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Wenn der Sozialstaat kippt

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bjk

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New PostErstellt: 13.01.05, 14:57  Betreff:  Hartz Erfolg! Weniger Arbeitslose - neue Lügenkampagne der Sozialverbrecher!  drucken  weiterempfehlen

kopiert aus: http://www.de.indymedia.org/2005/01/103880.shtml




Hartz Erfolg! Weniger Arbeitslose

von freebse - 13.01.2005 03:12

Hartz 4 ist ein voller Erfolg, so werden die Politiker im Februar die Senkung der Arbeitslosenzahlen verkuenden.
Die Bundesregierung, sowie die Anstalt fuer Arbeitslose wird im Februar einen ersten Erfolg verkuenden. Die Arbeitslosenzahlwurde wurde gesenkt. Es gibt deutlich weniger Arbeitslose als im Vormonat. Auch im jahresvergleich wurde einiges bewegt.

Hierzu ein Beispiel:

Ein Genosse hatte ca 12 Jahre gearbeitet. Nun hat er privat fuer seine Rente vorgesorgt mit Bausparvertraegen und Lebensversicherungen. Nun hat er noch ca. 25.000 Euro ueber. Diese verbraucht er nun erstmal, denn sein Antrag auf Arbeitslosenhilfe (nun Hartz-Geld) gibt er gar nicht ab. Dies koennte er zwar tun, aber er wuerde genoetigt werden erstmal seine Ersparnisse aufzubrauchen.

Nun bitte ich alle von Ergaenzungen abzuzsehen, wie z.B. naja er hat wenigstens noch Kohle, oder wie kann man seine Kohle in so einen Scheiss wie Lebensversicherungen und Bausparvertraege packen.

Auch habe ich wenig Sachkenntnis von der Sache, ob er mit einer Anmeldung vielleicht wenigstens seine Krankenversicherung bezahlt bekommt, ob er irgeneinen Vorteil fuer seine staatliche Rente geniest, oder ob er damit Wohngeld beantragen kann. Dies ist mir unklar, tut aber auch erstmal nichts zur Sache, denn mittlerweile kenne ich einige Leute den es genauso geht. Diese melden sich gleich nicht fuer Hartz an. Eine Beduerftigkeitspruefung wuerde bei Ihnen nichts bringen.

In einer der 10 groessten Staedte der BRD sind das einige Leute. Davon abgesehen sind viele Ehepartner betroffen. Auch andere Leute fallen aus dem System herraus. Mir persoenlich sind nun schon 10 Faelle bekannt. Und ich habe weder beruflich damit zu tun, noch angagiere ich mich in Arbeitslosenprojekten. Ich moechte damit sagen, es ist eine grosse Zahl. Diese Leute werden dann im Februar, nach Eintreffen der ersten Zahlen, als Erfolg verbucht.

ICH BITTE DIES ZU BEACHTEN UND DAGEGEN VORZUGEHEN. Das ist staatliche Verarsche. So werden auch Leute, die eine gewisse Stundenzahl arbeiten (ich glaube 16h in der Woche, bitte berichtigen falls Fehler in der Zahl) nicht als Arbeitslose gefuehrt. Damit fallen im Prinzip in Zukunft alle 1 Euro Jober raus. Wie in der Vergangenheit schon werden Umschueler und Kurs-Beleger nicht mitgezaehlt.

Die eigentliche Zahl liegt damit weit ueber der offizielen. Auch werden Leute nicht mitgezaehlt, die vorruebergehend bei McDonalds arbeiten, oder sich mit 2 oder 3 400 Euro Jobs ueber Wasser halten. Diese greifen aber auf den selben Arbeitsmarkt zu. Es werden immer weniger, die nicht nach einer anstaendigen Stelle suchen. Man kann auch fast alle Zeitarbeiter dazuzaehlen. Denn sobald diese eine andere Stelle angeboten kriegen, wechseln sie. Auch diese greifen auf den selben Pool an freien Arbeitsstellen zurueck. Dann noch viele Leute die weniger bezahlt bekommen, auch diese bewerben sich auf hoeher bezahlte gleiche Stellungen.

Es gibt kaum Leute, die mit ihrer Arbeit vollendends zufrieden sind, so dass sie sich nicht mehr bewerben und als "nicht arbeitssuchend" gezaehlt wuerden koennten.

Aber die Regierung wird uns alles geschoent als ersten Erfolg verkaufen. Sehen Sie meine Damen und Herren, das sind die ersten Erfolge von Hartz 4.

Dieser Meinungsmache gilt es entschieden entgegen zutreten. Zumal davon auszugehen ist, dass sich auch die Presse (Bild, abert auch "serioese" Zeitungen wie Frankfurter Allgemeine und natuerlich die Gruner & Jahr Erzeugnisse Spiegel und Stern) dieser Meinungsmache anschliesst.

Und die Buerger muessen informiert werden, denn viele glauben an solche Scheisse. Leider gibt es immer noch Leute, die eben ihre Informationen ausschliesslich aus RTL, SAT.1, ARD, ZDF und Bild und wie sie alle heissen beziehen. Diese werden massiv getaeuscht. Und nicht nur diese, viele sogenannte Experten werden in die selbe Kerbe hauen und behaupten es wuerde sich um einen ersten Erfolg von Hartz handeln.

Selbst Studien werden auftauchen, die genau dies bestaetigen. Nicht erst seit Hartz gibt es regierungsfreundliche Institutionen, die Gutachten erstellen, die je nach Lage gut ausfallen. Nur diesmal und auch in einigen Faellen vorher kann man nicht damit rechnen, dass es von der Opposition massiven Protest gibt. Somit werden alle Parteien im Bundestag (vielleicht mit Ausnahme der PDS, mal sehen) hinter dieser Scheisse stehen, immerhin handelt es sich bei Hartz 4 um ein gemeinsames Kind.

Auch vbon Gewerkschaftsseite kann man nichts erwarten. Denn auch die im DGB zusammengeschlossen Gewerkschaften stehen hinter Hartz 4, zumindest deren Bundesverbaende.

Somit ist es noetig das wir gegen diese Fehlinformation vorgehen. Denn erste Erfolgsmeldungen werden ein Klima der Legitimation fuer weitere Einschnitte schaffen. Diese sind bereits in Agenda 2010 verpackt. Nun gilt es dafuer eine breite Mehrheit zu schaffen. Dies sind die Anfaenge. Leider hat der Protest, und da machen wir uns bitte nichts mehr vor, gegen Hartz 4 keinen Erfolg gehabt. Aus welchen Gruenden auch immer ist er gescheitert. Daran aendert auch Agenturschluss und andere Aktionen nichts mehr.

Nun gilt es wenigstens weitere Einschnitten entgegenzutreten und die Falschinformation zu stoppen.

Damitr verbleibe ich mit der Hoffnung auf eine bessere Zeit und mehr Protesten in der Zukunft. Denn das war erst der Anfang und leider hat er kaum Widerstand erzeugt. Stueck fuer Stueck wird es weitergehen. Das sollten alle begreifen.

Ich bitte auch einige andere Pukte zu beachten, nur das hat mit dem Thema nichts zutun.

Ab 1.1.2005 gilt fuer die Kommunikationsbelauschung und -bespitzelung kein richterliches Urteil mehr. Vielmehr duerfen Polizei und verschiedene andere Behoerden ohne richterliche Verfuegung z.B. Telefone abhoehren. Komplette Rufnummern werden ab sofort gespeichert usw.

Aber darueber schreibe ich vielleicht mal einen neuen Bericht.

Nur damit meine ich, dass es dagegen auch kaum Proteste gab, vielen Leuten duerfte dieses auch neu sein. Auch wird es in der Presse kaum erwaehnt. Es ist untergegangen. Genauso werden die geschoenten Zahlen untergehen und die Schicksale die dahinter stehen interessieren eh keine Sau.

So verhaellt sich das auch mit dem Genossen, viele werden sagen, na und, der hat doch noch ca. 25.000 Euro auf der hohen Kante. Ich habe nichts, also was soll der Scheiss. Darum geht es aber nicht. Informiert die Leute, jetzt und dauernd.

HARTZ 4 IST ERST DER ANFANG.
GEGEN FALSCHINFORMATION UND LUEGEN DER REGIERENDEN

e-Mail:: ¦


===============================================

ERGÆNZUNGEN


@freebse - Infos gut zusammengestellt

bjk 13.01.2005 11:47

Du hast völlig recht, freebse, wir - die Engagierten - müssen wieder und immer wieder in der Wunde rühren, z. B. hier über indymedia als Multiplikator-Plattform! Denn nur so besteht die Chance, die Gehirnwäsche durch die gezielten, lagezentrumsgesteuerten Falschmeldungen in den Medien zu neutralisieren - oder wenigstens gegenzuhalten.

Deshalb ist es so wichtig, daß wir, die wir eine sozial gerechte Politik für Menschen und nicht für skrupellose Profithaie wollen, uns vernetzen, Informationen austauschen, politische und soziale Schweinereien anprangern, auf die Straße gehen, Aktionen des zivilen Ungehorsams durchführen und begleiten. - Kurz, daß wir den gemeinsamen Feind auch gemeinsam bekämpfen, nämlich den Raubtierkapitalismus, der uns die Menschenwürde stehlen und uns in eine gefügig machende Armut treiben will - dem wir BRDweit, europaweit und weltweit Paroli bieten müssen. Deshalb ist die völkerverbindende positive Botschaft der Parole HOCH DIE INTERNATIONALE SOLIDARITÄT auch so wichtig!

WER KÄMPFT, KANN VERLIEREN ABER WER NICHT KÄMPFT, HAT SCHON VERLOREN !!!
Wenn mensch sich dies verinnerlicht, werden Kraftreserven erschlossen, die uns helfen, positiv also engagiert zu denken und kämpferisch zu handeln.

Positiv denken heißt nicht etwa Friede, Freude, Eierkuchen und bloßes Ausklammern und Augenverschließen vor den vielen schlimmen Schweinereien in unserem Schweinesystem, die tagtäglich auf mensch einstürmen. Nein, zum positiven Denken gehört vor allem, sich auseinanderzusetzen mit dem, was Unrecht ist, was Menschen Schlimmes angetan wird. Das ist natürlich um so problematischer, je mehr mensch selbst von Üblem bedroht oder gar betroffen ist. Dann wird von Außenstehenden oft nicht verstanden, daß Bedrohte und Betroffene entweder resignieren oder überreagieren. Dann ist es billig, wohlmeinend zu raten, denk positiv - und in Wahrheit zu meinen, halt doch endlich die Klappe.

