Freies Politikforum für Demokraten und Anarchisten

bjk · Beiträge: 7353

Impressionen von der LL-Demo 2011

Wieder einmal mehr zeigte die gestrige LL-Demo, daß unterschiedliche linke Ideologien keine Grenzen kennen und sich länderübergreifend solidarisch gegen den gemeinsamen Feind, Unrecht, Ausbeutung und Repression, verbünden können. Das alljährliche Gedenken an die Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts läßt interne Grabenkämpfe um den Besitz der alleinigen linken Wahrheit wenigstens vor Ort vorübergehend ruhen. Denn der eigentliche Feind steht rechts und immer auch im eigenen Land!

Mehrere Tausend Menschen fanden sich am trüben Sonntagvormittag nach und nach solidarisch zusammen, um nicht nur der ermordeten WiderstandskämpferInnen zu gedenken sondern auch ungebrochene Widerstandskraft der heutigen Linken - ungeachtet ihren verschiedendsten ideologischen Feinjustierungen - zu demonstrieren. Das ist wieder eindrucksvoll gelungen.

Die Demo ist die Jahre zuvor geradezu überpünktlich um 10 Uhr gestartet, gestern aber wurde der Start wegen angekündigter Nachzügler, die durch Staus aufgehalten waren, um etwa 20 Minuten verschoben, damit auch deren Teilnahme von Beginn an möglich sein sollte. Dann ging's los. Vorneweg mit dem immergleichen und m. E. verfehlten Fronttranspi, auf dem neben Luxemburg und Liebknecht auch Lenin stand. Lenin ist nicht ermordet worden und hat deshalb, unabhängig seiner sonstigen Verdienste um den Kommunismus und der Befreiung vom zaristischen Rußland, auf einem Fronttranspi zum Gedenken an die Ermordung von Karl und Rosa nichts zu suchen.

Mit einem sehr viel differenzierteren, dem eigentlichen Anlaß angemessenen Slogan hat sich eine AktivistInnen-Gruppe, in die auch Inge Viett eingereiht war, in den vorderen Bereich der Demo mit vielen Plakaten platziert, auf denen ermordete WiderstandskämpferInnen mit Bild und Namen dargestellt waren. Ihr bemerkenswerter Slogan lautete:

DER KAMPF UM DIE BEFREIUNG HAT VIELE GESICHTER. GEMEINSAM ERINNERN. GEMEINSAM KÄMPFEN.

Sowohl auf ihrem Transpi (Foto 40) als auch auf einem vielhundertfach verteilten vierseitigen Flyer (*siehe Anhang) mit detaillierten Erläuterungen über ermordete WiderstandskämpferInnen aus verschiedenen Zeiten und Ländern appellierte dieser Slogan, daß der Kampf gegen Unrecht, Ausbeutung und Unterdrückung international und solidarisch geführt werden muß. Der auch optisch ansprechende Flyer ist wohltuend sachlich, nicht polarisierend und betont informativ gehalten. Besonders vor dem Hintergrund der aktuell angezettelten, auf primitvstem Niveau geführten antikommunistischen Haßkampagne der schwarz(rotgrün)braunen Reaktion - leider auch innerlinks von den opportunistischen PDL-Realos - leistet die Auswahl der im Flyer aufgeführten ermordeten WiderstandskämpferInnen ausgezeichnete Argumentationshilfen für unseren gemeinsamen Kampf gegen Unrecht, Ausbeutung und Unterdrückung. Die Ermordeten, allen voran Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, mahnen uns Aktive nämlich, im Widerstand gegen Unrecht und Repression, wutschnauben deren altbekannte Akteure auch noch so bedrohlich, keinesfalls nachzulassen sondern motivieren vielmehr zum "Jetzt erst recht" - TROTZ ALLEDEM!

Neben deutschen präsentierten sich selbstbewußt auch viele internationale Gruppierungen verschiedenster linker Ausrichtung. Während der Demo kam es, was eigentlich im Umgang von Linken miteinander normal sein sollte, zu keinerlei Animositäten oder gar Feindseligkeiten zwischen den Gruppen oder ihren AktivistInnen. Schließlich steht der gemeinsame Feind rechts.

Leider halten sich bei der Partei DIE LINKE einige unsolidarische Strömungen nicht an diese Regel. Der PDL-Führungskader mobilisiert auch nie für die LL-Demo, bezeichendnerweise wird sich auch nicht solidarisiert, wenigstens nicht offiziell. Ob da wohl welche vor allem um ihre (eigennützige) Lebensplanung in Bezug auf Posten und Pfründen fürchten? Wie sonst sind nach den absolut kommunismus- und revolutionsunverdächtigen kürzlichen Äußerungen Ihrer derzeitigen Parteivorsitzenden, Gesine Lötzsch, die aktuell wieder peinlichen Anbiederungen mancher GenossInnen an die Herrschenden und den herrschenden political-correctness-Zeitgeist zu deuten? Wobei "peinliche Anbiederung" noch milde ausgedrückt ist.

