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bjk

Beiträge: 7353


New PostErstellt: 05.09.06, 15:10     Betreff:  Re: Daten und Fakten zum Nahen und Mittleren Osten




kopiert aus: http://www.jungewelt.de/2006/09-05/001.php



Ziel Groß-Israel

Seit über 100 Jahren betreiben konservative jüdische Kreise die Gründung eines rein jüdischen Staates auf arabischem Gebiet (Teil I)

Jürgen Aust



Mit dem in den letzten Wochen geführten Libanon-Krieg und der erneuten militärischen Offensive im Gazastreifen geht es Israel nicht um die Sicherung seiner Grenzen, sondern um die seit Jahrzehnten verfolgte Realisierung der zionistischen Vision eines Groß-Israel. Im Jahr 1919, am Rande der Pariser Friedenskonferenz, auf dem die Bedingungen für den Frieden nach dem Ersten Weltkrieg festgelegt wurden, legte die zionistische Bewegung einen Plan für einen zukünftigen jüdischen Staat vor, nach dem sie Palästina für sich beanspruchten. Danach sollten die Grenzen dieses Staates im Norden Teile des heutigen Libanon, im Osten Teile des heutigen Jordanien und im Süden das Gebiet des Sinai umfassen. Im Gegensatz zu den jüdischen Einwanderern der ersten »Alija« (Einwanderungswelle), die in erster Linie aufgrund ihrer jüdischen Religion ins »gelobte Land« heimkehren wollten, beriefen sich die weiteren jüdischen Einwanderer auf die von Theodor Herzl (1860-1904) verfaßte programmatische Schrift »Der Judenstaat« und die Forderung des von ihm erstmals einberufenen Kongresses aus dem Jahr 1897 in Basel, wonach der »Zionismus (...) für das jüdische Volk die Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina« anstrebte.

Der Einfluß zahlreicher Zionisten auf die englische Regierung führte schließlich dazu, daß diese 1917 in der sogenannten »Balfour-Deklaration« ihre Bereitschaft erklärte, in Palästina eine »nationale Heimstätte« für das jüdische Volk zu unterstützen. Die jüdischen Einwanderungswellen, die seit den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts auf zahlreichen antisemitischen Pogromen in Polen und Rußland beruhten, führten dazu, daß zwischen 1880 und 1914 60000 Juden nach Palästina kamen, während zur gleichen Zeit an die zwei Millionen Juden in die USA und 200000 Juden in Großbritannien einwanderten. Diese Zahlen sind ein Indiz dafür, daß das »Land Zion« nur für einen geringen Teil der osteuropäischen Juden Anziehungskraft besaß. Dies änderte sich erst, als England in einem weiteren blutigen Kolonialkrieg gegen das Osmanische Reich 1918/19 Palästina unterwarf und in den Folgejahren das vom Zionistischen Weltkongreß und insbesondere das vom Jüdischen Nationalfonds mit millionenschweren Geldtransfers finanzierte Projekt der Besiedelung Palästinas unterstützte. Als sich 1921 der erste arabische Widerstand gegen die jüdische Kolonisierung Palästinas regte, wurde dieser vom englischen Militär mit Unterstützung zionistischer Militärverbände, Hagana (Verteidigung) genannt, bereits blutig niedergeschlagen.

In den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelte sich eine zionistische Bewegung, die immer radikaler ihre Ansprüche auf arabischen Boden erhob und die Konflikte mit der arabischen Bevölkerung verschärfte. Einer der zionistischen Wortführer war Wladimir Zeev Jabotinsky (1880–1940), der zum geistigen Wegbereiter der späteren Ministerpräsidenten Menachem Begin (1913–1992), Ariel Scharon und Ehud Olmert wurde. Er gründete 1925 die Revisionistische Partei, um seine politischen Ziele zu realisieren: die Grenzen von Groß-Israel noch weiter nach Jordanien ausdehnen und dabei jegliche Verhandlungslösung ablehnen. Außerdem gründete er den militärisch organisierten Jugendverband namens »Betar«, dem Olmert später beitrat. Bereits damals forderte der junge David Ben Gurion (1886–1973), der 1948 den Staat Israel proklamieren sollte: »Die politische Idee des Zionismus stellt an uns eine Forderung: eine jüdische Majorität in Palästina zu schaffen« (Meier-Cronemeyer, S. 72).



