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bjk

Beiträge: 7353


New PostErstellt: 03.07.11, 21:57     Betreff: Re: Zwei Schiffe von Freedom-Flotille wurden sabotiert

gelesen in: http://www.binsenbrenner.de/wordpress/2011/07/03/israel-ist-eine-gesellschaft-von-zwang-und-gewalt-geworden/?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+binsenbrenner+%28binsenbrenner%29



Israel

ist eine Gesellschaft von Zwang und Gewalt geworden


Von Gideon Levy, Haaretz ( http://www.haaretz.com/print-edition/opinion/israel-has-become-a-society-of-force-and-violence-1.370407 )


Woran werden die Israelis denken, wenn man sie löffelweise mit Schauergeschichten über die Flotille füttert, wenn nicht an den Einsatz von Gewalt? Diese Aktivisten wollen Soldaten der IDF umbringen? Wir werden aufstehen und ihnen zuvorkommen

Hören wir uns selbst zu? Sind wir uns bewusst, dass schreckliche Geräusche von uns ausgehen? Haben wir bemerkt, dass der Diskurs immer gewalttätiger wird, und wie  die Sprache der Gewalt dabei ist, unsere einzige offizielle Sprache zu werden?
Eine Gruppe internationaler Aktivisten ist dabei, mit einer Flotille an die Küste des Gazastreifens zu segeln. Viele von ihnen sind Sozialarbeiter und Kämpfer für Frieden und Gerechtigkeit, Veteranen im Kampf gegen Apartheid, Kolonialismus, Imperialismus, gegen unsinnige Kriege und Ungerechtigkeit. Allein dies festzustellen, ist hier schwierig, da sie schon alle als Schlägertypen beschrieben wurden.

Unter ihnen sind Intellektuelle, Holocaustüberlebende und Leute mit (politischem) Bewußtsein. Als sie gegen die Apartheid in Südafrika kämpften oder gegen den Krieg in Vietnam, wurden sie  sogar hier bewundert. Aber jetzt ein bewunderndes Wort über diese Leute zu sagen, unter denen auch Ältere sind, die ihr Leben riskieren und ihr Geld und ihre Zeit für etwas einsetzen, was sie als gerecht ansehen, wird hier als Verrat angesehen. Es ist nicht unmöglich, dass sich gewalttätige Leute unter sie gemischt haben, aber die Mehrheit sind Menschen des Friedens, keine Hasser Israels, aber Hasser seiner Ungerechtigkeit. Sie haben sich entschlossen, nicht still zu bleiben, sondern das bestehende System herauszufordern, das für sie unannehmbar ist und das für jeden moralischen Menschen unannehmbar sein muß.

Ja, wir wollen provozieren – es ist der einzige Weg, die Welt an die Situation des Gazastreifens  zu erinnern, an dem keiner Interesse hat, es sei denn, wenn Qassamraketen fliegen oder Flotillen sich dort hinbewegen. Ja, die Situation im Gazastreifen hat sich in den letzten Monaten (ein klein wenig) verbessert, dank der vorangegangenen Flotille. Aber Gaza ist noch immer nicht frei, sondern weit davon entfernt. Es hat weder zur See noch zur Luft einen Zugang, es gibt keinen Export, und seine Bewohner leben zum größten Teil wie in einem Gefängnis. Israelis, die ausflippen, wenn der Ben Gurion-Flughafen für zwei Stunden gesperrt wird, sollten in der Lage sein,  die Leute zu verstehen, die keinen (Flug- oder See-)Hafen haben. Gaza hat Anspruch auf Freiheit, und diejenigen auf der Flotille haben ein Recht, so zu handeln, um dies zu erreichen. Israel sollte ihnen erlauben, zu demonstrieren.

