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Abschiebung in den Tod !

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bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 08.03.07, 06:16  Betreff: Abschiebung in den Tod !  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

kopiert aus: http://www.linkezeitung.de/cms/content/view/2242/35/



Abschiebung in den Tod!

von Norbert Nelte , 07.03.2007


Europa soll unter deutscher Ratspräsidentschaft bei Asyl- und Wirtschaftsflüchtlingen ein abschreckendes Image bekommen.



Bisher hat Europa unter den af­rikanischen, asiatischen und allen anderen Asyl- und Wirtschaftsflüchtlingen eine starke Anziehungskraft besessen. Noch drängen Scha­ren von Flüchtlingen in die eu­ropäische Hoheitszone, um hier Schutz vor Verfolgung und Hun­ger zu finden. Damit soll jetzt unter der deutschen Ratspräsi­dentschaft in Europa endgültig Schluss gemacht werden.

Das Kapital hatte immer bisher kontrolliert, wann, welche und wie viele Emigranten nach Europa auf den Arbeitsmarkt gelenkt werden. In Spanien in Italien, Frankreich, aber auch in Großbritannien sind die Emigrationsgesetze den harten Repressionsbefürwortern noch viel zu lasch. In Italien waren dem europäischen Kapital die Flüchtlingsströme aus Afrika zu viel, aber besonders auf den spanischen Kanaren nehmen aus der Sicht der Konzerne die Flüchtlingsströme jetzt überhand..

Bisher benötigte das Kapital immer noch zusätzliche Billigarbeitskräfte für das Lohndumping. Die europäischen Arbeitslosen wollten doch noch immer nicht zu chinesischen Lohnbedingungen arbeiten, da konnten so doch ein paar illegale Flüchtlinge von den Konzernen über Subunternehmen ganz prächtig als Lohndrücker eingesetzt werden. Dass dies keine Vermutung ist, sondern Methode hat, sieht man alleine daran, dass das Arbeitsamt in Darmstadt hauptsächlich mit Schwarzarbeitern hochgezogen wurde. Einmal verlieren die Konzerne die Kontrolle über die Arbeitsmärkte und zum anderen rechnen sie damit, dass sie auf Grund der Weltmarktlage in Zukunft selber in Europa genügend Billiglöhner finden werden, die sie für den Lohndumping einsetzen können.

Deshalb sollen jetzt in Europa mit deutscher Hilfe alle Schlupflöcher dicht gemacht werden. Im Amsterdamer Abkommen, dem Nachfolger von Maastricht, wurde eine europaweite Regelung gefordert. In Deutschland hat die Polizei eine lange Erfahrung mit der Repression gegen Asylsuchende. Deutschland ist immerhin Abschiebeweltmeister. (1) Das Kapital will entscheiden, wann, wie viele und welche Ausländer als Arbeitskräfte zuziehen dürfen, das können die Ausländer nicht selber entscheiden. Wenn demnächst wieder die „7 dürren Jahre" besonders wegen der Kriege kommen, dann brauchen die Konzerne noch weniger Arbeitskräfte und die Ausländerbehörden werden wieder abschieben müssen. Dann werden genug Deutsche Arbeiter auch zu Dumpingbilliglöhnen arbeiten.

Außerdem holt sich Europa, denken die Herrschenden, mit den Moslems unter den Asyl- und Wirtschaftsflüchtlingen auch potenzielle Feinde in die Länder, und das kann bei dem zu erwartenden Flächenbrand auch die zu erwartenden Kriege auch zu Hause verstärken. Also müssen die letzten Schlupflöcher ganz dicht zugestopft werden. Diese Aufgabe haben naturgemäß die Deutschen übernommen, weil sie

* 1. mit die schärfsten Flüchtlingsgesetze in Europa schon haben und auf eine lange Erfahrung in der Repression gegen die Emigranten zurückblicken kann,
* 2. zur Zeit mit Angela Merkel die wichtigsten Bündnispartner für Bushs Schlachten im Nahen und mittleren Osten sind und dadurch der am stärksten gefährdete Staat ist, der durch die berechtigte Wut durch die moslemische Bevölkerung zur Zielscheibe werden kann.

„Am 5.3.207 beginnt die deut­sche Bundespolizei im norddeutschen Lübeck mit der Ausbildung von Grenztrupps aus sämtlichen EU-Staaten. Die Maßnahme erfolgt in Kooperation mit dem Abwehrapparat Frontex und festigt den deutschen Einfluss auf die operative Flüchtlingsrepression der EU. In der Lübecker Polizeiakademie werden Beamte geschult, die künftig an den europäischen Außengrenzen Migranten abfangen sollen". (2) „Die Lübecker Einrichtung erwies sich bei der Abschottung der europäischen Außengrenzen bereits in der Vergangenheit als hilfreich. Unter anderem wurden seit 1999 mehrfach sogenannte polizeiliche Ausbildungshilfemaßnahmen für Repressionskräfte aus Marokko durchgeführt", die daraufhin afrikanische Flüchtlinge in der Wüste ausgesetzt hat. Nun haben wir etwa eine Vorstellung von den Folter-Maßnahmen, die die Flüchtlinge, die Europa immer noch als das Land ihrer Hoffnung sehen, hier erwartet. Europa sollen die Länder werden, mit denen sie nur Elend und Schrecken verbinden. Deutsche Polizisten können da auf eine lange Erfahrung zurückblicken.



Polizeiterror gegen Asyl-Flüchtlinge

Schon 1995 wurde zum wiederholten Mal ein Afrikaner, dieses mal namens Ageeb, von der Polizei umgebracht. Der polizeiliche Mord konnte auch damals den aufmerksamen Beobachter der Asylpraxis nicht überraschen. Er war damals schon das 5. Mordopfer in der Abschiebepraxis in Deutschland. Ein Bericht von amnesty international stellte zwischen 1992 und 1995 70 Vorfälle fest, bei denen deutsche Polizeibeamte den Opfern die Zähne ausgeschlagen und die Knochen gebrochen haben. Die Ausländer warfen der Polizei vor, sie mit Fausthieben, Fußtritten oder Knüppelschlägen malträtiert zu haben. Teilweise praktizierte die Polizei schon damals Folter. Also, auch die von der deutschen Polizei marokkanische

Im ai-Bericht wurden verschiedene Einzelfälle, u.a. einer mit einem Rippenbruch dokumentiert. Ein anderer Bericht zeigte die Polizeibrutalität, die der Folter nahe kam:

»..und begann stattdessen auf Nguyen T. einzuschlagen. Als der Vietnamese zu Boden fiel, wurde er von den Beamten wiederholt mit Fußtritten traktiert ... Schließlich zerrte der Beamte sein Opfer in den Hinterhof eines Wohnhauses, um ihn dort wieder zu misshandeln, ohne von den Nachbarwohnungen aus gesehen zu werden...

Nguyen T., dessen Hände auf dem Rücken mit Handschellen gefesselt wurden, musste sich schließlich mit dem Gesicht nach unten auf den Rücksitz des Polizeiwagens legen. Zwei Beamte setzten sich auf seinen Rücken, so dass er kaum Luft holen konnte. Während der gesamten Fahrt zur nächsten Polizeistation soll einer der Polizisten ihm immer wieder Schläge versetzt haben.

Nguyen T. gab an, nach seiner Ankunft auf der Polizeiwache erneut geschlagen worden zu sein. Einmal sei ihm dabei so schlecht geworden, dass er sich habe übergeben müssen...

Bei einer am Tage nach den mutmaßlichen Misshandlungen durchgeführten medizinischen Untersuchung wurden am Körper des Vietnamesen zahlreiche Prellungen sowie ein Haarriss-Fraktur am linken Jochbein diagnostiziert. Diese Diagnose erhärtet den von Nguyen T. erhobenen Vorwurf, geschlagen worden zu sein. Während des Gesprächs mit amnesty international im August 1994 litt er noch immer an heftigen Kopfschmerzen, Sehstörungen und Schwindelanfällen...«


Kein Ausländer hat je eine Entschädigung erhalten, kein Polizist wurde ins Gefängnis gesetzt, kaum gab es Disziplinarstrafen.

Diese Vorfälle fanden hauptsächlich in Berlin statt, aber die »Übereinstimmung der Aussagen und die Regelmäßigkeit, mit der der Organisation Berichte über Misshandlungen zugegangen sind, haben sie zu dem Schluss geführt, dass Fälle von Misshandlungen durch die Polizei keine isolierten Einzelvorkommnisse darstellen.« (‘Frankfurter Rundschau' vom 20.6.1995)

ai stellte im Dezember 1994 bei dem Vorsitzenden der Innenministerkonferenz den Antrag auf Veröffentlichung der Statistiken über Polizeiübergriffe und erhielt die lapidare Antwort, dass »weder bei den Innenministerien der Länder noch beim Bundesministerium des Innern berufsständige Statistiken über Straf- und Ermittlungsverfahren geführt werden.«

Das Problem der Polizeiübergriffe wurde von Anfang auch der harten Repressalien nie wahrgenommen. Der Mord an Ageeb zeigt, dass sich das Ignorieren auch bei den Rot/Grünen nicht geändert hatte.