Dem kann mensch nur begegnen, wenn erreicht wird, daß auch sein Gegenüber, hier die träge Masse der Gleichgültigen, sich mit dem Problem der Massenarbeitslosigkeit und gesetzlich verordneten Massenarmut auseinandersetzt. Doch in aller Regel muß leider die Initiative zum Analysieren und Nachdenken zuvor von Betroffenen oder Bedrohten ausgehen. Ein schwieriges Unterfangen, das höchste persönliche Stärke erfordert - und das ausgerechnet von denen, die bereits gegen ihnen zugefügtes Leid und Unrecht ankämpfen müssen?!

Anders wird es aber kaum gehen, Helfer und Mitstreiter zu gewinnen, menschenfeindliche und menschenunwürdige Situationen zu ändern. Es muß immer und immer wieder auf solche Situationen aufmerksam gemacht und Schlimmes angeprangert werden. Natürlich kann das auch zu Ermüdungserscheinungen letztlich auf beiden Seiten führen - aber es geht m. E. nicht anders, zumal wenn die Probleme lebensbedrohend sind! Hier ist wirkliches positives Denken gefordert.

Deshalb dürfen alle diejenigen, die dazu Kraft, Mut und Möglichkeit haben, wie eingangs schon angedeutet, sich keinesfalls durch momentane Mißerfolge entmutigen lassen, Unrecht an die Öffentlichkeit zu bringen, sei es durch Teilnahme an Montagsdemos, sei es durch besonderes soziales und/oder politisches Engagement oder durch Veröffentlichungen z.B. hier im Internet und wo sonst auch immer. Agenda 2010 und Hartz IV sind hierzulande die aktuellsten existenzbedrohenden Schweinereien, die von gewissen- und skrupellosen "Machern" in Politik und Wirtschaft gegen Menschen ausgeheckt wurden. Mit einem riesigen millionenteuren Propagandaaufwand versucht diese zynische Sozialverbrecherbande über willige Medien eine Mehrheitsmeinung herbeizulügen und zu manipulieren, damit vor allem noch nicht unmittelbar Bedrohte entweder gleichgültig oder sogar verächtlich den Unrechtsgesetzen letztlich zustimmen oder zumindest hinnehmen. Dem können und müssen wir engagiert Fakten und kluge Argumente entgegenhalten - wieder und immer wieder!

Hans-Dieter Hey in Arbeiterfotografie ist z.B. einer der klugen Denker und Analysten, unter http://www.arbeiterfotografie.de/sozialraub/index.html ist seine empfehlenswerte kämpferische Analyse zur Politik des globalen Kapitals nachzulesen.

bjk



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New PostErstellt: 11.01.05, 12:25  Betreff:  positiv denken heißt nicht Friede, Freude, Eierkuchen  drucken  weiterempfehlen

und bloßes Ausklammern und Augenverschließen vor den vielen schlimmen Dingen, die tagtäglich auf mensch einstürmen. Nein, zum positiven Denken gehört vor allem, sich auseinanderzusetzen mit dem, was Unrecht ist, was Menschen Schlimmes angetan wird. Das ist natürlich um so problematischer, je mehr mensch selbst von Üblem bedroht oder gar betroffen ist. Dann wird von Außenstehenden oft nicht verstanden, daß Bedrohte und Betroffene entweder resignieren oder überreagieren. Dann ist es billig, wohlmeinend zu raten, denk positiv - und in Wahrheit zu meinen, halt doch endlich die Klappe.

Dem kann mensch nur begegnen, wenn erreicht wird, daß auch sein Gegenüber sich mit dem Problem auseinandersetzt. Doch in aller Regel muß leider die Initiative zum Analysieren und Nachdenken zuvor von Betroffenen oder Bedrohten ausgehen. Ein schwieriges Unterfangen, das höchste persönliche Stärke erfordert - und das ausgerechnet von denen, die bereits gegen ihnen zugefügtes Leid und Unrecht ankämpfen müssen?!

Anders wird es aber kaum gehen, Helfer und Mitstreiter zu gewinnen, menschenfeindliche und menschenunwürdige Situationen zu ändern. Es muß immer und immer wieder auf solche Situationen aufmerksam gemacht und Schlimmes angeprangert werden. Natürlich kann das auch zu Ermüdungserscheinungen letztlich auf beiden Seiten führen - aber es geht m. E. nicht anders, zumal wenn die Probleme lebensbedrohend sind! Hier ist wirkliches positives Denken gefordert.

Deshalb dürfen alle diejenigen, die dazu Kraft, Mut und Möglichkeit haben, sich keinesfalls durch momentane Mißerfolge entmutigen lassen, Unrecht an die Öffentlichkeit zu bringen, sei es durch Teilnahme an Montagsdemos, sei es durch besonderes soziales und/oder politisches Engagement oder durch Veröffentlichungen z.B. hier im Internet und wo sonst auch immer. Agenda 2010 und Hartz IV sind hierzulande die aktuellsten existenzbedrohenden Schweinereien, die von gewissen- und skrupellosen "Machern" in Politik und Wirtschaft gegen Menschen ausgeheckt wurden. Mit einem riesigen millionenteuren Propagandaaufwand versucht diese zynische Sozialverbrecherbande über willige Medien eine Mehrheitsmeinung herbeizulügen und zu manipulieren, damit vor allem noch nicht unmittelbar Bedrohte entweder gleichgültig oder sogar verächtlich den Unrechtsgesetzen letztlich zustimmen oder zumindest hinnehmen. Dem können und müssen wir engagiert Fakten und kluge Argumente entgegenhalten - wieder und immer wieder!

Hans-Dieter Hey in Arbeiterfotografie ist einer der klugen Denker und Analysten, nachfolgend ein weiterer kämpferischer Brandbeitrag von ihm.


kopiert aus: http://www.arbeiterfotografie.de/sozialraub/index.html


Sozialraub - Analysen zur Politik des globalen Kapitals

Sink positive!

Betrachtungen von Hans-Dieter Hey, 12.12.2004


Im Grunde gibt es eine Antwort auf die existenziellen Fragen in dieser Zeit, nämlich die, dass dieses System mit seinen selbstherrlichen Herrschern und selbsternannten Eliten keine Antwort auf die Probleme mehr hat. Unsere Politiker haben weder die Größe noch den Mut, dies zuzugeben. Oder auch nur deshalb, weil sie persönlich viel zu verlieren hätten. Die politischen Skandale der letzten Jahre - so sie denn öffentlich geworden sind - zeigen als Spitze des Eisbergs eine gegenseitige Abhängigkeit von wirtschaftlicher Macht, Geld und Politik, die sinnvolle Veränderungen letztlich unmöglich machen und unser System aushöhlt. Der Politiker Arentz (CDU) beispielsweise äußerte oft genug, dass der "Missbrauch des Sozialstaats" ohne Rücksicht verfolgt werden müsse. Gleichzeitig kassiert er von einem Großunternehmen jährlich 60.000 Euro ohne Gegenleistung und im Anschluss an seinen politischen Niedergang Übergangsgeld und eine fette Rente. Die Handelnden verhalten sich wie Irrsinnige im Irrenhaus, die nicht zugeben, dass sie irre sind. Heiner Geissler sagt dazu: die Gier zerfrisst den Herrschern die Gehirne. Womit die Ursachen des Desasters ausgemacht sind: der Kampf um das goldene Kalb. Es geht nicht um einen besseren Weg in der Gesellschaft, sondern um Enteignung der Massen.

Eine Spitze dieses ganzen Irrsinns zeigt der 1-Euro-Job. Deutschland ist längst Niedriglohnland. 36 % aller Beschäftigten haben nur noch Niedriglöhne, 24 % aller Löhne gelten als prekär, 6 Mio. Menschen arbeiten für 400 Euro im Monat. Alles mit steigender Tendenz. Der Begriff "Mini-Job" ist Sprachgebrauch von jedermann. Das hört sich irgendwie nett an. Dass Menschen auch existieren müssen, wird nicht mehr hinterfragt. Aber offensichtlich ist ein Mini-Job einigen immer noch zu viel Lohn. Bereits Karl Marx sagte vor 146 Jahren voraus: "Das Kapital hat die Bevölkerung agglomeriert, die Produktionsmittel zentralisiert und das Eigentum in wenigen Händen konzentriert. Die Arbeiter, die sich stückweise verkaufen müssen, sind eine Ware wie jeder andere Handelsartikel und daher gleichmäßig allen Wechselfällen der Konkurrenz, allen Schwankungen des Marktes ausgesetzt". Den Menschen wird vorgegaukelt, wir bräuchten eine neue Dienstleistungskultur, dabei geht es um die Einführung der Dienstbotengesellschaft des 18. Jahrhunderts.

Alles weist auf einen "Putsch von oben" (Stern v. 21.10.04) ohne Sinn und Verstand und ohne vernünftiges Ziel außer diesen beiden: Geldgier und Macht für Wenige. Denn wer das Geld hat, hat die Macht. Und wer die Macht hat, schafft die Gesetze. Und damit die Möglichkeit, andere rücksichtslos abzuschöpfen. Dadurch haben in dieser einen Welt 3 Mrd. Menschen insgesamt weniger zum Leben als die 400 Reichsten. Ergebnis der Revolution eines entfesselten, völlig unkontrollierbaren Mobs des Kapitals.

In Deutschland sind die Reichen im vergangenen Jahr um 200 Mrd. Euro reicher geworden, ihr Vermögen liegt bei insgesamt 3,9 Bill Euro (Deutsche Bundesbank). Auf Geheiß der Mächtigen vermitteln 1.760 Lobbyisten und Verbände sowie ca. 100 selbsternannte "Berater" (WdA Ausg. 13/04) mit ausdauerndem Druck, dass dies der richtige Weg der Vermögensverteilung sei und was die Politik zu tun habe. Das lässt man sich richtig was kosten. Für 100 Mio. Euro wollte man in den letzten vier Jahren unter der Überschrift "Aktionsgemeinschaft Deutschland" Bedenkenträger auf Linie bringen (ND v. 08.04.04). Und wenn die Menschen das nicht verstehen, sind sie zu dumm. Um das deutlich zu machen, hat Gerhard Schröder das Vermittlungsproblem erfunden. Auch Superminister Clement macht jedes Jahr 10 Mio. Euro aus Steuermitteln locker, um das Projekt "Teamarbeit für Deutschland" mit großer Zuversicht zu verbreiten. Derlei blinder Aktivismus wird seit zig Jahren immer wieder neu aus der Klamottenkiste erfolglos aufgelegt und streut den Menschen gehörig Sand in die Augen. Man tut so, als würde Sinnvolles getan. Trotzdem wird landauf landab Optimismus verbreitet.

