obwohl er wusste, weshalb sie alle hier waren, hatte sich Ivan doch zu Tisch begeben, als wäre alles wie immer, und war nun dabei, Gabel für Gabel des in der Tat köstlichen Strogonoff-Filets zu genießen. Alle starrten gebannt auf ihn und warteten, dass er von sich aus erzählen würde, wie dieser Tag verlaufen war. Doch Ivan aß nur. Bartolomeus rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und ehr und fixierte seinen Sohn mit fragenden Blicken. Nachdem bald eine Viertelstunde vergangen war und Ivan sich zwischen zwei Bissen allenfalls einige Bemerkungen zu seinem Flug und dem Himmel über Rio hatte abbringen lassen, riss seinem Vater schließlich der Geduldsfaden: ,,Nun, willst du uns nicht endlich erzählen, wie das Vostellungsgespräch verlaufen ist?"
Ivan spannte seine Familie bis zur Unerträglichkeit auf die Folter. Er fuhr sich mit der der Serviette über den Mund, blickte herausfordernd in die Runde und bemerkte lächelnd: ,,Habt ihr irgendwo eine Flasche Sekt im Haus?"
,,Heißt das ..." Bartolomeu stotterte. ,,Willst du damit sagen, dass es klappt hat?"
,,Ja ..." Ivan lächelte triumphierend. ,, Genau das will ich sagen: Ich bin prächtig gelandet! Ich habe die Stellung!"

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suslik
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New PostErstellt: 25.10.07, 09:45  Betreff: Re: Sklavin Isaura, Vale Tudo, das Recht zu lieben  drucken  weiterempfehlen

Reisende, die nicht in Santos Dumont nahe den Stränden von Flamengo, sondern auf dem Internationalen Flughafen Galeao landen, werden leicht von der prachtvollen Ausstattung dieses Flughafens geblendet. Die riesigen, mit hellem Marmor ausgeschlagenen Hallen des Galeao überwältigen den Besucher, vermitteln ihm das Gefühl, er sei in einer sauberen, wohl durchorganisierten Stadt gelandet, deren Bewohner in großem Wohlstand leben müssen. Der Galeao ist gewisserßen die Empfangshalle Brasiliens, und das Land hat sich die allergrößte Mühe gegeben, seine Gäste bereits bei der Begrüßung zu blenden und zu bezaubern.

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suslik
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New PostErstellt: 07.11.07, 21:48  Betreff: Re: Sklavin Isaura, Vale Tudo, das Recht zu lieben  drucken  weiterempfehlen

Jedoch schon nach wenigen Minuten verfliegt dieser Zauber. Am Flughafenausgang wird man in die Wirklichkeit zurückgerufen. Hier drängeln sich Dutzende von Taxifahrern in einem unentwirrbaren Durcheinander und warten darauf, über ihre Kunden, besser über ihre Opfer herzufallen, über ortskundige Fahrgäste, die gezwungen sind, dass Doppelte oder Dreifache des üblichen Fahrpreises für eine Fahrt in die Stadt zu bezahlen, weil sie sich gegen die unzähligen kleinen Umwege und Schlenker, die jeder geübte Taxifahrer in seinem Repertoire hat, nicht wehren können. Der Mulatte, der seinen uralten Wagen deutscher Herkunft am Bordstein geparkt hatte, empfing lächelnd seinen neuen Fahrgast. Ihrem Auftreten nach zu urteilen, kam die junge Frau aus dem Ausland. Sie war leger gekleidet, ein dunkelblauer, etwas verwaschener Jeansanzug, dazu Tennisschuhe ... Doch der schwarze Lederkoffer deutete auf eine Tochter aus gutem Hause. Ja, so waren sie nun einmal, die wohlhabenden jungen Leute, sie gaben sich locker, freizügig, wenig bemüht um ein elegantes Äußeres ... und schwammen trotzdem im Geld. Er sollte sie zur Catete-Sedlung fahren. Und dann fragte sie auch noch, ob dieser Stadtteil in der Nähe von Flamengo Beach liege. Das war ein absoluter Volltreffer, besser hätte er es auch mit einer Europäerin oder Amerikanerin nicht treffen können! Sein Fahrgast war offenkundig zum ersten Mal in Rio und sollte gleich zur Begrüßung eine kleine, wenn auch ein wenig überteuerte Stadtrundfahrt geboten bekommen. Doch was gab es heute schon umsonst? Der dunkelhäutige Taxifahrer grinste in sich hinein und freute sich über seinen vermeintlich größten Fischzug dieses Tages. Doch der vermeintliche Volltreffer sollte sich bald als Niete erweisen, denn der Fahrgast, den der Mulatte aufgelesen hatte und den er zu schröpfen gedachte, hieß Fátima Acioli.