Wie auch immer, nach dem Zünden von Bengalos in Höhe des S- und U-Bahnhofs Frankfurter Allee, ging's die Frankfurter Allee weiter am U-Bahnhof Magdalenenstraße vorbei. Zwischendrin gab's immer wieder interessante Redebeiträge. Ob auch die umstrittene Bürgerrechtlerin und den PDL-Realos zugeschriebene Marion Seelig, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus (Foto 107) den Redebeiträgen zugehört hat, weiß ich nicht, aber immerhin ist sie mir aufgefallen, als sie, natürlich im Schutze der Polizei irgendwie mißtrauisch unsere Demo beäugte.

Ein paar Meter weiter, kurz vor der Lichtenberger Brücke, wurden wir noch speziell begrüßt, nämlich mit Feuerwerksraketen und Flaggenschwenken vom Dach eines offenbar stillgelegten Industriegebäudes (Foto 109 - 112). Auch hier blieb die Polizei bemerkenswert unaufgeregt inaktiv. Vielleicht wollte ja die Einsatzleitung ihre PDL-Fürsprecherin mit überzogenen Aktionen nicht verprellen, bevor Ende Mai ein neuer Polizeipräsident als Nachfolger des in den Ruhestand gehenden Glietsch gekürt ist?

Nichts für ungut aber soviel Spott muß eine bekennende Bürgerrechtlerin und PDL-Reala abkönnen.

Der Platz vor der Gedenkstätte der Sozialisten, auf dem sich die verschiedendsten Stände platziert hatten, war wie immer rappelvoll. Dort traf ich auch wieder die zwei gestandenen Schwergewichte des MC Kuhle Wampe ( http://www.wampe.de/berlin/ ), deren athletisch ausgeformte Rücken

ich zuletzt auch auf der LL-Demo 2010 ( http://www.carookee.com/forum/freies-politikforum/1/26543102 ) bewundert, geknipst und veröffentlicht hatte, siehe http://file1.carookee.com/forum/freies-politikforum/file/3865866/075.jpg - Als ich mich den beiden als der Schlimmling von 2010 zu erkennen gab, der sie ehrverletzend Veteranen genannt und noch dazu gemeinerweise mit Krücke fotografiert hatte, gab's ein großes Hallo und wir mußten dann herzlich lachen. Aber ich versprach auch, nie sie nie mehr als Veteranen vom MC Kuhle Wampe ( http://www.wampe.de/berlin/ ) zu bezeichnen, auch wenn mal wieder einer nur auf Krücken zum Gedenken an Karl und Rosa kommen kann. Übrigens hatten sie seinerzeit das Foto stolz an alle Verbände des MC Kuhle Wampe ( http://www.kuhle-wampe.de/index.php ) gemailt.

Gleich links hinter dem Eingang der Gedenkstätte war auf einem Schneehaufen eine mit roten Nelken geschmückte Fototafel von dem ermordeten Volkspolizisten Helmut Just ( http://de.wikipedia.org/wiki/Helmut_Just ) ausgelegt. Sie wurde viel und positiv beachtet. Ganz anders die ebenso berüchtigte wie provozierende Provo-Klamotte für die Stalinopfer. Provozierend deshalb, weil opportune Berliner Realo-PDS-FunktionärInnen Ende 2006 diese Klamotte offenbar im Alleingang ohne Bevölkerungs- oder Mitgliederbefragung der political correctness geschuldet unmittelbar vor dem Sozialisten-Mahnmal aufstellen ließen. Angeblich mit dem Bedürfnis, endlich auch der Stalinopfer gedenken zu wollen. Hauptstreitpunkt neben dem provozierenden Ort ist die mißverständliche Inschrift auf dem Stein, die keinerlei Unterscheidung zwischen verurteilten Naziverbrechern und tatsächlichen Repressions-Opfern macht. Um diese bewußt antikommunistisch gehaltene Klamotte soll es gestern wieder zu Differenzen und Rangeleien zwischen empörten Gedenkstätten-Besuchern und Ordnern gekommen sein. Das muß passiert sein, als ich mich schon auf dem Heimweg befand. Berichte und Fotos davon sind unter anderem in http://de.indymedia.org/2011/01/297609.shtml zu finden.

*Flyer-Anhang

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... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen!
von Yossi Wolfson