Die ganze Perversion zeigt sich auch in den Äußerungen ranghoher Politiker, die den Kontakt zu Bürgerinnen und Bürgern und die eigene Bodenhaftung völlig verloren haben. Sie bewegen sich in eigener Sphäre, einer fremden Welt, die mit der Wirklichkeit der Menschen kaum mehr etwas zu tun hat. Wie anders wäre zu verstehen, wenn der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog am 20.10.04 sagt: „Aber für viele ist es komfortabler, sich vom Staat aushalten zu lassen, als sich anzustrengen und etwas zu leisten“. Edmund Stoiber am 07.09.03: "Wer arbeitsfähig ist, aber dennoch nicht arbeitet, der soll statt Geldleistungen Sachleistungen erhalten". Und Gerhard Schröder am 08.05.2003: „Wir brauchen ein Sozialsystem, in dem endlich Marktwirtschaft und Effizienz einkehren.“ Es wird also genau das System unserer kapitalistischen und globalisierten Wirtschaft mit seiner "hässlichsten Fratze" (Helmut Schmidt) hofiert, welches auf dem besten Wege ist, uns und andere zu ruinieren. Äußerungen von Politikern mit Realitätsverlust nach 25 Jahren Massenarbeitslosigkeit. Jetzt sind es 8,6 Mio. (WiWo Nr. 29). Die Zahl der Ausgegrenzten wird immer zahlreicher und die Armen immer ärmer. Inzwischen sind 45 % aller Erwerbslosen länger als ein Jahr erwerbslos - und die Langzeiterwerbslosigkeit hat im letzten Jahr nochmals um 14,5 % zugenommen. Die Arbeitagenturen verwalten sich nur noch selbst. Von 20 Vermittlungsversuchen scheitern 19 (Bundesrechnungshof 2004). Die Angst der Menschen vor dem Verlust des Arbeitsplatzes ist so groß, dass in diesem Jahr die Beschäftigten auf 75,1 Mio. Urlaubstage verzichten (Hans-Böckler-Stiftung) - rund 35 Tausend Vollzeitarbeitsplätze. Die Zahl der Familien mit Sozialhilfe hat im letzten Jahr um 11,8 % zugenommen, die Verbraucherinsolvenzen stiegen im letzten Jahr um 40 % usw. usw. Alles mit steigender Tendenz. Im nächsten Jahr werden wir unser "Vorbild" USA erreichen, wo 1/4 aller Werktätigen so wenig verdient, dass sie entweder Kleidung, Wohnung, Ernährung oder die Betreuung der Kinder nicht mehr finanzieren können ( US Working Poor Family Projekt 2004).

Die Folgen sind nicht ein generelles Umdenken und Umsteuern, sondern "Agenda 2010" und "Hartz IV" als Verelendungsprogramm für die Massen. Man handelt wie ein Arzt, der zur Behandlung der Grippe eine Amputation der Hände vornimmt. Daher führt der politische Irrsinn dazu, sich für immer gnadenlosere Wege zu entscheiden. Vor allem der CDU/CSU ist alles noch nicht genug: "Wir wollen die notwendigen Reformen knallhart und in zwei Jahren umsetzen" (Angela Merkel am 23.06.2004). Seit Jahren wird den Menschen eingebläut, all das tue man nur im Hinblick auf die Zukunft des Landes und unserer Kinder. Doch die Forderung danach, den Gürtel enger zu schnallen, kam schon Ende der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts von Helmut Schmidt. Die damalige Zukunft ist heute Gegenwart. Damals wie heute sollte angeblich alles besser werden, wenn weitere "Reformen" in Gang kommen. Denn der Sozialstaat sei "zu teuer", wir brauchen "Privatisierungen", "die Lohnnebenkosten" seien zu hoch und "rettet den Standort".

Es vergeht keine Stunde, in der nicht irgendein Politiker, Verbandsvertreter, oder sogenannter Wirtschaftsweiser den kategorischen Imperativ des globalisierten Kapitals als vom Himmel gefallene Heilslehre verkünden: alles Handeln habe sich danach auszurichten, dass es uns schlechter geht, damit es uns besser geht. Mit "uns" sind die gemeint, die ohnehin schon alles haben. Es ist der ausgerufene Verteilungskrieg im Inneren jeder gegen jeden, in dem die Ich-AG die Jobs verdrängt und der 1-Euro-Job die Ich-AG und die Armut den Mittelstand erreicht. So stieg die Zahl der "Minijobs" von 2003 auf 2004 um 2 Mio. an, die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nahm um 500 Tausend ab (ver.di, Wirtschaftspolitik aktuell Nr. 14/04). So wird die Armut privatisiert und der Sozialstaat zertrümmert.

Zur Ablenkung von den wichtigen Fragen wird ständig eine neue Sau durchs Dorf gejagt. Im Moment sind die Ausländer oder die "Islamisten" dran. Deshalb werden immer neue Terrorgesetze gemacht - und das bisher ohne Terror. So gilt nach den letzten Tagen in Deutschland fortan schon als Terrorist und kommt in Untersuchungshaft, der seinem ungeliebten Präsidenten wünscht, er solle 'soviel fressen, dass er daran kaputt geht'. Die vorgeschobenen Argumente dienen als Begründung, den Überwachungsstaat weiter auszubauen. Durch Privat-Maut und ID-Karte mit genetischem Abdruck kann bald jeder an jedem Ort ausgemacht werden. Die Telefone abzuhören gehört bereits jetzt zum unkontrollierbaren Alltag. Eine "Konten-Evidenz-Zentrale" überwacht längst rechtswidrig unsere Bankkonten (VDI-Nachrichten v. 10.12.04). Für die Besitzlosen unter uns sind Steuergeheimnis und Sozialgeheimnis längst aufgehoben. Schon zur Volkszählung 1983 wurden von Staatswegen 500 Millionen Daten gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gesammelt. Bis heute fehlt eine Antwort, was mit diesen Daten geschieht.

Alles Anzeichen der Erosion des gesamten Systems. Es wird in diesem Land immer kälter und gnadenloser - und irrsinniger. Die meisten merken nicht, dass sich die Veränderung des gesamten Systems längst im Griff der Mächtigen befindet. Die Stimmung ist aggressiv. Verständlich, dass dies die Politiker nervös macht. Deshalb möchten einige bei inneren Unruhen gern die Bundeswehr einsetzen - Einschüchterung im großen Stil. Und das beunruhigt eher zusätzlich. Die Europäische Kommission hat zum Anti-Terror-Pakt folgendes festgestellt: "Wer die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse ernsthaft verändern will, ist ein Terrorist". Wer damit gemeint sein soll, wirft inzwischen deutliche Fragen auf. Bei all dem bleibt auf jeden Fall unsere Demokratie auf der Strecke. Und dann?





[editiert: 11.01.05, 12:33 von bjk]
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New PostErstellt: 02.01.05, 11:46  Betreff:  jetzt läßt es sich nicht länger verschleiern, Hartz IV ist grundgesetzwidrig!  drucken  weiterempfehlen



kopiert aus: http://www.n-tv.de/5471217.html



"Ritt auf der Rasierklinge"

Rechtsunsicherheit bei Hartz IV


Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat nach einem Bericht der „Bild am Sonntag“ Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von Teilen der Arbeitsmarktreform Hartz IV. Vor allem die Arbeitsgemeinschaften von Kommunen und Arbeitsagenturen seien verfassungsrechtlich überprüfungsbedürftig, zitiert „BamS“ aus dem Gutachten. Das Hartz-IV-Gesetz enthalte Klauseln, „die im Grundgesetz ausdrücklich weder bestimmt noch zugelassen sind“.

Falls dies zutrifft, wären alle 2,66 Millionen Bescheide über das neue Arbeitslosengeld II rechtswidrig, schreibt das Blatt weiter. „Das heißt, die Bürger, die durch sie möglicherweise in ihren Rechten verletzt sind, können sie anfechten“, heiße es in dem Gutachten weiter. Der Arbeitsmarktexperte der FDP-Fraktion, Dirk Niebel, sagte der Zeitung: „Wir haben eine hohe Rechtsunsicherheit. Wenn die Bundesregierung das ungeprüft laufen lässt, wird das ein Ritt auf der Rasierklinge.“

Im Dezember hatten elf Landkreise Verfassungsklage gegen das Reformpaket Hartz IV eingelegt. Die vor allem in Sachsen oder Bayern liegenden Landkreise klagen in Karlsruhe gegen die Pflicht zur Einrichtung gemeinsamer Arbeitsgemeinschaften sowie gegen die ungleiche finanzielle Entlastung verschiedener Kreise durch den Bund.





na ja, muß ja nicht gleich "Schädel einschlagen" a la Baby unten sein aber zum Teufel gehört die ganze Sozialräuber-Bande allemal gejagt!


[editiert: 02.01.05, 11:51 von bjk]



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New PostErstellt: 24.11.04, 15:17  Betreff:  "Kosten auf Beinen"  drucken  weiterempfehlen





kopiert aus: http://www.arbeiterfotografie.de/sozialraub/index.html



Sozialraub - Analysen zur Politik des globalen Kapitals

Durch Sprache vergewaltigt

Hans-Dieter Hey über den Einsatz der Sprache in der Epoche der 'Reformen', 23.4.2004


In gesellschaftlichen Krisensituationen bringt die Sprache von Politikern und der sogenannten Elite aus der Wirtschaft eine blinde Aggression hervor gegenüber allem, was politisch anders denkt, andere Lebensvorstellungen hat oder sich ihnen in den Weg stellt. Inzwischen haben die verbalen Repressionen, die mit einer perfiden Sprachvergewaltigung verknüpft sind, gegenüber der Bevölkerung ein ganz problematisches Ausmaß angenommen.

Ohne diese Art der Dialektik, gekennzeichnet durch Aggression auf der einen und Ohnmacht gegenüber einer totalitären Ökonomie auf der anderen Seite wäre eine faschistoide Sprachentwicklung nicht denkbar. Sie geht einher mit einem Abbau demokratischer Grundrechte und der Zerstörung des Staatswesens. Dies ist historisch belegt und trifft heute ohne Zweifel erneut in dramatischer Weise zu. Es soll an einigen Beispielen deutlich gemacht werden.