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New PostErstellt: 05.12.07, 08:30  Betreff: Re: Sklavin Isaura, Vale Tudo, das Recht zu lieben  drucken  weiterempfehlen

,,Das macht dreitausendsechshundert Cruzeiros", erklärte der Taxifahrer, als er den Wagen vor einem der kleinen Reihenhäuser in der Catete parkte.
,,Nimm die Koffer!" befahl Fátima ohne mit der Achsel zu zukken.
Der Besitzer einer kleinen Bar, eher einer billigen Imbißbude, die sich in einem der Häuser befand, schluckte, als er zufällig dieses Gespräch zwischen dem Taxifahrer und der jungen Frau mitbekam: dreitausendsechshundert Cruzeiros, das war fast ein Monatslohn für einen Durchschnittsbrasilianer. Doch für die Fremde schien das ein Nichts zu sien. Jetzt wandte sie sich zu ihm: ,,Wissen Sie, in welchem Apartment Senhor Rubens Acioli wohnt?"
,,Ich glaube, in Nr. 27 ... aber er ist nicht zu Hause. Vor etwa einer halben Stunde hat er das Haus verlassen, und mir schien, als wollte er für länger verreisen."
Fátima blieb für einige Sekundenbruchteile unschlüssig stehen und wartete, bis der Taxifahrer mit ihrem Koffer im Hauseingang verschwunden war. Dann flüsterte sie dem Barbesitzer zu: ,,Fährt man über Lagoa, um vom Galeao-Flughafen hierher zu kommen?"
Er schüttelte verständnislos den Kopf. ,,Nein, gewiß nicht. Lagoa liegt auf der anderen Seite des Tunnels ... Niemand käme auf die Idee, einen derartigen Umweg zu wählen."
Würden Sie mein Gepäck für einige Zeit verwahren?"
Der Mann nickte nur stumm und fragte sich, was die junge Frau wohl plante. Sie hatte einen eigenartigen Gesichstausdruck.
,,Nun, was ist mit meinem Geld?" Der Mulatte hatte Fátimas Koffer im Hauseingang abgestellt und näherte sich seinem Fahrgast mit fordernden Blicken. ,,Wenn Sie wollen, können Sie auch in Dollar bezahlen, das ist auch jederzeit möglich."
Fátima machte jedoch keine Anstalten zu bezahlen, sondern stieg wieder ins Taxi: ,,Ich habe Sie noch nicht entlassen. Kommen Sie, fahren wir weiter ... Ich noch einige Besorgungen zu machen."



Lucia Mendez, die schönste Frau der Welt.
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New PostErstellt: 24.01.08, 10:07  Betreff: Re: Sklavin Isaura, Vale Tudo, das Recht zu lieben  drucken  weiterempfehlen

Was für ein Glückstag! Sie hatte nicht nur die dreitausendsechshundert Cruzeiros ohne Widerspruch geschluckt, sondern wollte sich gar noch für eine Einkaufstour durch die Stadt chauffieren lassen. Und er würde ihr schon einem rechten Freundschaftspreis machen...
Vierzig Minuten lang fuhr sie durch die Straßen von Rio. Fátima befahl dem Mulatten mehrmals anzuhalten und verschwand kurz in einem der Geschäfte, aus dem sie allerdings stets mit leeren Händen zurückkehrte. Nach dem vierten oder fünften Halt kehrte sie jedoch mit einem riesigen, kostbar verpackten Paket zu ihrem Fahrer zurück. Doch noch immer war kein Ende der Glücksfahrt abzusehen. Der Mulatte rechnete sich bereits aus, dass er an diesem einen Gast mehr verdienen würde als sonst in der ganzen Woche. Wie lange mochte das noch so weitergehen? Jetzt ließ sie ihn abermals halten.
,,Sie passen gut auf mein Paket auf, nicht wahr? Ich muss hier noch eine Besorgung machen, dann sind wir fertig."
Der Taxifahrer beobachtete, wie sie in einer Passage verschwand, konnte aber nicht erkennen, welches Geschäft sie betrat. Vermutlich wollte sie ein Kleid, vielleicht auch Schuhe kaufen. Und sie schien wählerisch zu sein, probierte vermutlich dieses und jenes an. Jedenfalls dauerte dieser Aufenthalt ungewöhnlich lange. Doch was sollte es, auch die Wartezeit würde sie schließlich und endlich bezahlen müssen. Die Summe, die sie zu zahlen hatte, war längst über sechstausend Cruzeiros hinausgewachsen, und das war noch bescheiden geschätzt. Er würde einfach achttausend verlangen und sich dann runterhandeln lassen. Zuletzt würden beide zufrieden sein. Doch allmählich sollte sie doch einmal zurückkommen, immerhin war sie nun schon eine gute halbe Stunde beim Anprobieren.
Das Warten wollte und wollte kein Ende nehmen. Als Fátima nach mehr als einer Stunde noch immer nicht zu sehen war, kam dem Mulatten der Verdacht, dass er vielleicht doch nicht das große Los gezogen hatte. Mein Gott, wie konnte man sich nur so täuschen? Die junge Frau hatte doch so vornehm gewirkt ... und so naiv! Endlich war er des Wartens und Zweifelns müde und beschlo? das Paket zu öffnen, das sie ihm als Beute zurückgelassen hatte. Er riss das Geschenkpapier in Fetzen, öffnete den Deckel und blickte auf Massen kleiner weißer Styroporkugeln, die er mit zunehmender Wut auf die Straße schaufelte. Zuletzt fand er dann doch noch den Lohn für seine Mühen - eine häßliche, grellgelbe Plastikbanane: ,,Hundert Jahre Vergebung für einen Dieb, der einen Dieb bestiehlt."



Lucia Mendez, die schönste Frau der Welt.
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