Im März 1995 veröffentlichten die ARD-Fernsehsendung ‘Panorama' und das Hamburger Stadtmagazin ‘HH19' eine Aussage eines Hamburger Polizisten, der seine Kollegen der Menschenrechtsverletzungen und Scheinhinrichtungen beschuldigt hatte:

Im März 1995 veröffentlichten die ARD-Fernsehsendung ‘Panorama' und das Hamburger Stadtmagazin ‘HH19' eine Aussage eines Hamburger Polizisten, der seine Kollegen der Menschenrechtsverletzungen und Scheinhinrichtungen beschuldigt hatte:

»Nachdem sie ihn festgenommen haben, fahren sie mit dem Afrikaner in den Hamburger Hafen. Dort muss der Schwarze sich nackt ausziehen und vor den Beamten niederknien. Einer der Beamten zückt seine Dienstpistole, hält sie dem Opfer an den Kopf - und drückt ab ... Um den Knall zu erzeugen, hat er in die Elbe geschossen...«

»Ich hörte einen Schrei ... und bin zum Vorraum der Sammelzellen gegangen. Ich sah dort einen nackten Farbigen stehen, der vom Hals über die Achseln bis zum Genitalbereich feucht glänzte. Ich vernahm den Geruch des Flächendesinfektionssprays Incidur [Zum Reinigen der Toiletten] ... Ein Beamter ... stellt die Dose oder Flasche auf den Tisch«

»Ich hörte jemanden schreien ... Unmittelbar darauf hörte ich ein Klatschen ... Fast Nasenspitze zu Nasenspitze stand ein Beamter vor einem Farbigen ... Er schrie ihn an: ,Look in my eyes‘ ... Als der Farbige ihn in die Augen starrte, schlug der Beamte ihm mit der rechten Hand blitzschnell gegen die linke Kopfseite ... Er hat ihn noch zweimal geschlagen.«


In Essen hatten mehrere Polizeibeamte eine türkische Schülerin mit auf den Rücken gefesselten Händen in eine Urinlache legen lassen, um sie so auf ihren Abtransport warten zu lassen.

Im Land Brandenburg beobachtete die Polizei den Mord an einen Schwarzen, ohne einzugreifen. Überhaupt wird die Verfolgung von Nazis, die Ausländer angreifen, kaum angegangen.

Man kann also auf Grund dieser zufällig herausgegriffenen Berichte davon ausgehen, dass diese vielleicht einen extremen, aber letztlich häufigen Polizeialltag widerspiegeln. Es ist aber auch nicht auf besonders brutale Ordnungshüter zurückzuführen, denen der Rassismus vielleicht noch angeboren wäre. Die Polizei führt nur das aus, was die Politik vorgibt. Hier fokussiert sich nur die Haltung der herrschenden Klasse.

Und das Interesse des Kapitals ist die Spaltung der arbeitenden Klasse in Frau und Mann, Alt und Jung und Deutsche und Ausländer. Der Rassismus im Polizeialltag ist nur eine Widerspiegelung des Rassismus, den die Politik vorgibt.

Das Kapital benötigt das Staatsbürgerschaftsrecht, um damit die Arbeiterströme zu lenken. Es kann die ausländischen Arbeiter je nach seinem Bedarf mal rufen und mal ausschließen oder abschieben. Der Nationalstaat wurde daher auch erst im Kapitalismus geschaffen.



Geschichte der Ausländergesetze in Deutschland

Auch der Rassismus ist nichts dem Menschen Angeborenes, sondern entstand ebenfalls mit der Entwicklung des Kapitalismus. Die Wurzeln der Ausländerfeindlichkeit liegen schon früher, weil mit ihr auch die Sklaverei des 17. und 18. Jahrhunderts legitimiert wurde, aber sie prägte noch nicht das gesamte soziale Leben.

Erst im Kapitalismus wird der Rassismus systemimmanent. Erst werden die Ausländer als billige Arbeitskräfte und als Lohndrücker benutzt. Dann wird die Arbeiterklasse nach der Salamitaktik gespalten. Die gesamte Arbeitermasse muss den Rassismus verinnerlichen und wird entsprechend tagtäglich von Presse, Funk und Fernsehen agitiert.

Wenn das Kapital aufgrund einer Krise weniger Arbeiter benötigt, werden die deutschen Arbeiter von seiner Presse mit Ausländerhetze angestachelt, um die Ausländer auszugrenzen. Nun kann der Staat die Kollegen leicht wieder abschieben, und das Kapital spart somit an den Arbeitslosenkosten.

Dieser Zusammenhang ist keine wüst konstruierte Erfindung von uns Kommunisten, sondern wurde so auch offen vom Kapital selber zugegeben. 1895 schrieb ein Vertreter des Handelsministeriums:

»die Industrie [verlange] bei dem Wechsel zwischen Hoch- und Tiefkonjunktur eine gewisse Ausdehnungsmöglichkeit in Bez

ug auf die Arbeiterzahl. Beschränke man die Industrie auf inländische Arbeiter, so würde bei einem Rückgang der Industrie eine größere Zahl von Arbeitern brotlos und vermehrten sie dadurch die unzufriedenen Elemente. Dagegen könnte man ausländische Arbeiter in solchem Falle ohne weiteres abstoßen.«


Schnell wurden Ausländer auch als Billiglohnarbeiter entdeckt. August Freiherr von Waltershausen schreibt 1903:

»Die genannten Arbeiten ... werden daher in denjenigen Gebieten, wo die Arbeiterschaft verweichlicht oder bequem geworden ist oder vermöge ihrer politischen Selbstherrlichkeit einen Anspruch auf leichtere Arbeit zu haben glaubt, gern abgelehnt, wenn sich nur irgendeine angenehmere Tätigkeit finden lässt. Auch hier sind die Italiener ein durchaus geschätzter und gesuchter Zusatz zur Arbeiterschaft des Landes. Sind ... Vertreter einer Arbeiterschicht zweiten Grades - wie der Neger in den nordamerikanischen Oststaaten, der Chinese in Kalifornien, der ostindische Kuli in Britisch-Westindien, der Japaner in Hawaii, der Polynesier in Australien.«

Aber man wollte natürlich nicht jeden Ausländer haben. Nicht Alte, Frauen, Kinder oder Kranke, sondern nur solche, die auch vom Kapital ausgebeutet werden können. Die faschistische Ausländerpolizeiverordnung (AVP) vom 22. August 1938, die noch heute in ihren Grundsätzen gilt, sieht vor, dass eine Aufenthaltsgenehmigung nur denjenigen Ausländern erteilt werden soll, die »nach ihrer Persönlichkeit und dem Zweck ihres Aufenthaltes im Reichsgebiet die Gewähr dafür bieten, dass sie der gewährten Gastfreundschaft würdig sind.«

Dieser Rassismus läuft heute genauso, aber viel versteckter. Die Bourgeoisie drückt ihn nicht mehr so deutlich aus, wie am Anfang des Jahrhunderts und bei den Nazis, erzielt aber die gleiche Wirkung:

Das Kapital hat freie Bahn, die Arbeiter aber sind nur Spielfiguren der Herrschenden und dürfen sich nur nach deren Willen bewegen.

Die Medien nennen bei Kriminellen immer die Nationalität, wenn der Täter ein Ausländer ist, wie „ein türkischer Bankräuber". In der „freiwilligen" Selbstkontrolle hatten sie zwar Anfang der 90er Jahre dieser Sitte abgeschworen, wenn die Staatsangehörigkeit für den Fakt nichts aussagt. Inzwischen haben sie das aber scheinbar wieder „vergessen", und die Sitte wird fröhlich weiter praktiziert.

Der ‘Industriekurier', das Sprachrohr des deutschen Großkapitals, umkleidet beispielsweise die rassistische „Zweckbestimmtheit" der Ausländer so:

»Nüchtern betrachtet, hat die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte ... geholfen, die Verluste auszugleichen, die durch Arbeitszeitverkürzung und Urlaubsverlängerung aufgetreten sind. Ohne diesen Ausgleich hätte der Lohnauftrieb noch unliebsamere Formen annehmen müssen.«

Die Ausländerpolizeibehörden forderten in ihrer Leitschnur die Zweckbestimmtheit schon wieder so deutlich wie im 3. Reich, drückten sie nur „taktvoller" aus - die Leitschnur ist eben in der Öffentlichkeit nicht so bekannt:

»Bei längerer Krankheit kann die Aufenthaltserlaubnis versagt werden, weil der Zweck des Aufenthalts, nämlich die Arbeitnehmertätigkeit und damit die Hilfe für die deutsche Wirtschaft und Industrie nicht mehr vorliegt.«

Ein Versagungsgrund für die Aufenthaltserlaubnis ist auch die Agitation in Betrieben, Universitäten oder auf verkehrsreichen Straßen - und wenn Ausländer keine „einwandfreie sittliche Haltung" zeigen.