Kennzeichen dieser Sprache ist die zynische Manipulation der Bevölkerung durch die Benutzung von Feindstereotypen und die denunziatorische Sündenbockphilosophie gegenüber den Betroffenen. Sie äußert sich vor allem auch in der Forderung nach Verzicht. Die Forderung vom „Gürtel enger schnallen“ gibt es seit über 30 Jahren. Diese Sprache zeigt unmittelbar, was ist - aber mit einer radikalen Umwertung der Werte, so Herbert Marcuse in seinem Buch „Kampf gegen den Liberalismus“. Erst kürzlich hat unser „Superminister“ Wolfgang Clement Beweis dafür angetreten, dass dieser Sprachmissbrauch nicht nur am äußersten rechten Rand zu finden ist, sondern inzwischen generell hoffähige und leider weitgehend akzeptierte Ausdrucksweise geworden ist.

Nach ihm sollen demnächst die Ladenöffnungszeiten beseitigt werden - Kaufrausch rund um die Uhr. Laut ARD vom 21.04.04 wird ihre Abschaffung von Clement als Maßnahme zur „Entbürokratisierung“ bezeichnet. Inzwischen gibt es im Einzelhandel nach weitreichenden zeitlichen Liberalisierungen kaum noch Vollzeitstellen oder ausreichenden Lohn, um die Familie durchzubringen. Und nun soll diesen geplagten Beschäftigten noch Öffnungszeiten vor die Nase gesetzt werden, bei denen sich die Familienangehörigen die Türklinken in die Hand geben. Dies als „Entbürokratisierung“ zu bezeichnen ist nichts anderes als blanker Zynismus den Beschäftigten im Einzelhandel gegenüber. Der gleiche Zynismus einige Monate vorher: Clement bezeichnet die werktätigen Menschen als „Kosten auf Beinen“, d.h. er hält Menschen für überflüssig, denn Kosten sind doch zu vermeiden. Dahinter verbirgt sich die Geisteshaltung, dass ein wirtschaftliches System am besten ohne Einflussname der arbeitenden Menschen und zu mehr Armutslöhnen existiert, also weniger Kosten, aber mit der Folge weitreichender Entrechtung und Verarmung der Menschen. Das ist nicht weit von dem faschistoiden Sprachvokabular eines Franz-Josef Strauß entfernt, der Andersdenkende bezeichnet hat als „Hanswürste, auf die die Anwendung der für Menschen gemachten Gesetze nicht möglich ist“. Bei der Aussage von Clement wird eines deutlich: Nicht ein kapitalistisches Wirtschaftssystem mit der grenzenlosen Gier und Großmannssucht seiner Mächtigen ist für die Krise verantwortlich, sondern die werktätigen Menschen selbst. Daher sind sie freizusetzten oder gehören entrechtet durch „Abbau von Bürokratie“.

Dass sich ein Kanzler Schröder diesen Minister Clement leisten kann, liegt daran, dass er selbst nicht anders denkt. Während er angesichts von 7 Millionen Erwerbslosen sagt, es gäbe kein „Recht auf Faulheit“, meinte er in Wirklichkeit, dass niemand ein staatlich finanziertes Existenzrecht hat, der nicht arbeitet. Ausdruck seiner realen Politik ist daher, Erwerbslose mit den Mitteln staatlicher Gewalt so unter Druck zu setzen, dass sie inzwischen in die blanke Not getrieben werden. Die Zahl der Sperrfristen hat sich inzwischen verdreifacht. Allein im vergangenen Jahr wurden 1,3 Millionen Erwerbslose aus der Statistik verbannt, ohne das diese eine Stelle zur Existenzsicherung hatten. Ab Januar 2005 werden zwei Drittel aller Erwerbslosen auf Sozialhilfe gesetzt, die niedriger als die frühere Sozialhilfe ist und deutlich unter der von der EG festgelegten Armutsgrenze liegt. Partnereinkommen werden in der Weise angerechnet, dass 1 ½ bis 2 Mio. Menschen jegliche Bezüge verlieren. Eine der größten Massenenteignungen zu Gunsten der Reichen in der Nachkriegsgeschichte. Der Lebensunterhalt für Menschen wird kurzerhand für unbezahlbar erklärt.

Dieses System der sozialen und finanziellen Apartheid wurde entscheidend von einem Mann mit entwickelt, den Schröder aus dem Vorstand von Volkswagen geholt hat und gut kennt, Peter Hartz. Es ist einfach nicht zu glauben und dennoch wahr. Hartz selbst bezeichnet den Tag, an dem die Umsetzung seines menschenunwürdigen Konzeptes stattfindet „als einen schönen Tag für Arbeitslose“. Es hängt diesem ein Geruch von „Arbeit macht frei“ an. Tatsächlich macht ein kapitalistisches System aber frei von Arbeit. Denn jedes Jahr werden in dieser Republik rund 600.000 Arbeitsplätze vernichtet. Hieran wird der ganze Zynismus faschistoider Sprache deutlich.

So werden die Betroffenen und Leidenden zu Verantwortlichen der Misere durch Denunziation durch die Mächtigen gemacht. Barrington Moore hat 1987 in seinem Buch über die Ungerechtigkeit auf einen weiteren Umstand hingewiesen: „Damit sich Standards der Verurteilung festsetzen, muss das Leiden so schnell wachsen, dass die Leute nicht ausreichend Zeit haben, sich daran zu gewöhnen.“ Die derzeitige Politik ist genau dadurch gekennzeichnet, dass die Menschen die Fülle der Sanktionen und Unterdrückungsmechanismen durch die sogenannten „Reformen“ weder verstehen noch begründet finden, inzwischen aber immer weniger aushalten können, vor allem auch wirtschaftlich. Auf der anderen Seite aber grenzenlose Verschwendungssucht der Reichen.

Die „Reform“ des sogenannten Sozialstaates bedeutet hierbei nichts anderes als seine Abschaffung. Als Begründung wird u.a. der „Sozialmissbrauch“ angeführt. Als Täter wird auch hier wieder der Betroffene denunziert als derjenige, der Sozialmissbrauch betreibt, der auf „Kosten des Staates“ lebt. Er ist der „Sozialneider“, der den Reichen das Geld nicht gönnt.

Ein Sozialhilfeempfänger „Florida Rolf“ wird gnadenlos der vulgären Presse zum Fraß vorgeworfen und als „Sozialschmarotzer“ denunziert. Dabei ist dieser bei näherer Betrachtung schwach und hilflos und gnadenlos dieser medialen Verfolgungskampagne ausgesetzt. Und Gerhard Schröder bedient sich des von ihm selbst entfesselten Mob, um die gesamte Gesetzesmaschinerie wegen ein paar hundert Sozialhilfeempfängern im Ausland in Gang zu setzen, die angeblich die „soziale Hängematte“ ausnutzen. Letztlich ist von ihm aber bezweckt, die sozialen Sicherungssysteme auszuhebeln, und damit weiteren Menschen die Existenzgrundlage entzieht. An diesem Beispiel der Dialektik von Stärke und Schwäche wird das perfide System faschistoider Sprache und ihrer Folgen deutlich.

Weitere Sprachvergewaltigungen mit desaströsen Ausmaßen für die betroffenen Menschen finden sich zur Genüge. Wenn von „Abbau der Bürokratie“ die Rede ist, wird nichts anderes als die hunderttausendfache Abschaffung von Stellen im öffentlichen Dienst gemeint. Wenn die sogenannten Fachleute von „Wirtschaftswachstum“ sprechen, ist heute ausschließlich die Steigerung der Gewinne zu Lasten von Beschäftigung gemeint. Die häufig bemühte „Eigenverantwortung“ der Bürger bedeutet die Abkehr von einer solidarischen Gesellschaft. Jeder soll gefälligst bei Arbeitslosigkeit, Krankheit und Alter selbst bezahlen.

So beteiligt sich auch das Statistische Bundesamt an der denunziativen Sprachvergewaltigung und hat ausgemacht, dass die Jüngeren, Älteren, Frauen, Ausländer und Schwerbehinderten Reformen behindern. Damit also die Mehrheit der Bevölkerung. Wenn die Arbeitslosen zu faul, die Rentner zu alt, die Werktätigen zu teuer, und die Behinderten zu krank sind, stellt sich die Frage, warum die Mächtigen sich dann nicht eine andere Bevölkerung suchen.

In all diesen Fällen entpuppen sich hingegen die Biedermänner als Brandstifter und eigentliche Täter. Es ist wohl mit großer Besorgnis festzustellen, dass die Deutschen offenbar zur Gefügigkeit neigen, und deshalb neue Unterdrückungsformen leicht Eingang finden. Das Bundesverfassungsgericht sagt: „Die parlamentarische Demokratie baut auf dem Vertrauen des Volkes auf“. Doch das ist den Umfragen folgend nun für lange Zeit hin. Der Stern 06/04 hält indessen die gesamte Politikerriege für eine komplette Fehlbesetzung. Dies gilt offensichtlich auch hinsichtlich der Sprache.

Doch wie soll es weiter gehen? Viele Bürgerinnen und Bürger haben über Jahre „das kleinere Übel“ und nicht die politischen Alternativen gewählt, die es zur derzeitigen Situation zweifellos gibt. Was macht eine Bevölkerung aber nun mit seinen mächtigen Täuschern aus Wirtschaft und Politik? So bemerkt der Sozialwissenschaftler R. Roth in einer Rede am 1.11.03, dass man „dem Kapital nicht länger das Schicksal über die Menschen überlassen sollte“ und R. Kurz zeigt den Weg auf, diesem Terror den Nährboden zu entziehen: die emanzipatorische Kritik am globalen Totalitarismus der Ökonomie. Praktisch bedeutet dies aber, die Ursachen zu bekämpfen, in dem man die Verursacher entsorgt - um in deren Sprachjargon zu bleiben - und alles selber macht.

