BAS-LAG: Das China Miéville-Forum

Seblon · Administrator Beiträge: 354 Ort: Bochum/NRW

Ich bin über das ganz hervorragende Computer-RPG Arcanum zum erstenmal in Berührung mit dem Steampunk gekommen, ein Sub-Genre von dem ich zuvor noch nie gehört hatte.
Miévilles Bas-Lag ist ja Steampunk par excellence und nun bin ich auf der Suche nach weiteren Romanen dieser Art.
Auf wikipedia findet man unter dem Begriff so einige Literaturhinweise, von denen ich mir bereits Bruce Sterling und William Gibson: Die Differenzmaschine, Tim Powers: Die Tore zu Anubis Reich und Chris Wooding: Alaizabel Cray zugelegt habe.
Kennt hier noch jemand weitere Steampunk-Werke?
Wie sieht es denn mit Susanna Clarkes Jonathan Strange & Mr Norrell aus? Ist das ein Steampunk-Roman?

Es grüßt Euch
von der viel zu ruhigen Miéville-Front

, bekennender Orkfreund und Brucolac

Der Biss in den Apfel war Zeichen einer Befreiung, er eröffnete den unsicheren, aber nötigen Pfad.... Autonomie beginnt immer mit Schmerz und muss zu Anfang nach Wut schmecken...

molosovsky · Experte Beiträge: 230 Ort: Ffm

»The Difference Engine« von Gibson/Sterling fand ich *damals* (als es
neu erschien) sehr fein; ich will den Roman irgendwann noch mal auf
Englisch lesen.

Bas-Lag ist übrigens kein Steampunk, enthält aber Steampunk-Aspekte.
Überhaupt: Steampunk ist imho noch kein Genre, sondern ehr ein
Genre-im-Werden. Es gibt noch zu wenige eigenständige Werke auf dem
Gebiet, dafür aber vor allem im RPG-Bereich die *Kulisse* verwendet.

Dennoch: Mein Lieblings-Steampunkt-Werk: Jules Verne »Die
Propellerinsel«, bzw. Otomos »Steamboy«.

Grüße
Alex / molosovsky

Seblon · Administrator Beiträge: 354 Ort: Bochum/NRW

Ich dachte die Konzentration auf die dampfgetriebene Industrie innerhalb eines Ambiente der industriellen Revolution plus magischer Energien wären sozusagen die Hauptkriterien für Steampunk. Finden wir das nichts auch alles in den Bas-Lag-Romanen? Warum meinst Du Bas-Lag enthielte nur Steampunk-Aspekte?

Der Biss in den Apfel war Zeichen einer Befreiung, er eröffnete den unsicheren, aber nötigen Pfad.... Autonomie beginnt immer mit Schmerz und muss zu Anfang nach Wut schmecken...

Phileas · Stammgast Beiträge: 44 Ort: Stuttgart (ehemals Hamburg)

Soweit ich das überblicken kann, gibt es keine allgemein anerkannte exakte Definition vom Steampunk. Im Detail gehen die Meinungen auseinander. Bas-Lag besitzt neben den Steampunk-Elementen noch einige Punkte reiner Fantasy. Steamfantasy wäre manchmal viel passender. Wobei ich exakte Definitionen bei einer Genreeinteilung nicht mag, ich persönlich sortiere im Einzelfall nach Lust und Laune

.

"Die Differenz-Maschine" fand ich ganz nett. Als Steampunk ist es sehr gut, wobei das -punk die Atmosphäre am meisten bestimmt. Heute ist der Begriff Steampunk nach meiner Wahrnehmung etwas pulpiger belegt. Ein wenig enttäuscht war ich vom Roman schon, die Vorschusslorbeeren hatte er sich in meinen Augen nicht verdient.

Tim Powers "Die Tore zu Anubis Reich" ist eigentlich garnicht so richtig Steampunk. Es gibt mehr Mystik als Dampftechnologie. Es ist aber auf jeden Fall ein unterhaltsamer und schöner Roman.

Neben den Romanen muss man aber auf jeden Fall die Comics noch erwähnen. Beide Bände von der "Liga der aussergewöhnlichen Gentleman" sind unbedingt empfehlenswert, nicht von der mislungenen Verfilmung abschrecken lassen.

stratos · Stammgast Beiträge: 34

Hi,
in Sachen Steampunk sind natürlich zumindest ersteinmal die Urväter Vernes und H.G. Wells zu nennen. Ansonsten wird dieses Genre wirklich selten bedient, wenn, dann wohl eher im Rollenspiel. (Castle Falkenstein ist eine wirklich sehr nette Variante dieses Hobbys ...)

"DIe Tore zu Anubis Reich" fand ich persönlich sehr schwach und auch nicht so wirklich witzig. Und Steampunk ist es eigentlich auch nicht, eher Zeitreise-Roman (ohne Steam und vor allem ohne Punk).

Seblon · Administrator Beiträge: 354 Ort: Bochum/NRW

Ich habe nun etwas länger in verschiedenen Foren recherchiert und folgende Steampunk-Roman-Liste zusammengestellt (die ich nun auch unter "Steampunk" bei Wikipedia zu finden ist):

Bruce Sterling und William Gibson: Die Differenzmaschine

Rudy Rucker: Hohlwelt

Neal Stephenson: Diamond Age, Die Grenzwelt (eher Cyberpunk, aber mit Steampunk-Motiven)

Tim Powers: Die Tore zu Anubis Reich

China Mieville: Perdido Street Station (eigentlich alle Bas-Lag-Romane!)

Paula Volsky: Das große Rennen (Variante von "In 80 Tagen um die Welt" mit einer weiblichen Protagonistin)

Chris Wooding: Alaizabel Cray

Keith Roberts: Pavana (alternativ auch: Die folgenschwere Ermordung ihrer Majestät Queen Elisabeth I.)

