Naid2Xo Fan Projekt

 
Sie sind nicht eingeloggt.
LoginLogin Kostenlos anmeldenKostenlos anmelden
BeiträgeBeiträge MembersMitglieder SucheSuche HilfeHilfe
ChatChat VotesUmfragen FilesDateien CalendarKalender BookmarksBookmarks
Kein ganz normaler Stasi-Alltag

Anfang   zurück   weiter   Ende
Autor Beitrag
Frickibär

Mitglied

Beiträge: 1177
Ort: Mannheim


New PostErstellt: 22.03.06, 07:02  Betreff: Kein ganz normaler Stasi-Alltag  drucken  weiterempfehlen

Kein ganz normaler Stasi-Alltag
DER NEUE FILM: "Das Leben der Anderen" von Florian Henckel von Donnersmarck erzählt Zeitgeschichte als Polit-Thriller

Von unserem Mitarbeiter Gebhard Hölzl


Ostalgie ade! Vorbei die weichgespülten Zeiten mit klapprigen Trabbis, Spreewaldgurken-Gläsern und Polyestergardinen. Schluss mit Vita-Cola - "Good Bye, Lenin!" ist im Wortsinn angesagt. Erbarmungslos, linientreu, korrupt: Das war die DDR. Wer nicht nach der Pfeife des Regimes tanzte, hatte nichts zu lachen. Stillgestanden, Augen gerade aus und Achtung, Feind hört mit! Bei Florian Henckel von Donnersmarck und seinem Debütspielfilm "Das Leben der Anderen" präsentiert sich der Osten weder schräg noch schrill - nur rau, hart und unmenschlich.

Mit prämierten Kurzfilmen wie "Dobermann" machte der ehemalige Regiestudent der Filmhochschule München zunächst auf sich aufmerksam, absolvierte bei den Universal Studios in Hollywood eine Hospitanz und wagte sich nach fünfjähriger Recherchearbeit an ein Ost-Drama, welches das Prädikat "sehenswert" mehr als verdient. Da verwundert es auch nicht, dass sich Deutschlands Schauspiel-Elite schon ob des pointierten Drehbuchs des Regisseurs nicht zweimal hat bitten lassen. Ulrich Mühe, Martina Gedeck, Sebastian Koch, Ulrich Tukur, Herbert Knaup . . .

Die Fachwelt lobt (fast) unisono, gleich viermal gab's den begehrten Bayerischen Filmpreis für die packende Metamorphose des Vorzeige-Stasi-Offiziers Gerd Wiesler (Ulrich Mühe) vom linientreuen Abhörspezialisten zum in sich selbst ruhenden Schutzengel. Unter Aktenzeichen HGW XX/7 bespitzelt der stramme Parteisoldat im Range eines Hauptmanns den staatstreuen Theaterautor Dreyman (sympathisch-lebenslustig: Sebastian Koch). Ein normaler "operativer Vorgang" mit nur einem Ziel: Der Dramatiker soll belastet und entfernt werden - auf Wusch eines ranghohen Parteimitglieds. Der will Dreymans Freundin, die gefeierte, tablettenabhängige Bühnenschauspielerin Christa-Maria Sieland (zerrissen zwischen Kunst und Alltag: Martina Gedeck) für sich.

Und so verwanzt Wiesler Dreymans Wohnung, hört ungeniert dessen Privatleben ab, führt genau Buch. Protokolliert, lauscht selbst dem "vermutlichen Geschlechtsverkehr" und wird nach und nach eingesogen in "das Leben der Anderen", das so ganz anders ist als das eigene - und natürlich auch als das eines Großteils der Zuseher. Staatlich verordneter Voyeurismus? Vielleicht. Doch nicht das System selbst, sondern die einzelnen Personen stehen hier im Brennpunkt. Totalitäre Systeme sind austauschbar, der Mensch nicht.

Mit geradezu wissenschaftlicher Strenge beobachtet und zeichnet der Filmemacher seine Charaktere. Trister Beamtenalltag im grauen Plattenbau trifft auf schillernde Künstlerszene im Nobelviertel. Die Geschichte von zwei Welten und einem, der dazwischen hängt. 1984, fünf Jahre vor dem Fall der Mauer, ist dieses bedrückende Gesellschaftsporträt angesiedelt. Donnersmarck hat ein Stück deutsche Zeitgeschichte mit fast dokumentarischer Anmutung auf Zelluloid gebannt, verweigert sich der im Fernsehen zur Zeit so gern gepflegten Ost-Romantik, zeigt (s)ein Trauerspiel in wohlabgestuften Grautönen. Farblos, fahl und ohne Schnickschnack. Eine bedrückende Atmosphäre, die sich da auf der Leinwand breit macht und auch das Publikum beschleicht.

Hagen Bogdanskis Kamera observiert, bespitzelt aus ungewöhnlichen Winkeln, perfekt "begleitet" von Gabriel Yareds Grusel-Soundtrack. Klaustrophobie made in Germany. Der Regisseur macht deutlich, dass er das Horrorfach beherrscht. Wechselt dabei fließend zwischen Gefühlskino und Spionagethriller, Krimi und Melodram. Führt seine Schauspielerriege mit Bravour. Und diese leistet hier wahrlich Großes. Vor allem Ulrich Mühe ("Das Spinnennetz") läuft mit kühlem Understatement zur Höchstform auf, hat er doch die Stasi-Bespitzelung am eigenen Leib erfahren. Besonders einprägsam die Szene, in der Dreyman vom Selbstmord seines Freundes erfährt. Und Wiesler hört mit. Still, regungslos, aber mit Tränen in den Augen. So wie auch mancher Zuschauer den Kinosaal verlassen wird.

© Mannheimer Morgen - 22.03.2006



Quelle: www.morgenweb.de



"die Mundart is en geile Beat, wie Dynamit so explosiv..." (Christian "Chako" Habekost - "2 Mann und Xavier Naidoo")
nach oben
Benutzerprofil anzeigen Private Nachricht an dieses Mitglied senden
Sortierung ndern:  
Anfang   zurück   weiter   Ende
Seite 1 von 1
Gehe zu:   
Search

powered by carookee.com - eigenes profi-forum kostenlos

Layout © subBlue design