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FPR 2002 Heft 10 541
Prozesskostenhilfe für gesonderte Klage auf nachehelichen Unterhalt
Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Die frühere Ehefrau begehrt die Zahlung nachehelichen Unerhalts in einem isolierten Verfahren. Hierfür hat sie beim AG Prozesskostenhilfe beantragt. Das AG hat diesen Antrag zurückgewiesen. Ebenso hat das OLG die hiergegen gerichtete Beschwerde der Frau zurückgewiesen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung sei mutwillig, da die Frau ihren Anspruch auf nachehelichen Unterhalt bereits im Verbund hätte geltend machen müssen. Besondere Gründe für die nachträgliche isolierte Geltendmachung habe sie nicht vorgetragen. ZPO §§ 114 , 623 ; GKG § 19a I 1; BGB § 1572 I
Mutwillig i.S. des § 114 ZPO ist die Klage auf nachehelichen Unterhalt außerhalb des Scheidungsverbundverfahrens, bei der die Partei nicht in den Genuss der Streitwertaddition nach § 19a I 1 GKG gelangt, wenn nicht besondere Gründe für eine nachträgliche isolierte Geltendmachung dargetan werden. Dabei muss trotz einer nach summarischer Prüfung bejahten hinreichenden Erfolgsaussicht im Prozesskostenhilfeverfahren die Möglichkeit einer von derjenigen des § 93a I 1 ZPO abweichenden Kostenentscheidung nach § 93a I 2 ZPO ebenso mitbedacht werden wie die Möglichkeit des Unterliegens im isolierten Unterhaltsprozess.
OLG Brandenburg, Beschluß vom 22. 10. 2001 - 10 WF 13/01
Zum Sachverhalt:
Die Ehe der Parteien war durch Verbundurteil geschieden worden. Die Kl. macht nunmehr isoliert nachehelichen Unterhalt geltend. Das AG - FamG - hat ihren Prozesskostenhilfeantrag wegen Mutwilligkeit zurückgewiesen. Die Beschwerde der Kl. hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen:
Die Rechtsverfolgung ist mutwillig i.S. des § 114 ZPO, wenn sie von dem abweicht, was eine verständige, ausreichend bemittelte Partei in einem gleichgelagerten Fall tun würde (Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 114 Rdnr. 30). Eine verständige, nicht bedürftige Partei wird etwa regelmäßig ausschließen, dass durch die Art der Rechtsverfolgung Mehrkosten entstehen (vgl. Gutjahr, in: Verfahrenshdb. Familiensachen - FamVerf, § 1 Rdnr. 268). Deshalb würde sie von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen den kostengünstigeren wählen (Gutjahr, in: FamVerf, § 1 Rdnr. 268; Zöller/Philippi, § 114 Rdnr. 34). Wählt sie dennoch einen prozessualen Weg, der mit Mehrkosten verbunden ist, dann ist Prozesskostenhilfe in vollem Umfang zu versagen (OLG Jena, FamRZ 2000, 100; OLG Schleswig, FamRZ 2000, 430) und nicht etwa - teilweise - zu bewilligen mit der Maßgabe, die zusätzlichen Kosten seien von der Prozesskostenhilfebewilligung ausgenommen (OLG Dresden, FamRZ 1999, 601; OLG Zweibrücken, FamRZ 2000, 756; OLG Köln, NJWE-FER 2000, 189 = FamRZ 2000, 1021). Denn Prozesskostenhilfe kann nur für einen bestimmten Antrag, nicht für Kosten in einem bestimmten Umfang gewährt werden, abgesehen davon, dass die durch die doppelte Prozessführung entstehenden Mehrkosten vor Beendigung des Verfahrens nur überschlägig ermittelt werden, so dass das Kostenrisiko für die bedürftige Partei nur schwer kalkulierbar ist (Gutjahr, in: FamVerf, § 1 Rdnr. 269 m.w. Nachw.). Ausgeschlossen ist es jedenfalls, die vermeidbaren Kosten bei der Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung zu berücksichtigen (Senat, FamRZ 1998, 245; OLG Jena, FamRZ 2000, 100; OLG Schleswig, FamRZ 2000, 430; Gutjahr, in: FamVerf, § 1 Rdnr. 59 m.w. Nachw. auch für die gegenteilige Auffassung).
Mutwillig ist danach die Klage auf nachehelichen Unterhalt außerhalb des Scheidungsverbundverfahrens, bei der die Partei nicht in den Genuss der Streitwertaddition nach § 19a I 1 GKG gelangt, wenn nicht besondere Gründe für eine nachträgliche isolierte Geltendmachung dargetan werden (Gutjahr, in: FamVerf, § 1 Rdnr. 270 m.w. Nachw.). Dabei muss trotz einer nach summarischer Prüfung bejahten hinreichenden Erfolgsaussicht im Prozesskostenhilfeverfahren die Möglichkeit einer von derjenigen des § 93a I 1 ZPO abweichenden Kostenentscheidung nach § 93a I 2 ZPO ebenso mitbedacht werden wie die Möglichkeit des Unterliegens im isolierten Unterhaltsprozess (s. auch Zöller/Philippi, § 623 Rdnrn. 24f.).
Entsprechend den vorstehenden Ausführungen ist die beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig. Denn die Kl. hätte ihren Anspruch auf nachehelichen Unterhalt bereits im Scheidungsverbundverfahren geltend machen müssen. Wie sie selbst vorträgt, leidet sie bereits seit Oktober 1983 an einer Polyarthritis, hat im Jahre 1993 über einen Zeitraum von sechs Monaten eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezogen, war im Jahre 1997, als das Scheidungsverfahren begann, für drei Wochen kurzzeitig als Reinigungskraft tätig und hat auch im Jahre 1998 nur eine kurzzeitige Montagetätigkeit verrichtet, die sie nach ihrem Vorbringen wegen gesundheitlicher Beeinträchtigung aufgeben musste. Dass sie, wie sie in der Beschwerdebegründung vorträgt, bei Rechtskraft der Scheidung gegen den Ag. einen nachehelichen Unterhaltsanspruch nicht wirksam hätte geltend machen können, erschließt sich vor dem Hintergrund der Klagebegründung nicht.
Denn wenn sie für das Jahr 1997 eine kurzzeitige, drei Wochen dauernde Tätigkeit als Reinigungskraft vorträgt und für das Jahr 1998 auf eine ebenfalls kurzzeitige Montagetätigkeit, die auf Grund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen habe aufgegeben werden müssen, verweist, dann muss angenommen werden, dass diese Montagetätigkeit nicht wesentlich länger als die Tätigkeit im Jahre 1997 gedauert hat, so dass mit Rücksicht auf die behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen ein Unterhaltsanspruch gem. § 1572 I BGB hätte geltend gemacht werden können und müssen. Besondere Gründe für die isolierte Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs hat die Kl. nicht vorgebracht.
Angesichts der Tatsache, das Prozesskostenhilfe bereits wegen Mutwillen zu versagen ist, kann dahingestellt bleiben, inwieweit die Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1572 BGB gegeben sind (vgl. dazu BGH, NJW 2001, 3260 = FamRZ 2001, 1291).
(Mitgeteilt von Richter am OLG J. Gutjahr, Brandenburg)
Anm. d. Schriftltg.:
Vgl. zur Mutwilligkeit der selbstständigen Geltendmachung nachehelichen Unterhalts außerhalb des Verbunds auch OLG Brandenburg, NJWE-FER 2001, 241; s. ferner KG, NJW- RR 2000, 887; OLG Zweibrücken, NJWE-FER 2000, 95.
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