Gerichte haben auch schon die „wilde Ehe" mit einer deutschen Frau, die lesbische Liebe, einen „unsteten Lebenswandel" oder den Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung als Ausweisungsgrund angesehen. Dabei machen die Gerichte vor Minderjährigen nicht halt und trennen sie, wie im Fall Mehmet, von ihren Eltern.

Dass die ausländischen Kollegen vom Kapital nur gesehen werden als Arbeitsersatzarmee, als Spielball der Vorstandsstrategen, zeigt sich auch an der Tatsache, dass die befristete Aufenthaltsgenehmigung gekoppelt ist an die Arbeitserlaubnis.

„Erst Deutsche, dann Ausländer" ist ein Prinzip, dass schon in der Weimarer Republik mit Hilfe der sozialdemokratischen Gewerkschaftsbürokratie eingeführt wurde und bis heute seine Gültigkeit bewahrt hat.

Der ausländische Mensch wird reduziert auf seine Arbeitswilligkeit, darüber hinaus hat er keine Bedürfnisse und Rechte zu haben. Wenn er nicht mehr arbeitet und sich nicht mehr ausbeuten lässt, muss er Deutschland wieder verlassen. Eine „Menschenwürde" hat er nicht. Da ist es kein Wunder, dass die Polizei ihn nur so behandelt wie eine Sache, die man achtlos in den Mülleimer werfen kann. 1904 sprach die SPD offen von »minderwertige Elementen«, das scheint sich im Wesentlichen nicht geändert zu haben, wenn man die Ausländer- und Asylgesetze und die entsprechende Praxis betrachtet, die auch unter SPD-Regierungen gelten.

Und dann sprechen die bürgerlichen Parteien von „Integration". Arbeiten dürfen die ausländischen Kollegen, aber ihre Bedürfnisse dürfen sich nur nach der deutschen Beamtennorm entwickeln. Und wenn sie aus der Reihe tanzen, dann ab in die Wüste. Was hat das mit Integration zu tun?

Das Ausländerrecht ist im Übrigen nur die Spitze eines Eisberges. Die Reduzierung der Würde des Ausländers auf seine „Arbeitnehmertätigkeit" zeigt, dass der Mensch im allgemeinen, also auch der Inländer, im Kapitalismus auf seine Ausbeutungsfähigkeit reduziert wird.

Die Würde oder „Würdigkeit" wird Ausländern noch zugestanden, obwohl ihr einziger Sinn die Lohnarbeit ist, also eine entfremdete Tätigkeit. Die Würde des Menschen ist, wie Marx sagt, »reduziert ist auf den Tauschwert seiner Arbeitskraft«, also bei den ausländischen Kollegen auf 4,50 €uro Brutto.

Das zeigt, dass die Würde, der Lebenssinn der deutschen Arbeiter auch reduziert ist, auf vielleicht 1,- €uro mehr, also auf 5,50 €uro. Das zeigt auch, dass ein Volk, das anderen Menschen die Freiheit nimmt, selber nicht frei sein kann.

So hat man auch schon festgestellt, dass in den Gebieten, wo es eine besonders starke Ausländerunterdrückung gibt, der einheimische Arbeiter auch besonders stark ausgebeutet wird, er also kein objektives Interesse an der Unterdrückung seiner ausländischen Kollegen hat.

»Szymanski verglich die Situation der weißen und schwarzen Arbeiter in 50 Staaten der USA. Er fand zuerst heraus, dass, ,je höher die Einkommen Schwarzer im Vergleich zu denen Weißer sind, desto höher die Einkommen der Weißen relativ zu denen anderen Weißer‘ irgendwo sonst in den USA sind. Dieses Verhältnis - weiße Arbeiter waren umso besser gestellt, je geringer der Abstand zwischen ihrem Lohn und dem der Schwarzen war - war ausgeprägter in den Staaten, in denen zumindest 12 Prozent der Bevölkerung aus der ,Dritten Welt‘ kamen (d.h. Schwarze, Mexikaner, Asiaten und Indianer), ,also die Staaten, in denen wirtschaftliche Diskriminierung von Dritte-Welt-Leute einen bedeutenden Einfluß auf die Einkommen der Weißen haben kann.‘ Weiterhin fand Szymanski heraus, daß ,je höher der Bevölkerungsanteil der Dritte-Welt-Leute eines Staates ist, desto größer die Ungleichheit zwischen Weißen ist.‘« (4)

Durch die Ausländergesetzte, die ständige Bedrohung der Abschiebung bei Arbeitslosigkeit, ist der Ausländer gezwungen, besonders schlecht bezahlte Arbeiten anzunehmen. Damit drückt er den Lohn und der heimische Kollege findet dann keine Arbeit mehr bzw. auch nur für einen Billiglohn. Er muss also daran interessiert sein, dass der ausländische Kollege auch wie er selber einen guten Lohn und volle Rechte erhält. Ein gemeinsamer Kampf für gleiche Rechte stärkt also beide Seiten.

Marx schreibt: »Alle industriellen und kommerziellen Zentren Englands besitzen jetzt eine Arbeiterklasse, die in zwei feindliche Lager gespalten ist, englische proletarians und irische proletarians. Der gewöhnliche englische Arbeiter hasst den irischen Arbeiter als einen Konkurrenten, welcher den standard of life [Lebensstandard] herabdrückt.

Er fühlt sich ihm gegenüber als Glied der herrschenden Nation und macht sich deswegen zum Werkzeug seiner Aristokraten und Kapitalisten gegen Irland, befestigt damit deren Herrschaft über sich selbst....

Dieser Antagonismus wird künstlich wach gehalten und gesteigert durch ... alle den herrschenden Klassen zu Gebote stehenden Mittel. Dieser Antagonismus ist das Geheimnis der Ohnmacht der englischen Arbeiterklasse, trotz ihrer Organisation. Er ist das Geheimnis der Machterhaltung der Kapitalistenklasse. Letztere ist sich dessen völlig bewusst.«


So ist die Ausländer- und Asylpolitik eine brutale Politik von Ausgrenzung, „Schwarzem Peter" und Verfolgung bis hin zum Mord.

Das 1913 in Deutschland geschaffene Staatasbürgerschaftsrecht, das auf der Blutsverwandtschaft fußt und noch bis 1999 galt, gleicht mehr einer Hunderasse, wie sogar der CDU-Vorständler Geißler meint. Aber Hunde haben oft noch mehr Rechte als die Ausländer.

In den 60er Jahren benötigte das deutsche Kapital wegen des Aufschwunges, den die Nachfrage des Koreakrieges geschaffen hat, mehr Hilfsarbeiter.

Aber auch sie mussten nach 2 Jahren gehen (Rotationsprinzip). Das ergab aber eine hohe Fluktuation, Das komplizierte Anlernen lohnte sich nicht mehr. Ab 1971 erhielten die Kollegen eine Arbeitsbewilligung für 5 Jahre.

Heute benötigt das Kapital mehr Fach- als Hilfsarbeiter, aber dann müsste es die Ausländer mehr integrieren, ihnen mehr anbieten.



Integration

Daher kommen heute auch die Versuche, den ausländischen Arbeitern die Staatsbürgerschaft anzubieten, und die Überlegungen mit der doppelten Staatsbürgerschaft, weil ein deutscher Pass eigentlich nur unter dieser Bedingung angenommen werden wird.

Die Ausgrenzung der Ausländer nahm mit der Krise wieder zu. Nach einer Umfrage der Berliner Ausländerbeauftragten betrachteten die jungen Türken, von denen viele in Deutschland geboren wurden, 1993 zu 30% die Türkei als ihr Heimatland. 1999 stieg dieser Anteil wieder auf 50%.

27% der Frauen sind Analphabeten und viele, die nach der Schulpflicht hierher kamen, sprechen kaum deutsch. 51% von 1.000 befragten jungen Türken im Alter zwischen 16 und 25 Jahren suchten nach einer ‘Spiegel'-Umfrage ihre Partnerin in der Türkei. Das führt wiederum dazu, dass die Kinder nach der anatolischen feudal-bäuerlichen Tradition erzogen werden.

Der ganze Trend hat sich heute 2007 massiv verschärft. Durch die ständige Hetze mit der Kriegspropaganda gegen die Moslems haben diese sich in ihre eigenen Kreise zurückgezogen. Jeder 2. türkische Jugendliche hat keinen Volksschulabschluss. „Warum auch", denkt er sich, „für die Arbeitslosigkeit?".