Holocaust Nebensache

Die Kolonisierungspläne waren untrennbar mit der Besiedlung Palästinas verbunden, die jedoch zu keiner Zeit von der arabischen Bevölkerung freiwillig akzeptiert wurde, wie es die zionistische Geschichtsschreibung zur Rechtfertigung ihres Projektes unermüdlich behauptet. Die Kolonisierung palästinensischen Bodens war unvermeidbar mit der Vertreibung und Enteignung arabischer Bauern und Landbesitzer verbunden, wie Haim Kalvarisky, der Verwalter der Jewish Colonization Association in Palästina, freimütig erklärte. Er enteigne seit 25 Jahren Araber, was keine leichte Aufgabe sei. Er müsse sie von ihrem Land vertreiben, weil die jüdische Öffentlichkeit dies von ihm verlange (Segev, S. 127ff.).

Zwischen 1922 und 1936 wuchs die Zahl der jüdischen Siedler in Palästina von 86000 (elf Prozent der Gesamtbevölkerung) auf zirka 400000 (30 Prozent) an. Sie nahm vor allem zwischen 1933 und 1936 infolge der Machtergreifung Hitlers in wesentlich stärkerem Maße als in den Jahren davor zu. Die arabischen Organisationen entwickelten gegen diesen schleichenden Ausverkauf ihrer Heimat einen immer stärkeren Widerstand und forderten die englische Kolonialmacht immer wieder auf, diesem Ausverkauf Einhalt zu gebieten und eine Regierung einzusetzen, in der beide Volksgruppen entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil vertreten sein würden. Als die arabische Seite feststellen mußte, daß sowohl die britische als auch die zionistische Seite alle Bemühungen um einen Ausgleich kategorisch ablehnten, leitete im Mai 1936 ein Generalstreik einen dreijährigen arabischen Aufstand ein. Als daraufhin die von England eingesetzte Peel-Kommission die Dreiteilung Palästinas vorschlug, wurde dieser Vorschlag vom 20. Zionistischen Weltkongreß im August 1937 entschieden zurückgewiesen, da Juden das unveräußerliche Recht besäßen, in allen Teilen Palästinas zu siedeln.

Der Taktiker Ben Gurion erklärte allerdings, daß der Peel-Plan der »denkbar mächtigste Hebel für die allmähliche Eroberung ganz Palästinas« sei (Flapan, S. 34), da er in dem Plan einen ersten politischen Schritt sah, seiner Vision von »Eretz Israel« näherzukommen. Vor der zionistischen Exekutive unterstrich er noch einmal die rein taktische Natur seines Eintretens für den Teilungsplan, weil »wir nach dem Aufbau einer großen Armee im Anschluß an die Errichtung des Staates die Teilung aufheben und uns über ganz Palästina ausdehnen können« (Flapan, S. 34). Der arabische Aufstand wurde jedoch von britischen Soldaten blutig niedergeschlagen, weil die Aufständischen militärisch hoffnungslos unterlegen waren. Die zionistische Exekutive war bereits zu Beginn des arabischen Protestes darum bemüht, die britische Regierung davon zu überzeugen, daß die Juden in Palästina und das britische Empire Schulter an Schulter gegen einen gemeinsamen Feind und für gemeinsame Ziele kämpfen, was dazu führte, daß die jüdischen Streitkräfte an der Seite der britischen Armee einen nicht unerheblichen Anteil an der Niederschlagung des Aufstandes hatten. Es ging sogar so weit, daß Tausende jüdische Polizisten von der Mandatsmacht eingestellt wurden, die die weitgehende Kontrolle über arabische Dörfer und Städte ausübten. Den überaus größten »Blutzoll« hatte die arabische Seite zu zahlen. Neben Tausenden Toten wurden infolge des verhängten Kriegsrechts Hunderte Araber zum Tode verurteilt und aufgehängt sowie zwischen 1936 und 1940 um die 2000 arabische Häuser zerstört (Segev, S. 457).