Aber man sehe sich an, wie Israel handelt. Die Flotille wurde sofort von jedem als eine Sicherheitsbedrohung beschrieben; ihre Aktivisten wurden als Feinde angesehen und die lächerlichen Vermutungen, die Offizielle des Verteidigungsministeriums machten und die von der Presse eifrig übernommen wurden. Wir haben noch die Kampagne der Dämonisierung der letzten Flotille im Ohr, in der neun türkische Bürger grundlos getötet wurden, und schon hat die neue Kampagne begonnen. Man hört die üblichen Begriffe: Gefahr, chemische Substanzen, Kampf von Mann zu Mann, Muslime, Türken, Araber, Terroristen und womöglich auch Selbstmordattentäter. Blut und Feuer und Rauchwolken!

Die unvermeidliche Schlussfolgerung ist, dass es nur einen Weg gibt, mit den Passagieren an Bord der Flotille umzugehen: mit Gewalt, und nur mit Gewalt, da sie eine Bedrohung der Sicherheit darstellen. Es ist ein immer wiederkehrendes Muster: zuerst Dämonisierung, dann Legitimierung (mit Gewalt vorzugehen). Man erinnere sich nur an die Geschichten über  die raffinierten iranischen Waffen, die durch die Waffenschmuggeltunnel in Gaza gekommen sein sollen oder daran, dass der Gazastreifen voll versteckter Bomben sei? Dann kam Operation Cast Lead und die Soldaten fanden nichts Annäherndes.

Die Haltung gegenüber der Flotille ist eine Fortsetzung desselben Verhaltens. Die Kampagne mit Angst einflößender Taktik und Dämonisierung trägt zu der gewaltbereiten Rhetorik, die inzwischen den öffentlichen Diskurs übernimmt, bei. Woran sollen Israelis denken, wenn sie häppchenweise mit Gruselgeschichten über die Flotille gefüttert werden, wenn nicht an die Anwendung von Gewalt? Diese Aktivisten wollen die IDF-Soldaten umbringen? Wir werden ihnen zuvorkommen und sie zuerst töten.

Und nun sind die Politiker, die Generäle und die Kommentatoren im Wettstreit miteinander: Wer kann die erschreckendste Beschreibung der Flotille liefern, wer kann die Öffentlichkeit am meisten erzürnen, wer kann die Soldaten, die uns retten,  am meisten loben und wer kann die aufgeblasenste Rhetorik bringen, wie man sie vor einem Krieg erwartet? Ein namhafter Kommentator, Dan Margalit, brachte schon Poesie in seine Zeitungskolumne: „Gesegnet sind die Hände,“ und meinte damit die Hände, die eines der Schiffe sabotierten und fahrunfähig machten. Das ist eine weitere gewalttätige und illegale Aktion, die hier unmittelbaren Applaus bekommt, ohne dass jemand fragt: Mit welchem Recht?

Diese Flotille wird ebenfalls nicht durchkommen. Der Ministerpräsident und der Verteidigungsminister haben uns dies versprochen. Noch einmal wird Israel ihnen, den Aktivisten,  zeigen, wer hier das Sagen hat – wer der Stärkste ist und wer die Verantwortung in der Luft, auf dem Land und zur See hat. Die „Lektionen“ der letzten Flotille sind gut gelernt worden – nicht aber die Lektionen  des unsinnigen Tötens oder der gewalttätigen und unnötigen Übernahme des Schiffes, aber die der Demütigung des israelischen Militärs.

Die Wahrheit ist aber, daß die wirkliche Demütigung in der Tatsache liegt, dass Marinekommandos zunächst eingesetzt wurden, um die Schiffe abzufangen und das etwas ist, das uns alle betrifft: wie wir zu einer Gesellschaft geworden sind, deren Sprache Gewalt wurde, ein Land, das versucht, fast alles mit Gewalt – und nur mit Gewalt – zu lösen.

(Übertragung: Ellen Rohlfs)

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... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen!
von Yossi Wolfson


[editiert: 05.07.11, 09:41 von bjk]
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