Die wieder zunehmende Trennung der Nationalitäten zeigt, dass das Wort „Integration" von den Herrschenden überhaupt nicht ernst genommen werden kann. Auch das Multi-Kulti-Gerede eines Daniel Cohn-Bendit entpuppt sich ganz deutlich als ein »Produkt des Imperialismus«, wie wir es schon 1994 in unserem Artikel „Cohn-Bendit's Multikulturalismus, ein Produkt des Imperialismus!" dargelegt hatten, und jetzt sogar als Schwindel, die Grünen sind auf die Seite der schlimmsten Kriegshetzer getreten.

Im Gegenteil fliehen die ausländischen Kollegen zunehmend in ihre eigene kulturelle Wagenburg, und eine weitere Ab- und Ausgrenzung ist vorprogrammiert, obwohl sogar das Unternehmer-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) 1996 festgestellt hat, dass die Anwesenheit von Ausländern »durchweg positive Auswirkungen auf Wirtschaftswachstum, Arbeitsmarkt und Staatshaushalt« hatte. Ökonomisch macht die Anwesenheit der Ausländer als willige Billiglohnarbeiter im Sinne des Kapitals durchaus Sinn, politisch aber sind sie eine scheinbare Konkurrenz der Arbeiter und eignen sich als Sündenböcke.



Asylgesetze

In einer solchen sozialen Umgebung kann keine humane Asylpraxis durchgeführt werden. Eine
ausländerfreundliche Polizei, selbst wenn sie ausländerfreundlich sein wollte, würde gegen das Interesse der Allgemeinheit agieren, ganz bestimmt gegen das Interesse der Unternehmerbände.

Gerade die Polizei, die aufgrund ihrer Berufsaufgabe - die Interessen des Kapitals zu wahren - besonders rechts ist, wird sich nicht anders verhalten als die Gesellschaft.

Das Asylgesetz wurde nach dem Krieg eingeführt, weil die Deutschen nach der Hitler-Diktatur selbst Verfolgung erfahren haben und nun eine Zufluchtsmöglichkeit anboten. Damals wurde noch nicht mit so viel Verfolgten gerechnet, und der Lebensstandard der BRD bot damals noch nicht soviel Anreiz, gerade hierher zu kommen.

Inzwischen aber bringen die von den Metropolen ausgebeuteten Staaten jährlich weit mehr Verfolgte hervor, als die Bundesrepublik Einwohner hat.

1985 wurde daher das Asylgesetz eingeschränkt, indem man die Bürgerkriegsflüchtlinge ausgegrenzt hat. Schon von Anfang an wurden die Flüchtlinge künstlich geteilt in „politische" und „wirtschaftliche", wobei man nur die „politischen" zuließ.

Diese Einteilung ist unsinnig, weil ja die wirtschaftliche Not ein Ergebnis von politischer Unterdrückung des
internationalen Kapitals ist und auch umgekehrt, eine unterentwickelte Wirtschaft eine diktatorische Politik hervorbringt.

1992 gab es noch einmal eine Verschärfung des Asylrechtes, was faktisch einer Abschaffung gleichkam. Seitdem ist es im Wesentlichen kein einklagbares Recht mehr.

Die Staaten um Deutschland herum wurden zu sicheren Drittstaaten erklärt, von denen man nicht einreisen darf. Der Verfolgte darf als Asylflüchtling nur noch über den Frankfurter Flughafen einreisen, was auch nur die einigermaßen privilegierten Flüchtlinge können. Hier wird er erst einmal für 2 Wochen festgehalten.

Aufgrund dieser Veränderung ging der Flüchtlingsstrom rapide zurück. 1992 noch gab es 593.000 Zuwanderungen. 1997 waren die Abwanderungen schon um 22.000 Menschen höher als die Zuwanderungen.

Trotzdem tönt Innenminister Schily: »Die Grenze der Belastbarkeit Deutschlands durch Zuwanderung ist überschritten.« Er bekam natürlich Rückendeckung von dem Vorsitzenden der Republikaner-Nazis: »Schily hat nur ausgesprochen, was jeder vernünftige Mensch in Deutschland seit 20 Jahren weiß.«

Die Saat, die die Politiker des Kapitals verteilen, zeitigt ihre Ergebnisse. 62% der Ostdeutschen und 54% der Westdeutschen meinen, dass die Ausländer Arbeitsplätze wegnehmen und eine Gefahr für den "Standort Deutschland" seien. 2007 haben 20% der gewerkschaftlichen Funktionäre eine rassistische Haltung. Diese Haltung lässt sich erst in einem gemeinsamen Kampf auflösen, wenn beide entdecken, dass sie ja doch die gleichen Interessen haben, im Streik oder im Kampf gegen die Kriege.

Solange es Kapitalismus gibt, kann dieses Vorurteil nicht aus der Welt geräumt werden. Das Kapital braucht eine Erklärung für seine 5 Millionen Arbeitslose und lenkt die Wut der Arbeitslosen daher gegen die Ausländer und besonders auf die Asylflüchtlinge.

Die Ausländer sind doch selber Konsumenten und vergrößern gleichzeitig den Binnenmarkt. Die Produkte können durch die Ausländer billiger werden. Es gibt mehr Deutsche im Ausland als Ausländer in Deutschland.

Die ausländischen Kollegen zahlen auch in die Rentenversicherung ein, zahlen Steuern und Krankenversicherung. Wo sollen sie den Deutschen Arbeitsplätze wegnehmen und ihnen auf der Tasche liegen?

Im Jahre 2050 wird es nur noch 40.000.000 Deutsche geben. Vielleicht ist das die Angst von Herrn Schily. Aber was ist deutsch? Jedenfalls kenne ich Ausländer, die Goethe besser kennen als manche Politiker, ganz zu schweigen von manchen Abgeordneten der NPD in Sachsen.

Aber die Politiker brauchen halt ihren Sündenbock. Und die Flüchtlinge belasten den Etat der Regierung. Die Einnahmen aus den Arbeiterflüchtlingen sind ja ganz nett, aber die Ausgaben müssen nicht sein.

Immer mehr Länder in der Welt brechen auf Grund der internationalen Konkurrenz zusammen. Das Ergebnis ist die Barbarei von Folter und Tod. Immer mehr Menschen drängen in die Zentren des Imperialismus.

Innerhalb des Kapitalismus ist das Flüchtlingsproblem nicht mehr zu regeln. Deshalb will man in Deutschland auch nicht mehr von einem Recht auf Asyl ausgehen, sondern nur noch von einer „Gnade".

Der gnädige Cohn-Bendit meint dann auch, dass Asyl keine Frage von Rechtsvorschriften ist, sondern »eine Art gesellschaftlicher Gnade. ... Ein Haus hat Türen, die man öffnen und schließen kann und eine Gesellschaft hat das Recht, die Bedingungen zu formulieren, wann die Türen geöffnet werden sollen.« Also - Tür zu, nichts mehr Multi-Kulti.

Obwohl offensichtlich keiner aus Jux und Dollerei die Strapazen der Flucht aus seiner Heimat auf sich nimmt, beträgt die Anerkennungsquote der Asylbewerber nur 4,9%.

Sie werden in der Heimat mit Folter und Tod bedroht, glauben hier einen Schutz zu finden, müssen 2 Jahre isoliert vegetieren und durch die Mühlen der Bürokratie und der Justiz laufen, und zum Schluss werden sie in den Tod abgeschoben oder gleich umgebracht.

Deshalb hatten Schily und Schäuble das Asylgesetz im Sinne des Kapitals noch weiter verschärft. Jetzt wieder wollen sie das Bleiberecht für 180.000 Ausländer verschärfen. Wer nicht innerhalb evon1-2 Jahren eine Arbeit gefunden hat, fliegt raus. Hier wird noch einmal der Zusammenhang zwischen Bleibrecht und Arbeitsmarkt. Wer 50 ist und kein Asyl, wird zum Abschuss freigegeben. Die Sozialhilfe wurde schon weitgehend von Bargeld auf Gutscheine umgestellt. Schily hatte gar die glorreiche Idee, ein Sammellager in Nordafrika einrichten, nur fand er dazu kein Land.