Jasper Fforde: Der Fall Jane Eyre

Jasper Fforde: In einem anderen Buch

Jasper Fforde: Im Brunnen der Manuskripte

Kim Newman: Anno Dracula

Kim Newman: Der Rote Baron

James P. Blaylock: Homunculus

K.W. Jeter: Das Erbe des Uhrmachers

Robert Chr. Wilson: Darwinia

Philip José Farmer: Das echte Log des Phileas Fogg

Philip José Farmer: Das phantastische Land

Philip José Farmer: Ein Himmelsstürmer in Oz

Stephen Baxter: Anti-Eis

Philipp Pullmann: Der goldene Kompass

Philipp Pullmann: Das magische Messer

Philipp Pullmann: Das Bernstein-Teleskop

Philipp Pullmann: Der Rubin im Rauch

Philipp Pullmann: Der Schatten im Norden

Philipp Pullmann: Der Tiger im Brunnen

S. P. Somtow: Dunkle Engel

Colin Greenland: Sophies Kurs

Christopher Priest: Sir Williams Maschine

Michael Moorcock: Der Herr der Lüfte

Michael Moorcock: Der Landleviathan

Michael Moorcock: Der Stahlzar (alle drei Romane sind in einem Band unter dem Titel "Zeitnomaden" erschienen)

Donald R. Bensen: Zwischenhalt

Thomas F. Monteleone: Die Tore in der Tiefe

Harry Harrison: Der große Tunnel

Über die Nennung weiterer Titel würde ich mich sehr freuen.

Actibus aut verbis noli tu adsuescere pravis.

Samson · Junior-Mitglied Beiträge: 14

Also ich habe sowohl steam-, als auch cyberpunk bisher immer als unterarten der dystopie verstanden. Es werden paralel- oder zukunftswelten erschaffen, in dennen wirtschaft, industrie, konzerne und korruption ein extrem an geselschaftlicher und politischer ungerechtigkeit geschaffen haben.
Die fantastischen elemte sollen eine distanz zum thema schaffen die es dem leser ermöglicht das problem objektiv zu betrachten, oder aber sie wollen damit den schwerpunkt auf einen ganz bestimmten teil der entwicklung legen.
Jenachdem ob cyber oder steam ist die welt und technologie halt eher futuristisch oder mit dampf elemten gestalltet.

Ich würde sagen das Mieville sich bei beiden genres bedient, der schwerpunkt liegt aber auf Fantasy.
MFG
Samson

"Ich habe mit den fremden Gesetzten der stadt gekämpft, nichts als strikte Grenzen, Zäune, Linien, die dies von dem und dein von mein trennen."
-China Mievilles, "Perdido Street Station".

"Gute Vorsätzte bringen sie an den Rand des Abgrundes, gute Taten stürzen sie hinab."
-Berthold Brecht, " Der gute Mensch von Sezuan"

Phileas · Stammgast Beiträge: 44 Ort: Stuttgart (ehemals Hamburg)

Steampunk hat sich mit den Jahren gewandelt. Anfangs gehörte das dystopische Element (der Punk im Namen) zwingend dazu. Der definierende Moment dürfte "Die Differenz-Maschine" von Gibson und Sterling gewesen sein. Das Rollenspiel "Space 1889" bezeichnete sich selbst z.B. nie als Steampunk, da es überhaupt nichts dystopisches hatte. Heute ist es eigentlich ein Paradebeispiel für Steampunk. Wenn man sich im Netz und Sprachgebrauch umsieht, ist Steampunk abenteuerlicher, pulpiger geworden. Phantastische Dampftechnik in einer viktorianischen Ära reichen meist, um als Steampunk einsortiert zu werden.
Eine einheitliche Definition für Steampunk gibt es nicht (und wird es wohl auch nie geben).

Chao · Vielschreiber Beiträge: 57

Jep, Steamfantasy triffts inzwischen wirklich eher. Eigentlich wurden schon alle Titel, die mir noch zum Genre einfielen, genannt. Ich könnte noch das Rollenspiel Castle Falkenstein anhängen. Ein sehr schönes Büchlein, einfach auch nur nett zum Lesen, hervorragend aufgemacht.

Raeuberlein · Registrierter Benutzer Beiträge: 1

Ich weiß, dass die letzten Beiträge in diesem Forum schon ein paar Monmate zurück liegen, aber ich habs erst heute entdeckt und finde hier einiges, was mich interessiert und meinen Senf muss ich doch auch noch dazu tippen.

Zitat: Seblon

Paula Volsky: Das große Rennen (Variante von "In 80 Tagen um die Welt" mit einer weiblichen Protagonistin)

Hab ich verschlungen und steht auf meiner Lieblingsliste ganz weit oben. Allgemein lese ich Paula Volsky sehr gerne. Trugbilder ist ein ganz feiner Roman, ebenfalls mit einer weiblichen Protagonistin. Aber anmerken möchte ich, dass Paula Volsky gerade Frauen als Zielgruppe erreicht, weil eben auch sehr viele romantische Elemente enthalten sind. Die Mischung macht es. Man findet auch viele verschiedene Kreaturen in den Büchern, deren Kulturen mich fasziniert haben. Als Beispiel nenne ich mal die Rasse der Vardrul in der Triologie "Die Lady des Zauberers","Das Vermächtnis des Zauberers" und "Der Fluch des Zauberers"

Seblon · Administrator Beiträge: 354 Ort: Bochum/NRW

Hi und herzlich Willkommen!
Schön, dass es hier immer noch neue Miéville-Fans gibt!

Liebe Grüße

Seblon