Auf der von Ben Gurion im Mai 1942 in New York einberufenen »Biltmore-Konferenz« wurde unmißverständlich die Forderung nach einem jüdischen Staat in ganz Palästina erhoben und jeglicher Verhandlungslösung mit der arabischen Seite eine Absage erteilt. Das Biltmore-Programm wurde zukünftig zur offiziellen Plattform der zionistischen Weltbewegung und war die Basis für den Aufstieg von Ben Gurion zum »unangefochtenen Führer des Weltzionismus« (Flapan, S. 37). Ihm gelang es insbesondere, sich gegen die zionistische Linke durchzusetzen, die sich gegen eine einseitige Staatsgründung aussprach und nach wie vor auf den Dialog mit der arabischen Seite setzte.

Die Nachrichten über den Holocaust erreichten erst allmählich die zionistische Exekutive in Palästina. »Was die Rettung von Juden aus dem nationalsozialistisch besetzten Europa betrifft, so hatte ich davon wenig Kenntnis, obwohl ich Vorsitzender der Jewish Agency war. Meine Tätigkeit bestand im wesentlichen darin, das Judentum dafür zu gewinnen, sich für die Gründung eines jüdischen Staates einzusetzen«, schrieb Ben Gurion einige Jahre später in seinem Tagebuch (Segev, S. 504). Die zionistische Führung in Palästina hatte also nahezu keine politischen Initiativen zur Rettung der in Europa verfolgten Juden unternommen. Während die westliche Propaganda in der Regel die Gründung Israels in einen untrennbaren Zusammenhang mit dem Holocaust stellt, führt Segev (S. 539) aus, daß »die Behauptung, die Staatsgründung sei eine Folge des Holocaust gewesen, jeglicher Grundlage entbehre«. Der Holocaust bestimmt jedoch bis zum heutigen Zeitpunkt jede Auseinandersetzung über die israelische Kriegspolitik. Ihre zahlreichen Kritiker aus den Reihen der zionistischen Bewegung haben immer wieder davor gewarnt, den Holocaust als Rechtfertigung für die Vertreibung der arabischen Bevölkerung zu instrumentalisieren. Es war kein Geringerer als der Präsident der Jüdischen Weltorganisation, Nahum Goldmann (1894–1982), der im Oktober 1981 erklärte: »Wir müssen begreifen, daß das Leid der Juden, das sie durch den Holocaust erlitten, nicht mehr als Schutzschild dienen kann, und wir müssen ganz sicher davon Abstand nehmen, den Holocaust zur Rechtfertigung unseres Tuns heranzuziehen. Wenn Menachem Begin die Bombardierung des Libanon unter Verweis auf den Holocaust rechtfertigt, begeht er eine Art ›Hillul Haschem‹ [ein Sakrileg – J. A.], eine Banalisierung der heiligen Tragödie der Shoa, die nicht als Begründung für eine politisch zweifelhafte und moralisch verwerfliche Politik mißbraucht werden darf« (Chomsky, S. 38).Staatsgründung durch Terror