Weil in Deutschland der Lebensstandard besonders hoch war, flüchteten die meisten Ausländer hier her, und weil die Konzerne auch viele Billiglöhner brauchten, behielten sie auch viele. Noch 1990 lebte die Hälfte aller Asylbewerber von Europa in Deutschland. Weil in Deutschland seit 1997 die Abwanderungen höher waren als die Zuwanderungen, hat sich dies inzwischen total geändert. Gerade aus diesem Grunde hatte das Kapital in Deutschland die Asylgesetze überproportional verschärfen und die Grenze von der Polizei überwachen lassen. Aus Sicht des Kapitals ist Deutschland geradezu prädestiniert, den europäischen Polizisten die Grenzüberwachung beizubringen, und wie das Beispiel der Abschiebung in die Wüste von Marokko auch zeigt, auch die Zwangsmaßnahmen bei Überschreitungen der europäischen Grenze. So, wie man die Flüchtlinge in die Wüste abschiebt, so kann man auch ein leckgelaufenes Boot wieder auf das offene Meer zurück schicken. Die Flüchtlinge sollen abgeschreckt werden, in Europa Schutz zu suchen. Die Polizei übernimmt die Drecksarbeit für das Kapital. Wer sich dennoch hierher getraut, dem wird die Luft abgedrückt.

Für die Zukunft wird an eine „Bedarfsorientierheit" für die Unternehmer gedacht. Man denkt an Höchstgrenzen nach Berufen, dem Alter und der Berufserfahrung.

Nicht einmal Herrn Schily und Herrn Schäuble würden wir das Schicksal der Flüchtlinge wünschen, wir wünschen es keinem Menschen.

Ein Ende des Rassismus und der Abschiebungen in Folterländer wird es nur mit dem Ende des Kapitalismus geben. Die Grenzen des kapitalistischen Arbeitsmarktes dürfen wir von der Arbeiterklasse keinesfalls als Merkmal für die Einwanderung begreifen, denn der zwingt die ausländischen Kollegen zu Billiglöhnen und drückt auch den Lohn der heimischen Bevölkerung. Ein Volk, was andere Völker unterdrückt, kann selber nicht frei sein.


Volles Asylrecht!

Stoppt die Abschiebungen!

Grenzen auf für Alle in Deutschland, in Europa und der ganzen Welt!




Norbert Nelte

www.marktende.de



Internationale Sozialisten im Netzwerk Linke Opposition





1 Pro Asyl

2 german-foreign-policy

3 A. Callinicos: "Rasse und Klasse", Köln, IS-Broschüre, S. 23

4 ‘Linke Opposition', theoretisches Organ Internationalen Sozialisen, Nr. 9






[editiert: 23.10.07, 06:14 von bjk]



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TLT


New PostErstellt: 13.04.07, 11:08  Betreff: Re: Abschiebung in den Tod !  drucken  weiterempfehlen

    Zitat:
    Weil in Deutschland der Lebensstandard besonders hoch war, flüchteten die meisten Ausländer hier her,


Ich dachte, die Asylbewerber kommen aus ihren Ländern, weil sie dort politisch verfolgt und ihr Leben bzw. ihre Menschenwürde bedroht wird - oder sind es doch nur einfach Wirtschaftsflüchtlinge?

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Watcher
New PostErstellt: 13.04.07, 16:26  Betreff: Re: Abschiebung in den Tod !  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: TLT
    oder sind es doch nur einfach Wirtschaftsflüchtlinge?
Wenn du in deiner Region keine Arbeit findest, kein Geld mehr hast, Arzt und Medikamente zu bezahlen oder wenigstens Lebensmittel für dich und deine Familie, würdest du dann nicht auch dorthin ziehen wollen, wo du und deine Familie nicht zu verhungern brauchten?!

Denk mal drüber nach, warum hier in Europa niemand verhungern muß, selbst Hartz4Empfänger/innen nicht, so dreckig es diesen sonst auch geht.

Denk mal drüber nach, auf wessen Kosten du dir T-Shirts für 3 Euro, Schuhe für 9 Euro, Handys für 0 Euro, Erdbeeren und Bananen das ganze Jahr und bald noch für 10 Euro in die USA fliegen kannst, von Saufgelagen auf Mallorca und Sexurlaub in Thailand ganz zu schweigen!!! Ach ja, den Safarikurztrip nach Kenia nicht zu vergessen!

Der Reichtum Europas und der USA ist hauptsächlich durch Völkermord, Ressourcendiebstahl, Versklavung, Unterdrückung und Ausbeutung der verbliebenen einheimischen Restbevölkerungen zusammengeraubt worden! Bis heute!!!

Denn müßtest du die tatsächlichen Preise für all die scheinbaren Selbstverständlichkeiten zahlen, wärst du nicht besser dran als die meisten der sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge!

Dieses Unwort wird immer wieder gerne von christlichen Politikern benutzt, die nicht nur die Sprache sondern auch das Gedankengut der Nationalfaschisten längst verinnerlicht haben! Diese menschlichen Polit-Ungeheuer und ihre Strippenzieher fürchten nämlich nichts so sehr, als dass sie von ihrem zusammengeraubten und zusammengemordeten Erbe ihrer Vorfahren ein Fitzelchen zurückgeben müssten! Und ihr Fußvolk, das von deren Kuchenkrümeln lebt, heult begeistert mit: Deutschland den Deutschen und Wirtschaftsflüchtlinge raus:

Zum Kotzen dieses Doitschland und diese Doitschen!
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TLT


New PostErstellt: 16.04.07, 08:50  Betreff: Re: Abschiebung in den Tod !  drucken  weiterempfehlen

Wenn es denn so zum "Kotzen" ist, meinst Du nicht, das Du in anderen Ländern ggf. glücklicher leben würdest?

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bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 16.04.07, 10:40  Betreff:  An TLT und andere, neu hinzugekommene Provokateure  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: TLT
    ... meinst Du nicht, das Du in anderen Ländern ggf. glücklicher leben würdest?
... hallo TLT, watcher hat Dir geantwortet, wie ich es so ähnlich auch formuliert hätte. Statt auf seine Hinweise und Argumente einzugehen bzw. sachlich gegenzuhalten, hast Du wie schon in Deinem Eingangsbeitrag nur rassistische, hart im Grenzbereich zum faschistoiden Gedankengut befindliche Plattheiten zu bieten. Meinst Du nicht, daß Du in anderen Foren ggfs. "glücklicher leben" würdest? Ich werde Dir und anderen, in den letzten Tagen neu hinzugekommenen Schreibern jedenfalls keine Plattform für weitere hohle Neonaziphrasen geben.

bjk
ALG II-Unterschichtler



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TLT


New PostErstellt: 16.04.07, 11:41  Betreff: Re: Abschiebung in den Tod !  drucken  weiterempfehlen

Sorry,
ich wollte mit meinem Posting niemanden auf die Füße treten, ich bin davon ausgegangen, das ein "politisches Forum" zum Austausch unterschiedlicher Meinungen dient, nicht zum Lobpreisen einer Meinung.

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unGEZogen

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New PostErstellt: 16.04.07, 12:36  Betreff: Re: Abschiebung in den Tod !  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: TLT
    Sorry,
    ich wollte mit meinem Posting niemanden auf die Füße treten, ich bin davon ausgegangen, das ein "politisches Forum" zum Austausch unterschiedlicher Meinungen dient, nicht zum Lobpreisen einer Meinung.
was ist denn an sätzen wie

"Ich dachte, die Asylbewerber kommen aus ihren Ländern, weil sie dort politisch verfolgt und ihr Leben bzw. ihre Menschenwürde bedroht wird - oder sind es doch nur einfach Wirtschaftsflüchtlinge?"

und

"Wenn es denn so zum "Kotzen" ist, meinst Du nicht, das Du in anderen Ländern ggf. glücklicher leben würdest?"

meinung? ich sehe das wie bjk, deine provo-sätze sind rassistisch-faschistoides gedankengut, wie es die filbingers, die oettingers und andere aus der sogenannten mitte manneszüchtiger doitscher nicht nur in diesem ihrem ländle ganz ungeniert und offen verbreiten. der schoss ist fruchtbar noch und die ratten kriechen wieder frech aus ihren löchern.

lies übrigens mal, was oben in der headline über "rassistische u/o faschistische Inhalte" steht. geht kacken, ihr oettingers, filbingers und konsorten!

meint
unGEZogen



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bjk

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New PostErstellt: 02.06.07, 21:05  Betreff:  hiergeblieben-Demo am 1. Juni in Berlin - Fotobericht  drucken  weiterempfehlen




H I E R G E B L I E B E N - Teil 1


... gestern, am 1. Juni, wurde in Berlin-Köpenick im Müggelheim die Innenministerkondferenz zum Thema "Zuwanderungsgesetz" abgehalten
... der Name des Gesetzes ist typisch verniedlichendes Wischiwaschi-Polit-Neusprech, es muß in Wahrheit Zuwanderungsverschlechterungsgesetz heißen, denn erschwert wird:
° der Familiennachzug
° die Einbürgerung für junge MigrantInnen
° es finden Sanktionen bei Nichtteilnahme an sogenannten Integrationskursen statt
° es gibt verminderten Leistungsbezug auf 4 Jahre für nicht anerkannte Flüchtlinge
° die Ausweisung wird verschärft
° es gibt keine effektive Bleiberechtsregelung
° es gibt keine Regelung für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge, wie Kranke, Traumatisierte, Alte, Erwerbsunfähige und und und