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New PostErstellt: 24.11.04, 11:47  Betreff:  gesetzlich verordnete Zwangsarbeit ab 2005  drucken  weiterempfehlen




kopiert aus: http://www.arbeiterfotografie.de/sozialraub/index.html



Sozialraub - Analysen zur Politik des globalen Kapitals

Zwangsarbeit im Rechtsstaat

Hans-Dieter Hey über die Wiederkehr der Zwangsarbeit, 08.09.2004


Was bedeutet der "Ein-Euro-Job" bei den "Arbeitsmarktreformen" von Hartz IV? Bedeutet es, dass Nichtstuer vom Staat gezwungen werden, etwas zu arbeiten und aufhören, der Gemeinschaft auf der Tasche zu liegen? Bedeutet es, dass Drohnen zu Arbeitsbienen oder Schmarotzer zu Dienenden werden? Dann würde jeder anständige Mensch für den Arbeitszwang sein müssen. Denn es geht nicht, dass Börsenspekulanten, reiche Nichtstuer oder ähnlicher Mob, der nicht arbeitet, sich auf Kosten des schuftenden Rests der Menschheit bereichert. Dieser Arbeitsdienst, der von den reaktionären Kreisen von rot-grün-schwarz-gelb propagiert wird, will keineswegs den kapitalistischen Müßiggängern Arbeitszwang auferlegen. Im Gegenteil. Dem Staat soll das Recht zustehen, Erwerbslose in Arbeiten zu zwingen, wo ihm gerade der Sinn steht - vor allem zur Reduzierung von Haushaltslücken, aber auch in anderen Unternehmen. Für einen oder zwei EURO werden Erwerbslose gezwungen, bei den Kommunen oder Hilfsorganisationen für Haushaltsentlastung zu sorgen oder durch Lohndruck auf die vorhandenen Arbeitsplätze. Dabei ist es gleich, welche Tätigkeit jemand erlernt oder ausgeübt hat. Es ist die Erpressung durch den Staat zu befohlener - nicht selbst gewählter - Arbeit mit Hilfe der Androhung staatlicher Gewalt.

Manch einer findet es in Ordnung, dass entsprechend der Regel der Bibel und des Sozialismus niemand zu essen bekommt, der nicht arbeitet. Allerdings darf der Hinweis erlaubt sein, dass Sklaverei in Europa längst abgeschafft ist. Je ärger aber die sozialen Folgen unseres neoliberalen Herumwurschtelns sind, umso mehr muss der Staat darauf achten, dass die gewonnenen Grund- und Menschenrechte nicht durch willkürliches und vor allem sinnloses staatliches Handeln in Form von Zwangsarbeit und Armutslöhnen geopfert werden. Freie Ausübung der Tätigkeit, Verbot von Pflicht- und Zwangsarbeit und Sklaverei, Garantien der Freizügigkeit und der Vertragsfreiheit beispielsweise sind erkämpfte Rechte, die nicht aufs Spiel gesetzt werden dürfen. Stattdessen verrät ein Komplott von Regierung und Opposition Beschäftigte wie Erwerbslose und verrichtet Dienst an der neoliberalen Kaste. Nicht Gemeinwohl steht im Vordergrund, sondern der erzwungene Kadavergehorsam, der allzu gut auf deutsche Seelen trifft und damit den masochoiden Charakter, aber leider auch auf alle Nichtmasochisten. In diesem gefährlichen Spiel von Macht und Unterwerfung werden sich die Beschäftigten der Arbeitsagenturen als staatliche Sadisten aus Passion entpuppen, und beide kommen dennoch nicht auf ihre erotischen Kosten.

Was durch eine derartige staatlich eingeleitete Brutalisierung gefährdet und zerstört wird, ist unsere gemeinsame kulturelle Zukunft. Deshalb gibt es nichts zu vertuschen: Ein-Euro-Jobs und Billigjobs sind moderne Staatssklaverei und damit Zwangsarbeit. Sie bedeutet eine schwere Beschränkung individueller Freiheitsrechte und sie behindert die schöpferische Entwicklung unserer Kultur. Sie weist die Tendenz auf, die Bürgerinnen und Bürger zu verdummen, ihre gesellschaftlichen Instinkte zu brechen, und sie wirkt reaktionskonsolidierend. Sie drückt die Löhne durch Schmutzkonkurrenz und stellt ein Attentat auf das Streikrecht dar. Und vor allem: Sie behindert massiv das dringend notwendige Wachstum unserer Binnenwirtschaft.


Wer bis hierher dem Text gefolgt ist, den erwartet jetzt eine Überraschung. Er stammt ursprünglich aus zwei Artikeln der "Weltbühne" (erschienen im 1. Hj. 1924, Seiten 839-842 und im 2. Hj. 1931, Seiten 154-155). Sie wurden gekürzt und auf die heutigen Verhältnisse übertragen.

Da wären wir also wieder angelangt! Es wurde nichts dazu gelernt. Erneut haben wir es mit einer Politik der ewig Gestrigen mit den Methoden des "mehr vom Alten" zu tun, und zwar unabhängig vom biologischen Alter unserer "Berufspolitiker". Die Einführung von Ein-Euro-Jobs per staatlichem Zwang in Zeiten von Massenarbeitslosigkeit zu ihrer angeblichen Beseitigung ist schlichtweg grotesk. Und für die, die noch einigermaßen rechnen können: Man stelle sich Deutschland vor, wo alljährlich zur Saison 8,6 Mio. Arbeitsuchende (so viele sind es wirklich) den Spargel stechen. Wahrscheinlich gibt es weltweit nicht so viel Spargel. Gleiches gilt natürlich auch für Tätigkeiten in anderen Bereichen. An dieser Stelle ist Zeit, endlich mit dem Mythos der Vollbeschäftigung aufzuräumen. Es wird in einem kapitalistischen System nie Vollbeschäftigung geben, weil die Konzerne immer von dem Druck der Erwerbslosen auf die Beschäftigten bzw. auf die Löhne und Gehälter profitieren. Je niedriger die Almosen für die Erwerbslosen und je mehr Erwerbslose, umso stärker der Druck auf die Tarife und desto günstiger ist es für die Gewinnerwartungen der Konzerne, Banken und Versicherungen - Shareholder value. Es findet ein Kampf zwischen den Erwerbslosen und den Beschäftigten statt, und nicht zwischen "Oben" und "Unten", wie es seiner Ursache nach sein müsste. Die Auseinandersetzung wird durch das rot-grün-schwarz-gelbe Machtkomplott massiv als Brandstifter geschürt und von den "Lohnschreibern" der wirtschaftsabhängigen Einheitspresse und der Medien verantwortungslos unterstützt, wobei die Menschen belogen werden, dass sich die Balken biegen.

Das Komplott der "Berufspolitiker" von Regierung wie Opposition macht deutlich, dass offenbar in vielen Köpfen eine Grundsubstanz faschistoider Gedankenzüge vorhanden ist, um immer wieder zu den alten Unterdrückungsmethoden zurück zu kehren - auch immer wieder bestätigt durch die Masse des politischen Analphabetentums, die schweigend zu ihrer Durchsetzung verhilft.

Nicht nur aus diesem historischen Grund muss es bei dem Begriff "Zwangsarbeit" bleiben. Er ist nicht allein durch den Nationalsozialismus belegt, was immer behauptet wird. Zwangsarbeit gab es auch in anderen Ländern in unterschiedlichen Ausprägungen. Es darf auch keine Grenze gezogen werden dergestalt, dass Zwangsarbeit nur z.B. durch Androhung von Schlägen, Nahrungsentzug, durch Verschleppung oder gar Tötungsandrohung entsteht. Auch jede andere Art von persönlicher Erniedrigung, Entwürdigung, Einschüchterung oder der staatliche Zwang des Entzugs der existenziellen Grundlagen als Erpressung zur Arbeit rechtfertigt den Begriff der Zwangsarbeit. Man kann lediglich sagen, dass die Zwangsmethoden heute "feiner" geworden sind.

Im Rahmen von "Hartz IV" findet ein sanktionsbewehrter Zwang zur Selbstunterwerfung unter Aufgabe verfassungsmäßiger Errungenschaften durch den Staatsapparates statt, dessen Kürzungen für hunderttausende, wenn nicht gar Millionen, sämtliche kulturellen Überlebenschancen zunichte macht, falls sie sich nicht in die Ein-Euro-Jobs oder Billigjobs fügen. Also bei "Entlohnungen", die in überhaupt keinem Verhältnis zur Leistung stehen. Nach den Menschenrechten und dem Grundgesetz ist Zwangsarbeit nur unter strengen Auflagen bei Strafgefangenen erlaubt. Die faktische Gleichsetzung von Erwerbslosen als Ausgegrenzte eines faschistoiden Endzeit-Neoliberalismus mit Strafgefangenen ist eine Erniedrigung ohne jüngeres historisches Beispiel und legt den Verdacht nahe, dass hier von bestimmter Seite verdeckt, aber bereits wieder die Frage nach unwertem und wertem Leben gestellt wird.

Es ist daher höchst bedenklich, wenn das Bundesverfassungsgericht vor kurzem den Begriff der Zwangsarbeit in den Bereich der Geschichte verbannt. Daraus folgt, dass sich Erwerbslose bei den Ein-Euro-Jobs schwerlich auf Zwangsarbeit berufen können, weil es Zwangsarbeit eben nur früher gab. Es kann halt nicht sein, was nicht sein darf - auch wenn es bedrückend existiert. Dieser Sachverhalt zeigt in aller Deutlichkeit, wie sehr das Bundesverfassungsgericht auch ein politisches Gericht ist. Man kann mit Recht die Frage stellen, ob nicht hier wieder einem bösen "Geist des Alten" der Hof bereitet wird. Vor solchen Einstellungen, die immer Anfänge politischer Entwicklungen sind, ist dringend zu warnen. Montagsdemonstrationen sind die richtige Antwort auf den politischen Niedergang. Die Geschichte ermahnt uns hierzu!


[editiert: 24.11.04, 11:49 von bjk]



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New PostErstellt: 22.11.04, 12:01  Betreff:  Re: Leserbrief an "Neues Deutschland"  drucken  weiterempfehlen




Leider nur in der Druckausgabe des heutigen ND gibt sich der skandalumwitterte mecklenburgische Minister für Arbeit, Bau und Landesentwicklung, Helmut Holter (PDS), die Ehre eines Interviews zu Hartz IV, insbesondere wegen des kürzlich erfolgten Treffens der Arbeits- und Sozialminister der Bundesländer. Hier einige Auszüge:


ND: Hartz IV ist ein Bundesgesetz, das durch die Länder umzusetzen ist. Gibt es da von Land zu Land Unterschiede?