Die palästinensische Tragödie begann im eigentlichen Sinne nach Verabschiedung des Teilungsplanes der UN am 29. November 1947, der die Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen palästinensischen Staat vorsah. Die während des Zweiten Weltkrieges gegründete Arabische Liga lehnte den Teilungsplan zunächst ab, weil er nicht nur eine Zweiteilung Palästinas empfahl, sondern der jüdische Staat 56,47 Prozent Palästinas erhalten sollte, obwohl 1415000 Arabern (69 Prozent) lediglich 650000 Juden (31 Prozent) gegenüberstanden, denen bisher nur 5,67 Prozent des Bodens gehörte (Meier-Cronemeyer, S. 29). Allerdings veränderte sie wenige Wochen später ihre Position und bekräftigte noch im Dezember 1947 ihr Einverständnis mit dem Teilungsplan und bezeichnete es als ihre Hauptaufgabe, einen jüdisch-arabischen Krieg zu verhindern. Doch bereits zu dieser Zeit begannen zionistische Terrorgruppen in zahlreichen Landesteilen damit, gezielte Anschläge zu verüben, weil sie davon überzeugt waren, daß die Araber nur durch kriegerische Mittel zur Aufgabe ihrer Heimat gezwungen werden könnten. Diese Terrorgruppen rekrutierten sich im wesentlichen aus den militärischen Verbänden, die an der Niederschlagung des arabischen Aufstandes beteiligt waren und trugen Namen wie Irgun, Etzel, Palmach, LEHI sowie Stern. Diese Gruppen wurden u.a. von den späteren israelischen Ministerpräsidenten wie Begin und Yitzhak Schamir befehligt. Bereits im Dezember 1947 warf ein Irgun-Kommando in einer Raffinerie in Haifa eine Handgranate in eine Gruppe arabischer Arbeiter, von denen sechs getötet und 42 schwer verletzt wurden. Am 4.Januar 1948 verübte die Irgun mit einer Autobombe einen Sprengstoffanschlag auf das Verwaltungszentrum von Jaffa; 26 arabische Zivilisten fanden dabei den Tod. Drei Tage später starben bei der Explosion einer Irgun-Bombe am Jaffator in Jerusalem 25 arabische Zivilisten. Am 9. April 1948 überfielen Irgun und LEHI-Kommandos das Dorf Deir Jassin und richteten vorsätzlich ein Blutbad unter der arabischen Bevölkerung an, bei dem 250 Einwohner, darunter viele Kinder, kaltblütig umgebracht wurden. Dieses Massaker führte dazu, daß zwischen dem 21. April und dem 4. Mai 1948 eine Massenflucht der arabischen Bevölkerung aus Haifa und Jaffa einsetzte. Im März 1948 hatte die israelische »Verteidigung« Hagana den »Plan Dalet« verabschiedet, der die »Eroberung und Zerstörung ländlicher Gebiete« vorsah. Ben Gurion schrieb am 11. Mai 1948 in sein Tagebuch, er habe Anweisung erteilt, »arabische Inseln in jüdisch besiedelten Gebieten zu zerstören« (Flapan, S.146). Die schlimmste Vernichtung »arabischer Inseln« geschah zwei Monate nach der israelischen Staatsgründung am 15. Mai 1948, als in Lydda und Ramla am 12. und 13. Juli 1948 mehr als 50000 Palästinenser aus ihren Häusern vertrieben wurden. Bis zum Ende des nach der Gründung des israelischen Staates einsetzenden Krieges hatte die israelische Armee zirka 350 arabische Dörfer und Städte entvölkert und eingeebnet (Flapan, S. 140).