... im Link http://www.schaeuble-reisen.de/ kann mensch sich informieren und auch gleich 4 Reisen zu Mörderpreisen von Schäuble-Reisen "buchen"
... gegen dieses schändliche Gesetzesvorhaben haben gestern, am 1. Juni, mehrere Organisationen, u.a. http://www.hier.geblieben.net/ und http://demos.bleiberechtsbuero.de/ , zu einer Kundgebung auf dem Alexanderplatz ab 16:30 Uhr mit anschließender Protestdemo zum Brandenburger Tor aufgerufen
... als ich gegen 16:40 Uhr eintraf, hatten sich bereits mehrere hundert TeilnehmerInnen versammelt
... auf dem Lauti gab dann eine engagierte Theatergruppe des Mitveranstalters Grips-Theaters mehrere eindrucksvolle Proben ihres Könnens, u.a. wurde die schlimme Situation von in Deutschland geborenen jungen MigrantInnen herausgestellt, die von brutaler Abschiebung bedroht sind (Foto 13 - 14k)
... dazwischen und danach auf der gesamten Demo-Wegstrecke gab es immer wieder bewegende und interessante Redebeiträge, die das ganze Spektrum von MigranteInnen, Abschiebungen über Sozialkahlschlag bis hin zu Rostock und G 8 abdeckten
... vom Alex startete dann so gegen 17:30 Uhr die Protestdemo zunächst ohne Lauti wegen zu enger Starßenverhältnisse am Roten Rathaus vorbei in Richtung Brandenburger Tor, die Zahl der TeilnehmerInnen wuchs trotz Rostock auf ungefähr 400 - 500 Personen an
... nach kurzem Zwischenstop auf der Spandauer Straße, wo sich die Lautis wieder einordneten, ging es an der Ruine vom "Palast der Republik" vorbei am Zeughaus, dem Reiterdenkmal Friedrichs des Großen bis zur Zwischenkundgebung auf der Kreuzung "Unter den Linden" / Friedrichstraße
... kurz vor 19 Uhr trafen wir dann auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor zur Abschlußkundgebung ein
... abschließend ein dickes Lob an die Veranstalter, denn Kundgebung und Demo wurden hervorragend durchgeführt, deshalb gab's bei uns TeilnehmerInnen sowieso aber auch ganz besonders beim Straßenpublikum stets große wohlwollende Aufmerksamkeit

bjk
ALG II-Unterschichtler

















































die junge Frau setzt zum Radschlagen an


nach dem gelungenen ersten folgt das zweite Radschlagen








































(Teil 2 der Fotoimpressionen folgt in Kürze)





[editiert: 02.06.07, 21:43 von bjk]
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bjk

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New PostErstellt: 02.06.07, 21:33  Betreff:  Re: hiergeblieben-Demo am 1. Juni in Berlin - Fotobericht  drucken  weiterempfehlen




H I E R G E B L I E B E N - Teil 2




Zwischenstop auf der Spandauer Straße, die Lautis ordnen sich wieder in die Demo ein












































Zwischenkundgebung auf der Kreuzung "Unter den Linden" / Friedrichstraße























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bjk

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New PostErstellt: 21.09.07, 10:37  Betreff:  Re: Abschiebung in den Tod !  drucken  weiterempfehlen

kopiert aus: http://www.jungewelt.de/2007/09-20/046.php



Der Freiheit beraubt

Abschiebepraxis in Deutschland

Von Elke Groß



Die Abschiebehaft für abgelehnte Asylbewerber und Einwanderer ohne gültige Papiere soll in ganz Europa künftig bis zu anderthalb Jahre dauern können. Das beschloß vor kurzem der Innenausschuß des Europäischen Parlaments in Brüssel. Die Abgeordneten änderten einen entsprechenden Gesetzentwurf der EU-Kommis­sion, der höchstens sechs Monate Abschiebehaft vorsah. In Deutschland ist es schon jetzt erlaubt, Abschiebehäftlinge bis zu 18 Monaten einzusperren – mit oft katastrophalen Folgen für die Betroffenen.

Das Gelände ist von fünf Meter hohen Betonmauern mit dreifachem NATO-Stacheldraht umgeben; zusätzlich sorgen Metallzäune und Kameraüberwachung, Schranken und vergitterte Fenster dafür, daß hier niemand ausbrechen kann. Das Abschiebegefängnis im rheinland-pfälzischen Ingelheim, das im Behördendeutsch »Gewahrsam für Ausreisepflichtige« heißt, ist eines der modernsten seiner Art in der Republik. Es wurde im Jahr 2001 in Betrieb genommen und gleicht einem Hochsicherheitstrakt. Doch sitzen hier keine gefährlichen »Schwerkriminellen« ein, sondern Menschen, deren einziges »Verbrechen« darin besteht, daß sie Deutschland nicht freiwillig verlassen wollen. Viele der Betroffenen haben Angst, in ihrem jeweiligen Herkunftsland Opfer von staatlicher Gewalt und Menschenrechtsverletzungen zu werden. Andere leben schon seit Jahren in Deutschland, ihre Kinder gehen hier zur Schule; die Zukunft in ihrem Herkunftsstaat, mit dem sie nur noch der Paß verbindet, erscheint ihnen ungewiß. Damit sie nicht irgendwo untertauchen und sich so dem Zugriff der abschiebenden Behörde entziehen, werden sie »in Gewahrsam« genommen.

Die Abschiebehaft wird teilweise in Gefängnissen, zusammen mit dem normalen Strafvollzug, durchgeführt, oder die Häftlinge landen in Untersuchungshaft oder im Polizeigewahrsam. In einigen Bundesländern gibt es wie gesagt besondere Abschiebehaftanstalten.

Das im Jahr 2001 in Betrieb genommene Abschiebegefängnis in Ingelheim etwa kann insgesamt 150 »Ausreisepflichtige« aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland aufnehmen; derzeit sind dort rund 50 Menschen inhaftiert, fast nur Männer. In der Justizvollzugsanstalt (JVA) Büren – nahe dem nordrhein-westfälischen Paderborn – steht das größte Abschiebegefängnis Deutschlands; hier gibt es 530 Plätze, ausschließlich für männliche Häftlinge. Jedes Jahr durchlaufen etwa 3 500 Abschiebehäftlinge allein diese Anstalt. Weibliche Abschiebegefangene werden unter anderem in der zweiten Abschiebehaftanstalt Nordrhein-Westfalens, in Neuss, untergebracht. Weitere solcher Spezialgefängnisse existieren auch in Berlin-Köpenick, Eisenhüttenstadt (Brandenburg), Offenbach am Main (Hessen), Langenhagen (Niedersachsen) und Rendsburg (Schleswig-Holstein).


Regierung gibt sich ahnungslos

Über die genaue Zahl der in Deutschland im Laufe eines Jahres inhaftierten Flüchtlinge gibt es keine bundesweite Statistik. Im vergangenen Jahr hatte die Bundestagsfraktion Die Linke eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung zum Thema Abschiebehaft gerichtet; darin waren 18 Fragen aufgelistet, unter anderem wurde nach Anzahl, Altersgruppen und Geschlecht der Abschiebehäftlinge in den einzelnen Bundesländern gefragt, des weiteren nach Rechtsgrundlagen der richterlichen Haftanordnungen, nach der Dauer der Abschiebehaft, nach Entlassungen wegen Undurchführbarkeit der Abschiebung, nach Betreuungsmöglichkeiten für Schwangere oder für Eltern mit Kindern in der Haft, nach der Anzahl verletzter oder getöteter Häftlinge sowie nach Privatisierungen von Abschiebegefängnissen. Doch offenbar sah sich die Bundesregierung nicht in der Lage, auch nur eine einzige der Fragen zu beantworten. In der Vorbemerkung zur Antwort der Bundesregierung heißt es lapidar: »Für die Anordnung und den Vollzug von Abschiebungshaft sind die Länder zuständig (…). Der Bundesregierung liegen daher Angaben zur Gesamtzahl der sich gegenwärtig in Abschiebehaft befindlichen Ausländer ebensowenig vor wie nähere Angaben zu den rechtlichen Grundlagen für die Durchführung von Abschiebehaft in den Ländern bzw. zu den dortigen Vollzugsmodalitäten. (…) Zu den Fragen 1 bis 18 wird auf die Vorbemerkung verwiesen.« Mit dem Verweis auf Nichtzuständigkeit wollte man anscheinend schnell ein unliebsames Thema vom Tisch bekommen. Dabei erstaunt dieses Vorgehen der CDU/CSU-SPD-Koalition um so mehr, als man dort zur gleichen Zeit offenbar über genügend Sachkenntnis zum selben Thema verfügte, um einen Referentenentwurf zum Aufenthaltsrecht vorzulegen, mit dessen Umsetzung sich unter anderem die Abschiebepraxis absehbar weiter verschärfen würde.