Holter: Große Unterschiede gibt es nicht. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) schätzte auf der Ministerkonferenz auch ein, daß das Ziel, ab 1. Januar 2005 die ALG-II-Leistungen auszuzahlen, erreicht wird. Betont wurde auch, daß über die Ein-Euro-Jobs lokal und regional entschieden wird. Dazu kommen weder von der Bundesregierung noch von der BA Vorgaben. Eines wird jetzt aber klar: Von der bisherigen aktiven Arbeitsmarktpolitik des Bundes werden oft nur die Ein-Euro-Jobs übrig bleiben. Das ist eine deutliche Verschlechterung zu den Vorjahren.


[...]

ND: Und wieviel Geld steht ab Januar für die Eingliederung der ALG-II-Empfänger zur Verfügung?

Holter: Das sind 9,65 Milliarden Euro. Aber nicht jeder ALG-II-Empfänger wird die Chance haben, etwa eine Qualifizierung, eine ABM oder einen Ein-Euro-Job zu bekommen. Man muß mit der Annahme ausräumen, daß mit 500 Euro die Beschäftigungsträger gut finanziert sind. Ob nach Abzug der Mehraufwandsentschädigung von 1 oder 1,50 Euro für die Träger noch eine auskömmliche Summe für Verwaltung und Sachkosten übrigbleibt, - das kann, muß aber nicht sein. [...]


ND: Als ALG-II-Bezieher kann man nur zeitweise dazuverdienen.

Holter: Ja. Und auch nach den sechs bis neun Monaten in einem solchen Job wird im Osten und in den strukturschwachen Regionen des Westens angesichts fehlender Arbeitsplätze kaum jemand in reguläre Arbeit vermittelt sein. Er wird in den alten Status der Langzeitarbeitslosigkeit zurückfallen. [...]


ND: Zugleich werden Maßnahmen wie ABM, Qualifizierung und Weiterbildung drastisch zurückgefahren. Wie stehen die Länder dazu?

Holter: Das lassen die Länder im Wesentlichen so laufen. [...] Die BA teilte ihrerseits mit, daß nach jetzigem Stand für die aktive Arbeitsmarktpolitik 2005 rund 700 Millionen Euro weniger zur Verfügung stehen. [...]


[...]


ND: Laut BA sollen 580.000 ALG-II-Anträge entschieden sein. Spielte das bei der Konferenz eine Rolle?

Holter: Nach BA-Infos auf der Konferenz sind bereits 600.000 Anträge bearbeitet und davon 400.000 verschickt. Wieviele Antragsteller keine ALG-II-Leistungen erhalten, wurde nicht gesagt. Klar ist aber, daß die sogenannten Nichtleistungsempfänger von den Arbeitsgemeinschaften oder Kommunen, die die Experimentierklausel nutzen, zurück zur BA wechseln und von dieser beraten und vermittelt werden sollen. Weil aber die BA für jeden nichtvermittelten ALG-I-Empfänger ab Januar 2005 rund 10.000 Euro Aussteuerung an den Bund bezahlen muß und dafür schon 6,7 Milliarden Euro eingeplant sind, wird es seitens der BA keine großen Vermittlungsanstrengungen bei den ALG-II-Leuten geben, die keine finanziellen Leistungen erhalten.


ND: Bei denen ist nichts mehr einzusparen?

Holter: Richtig, diese Menschen liegen keinem auf der Tasche. [...]


[...]






Mal unabhängig davon, daß die PDS in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin mitregiert und mit diesem Spagat zwischen Entrüstung und Umsetzen nicht nur in meinen Augen wählerverdummende Heuchelei betreibt, sind Holters Aussagen so bezeichend wie erschütternd bezüglich der Moral unserer Politikerkaste insgesamt, stellvertretend für alle Parteien. Es geht diesem Polit-Adel in Wahrheit nicht um das Wohl des abhängigen Volkes, wozu das Grundgesetz eigentlich verpflichtet sondern es geht einzig und allein um eigenen Machterhalt zwecks Aufrechterhaltung von Posten und Pfründen!

Was kümmern da schon an die jetzt schon mindestens 8 Millionen (inklusive der aus der Statistik entfernten) Arbeitslosen, die in die blanke Armut gepreßt werden?!

Was kümmern da schon die paar Hundertausende, die über kurz oder lang zu Millionen anwachsen werden, die keinerlei Leistungen mehr beziehen werden und nicht wissen, wie sie ab 2005 halbwegs menschenwürdig leben sollen?!

Was kümmern da schon gebrochene Wahlversprechungen, das skrupellose Sichdavonstehlen des Staates aus seiner gesetzlichen Verantwortung, der gewissenlose Raubzug auf die Lebensleistung insbesondere der älteren ArbeitnehmerInnen und und und?!



Räumen wir auf mit dem Ammenmärchen unserer Politiker, die sogenannten Reformen seinen alternativlos, weil wir angeblich über unsere Verhältnisse gelebt hätten und deshalb die Staatskassen leer seien! Das sind Zwecklügen, um uns schuldbewußt, demütig, füg- und genügsam zu halten, damit einige Wenige sich ungeniert die Taschen immer voller stopfen können! Auch hier im Forum sind viele Beiträge eingestellt, die aufzeigen, daß noch nicht einmal 10% des Volkes mehr als 80% des gesamten Volksvermögens halten und horten. Besonders in den letzten 20 Jahren ist die von uns erwirtschaftete Produktivität fast ausschließlich in die Taschen der wenigen Reichen und Superreichen sowie in die Kassen der globalen Großkonzerne geflossen. - Wer also hat in Wahrheit ständig über unsere Verhältnisse gelebt?!

Jagen wir diese skrupellose Abzocker-Bande endlich zum Teufel!

bjk


[editiert: 22.11.04, 12:02 von bjk]
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New PostErstellt: 21.11.04, 20:12  Betreff:  Leserbrief an "Neues Deutschland"  drucken  weiterempfehlen




Kein gutes „Angebot“ sondern üble Abzocke


„Statt einem Euro pro Stunde bekommen sie für ihren Job einen Euro fünfzig“ - - - na toll, da „dürfen“ 4 Arbeitslose 30 Stunden in der Woche das erhebende Gefühl genießen, „endlich mal wieder rauszukommen“ und „etwas Sinnvolles“ getan zu haben. Das alles verdanken sie einer so selbstlosen Firma mit dem beziehungsreichen Namen G.U.T. Consult, Gesellschaft für Umwelt- und Territorialplanung m.b.H., die leider leider mangels entsprechender Aufträge seit 1994 „zunehmend soziale Projekte betreibt“, die aber selbstredend, weil ja gemeinnützig draufsteht, auch staatlich gefördert werden, schließlich will man ja „überleben“.

Die Autorin Christina Matte erzählt herzzerreißend, quasi stellvertretend für Millionen Arbeitslose, von bisheriger Perspektivlosigkeit und schnödem Alltag der für ein Euro fünfzig jobbenden „Reparaturbrigade“ und hebt mal so betont nebenbei die scheinbare Selbstlosigkeit des Arbeitgebers G.U.T. Consult heraus. Die perfide Werbe-Botschaft ist klar: hier wird Gutes getan und dankbar angenommen! Seht her, es gibt sie noch, den vorbildlichen sozialistischen Arbeitgeber, auch wenn der sich leider einen kapitalistisch angepaßten Namen geben mußte, und den braven, fleißigen, füg- und genügsamen deutschen Arbeiter!

Was Christina Matte aber nicht erzählt, ist so Profanes wie z.B., daß der so selbstlos gute Arbeitgeber G.U.T. Consult pro ein-Euro-fünfzig-Jobber und Monat 500 Euro Staatsknete einstreicht, seinen Lohnsklaven aber nur 180 Euro ausbezahlt und somit einen satten Abzocke-Reibach von 320 Euro Monat für Monat macht! Klar, daß da Freude bei Dr. Ulrich Elger von der G.U.T. Consult aufkommt. Bestimmt werden die Kita-Möbel auch nicht umsonst repariert, da fällt also zusätzlich noch Profit ab und die Preise sind sicher so kalkuliert, daß G.U.T. und Kita zurechtkommen und jede eventuell konkurrierende Tischlerei immer das Nachsehen hat. Für die G.U.T. Consult ist diese „Reparaturbrigade“ also rundherum ein tolles Geschäft – stellvertretend für alle Arbeitgeber aus Kommunen, Kirchen und Sozialverbänden, die sich mit ähnlichen „Projekten“ geradezu überschlagen. Mindestens 40.000 solcher Lohnsklaven sollen so im nächsten Jahr nur in Berlin vorgeblich wieder an Pünktlichkeit, regelmäßige Pflichterfüllung und positives Denken gewöhnt werden, auf daß sie fit für den ersten Arbeitsmarkt würden - auch wenn's für sie gar keine freien Arbeitsplätze gibt.

In Wahrheit wird hier nämlich lediglich eine millionenteure risikolose, weil kaum kontrollierbare Abzocke von Staatsknete und vor allem menschenunwürdiges Schindluder mit der Not und Angst der Arbeitslosen betrieben! - Von wegen, Arbeitslose fördern! Nachtigall, ick hör Dir trapsen! - Haben das etwa die Autorin und insbesondere der verantwortliche Redakteur wirklich nicht bedacht? - Na dann verweise ich mal auf Karin Nölte, zuständige Redakteurin für Berlin und Brandenburg, die gerade erst am 13.10.04 dieses hochsensible Thema in einer bitterbösen Realsatire, nämlich in der Glosse „Lizenz zum Abzocken“, absolut realistisch karikiert hat.

Mit freundlichen Grüßen
Bernd Kudanek
13349 Berlin



hier die URL zu "Lizenz zum Abzocken":

http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=61227&IDC=5


[editiert: 22.11.04, 10:24 von bjk]
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New PostErstellt: 21.11.04, 20:03  Betreff:  Re: Wenn der Sozialstaat kippt oder der irrSinn hat Methode  drucken  weiterempfehlen




kopiert aus: http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=63156&IDC=27



Im Angebot

Statt einem Euro pro Stunde

bekommen sie für ihren Job einen Euro fünfzig


Von Christina Matte



Frühnebel kriecht durch die Stadt, es wird nicht hell. Die Männer haben schon ihre Arbeitskleidung angezogen. Jürgen Hensch einen grünen Overall, Sven Martinez ein blaues Sweatshirt zur blauen Werkhose, Peter Wagner ein kariertes Flanellhemd über die Jeans, Karl-Heinz Wolter hat einfach nur eine Schürze über Jeans und Pullover gebunden. Der Pullover sieht nicht billig aus.