Der palästinensische Widerstand hatte diesem Exodus nichts entgegenzusetzen. Die Palästinenser verfügten über keine Armee, und ihr Kampf wurde von verstreut operierenden Freiwilligenverbänden geführt, deren militärische Kampfkraft nicht annähernd der der israelischen Seite entsprach. Während bei einer systematischen Vertreibungsaktion bis Juli 1948 330000 Palästinenser flüchteten, verließen während des Krieges zwischen Israel und den arabischen Staaten insgesamt 770000 Araber ihre Heimat, deren Rückkehrrecht Israel bereits damals trotz eindeutiger UN-Resolutionen kategorisch ablehnte. Während die offizielle israelische Darstellung des Flüchtlingsproblems lautete, die arabische Bevölkerung habe weitgehend freiwillig ihre Häuser und Dörfer verlassen, ist die israelische Linke bereits in den Jahren 1948/49 dieser Propaganda scharf entgegengetreten. Der Mythos vom freiwilligen Exodus der Araber diente jedoch bisher jeder israelischen Regierung als probates Argument für die Weigerung, auch nur eine Teilverantwortung für das Flüchtlingsproblem zu übernehmen (Flapan, S. 174). Israel lehnte in den folgenden Monaten und Jahren auf sämtlichen Konferenzen jegliche Vorschläge der arabischen Staaten ab, das Flüchtlingsproblem zu lösen, wobei die arabischen Staaten bereits damals bereit waren, Israel in den vom UN-Teilungsplan vorgesehenen Grenzen anzuerkennen. Auf der Konferenz in Lausanne im April 1949 scheiterte jedoch endgültig ein Kompromiß an dem unbeugsamen Nein der israelischen Delegation (Flapan, S. 331ff.).



Die israelische Eroberungsstrategie

Diese Strategie, sich Verhandlungslösungen zu verweigern und die »Eroberung« Palästinas in erster Linie mit kriegerischen Mitteln durchzusetzen, hat Israels Politik in den folgenden Jahrzehnten bis zum aktuellen Libanon-Krieg bestimmt. Bereits 1956 beteiligte sich Israel erneut an einer militärischen Intervention, als es zusammen mit den ehemaligen Kolonialmächten England und Frankreich einen Angriffskrieg gegen Ägypten führte. Unter Präsident Gamal Abdel Nasser (1918–1970) war der im Besitz einer englisch-französischen Gesellschaft befindliche Suezkanal verstaatlicht worden. Israel besetzte in kurzer Zeit den gesamten Sinai. Da jedoch die UNO sofort intervenierte und insbesondere die Sowjet­union Konsequenzen androhte, konnte ein weiterer »Nahost-Krieg« verhindert und Israel zum Abzug seiner Truppen gezwungen werden. Mehr »Erfolg« war dem Sechs-Tage-Krieg 1967 beschieden, als Israel weitere palästinensische Gebiete besetzte, um damit seiner Vision von Groß-Israel erneut Nachdruck zu verleihen. Diese Kriegsstrategie war von Anfang an damit verbunden, die nunmehr besetzten Gebiete gegen alle Regeln des Völkerrechts zu besiedeln, so wie es die zionistische Bewegung vor 1948 in dem heutigen israelischen Staatsgebiet praktiziert hat.


Theodor Herzl (1860-1904), der Begründer der Groß-Israel-Idee
Foto: jW-Archiv


In der letzten Phase des »Unabhängigkeitskrieges« legte Jigal Allon (1918–1980), Oberbefehlshaber der Hagana, Ben Gurion einen fertig ausgearbeiteten Plan für die Besetzung der Westbank vor, mit der Begründung, der Jordan sei unter strategischen Gesichtspunkten die bestmöglich Grenze (Flapan, S. 168). Bereits damals, wie Flapan (S. 216) dazu bemerkt, »blieb es ein zentrales Anliegen der israelischen Politik, die Entstehung eines Palästinenserstaates auf dem Territorium der Westbank zu verhindern und eine territoriale Expansion Israels weiter im Auge zu behalten.« Deshalb weigerte sich Israel auch in den Folgejahren, trotz zahlreicher Resolutionen des UN-Sicherheitsrates die Besetzung nicht nur nicht zu beenden, sondern begann 1977 unter Begin ein breit angelegtes Siedlungsprogramm in der Westbank, um damit die seit Jahrzehnten gehegten Besitzansprüche auf dieses Gebiet zu untermauern. Während 1985 erst ungefähr 50000 Juden in der Westbank lebten, waren es 1994 bereits 300000. Begins Traum war es, eine Million seiner Landsleute in »Judäa« und »Samaria« anzusiedeln, wie nach historischer Lesart dieses Gebiet von ultrarechten und religiösen Juden genannt wird.