Ebenfalls in Erstaunen versetzt die Tatsache, wie das Bundesinnenministerium (BMI) die grundsätzliche Kritik von Nichtregierungsorganisationen an der Abschiebungspraxis in Deutschland zurückweisen konnte, obwohl das BMI angeblich bis heute keinen ausreichenden Überblick über die notwendigen Fakten hat. Denn in jüngster Zeit, so hatte der Deutsche Caritasverband in einer Stellungnahme argumentiert, habe sich diese Abschiebungspraxis verschärft, und die Abschiebungshaft werde zu schnell, zu häufig und zu lange beantragt. Das BMI hatte diese Kritik implizit zurückgewiesen, wohlgemerkt ohne nach eigenen Angaben die Fakten zur Abschiebungspraxis im einzelnen auf dem Tisch zu haben. Auf Nachfrage der Linksfraktion, wie die Regierung ohne Kenntnis entsprechender Daten die Kritik von Nichtregierungsorganisationen an der Abschiebehaft einfach zurückweisen konnte, erklärte die Bundesregierung erneut ihre grundsätzliche Haltung, daß »Abschiebungshaft ein legitimes Mittel des Rechtsstaats ist, bestehende Ausreisepflichten durchzusetzen und kontrolliert durchzuführen.« Der Staat müsse zur Steuerung und Begrenzung von Zuwanderung tatsächlich auch in der Lage sein, betonte das Schäuble-Ministerium in seinem Evaluierungsbericht zum Zuwanderungsgesetz: »In diesem Sinne ist die konsequente Durchsetzung der Ausreisepflicht mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln des Rechtsstaats gegenüber Ausländern geboten, die kein Recht zum Aufenthalt oder weiteren Verbleib in Deutschland haben.«

Infolge »konsequenter Durchsetzung der Ausreisepflicht« werden nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International jedes Jahr 20000 bis 30000 Menschen in Deutschland in Abschiebehaft genommen. Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst geht sogar von rund 40000 Betroffenen aus; darunter sind auch Kinder. Deutschland ist neben Österreich das einzige Land in Europa, das auch Kinder und Jugendliche in Abschiebehaft nimmt. So befanden sich laut Bundesinnenministerium im Jahr 2004 mindestens 320 Jugendliche in Abschiebehaft, 110 davon allein in Berlin.

Gesetzliche Grundlage für die Abschiebehaft ist Paragraph 62 des Aufenthaltsgesetzes, das als Teil des Zuwanderungsrechts seit 2005 in Kraft ist: Wenn ein Flüchtling beispielsweise ohne Erlaubnis nach Deutschland eingereist ist oder sich der »freiwilligen« Abschiebung auf irgendeine Weise entzogen hat, oder wenn die Behörden den »begründeten Verdacht« hegen, daß sich jemand der Abschiebung entziehen will, kann er auf richterliche Anordnung in sogenannte Sicherungshaft genommen werden. Er bleibt dann so lange inhaftiert, bis die Behörden die organisatorischen Voraussetzungen für die Abschiebung getroffen haben; dazu gehört etwa, die Herkunft des Häftlings zu klären oder nötige Reisedokumente zu beschaffen. Die Abschiebehaft kann bis zu 18 Monate dauern; damit zählt Deutschland im europäischen Vergleich zu den Ländern mit den längsten Haftzeiten. In Österreich zum Beispiel darf die Abschiebehaft zehn Monate innerhalb von zwei Jahren nicht überschreiten, in Dänemark sind es sogar nur 72 Stunden.

Nicht bei allen Häftlingen steht am Ende der Inhaftierung die Abschiebung. So kommen in der JVA Büren nach offiziellen Angaben auf 200 Abschiebungen pro Monat zirka 50 Entlassungen. Nach inoffiziellen Schätzungen werden aus dem Bürener Gefängnis sogar regelmäßig 30 bis 40 Prozent der Inhaftierten ohne Abschiebung aus der Haft entlassen. Für das Land Berlin wird dieselbe Größenordnung genannt. Und auch in der Abschiebehaftanstalt in Ingelheim wurden von 200 Menschen, die eine Rechtsberatung erhielten, laut Angaben des Flüchtlingsrates Mainz wann 90 wieder freigelassen. Eine Abschiebung kann in solchen Fällen nicht vorgenommen werden, wenn etwa keine Rückreisepapiere ausgestellt werden können oder wenn durch Beschwerdeverfahren die Aufhebung des gerichtlichen Beschlusses erwirkt wurde. In Ingelheim wurden sogar Fälle bekannt, bei denen die Rechtswidrigkeit der Abschiebehaft festgestellt worden war, nachdem die betroffenen Personen bereits abgeschoben waren.

Es ist also davon auszugehen, daß ein nicht unerheblicher Prozentsatz der Häftlinge in deutschen Abschiebegefängnissen zu Unrecht inhaftiert ist. Wegen des erlittenen Unrechts in der Haft haben diese Menschen dennoch keinen Anspruch auf Haftentschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG). Denn die Abschiebehaft gilt rechtlich gesehen nicht als Strafe, auch wenn es den Anschein hat. Die Betroffenen können jedoch unter Umständen – mit Hilfe eines erfahrenen Anwalts –auf zivilrechtlichem Weg Schadensersatz erlangen – im Wege der Amtshaftung oder nach Artikel 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention.


Häftlinge tragen Kosten

Wie bei einem Verwaltungsakt durchaus üblich, werden die anfallenden Kosten für Haftaufenthalt und Abschiebung grundsätzlich den »Verursachern« auferlegt, das heißt wer von den deutschen Behörden in Abschiebehaft genommen wird, ist gesetzlich verpflichtet, auch noch dafür zu zahlen. So war bei Häftlingen im Berliner Abschiebegewahrsam im Jahr 2005 anteilig für Wachpersonal, medizinische Betreuung, Sachkosten, Verpflegung und Fernsehbenutzung ein Tagessatz von 65,99 Euro fällig. Bei einem drei- bis sechsmonatigen Aufenthalt kommen Summen von 6 000 bis 12 000 Euro zusammen; nach 18 Monaten Abschiebehaft sind über 35 000 Euro (!) fällig. Bei einer Abschiebung kommen noch Kosten für Flug– und Transport sowie für eine amtliche Begleitung hinzu.

Damit die Betroffenen nach einer erfolgten Abschiebung in ein mehr oder weniger fremdes Land nicht völlig mittellos sind, dürfen sie eine geringe Summe behalten. »Ein Selbstbehalt in Höhe von derzeit 85,00 Euro wird belassen, um zu gewährleisten, daß die betroffene Person nach Abschiebung über Barmittel verfügt.«1 Nach der Abschiebehaft sind die Flüchtlinge oft immens verschuldet. Wer nach einer erfolgten Abschiebung irgendwann auf legalem Weg wieder nach Deutschland einreisen will, muß zuvor seine Schulden bei der Bundesrepublik Deutschland bezahlen.

Im Februar 2006 hatte ein 63jähriger Häftling im Abschiebegewahrsam in Berlin-Köpenick einen Selbstmordversuch unternommen, nachdem ihm mitgeteilt worden war, daß er die hohen Kosten seiner Unterbringung selbst zu tragen habe. Anschließend kam es dort zu einer Häftlingsrevolte; 14 Flüchtlinge traten in einen Hungerstreik.

Die Haftbedingungen in den Abschiebegefängnissen werden von den Betroffenen meist als extrem belastend erlebt. Für viele Abschiebegefangene ist es das erste Mal, daß sie mit einem Gefängnis in Kontakt kommen. »Warum bin ich im Gefängnis? Ich habe doch nichts verbrochen?« Diese Frage hören Flüchtlingsbetreuer oft. Viele Abschiebehäftlinge sind stark verunsichert, auch weil sie das komplizierte rechtliche Verfahren und die Gründe für die Inhaftierung nicht verstehen. Die wenigsten Gefangenen können sich einen Anwalt oder einen Dolmetscher leisten, die Schreiben von Gerichten oder Ausländerbehörden sind für sie meist nicht verständlich. Auch wissen sie nicht, wie lange sie im Gefängnis bleiben müssen.