Die Arbeit beginnt um acht. Sie waren pünktlich. Nicht selbstverständlich, wenn einen schon lange keiner mehr morgens um acht erwartete. Wenn einen überhaupt keiner mehr erwartete. Andererseits haben sie ja fast das ganze Leben gearbeitet. »Gerackert, manchmal zwölf, vierzehn Stunden am Tag«, sagt Wolter, der an seiner Goldrandbrille fingert, »so was verlernt man nicht.« Sven Martinez ist die Ausnahme. Er ist erst 28. Nachdem er eine Lehre zum Kaufmann für Groß- und Außenhandel absolviert hatte, fand er keine Anstellung. Mittlerweile liegt die Zahl seiner Bewerbungen bei 500. Nur einmal hat ihn das Arbeitsamt an einen T-mobile-Stützpunkt vermittelt. Ein halbes Jahr lang verkaufte er Handys. Zwei Tage vor Ablauf der Probezeit hat der Filialleiter ihn entlassen. »Nach der Probezeit wäre der Zuschuss vom Arbeitsamt weggefallen«, erklärt Martinez. »Der hat gleich wieder jemanden mit Zuschuss vom Amt eingestellt.«

Sie kennen einander noch nicht lange. Erst seit kurzem arbeiten sie zusammen. Sie bilden ein Reparaturteam. Meist reparieren sie vor Ort: in Kitas, Schulen und anderen gemeinnützigen Einrichtungen Möbel, Spielzeug, Lernmittel. Heute, damit wir uns in Ruhe unterhalten können, haben sie die kaputten Stücke in die kleine Werkstatt geholt, die im Keller eines Bürohauses in Berlin-Marzahn untergebracht ist. In diesem Haus sitzt auch die G.U.T. Consult, die Gesellschaft für Umwelt- und Territorialplanung mbH. Ihr verdanken sie, dass sie nun Arbeit haben. Obwohl »Arbeit« übertrieben ist. Sie haben keine festen Arbeitsverhältnisse, die G.U.T. Consult bietet ihnen lediglich eine Beschäftigungsmöglichkeit. Für maximal 30 Stunden die Woche. Die gute Nachricht: Pro Stunde bekommen sie nicht nur einen Euro, sondern einen Euro fünfzig. Das sind 45 Euro pro Woche, 180 im Monat. Zusätzlich zur Arbeitslosen- oder zur Sozialhilfe, zusätzlich auch zum Wohngeld. Ob im Januar ihr Arbeitslosengeld II mehr oder weniger betragen wird als das, was sie jetzt von den Ämtern erhalten, wissen sie noch nicht. Aber die 180 Euro Mehraufwandsentschädigung sind ihnen erst einmal sicher. Soweit überhaupt etwas sicher ist.


Toll, ist der Kühlschrank wieder voll

Auch der Name »Gesellschaft für Umwelt- und Territorialplanung m.b.H.« ist im Jahre 15 der Einheit eine Übertreibung. Längst ist nicht mehr drin, was draufsteht. Nach der Wende gegründet, um arbeitslosen Ingenieuren eine Beschäftigung zu geben, betreibt sie seit 1994 zunehmend soziale Projekte. Zwar ist sie Bauherr des Wuhletal-Wanderweges, für den die EU 4,7 Millionen Fördermittel hinblätterte, doch hat sie, um überleben zu können, auch den »Bürgerservice« und das Projekt »Helfende Hände« gründen müssen. Des weiteren betreibt die G.U.T. Consult zwei Kinder- und Jugendklubs sowie je eine Jugendverkehrsschule in Marzahn und Hellersdorf. Projekte eben, die gemeinnützig sind oder an denen gesellschaftliches Interesse besteht, so dass sie gefördert werden. Jetzt, nachdem »die ABM fast ganz zurückgefahren wurden«, sind die so genannten Ein-Euro-Jobs hinzugekommen. Für die es hier einen Euro fünfzig gibt. »Pilotprojekte«, sagt Dr. Ulrich Ellger, »in denen 90 Langzeitarbeitslose wieder etwas leisten können.« Diese Projekte liegen im Grünflächenbereich, zu dem auch Friedhofspflege gehört, und im Instandsetzungsbereich, in dem Hensch, Martinez, Wagner und Wolter arbeiten. »Es gibt großen Bedarf«, weiß Ellger, »für drei Schulen steht ja heute nur noch ein Hausmeister zur Verfügung. Der kann gerade mal auf- und zuschließen, der hat ja überhaupt keine Zeit mehr, sich noch um anderes zu kümmern.«

Ellger ist 60 und einer der noch sieben Angestellten der G.U.T. Consult. Früher war er in der Bauakademie der DDR für logistische Forschung verantwortlich. Heute ist er ebenfalls als Logistiker gefragt: Arbeitsfelder müssen gefunden, die Gemeinnützigkeit nachgewiesen werden. Er ist nicht froh über die Entwicklung, die immer mehr Menschen aus der Arbeit drängt, aber er ist nicht Schuld daran. Wenn er etwas zu sagen hätte, er würde eine Strategie für Deutschland entwickeln, »die erst einmal festlegt, wo ich hin will«. Da sieht er nur eine Möglichkeit: »Es müssen Produkte entwickelt werden, die nur die Menschen hier und nirgendwo sonst auf der Welt herstellen können.« Innovation also, Bildung, Bildung!

Aber Ellger hat nichts zu sagen. Wer kann schon erklären, wieso 4,7 Millionen Euro (!) für einen Wanderweg zur Verfügung stehen, aber kein Geld für Schulhausmeister? Warum das alles noch funktioniert bzw. eben nicht mehr funktioniert – man muss es nicht verstehen wollen. Ellger hat das auch aufgegeben. Er kann nur Arbeitslosen helfen. Einigen von ihnen, ein bisschen. Die 45 Euro pro Woche, die das Arbeitsamt für jeden überweist, zahlt er persönlich aus. »Damit ich weiß, wie die Stimmung ist. Sie klappen das Portemonnaie auf und freuen sich: ›Toll, kann ich zu Aldi gehen, ist der Kühlschrank wieder voll!‹« Ellger freut sich dann auch. Aber bezahlt werden nur die Stunden, die auch wirklich gearbeitet wurden. »Und wenn jemand drei Tage
unentschuldigt fehlt, das ist wie auf dem ersten Arbeitsmarkt, ziehen wir unser Beschäftigungsangebot zurück und melden das dem Arbeitsamt.«


Du bist zu alt, heißt: Du bist Schuld

Jürgen Hensch, Sven Martinez, Peter Wagner und Karl-Heinz Wolter haben noch keinen einzigen Tag gefehlt. Nicht mal entschuldigt. Wären sie ja blöd. Erstens brauchen sie das Geld, zweitens konnten sie sich den Job hier noch aussuchen, was ab Januar kaum noch möglich sein wird, drittens sind sie froh, »endlich mal wieder rauszukommen«. »Zu Hause ist mir die Decke auf den Kopf gefallen«, sagt Martinez. Die anderen drei nicken. »Man kann nicht den ganzen Tag auf der Couch hocken und fernsehen«, meint Hensch, »da läuft sowieso nur Werbung, und du hast ja kein Geld.« Wolter fügt hinzu: »Es macht auch keinen Spaß rauszugehen, du kannst nichts kaufen.«

Nein, sie sind ganz und gar nicht blöd. Alle haben eine Ausbildung genossen. Und obwohl sie sehr verschieden sind, verstehen sie sich gut, noch. Noch haben sie sich viel zu erzählen. Wer sie sind, was sie gearbeitet haben, über Gott und die Welt, ihre Familien. Wenn man lange nicht mehr gearbeitet hat, hat einem schon lange keiner mehr zugehört. Auch die eigene Frau nur noch selten.

Wagner erzählt, dass er Bäcker und Konditor ist. Er war in einem Mehlgroßhandel beschäftigt. Als der aufgekauft wurde, ist er entlassen worden. Arbeitslos ist er seit sieben Jahren. Er knurrt: »Alte Männer nimmt man nicht mehr.« Als er entlassen wurde, war er 52. Mit 52 ist man nicht alt. Auch mit 59 noch nicht. Doch inzwischen sieht Wagner so aus.

Wolter ist sogar schon 60. Keine Chance mehr. Vor zwei Jahren hat er sich mit dem Arbeitsamt auf die »58er-Regelung« geeinigt. Das heißt, er muss nicht mehr nachweisen, dass er sich irgendwo beworben hat, und er wird auch nicht mehr vermittelt.Er lächelt gequält: »Der Jugendwahn.« Wolter, Kaufmann wie Martinez, hat zuletzt in einer Zeitarbeitsfirma gearbeitet. Für 100 Mitarbeiter ist er dort verantwortlich gewesen. Daher weiß er, dass Jugend allein keine Garantie für Können ist. Mancher, der jünger ist als er, wird niemals leisten, was er leisten könnte. Doch indem man sagt, jemand sei zu alt, schiebt man ihm die Schuld dafür zu, dass er keine Arbeit mehr findet. Dabei gibt es einfach keine Arbeitsplätze mehr. Er sagt: »Auch Hartz IV schafft keine, wie denn? Im Gegenteil, wenn die Ein-Euro-Jobs in die private Wirtschaft gehen, werden weitere abgebaut.« Wolter kommt aus dem Westen. Er hat längere Erfahrung mit der Marktwirtschaft als die anderen hier. So weiß er, dass »das alles ja nicht erst heute losgeht. Schon früher sollten mit flexiblen Arbeitszeiten mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Es wurden immer weniger.«

Auch Hensch, der Mann im grünen Overall, glaubt, dass die Ein-Euro-Jobs, »so gut sie für uns sind«, reguläre Arbeitsplätze vernichten werden. Wobei er seinen Arbeitsplatz gar nicht mehr vernichten kann, weil der schon vernichtet ist. Der 54-Jährige Schlosser war nämlich Hausmeister, und zwar einer von denen, die heute an den Schulen fehlen und deren Arbeit sie nun für einen Euro fünfzig pro Stunde verrichten. Die Betriebsschule »Waren täglicher Bedarf« bedurfte seiner nicht mehr. Später hatte er für zwei Jahre mal eine Hausmeister-ABM an einem Gymnasium. Jetzt hat das Arbeitsamt für ihn eine Hausmeisterstelle in einem Dorf bei Köln ausgegraben. Dort soll er sich bewerben. Das hat er noch nicht getan. Er könnte den Umzug gar nicht bezahlen. Wenn das Amt ihn bezahlen würde, steckte er immer noch in den roten Zahlen. Hensch lacht und zeigt auf seine Zähne: »Die hab’ ich komplett machen lassen, als ich die ABM hatte. Wenn du arbeitslos bist, kriegst du keinen Kredit. Also, dachte ich, jetzt oder nie. Denn wenn du dich irgendwo bewirbst, und die sehen deine Zähne, dann bist du ja gleich aus dem Rennen. Jetzt habe ich neue Zähne, aber noch 2000 Euro Miese. Die Raten muss ich bezahlen, ich muss. Irgendwie muss ich das auf die Reihe kriegen.«


