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bjk

Beiträge: 7353


New PostErstellt: 30.11.09, 19:14     Betreff:  Offener Elternbrief in Sachen Bildungsstreik 2009

Offener Brief zu dem von der Schulleitung der Hulda-Pankok-Gesamtschule veranlassten Polizeieinsatz gegen SchülerInnen




Axel Köhler-Schnura Dipl.Kfm.
Christiane Schnura Dipl. Soz. Päd.

Hulda Pankok Gesamtschule
Herr Gniostko (Schulleiter)
Herr Gruschke (stv. Schulleiter)
Brinckmannstr. 16 , 40225 Düsseldorf

Zu dem von der Schulleitung der Hulda-Pankok-Gesamtschule veranlassten Polizeieinsatz gegen SchülerInnen, die am 18.11.2009 im Rahmen der bundesweiten Bildungsproteste einen Raum der Hulda Pankok-Gesamtschule besetzten,

zu der Strafanzeige der Schulleitung gegen „Rädelsführer“ dieser Protestaktion, zur Verurteilung der Aktion der SchülerInnen durch die Schulleitung in den Massenmedien sowie
 
zu den Drohschreiben der Schulleitung an Schüler und Schülerinnen, die an der Besetzung teilgenommen haben, und an deren Eltern.

..............................................................................................................


Sehr geehrter Herr Gniostko,
sehr geehrter Herr Gruschke,

Sie sind Schulleiter bzw. stellvertretender Schulleiter der Hulda-Pankok-Schule. Sie haben uns mit einem in drohendem Tonfall gehaltenen Schreiben v. 19.11.2009 darüber informiert, dass unsere 19-jährige Tochter „am 18.11.2009 an der Besetzung der Schule teilgenommen hat“. Im einzelnen haben Sie mitgeteilt, dass Sie zur Beendung des „Sitzstreiks“ einen Polizeieinsatz veranlasst haben, dass „die Fehlstunden ... dementsprechend gewertet“ werden und dass im Widerholungsfall „weitere Maßnahmen im Rahmen des Schulgesetzes“ zur Anwendung gelangen.

Wir alle - insbesondere Sie als PädagogInnen und wir als Eltern - wissen, dass die Bildung zunehmend wirtschaftlichen, einzig auf Profit ausgerichteten Interessen unterworfen wird. Ebenso wissen wir alle, welch’ verheerenden Konsequenzen das für die SchülerInnen, die zukünftigen StaatsbürgerInnen, und die gesamte Gesellschaft hat. Wir ersparen uns hier, all das zu wiederholen, was dazu seit Jahren umfangreich in den Medien erörtertwird; insbesondere, was Ihr Berufsstand dazu alles an Klugem verlautbart hat.

Wir alle wissen, in welch’ verheerend skandalösem Zustand sich die Schulgebäude, der Personalstand und die Organisation des Unterrichtes befinden. Auch an Ihrer Schule.

Und ebenso wissen wir - Sie als PädagogInnen und wir als Eltern - um all das Bedauern, das mehr oder weniger lautstark beklagt, dass niemand sich diesen sich ständig verschlechternden Verhältnissen, der Ausrichtung auf Elite, auf kurzfristig verwertbares Wissen, auf Egoismus, Gefühlskälte, Entsolidarisierung etc. entgegen stellt“.

Welcher Haltung und vor allem welcher Pädagogik entspringt es, wenn Sie als Schulleiter bzw. stellvertretender Schulleiter gegen SchülerInnen und StudentInnen, die im Rahmen der bundesweiten Proteste von Jugendlichen Abhilfe für die skandalösen Zustände im Bildungssystem fordern und am 18.11. einen Raum Ihrer Schule besetzten, ein Räumungskommando der Polizei in Gang setzten, Strafanzeige gegen „Rädelsführer“ erstatteten und mit Drohschreiben an SchülerInnen und Eltern Disziplinarmaßnahmen verhängen („Die Fehlstunden sind unentschuldigt und werden dementsprechend gewertet“) und Angst zu verbreiten suchen?

Mit Erziehung zu „mündigen BürgerInnen“, mit den Idealen von Humanismus und Gerechtigkeit, mit gelebter Demokratie und der Ermutigung zu Zivilcourage hat das nichts zu tun. Sie reagieren auf die nur allzu berechtigten Proteste der Kinder und Jugendlichen mit übermächtiger Repression. Sie bestrafen das Engagement, das die SchülerInnen in lobenswerter und bewunderungswürdiger Weise in unser aller, auch in Ihrem, Interesse gezeigt haben, mit Straf- und Drohmaßnahmen. Sie kriminalisieren demokratisches Engagement.