Mit Begin kam erstmalig nach der israelischen Staatsgründung ein Vertreter des Likud-Blocks an die Macht, der in den Folgejahren die alte Gewalt- und Kriegspolitik fortsetzen sollte. Er gehörte, nachdem er 1942 nach Palästina einwanderte und nach kurzer Zeit die Führung der Terrorgruppe Irgun übernahm, zu den schärfsten Kriegstreibern. Sein politischer Gesinnungsgenosse Ariel Scharon gelangte bereits 1952 zu einer zweifelhaften Berühmtheit, als er als junger Oberbefehlshaber der Israel Defense Forces (IDF, israelische Armee) für ein Massaker in einem palästinensischen Dorf verantwortlich war, 70 Menschen umbrachte und 41 Häuser sowie eine Schule zerstörte, weil in diesem Dorf angeblich palästinensischen Freischärlern Unterschlupf gewährt worden war. Unter solchen Vorwänden wird die massenhafte Zerstörung palästinensischer Häuser und Dörfer bis zum heutigen Tage gerechtfertigt. Er war es auch, der als Oberbefehlshaber der IDF 1982 einen grausamen Krieg gegen den Libanon führte– der nicht zufällig starke Parallelen zum jüngsten Krieg gegen den Libanon aufweist. Wie aktuell die Entführung von zwei israelischen Soldaten als Kriegsvorwand gegen den Libanon diente, war 1982 ein Anschlag auf den israelischen Botschafter in London für Israel der Anlaß, einen von langer Hand vorbereiteten Angriffskrieg gegen den Libanon zu führen. Der erste »Teilakt« bestand darin, daß ein Palästinenserlager im Libanon bombardiert wurde, wobei 50 Bewohner umkamen. Als die Palestine Liberation Organization (PLO), die damals im südlichen Libanon ihren Sitz hatte, mit Raketenbeschuß reagierte, antwortete Israel mit einem massiven militärischen Überfall des Libanon, der unter anderem mit einem »historischen« Massaker verbunden war, als mit israelischer Absicherung libanesische Milizen der rechtsgerichteten Phalange in ein Palästinenserlager eindrangen und Hunderte Frauen, Kinder und ältere Männer niedermetzelten. Die israelische Okkupation dauerte drei Jahre und war ausschließlich mit dem Ziel verbunden, die PLO zu zerschlagen und ein israelfreundliches Regime im Libanon zu installieren.

Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg kostete damals erstaunlicherweise den »Kopf« Scharons, da ein israelisches Militärgericht die Massaker untersucht und seine maßgebliche Verantwortung daran festgestellt hatte. Scharon mußte daraufhin als Verteidigungsminister abdanken, was ihn bekanntlich nicht davon abhielt, gewissermaßen wie ein Phönix aus der Asche im Jahre 2001 zum Regierungschef gewählt zu werden, um seine alte Gewalt- und Kriegspolitik fortzusetzen.


* Literatur


– Noam Chomsky, Offene Wunde Nahost. Israel, die Palästinenser und die US-Politik, Hamburg: Europa Verlag 2003

– Simcha Flapan, Die Geburt Israels. Mythos und Wirklichkeit, München: Knesebeck & Schuler 1988

– Hermann Meier-Cronemeyer, Geschichte des Staates Israel. Teil 1: Entstehungsgeschichte: Die zionistische Bewegung, Schalbach/Ts.: Wochenschau-Verlag 1997

– Tom Segev, Es war einmal ein Palästina. Juden und Araber vor der Staatsgründung Israels, München: Siedler Verlag 2005

* Jürgen Aust ist Jurist und Pressesprecher der WASG in Duisburg


* Teil 2 und Schluß in der morgigen Ausgabe




Mensch bleiben muß der Mensch ...
von Tegtmeier


[editiert: 05.09.06, 15:13 von bjk]
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