Die Unterbringung in den Hochsicherheitstrakten, hinter verschlossenen Türen und vergitterten Fenstern, ist für die allermeisten ein Schock. Die im Abschiebegefängnis Ingelheim tätige Sozialarbeiterin Katja Bramert zitiert in ihrem Referat, das sie bei der Tagung »Abschiebungshaft in Rheinland-Pfalz« im Februar 2004 gehalten hat, aus Briefen von Inhaftierten. Ein Zitat stammt von einem afrikanischen Flüchtling, der sich an den Tag seiner Ankunft im Gefängnis erinnert: »In Ingelheim wurde ich sofort in einen Raum geführt, der für einen Menschen ungeeignet ist. Und die Tür fiel hinter mir ins Schloß. Ich war von Anfang an nervös und deprimiert. Es war einfach absurd und unglaublich, daß ein Mensch, der nichts verbrochen hatte, solch einer Situation ausgeliefert sein konnte. Ich weinte die ganze Nacht.«

Nach Angaben der Sozialarbeiterin sind die Abschiebegefangenen in der Gewahrsamseinrichtung in Ingelheim »einem strikten Tagesablauf und einer permanenten Kontrolle unterworfen, die sich an administrativen Bedürfnissen orientiert und jegliche Bewegungsfreiheit und Entfaltungsmöglichkeit unmöglich macht.« Bramert zufolge können sich die Gefangenen nur höchstens anderthalb Stunden täglich im Freien aufhalten. »Dieser Hofgang findet in einem kleinen, hoch eingezäunten ›Käfig‹ zu festgelegten Zeiten am Vormittag statt. Davor patrouilliert das Wachpersonal mit Hunden. Bei schlechtem Wetter gibt es keine Ausweichmöglichkeit, das Wasser sammelt sich in Pfützen.« Ein algerischer Gefangener schreibt dazu: »Im Hof sind wir eingekreist von Hunden, so daß man glauben könnte, es gibt einen Krieg gegen Ausländer. Warum stecken Sie Menschen in einen Käfig, nur weil sie Asyl beantragt haben?«


Revolten und Hungerstreiks

Da auch in vielen anderen Abschiebehaftanstalten in Deutschland ähnliche Bedingungen wie in Ingelheim herrschen, kommt es seit Jahren immer wieder zu Häftlingsrevolten oder Hungerstreiks. Auch der Menschenrechtskommissar des Europarates, der Schwede Thomas Hammarberg, bestätigt in seinem erst vor kurzem veröffentlichten Bericht über einen Besuch in Deutschland im Oktober 2006: Das Gefängnispersonal der bayerischen Justizvollzuganstalt Stadelheim habe ihn darüber informiert, daß einige Abschiebungshäftlinge »einem enormen psychischen Druck ausgesetzt seien und daß eine Gruppe von Häftlingen sich kürzlich in einen Hungerstreik begeben habe«.

Manche Abschiebehäftlinge richten ihre Wut und Verzweiflung über die Haftbedingungen und ihre eigene ausweglose Lage nicht nach außen, sondern gegen sich selbst: Sie überschütten sich mit kochendem Wasser, schneiden ihre Arme auf, oder sie versuchen, auf irgendeine Weise Selbstmord zu begehen. Nach Angaben der Antirassistischen Initiative Berlin haben seit der faktischen Abschaffung des Asylrechts im Jahr 1993 bis zum Jahr 2006 mindestens 400 Menschen in Abschiebehaft versucht, sich umzubringen; sie überlebten zum Teil schwerverletzt. Mindestens 50 Abschiebehäftlinge sind durch Selbstmord gestorben. Im selben Zeitraum wurden 129 Flüchtlinge durch Bewachungspersonal in der Haft verletzt.

Die restriktive Praxis der Abschiebehaft in Deutschland ist dem Anschein nach darauf angelegt, politisch gewollten Druck auf Flüchtlinge auszuüben. Die Abschiebehaft soll abschreckend wirken, unter anderem, damit die Betroffenen nach einem abgelehnten Asylantrag das Land »freiwillig« verlassen. Das bestätigte schon vor Jahren der damalige Justizminister von Baden-Württemberg und Bruder des jetzigen Bundesinnenministers, Thomas Schäuble. In einem Artikel der Schwäbischen Zeitung vom 9. November 1994 heißt es: »Minister Schäuble betont, die Abschiebehaft gebe es auch deshalb, um die Motivation für andere Ausländer nicht wegfallen zu lassen, Deutschland kontrolliert und freiwillig zu verlassen, wenn ihr Asylbegehren abgelehnt wurde.«

Durch die belastenden Haftbedingungen und die zum Teil sehr lange Haftdauer sollen Flüchtlinge möglicherweise auch dazu gebracht werden, die nötigen Auskünfte zur Beschaffung von Ausweispapieren zu geben oder auf andere Art mitzuwirken, daß die Abschiebung schneller erfolgen kann. In Fällen langer Haftdauer, so die Einschätzung von Flüchtlingsorganisationen wie dem Berliner Flüchtlingsrat oder der Initiative gegen Abschiebehaft, hat der »Gewahrsam« oft den Charakter einer Beugehaft.

Die lange Haftdauer in deutschen Abschiebegefängnissen wird auch vom EU-Menschenrechtskommissar gerügt. In Hammarbergs Bericht heißt es: »Der Kommissar ist fest davon überzeugt, daß die Abschiebungshaft ausschließlich zur Anwendung gelangen soll, wenn sie umfassend gerechtfertigt und es klar ist, daß die Abschiebung tatsächlich in unmittelbarer Zukunft durchgeführt werden kann. Sie darf nicht zum Ziel haben, den abgelehnten Asylbewerber unter Druck zu setzen, damit er mit den Behörden zusammenarbeitet, um den Abschiebeprozeß zu befördern.« Der EU-Menschenrechtskommissar fordert daher die deutschen Behörden auf, »die Abschiebungshaft – wann immer möglich – auf einige Wochen anstatt auf mehrere Monate zu beschränken.«


Weitere Verschärfungen

Angesichts anhaltender Proteste von Flüchtlingshilfsorganisationen – und von seiten der Gefangenen selbst – hatte die damalige SPD-Grünen-Bundesregierung schon in ihrer ersten Koalitionsvereinbarung im Jahr 1998 das Versprechen abgegeben, die Dauer der Abschiebehaft »im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes« zu überprüfen. Das Versprechen wurde jedoch nicht eingelöst, konstatieren Flüchtlingsorganisationen wie der Jesuiten-Flüchtlingsdienst. Aber auch die große Koalition hegt bislang keinerlei Absichten, die Haftdauer zu verkürzen. Entschärfungen des Aufenthaltsgesetzes – Rechtsgrundlage der Abschiebehaft – sind nicht vorgesehen. Auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Deutschen Bundestag, ob die Bundesregierung plane, den Vorzug »milderer Maßnahmen« (wie etwa die Unterbringung in anderen Einrichtungen als Abschiebehaftanstalten) festzuschreiben, heißt es: »Nein. Hierfür besteht kein Erfordernis, weil der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz von Verfassungs wegen Richtschnur für jegliches staatliches Handeln ist.«

Die Effektivität »staatlichen Handelns« in der Flüchtlingspolitik zu erhöhen, bedeutet für die große Koalition offenbar, weitere Verschärfungen im Ausländerrecht durchzusetzen. So wurde kürzlich im Bundesrat das »Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien, das sogenannte Zuwanderungsänderungsgesetz« verabschiedet, das erhebliche Verschlechterungen für Flüchtlinge und Migranten enthält. Danach soll es künftig möglich sein, Flüchtlinge schon an der Grenze zurückzuweisen, wenn es auch nur »Anhaltspunkte« dafür gibt, daß ein anderer Staat für sie zuständig sein könnte. Ein Flüchtling soll dann auf richterliche Anordnung in sogenannte Zurückweisungshaft genommen werden können, die ohne zeitliche Begrenzung vorgesehen ist. Einen Eilrechtsschutz mit aufschiebender Wirkung soll es nicht mehr geben. Deutschland schottet sich noch weiter gegenüber Asylsuchenden ab.

In der Flüchtlingshilfe engagierte Organisationen betonen den Zusammenhang zwischen der restriktiven Abschiebepraxis im Inneren einerseits und den scharf bewachten Außengrenzen der »Festung Europa« andererseits, an denen immer wieder Menschen bei dem Versuch sterben, das in ihren Augen verheißungsvolle Europa zu erreichen. Das Europäische Netzwerk UNITED, ein europaweiter Zusammenschluß von mehr als 550 Organisationen, die sich gegen Nationalismus, Rassismus und Faschismus und für die Unterstützung von Migranten und Flüchtlingen engagieren, veröffentlicht jedes Jahr eine aktualisierte Liste von Fällen, bei denen Menschen infolge der Abschottungspolitik der EU ihr Leben verloren haben. Seit Anfang 1993 sind mehr als 8 800 solcher Todesfälle dokumentiert.

1 Abgeordnetenhaus Berlin, Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Hopfmann (Linkspartei.PDS), Berliner Abschiebungshaftkosten, 17.Mai 2006;
Drucksache 15/13 505



Elke Groß arbeitet als freie Journalistin beim WDR und ist Rechercheurin beim Politmagazin »Monitor«. Eine Langfassung des Artikels erscheint in der neuen Web-Zeitung Hintergrund.de.



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