Ihnen ist es dabei auch egal, ob eine martialisch in Reih und Glied in Ihrer Schule aufmarschierende Polizeitruppe traumatisierende Wirkungen auf SchülerInnen hat und unverantwortbare Angstzustände auslöst. Sie haben es auch zu verantworten und zugelassen, dass die Jugendlichen - wie auf den Fotos in der Rheinischen Post klar zu erkennen ist - von der Polizei gefilmt wurden und damit in den obskuren Datenbanken der Sicherheitsbehörden landen.

Das alles ist nicht nur empörend. Es ist eine beispiellos repressive, entmündigende, unterdrückende, ethische und moralische Werte auslöschende Pädagogik. Genau die Pädagogik, die die „neoliberale Elite“ wünscht, um eine entmündigte Bevölkerung von willfährigen Jasagern und rücksichtslosen Egoisten zu schaffen.

Es ist öffentlich nachzulesen, was in den letzten Jahren vonstatten geht. Der reichste Mann der Welt, der Multimilliardär Warren Buffett, lässt im Jahr 2006 in einem Interview der New York Times an Deutlichkeit und Klarheit nichts zu wünschen übrig: „Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen.“

Der CDU-Politiker Heiner Geisler sagte in in der Fernsehsendung „Razzien und Randale – Wie weit dürfen Staat und Demonstranten gehen?“ von Maybrit Illner am 31. Mai 2007 „Das gegenwärtige Wirtschaftssystem ist nicht konsensfähig und zutiefst undemokratisch, es muss ersetzt werden durch eine neue Wirtschaftsordnung.“

Und BDI-Präsident Rogowski brachte es im Jahr 2004 in Phönix so auf den Punkt „Es ist ein Klassenkampf, und es ist gut so, dass der Gegner auf der anderen Seite kaum noch wahrzunehmen ist“.

Kinder und Jugendliche, die sich am Bildungsstreik beteiligen, leisten Großes. Sie erheben ihre Stimmen und verleihen den berechtigten Forderungen mit ihren Schul- und Hochschulbesetzungen Nachdruck. Sie sind diejenigen, die die Demokratie und die pädagogischen Werte verteidigen und hochhalten. Sie zeigen Mut, indem sie aus dem ihnen auferlegten Alltag ausbrechen und sich für ihre Interessen einsetzen.

Sie hingegen, als leitende Pädagogen Ihrer Schule geben ein trauriges Bild ab. Sie kämpfen nicht nur, wie es Ihnen anstünde, sie solidarisieren sich nicht, wie Sie müssten, Sie unterstützen den Einsatz der Jugendlichen nicht, wie es von Ihnen zwingend zu erwarten ist. Nein, Sie bestrafen den engagierten Einsatz der Jugend und versuchen gar, ihn zu unterdrücken. Sie stellen sich auf die Seite der zitierten neoliberalen Kräfte, sind in erschreckenderWeise undemokratisch und verraten ihren pädagogischen Auftrag. Sie sind in die skandalöse Entwicklung des Bildungssystems verwickelt, tragen Mitverantwortung zumindest in der Weise, dass Sie sich nicht entschieden dagegen stellen. Und nun maßen Sie sich an, diejenigen zu maßregeln, die die Opfer dieser Entwicklungen sind. Es geht bei den Bildungsstreiks nicht um Ihre und auch nicht um unsere Lebensbedingungen, es geht um die Zukunft der Jugend, um deren Lebens- bzw. Bildungsbedingungen.

Wir solidarisieren uns ausdrücklich mit den Kindern und Jugendlichen, die sich im Rahmen der Bildungsstreiks für ihre Interessen engagieren. Wir verurteilen Ihr Handeln und fordern Sie auf, die Maßnahmen zurückzunehmen und sich bei den Kindern und Jugendlichen (und bei uns Eltern, die Sie mit Ihrem Schreiben ebenfalls angegangen sind) öffentlich dafür zu entschuldigen.

Wir fordern unsere Miteltern und alle die sich angesprochen fühlen, auf, sich dieser Solidarisierung mit den für ihre Rechte und Interessen eintretenden Jugendlichen und Kindern anzuschließen und den Protest gegen repressive Maßnahmen gegen sich im Bildungsstreik engagierende Jugendliche nach Kräften zu unterstützen. Unterzeichnen Sie diesen Offenen Brief, beschweren Sie sich individuell, wo immer Sie können, teilen Sie den Kindern und Jugendlichen Ihre Unterstützung mit, ermutigen Sie die Kinder und Jugendlichen zu Zivilcourage und Einsatz für die eigenen Interessen.

Mit freundlichen Grüßen
gez.
Axel Köhler-Schnura
Christiane Schnura

29. November 2009 



Quelle: http://www.scharf-links.de/53.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=7792&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=8ed0f31ffd




Es ist allerhöchste Zeit, Art. 1, Abs. 1 und Art. 20, Abs. 4, GG, Geltung und Wirkung zu verschaffen!


[editiert: 30.11.09, 19:15 von bjk]
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