Colucci im Schrank, Schmerz in der Seele

Während er an einem Schrank leimt, erzählt der Bäcker und Konditor Wagner, dass er letzten Sonntag einen Schnitzelauflauf ins Rohr geschoben hat. Sven Martinez spitzt die Ohren, vielleicht kann er das Rezept ja auch mal ausprobieren. Er hat eine Freundin und ein Baby. Für das Baby ist so ein Auflauf noch nichts, aber seiner arbeitslosen Freundin könnte er damit eine Freunde bereiten. Oder sie ihm. Die Freundin hat ihre Ausbildung wegen des Babys abgebrochen und sitzt den ganzen Tag zu Haus. Das ist auch für Martinez nicht einfach. Deshalb ist er froh, hier ein paar Stunden am Tag mit anderen zusammen sein zu können. Eine Zukunft für den 28-Jährigen ist das nicht. Er könnte nach Polen ziehen, dort leben und arbeiten, doch seine Freundin will nicht mit. Er ist kein Lump, der sie sitzen lässt.

Für den Schnitzelauflauf hat Wagner Kartoffeln, Tomaten, Zwiebeln, Käse und natürlich Schnitzel gebraucht. Gar nicht schlecht. Er erklärt: »Man kauft nur bei Aldi oder, was im Angebot ist«. Aber mal müsse auch was Richtiges auf den Tisch. Er regt sich auf: »3.99 Euro das Kilo Schnitzel, acht Mark! Das hat es zu DDR-Zeiten nicht gekostet.« Die Preise hat er im Kopf. Das kommt ganz von selbst, wenn man hinschauen muss.

Für den Kaufmann Wolter ist es ein Albtraum, immer nur Angebote kaufen zu müssen. Er ist es nicht gewöhnt. »Ich habe viel verdient, 8000 Euro brutto.« Als er seinen Job verlor, habe er zunächst gutes Arbeitslosengeld erhalten. Das wurde mit der Zeit weniger, jetzt ist er bei 800 Euro angelangt. Ab Januar werden es 300 sein, wenn er Glück hat. Schon mit 800 auszukommen, schafft er kaum. »Sehen Sie«, sagt er, »ich habe Antiquitäten – Meißner Porzellan, Hutschenreuter – besessen, die musste ich Stück für Stück verkaufen. In meinem Schrank hängen noch Anzüge von Colucci und mindestens zehn Lagerfeldjacken, die bis zu 4000 Mark gekostet haben! Und ich wohnte in einer Wohnung mit Sauna, Schwimmbad und Dachgarten. Jetzt muss ich wie ein Sozialhilfeempfänger leben. Obwohl ich 40 Jahre lang eingezahlt habe...«

Plötzlich wird Wolter blass. Ihm ist gerade bewusst geworden, was es bedeutet, wenn er hier fotografiert wird. Er will nicht, dass seine alten Freunde erfahren, wie es um ihn steht. »Du bist doch nicht Schuld«, sagt Wagner. Wolter weiß das, er schämt sich trotzdem. Er stürzt aus der Werkstatt, um nachzudenken.

Als er zurückkommt, hält er einen Briefumschlag in der Hand. Den hat er aus seiner Jacke geholt. In dem Umschlag stecken seine Zeugnisse, offenbar trägt er sie stets bei sich. So kann er jedem zeigen, dass seine früheren Arbeitgeber »mit den Leistungen von Herrn Wolter immer außerordentlich zufrieden« waren. Dass er nun selbst im Angebot ist, empfindet er als Schlag ins Gesicht. Der Schlag brennt nicht nur auf der Haut, Wolter verwindet die Kränkung nicht – keine Gewalt? Dann entschließt der Kaufmann sich doch, zu seiner Situation zu stehen. Für das Foto will er aber wenigstens die Schürze abbinden.

Ein Mann mischt sich in das Gespräch, der bisher an einem Schreibtisch saß. Ja, es gibt einen Schreibtisch in der Werkstatt. Er gehört Teamleiter Wolfgang Naumann, einem gelernten Elektroniker. Naumann hat freundliche braune Augen und die Hemdsärmel hochgekrempelt. Er will kein Aufpasser sein, doch natürlich ist er einer. Bei ihm liegt die fachliche Kontrolle, und er passt auf, dass sich kein Frust anstaut. »Das kommt vor«, sagt er, »dann muss ich schlichten. Aber eigentlich arbeiten wir hier so ein bisschen wie früher, wo man bei der Arbeit auch immer miteinander geredet hat. Wir machen das, um Frust abzubauen.« Ob das noch gelingt, wenn im Januar auch Leute Ein-Euro-Jobs annehmen müssen, die das gar nicht wollen, weiß er nicht. Naumann hat Bedenken: »Wer gezwungen wird und die Arbeit, die ihm zugewiesen wird, nicht mag, der wird Schwierigkeiten machen.«

Später bringen die Männer die reparierten Möbel in die Kita zurück. Um 14 Uhr ist Feierabend. Sie haben sich nicht nur unterhalten, sondern etwas Sinnvolles getan. »Wir scheuen keine Arbeit«, lacht Hensch und zeigt dabei die neuen Zähne. »Eine gewisse Befriedigung hat man schon«, sagt Wolter, »eine gewisse.« Als er die Goldrandbrille abnimmt, sieht man tiefe Augenringe.

(ND 20.11.04)





Was für eine Verhöhnung der Arbeitslosen

- und das im sozialistischen ND !!!


[editiert: 21.11.04, 20:04 von bjk]
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X-RAY
New PostErstellt: 28.10.04, 17:34  Betreff: Re: Wenn der Sozialstaat kippt oder der irrSinn hat Methode  drucken  weiterempfehlen

mal hier reinsehen:

http://www.tagesspiegel.de/meinung/index.asp?gotos=http://archiv.tagesspiegel.de/toolbox-neu.php?ran=on&url=http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/10.10.2004/1409958.asp#art
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bjk

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New PostErstellt: 28.10.04, 17:03  Betreff:  Re: Wenn der Sozialstaat kippt oder der irrSinn hat Methode  drucken  weiterempfehlen



kopiert aus: http://www.n-tv.de/5433315.html




Hartz-Gegner marschieren weiter

Wessis sind für Reformen



Trotz stetig sinkender Teilnehmerzahlen und breiter Rückendeckung in der Bevölkerung für die Reformen sollen die Demonstrationen gegen Hartz IV weitergehen. "Wir machen weiter, auf jeden Fall", sagt der Organisator der Magdeburger Montags-Demonstrationen, Andreas Ehrholdt, in einem Gespräch mit der Deutschen Presse- Agentur. Ehrholdt ist zuversichtlich, dass auch die Zahl der Demonstrationsteilnehmer wieder steigen wird.


Das Weihnachtsgeschäft wird boomen

"Spätestens kurz vor Weihnachten rechne ich mit mehr Teilnehmern", sagte er. Zu diesem Zeitpunkt würden die Bescheide zugestellt, mit denen das künftige Arbeitslosengeld II bewilligt oder abgelehnt werde.

Vom derzeitig nachlassenden Interesse der Betroffenen an den Demonstrationen zeigte sich Ehrholdt, der die bundesweite Protestwelle im Juli in Gang gebracht hatte, enttäuscht. "Die Leute sind resigniert und frustriert", begründete Ehrholdt die schwindende Resonanz. Allerdings dürften sich die Betroffenen nicht davon entmutigen lassen. "Wer zu Hause bleibt, kann nichts bewegen", betonte Ehrholdt.


Weniger Teilnehmer auch im Osten

Wie in Magdeburg, wo die Protestwelle Ende Juli ihren Ursprung hatte, nahmen an diesem Montag auch in Berlin, Leipzig und in anderen Städten deutlich weniger Menschen an den Demonstrationen teil als in den Vorwochen.

Ein Großteil der Deutschen befürwortet jedoch inzwischen die Maßnahmen der Regierung: In einer Umfrage des Instituts Ipsos für die "Financial Times Deutschland" halten 60 Prozent der Befragten die Absenkung der Arbeitslosenhilfe auf das Niveau der Sozialhilfe für richtig. Langzeitarbeitslose werden so motiviert, sich stärker um einen neuen Job zu bemühen, glauben die Befragten. Lediglich 36 Prozent sprachen sich in der Umfrage gegen die Kürzung aus.


Wenige glauben an mehr Arbeit durch Hartz IV

Allerdings glauben nur 23 Prozent der 500 Befragten, das Gesetz könne tatsächlich die Arbeitslosigkeit senken, 76 Prozent bezweifelten dies.

Mehr als 80 Prozent der Befragten gaben an, zu mehr Arbeit bereit zu sein, wenn dadurch Arbeitsplätze gesichert werden könnten. 48 Prozent würden dafür auch auf Lohn verzichten. Bei der Absicherung von Lebensrisiken wie Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit seien gut die Hälfte der Befragten der Meinung, dass sich der einzelne Bürger darum stärker selber kümmern sollte. Nur 37 Prozent vertreten der Umfrage zufolge die Auffassung, dass dies primär Aufgabe des Staates sei.


Ossis sind gegen die Reformen – Wessis dafür

Deutliche Unterschiede in der Bewertung ergaben sich zwischen West und Ost. Im Westen befürworten die Reformen fast zwei Drittel der Menschen, in den neuen Ländern sei die Mehrheit dagegen. 60 Prozent der West-Befragten seien dafür, die Selbstverantwortung der Bürger in der Sozialpolitik zu stärken, im Osten setze die Mehrheit weiter auf den Wohlfahrtsstaat.





Diese 60% dauerberieselten Idioten müssen sich fragen lassen, ob sie überhaupt kapiert haben, was mit "Selbstverantwortung" gemeint ist?!

bjk

°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°
Macht Stimmzettel zu Denkzetteln!
Bei Unschlüssigkeit nicht das "kleinere Übel" oder gar nicht wählen
sondern ungültig wählen!
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