Sie sind nicht eingeloggt.
LoginLogin Kostenlos anmeldenKostenlos anmelden
BeiträgeBeiträge SucheSuche HilfeHilfe StatStatistik
VotesUmfragen FilesDateien CalendarKalender
Freies Politikforum für Demokraten und Anarchisten

PLATTFORM FÜR LINKE GEGENÖFFENTLICHKEITEN

Beiträge können nicht (mehr) eingestellt oder kommentiert werden!

 
LV der Linkspartei.PDS Berlin möchte die eigenen Wurzeln vergessen

Anfang   zurück   weiter   Ende
Autor Beitrag
bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 07.03.07, 15:21  Betreff:  LV der Linkspartei.PDS Berlin möchte die eigenen Wurzeln vergessen  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen



die "jW" hat unter http://www.jungewelt.de/2007/03-07/021.php ein mahnendes 5Punktepapier mehrerer PDS-GenossInnen abgedruckt, die sich gegen eine von Oben verordnete BRD-angepaßte Geschichtsauffassung innerhalb der PDS wendet. Einige ausgewählte Passagen des ausgezeichneten Beitrags der 10 GenossInnen habe ich aus der jW kopiert, um das Anliegen der MahnerInnen auch hier im Forum zu unterstützen. Darüberhinaus möchte auch ich ein Signal setzen gegen die derzeitige massive Gehirnwaschkampagne auf allen Fernsehkanälen, die eine Glorifizierung der Flucht aus deutschen Ostgebieten und damit Verharmlosung Nazideutschlands und seiner Greueltaten betreiben. Willkommene Assoziationen, den Sozialismus, insbesondere den der untergegangenen UDSSR und der DDR zu verteufeln, sind politisch gewollt - offenbar wohl leider auch vom Landesvorstand der Linkspartei.PDS Berlin

bjk
ALG II-Unterschichtler


    Zitat: der jW-Artikel
    Unvollkommenheiten nicht als Grundübel verklären

    Dokumentiert. Antrag an die 5. Tagung des 10. Landesparteitages der Linkspartei.PDS Berlin zur innerparteilichen Diskussion eines Fünf-Punkte-Papiers zur eigenen Geschichtsauffassung und zur weltgeschichtlichen Rolle des Sozialismus des 20. Jahrhunderts



    Für den 11. März 2007 hat der Berliner Landesvorstand der Linkspartei.PDS die oben genannte Tagung einberufen. Über mehrere Anträge, darunter zur Berliner Sparkasse und zum Umgang mit Neonazis, sollen Beschlüsse gefaßt werden. jW dokumentiert den Antrag zur innerparteilichen Diskussion eines Fünf-Punkte-Papiers zur Geschichtsauffassung in der Linkspartei.PDS, eingereicht von Kurt Goldstein, Arne Brix, Ellen Brombacher, Stefan Doernberg, Dorothea Döring, Rim Farha, Thomas Hecker, Wulf Kleus, Carsten Schulz, Sahra Wagenknecht.

    (...)


    1. Wir sind für eine Versachlichung der Geschichtsdebatte

    Zu allen Zeiten versuchten die jeweils Herrschenden aus dem Gang der Geschichte eine Rechtfertigung für eigenes Handeln und die Aufrechterhaltung der eigenen Herrschaft abzuleiten. Es überrascht nicht, daß die Protagonisten des Kapitals schon das Nachdenken über eine nicht vom Prinzip der Profitmaximierung dominierte Gesellschaftsordnung verteufeln. Ihr besonderer Haß jedoch richtet sich gegen den gewesenen europäischen Sozialismus. Nicht minder verhaßt ist ihnen zum Beispiel das sozialistische Kuba oder Chavez, der Verfechter des Sozialismus des 21. Jahrhunderts. Dieser Haß ist logisch. Natürlich ist es der Kapitallogik zufolge ein Kapitalverbrechen, Hand an Privatbesitz von Produktionsmitteln zu legen oder gelegt zu haben. Der Kapitallogik nach ist das ein Eingriff in Freiheitsrechte. Gemeint ist das Recht auf Ausbeutung. Die Restauration des Kapitalismus zerstört alle Illusionen, Kapitallogik könne der Vernunft und dem Humanismus Rechnung tragen. Der »moderne« Kapitalismus treibt täglich mehr Menschen ins Elend, nicht zuletzt durch grauenhafte, die Existenz der gesamten Zivilisation gefährdende imperialistische Kriege. Das Leben selbst befördert erneutes Nachdenken über Luxemburgs Feststellung: »Sozialismus oder Barbarei«. Da Angriff als die beste Verteidigung gilt, wird dem gewesenen Sozialismus von seinen Gegnern unterstellt, er sei zuförderst barbarisch gewesen. Barbarische Züge des Kapitalismus hingegen, sofern sie überhaupt zugegeben werden, sind lediglich Fehlentwicklungen. Das US-Lager Guantánamo ist ein leicht stinkender Ausfluß im edlen Kampf gegen den Terror. Das Zuchthaus Bautzen jedoch war ein Hort des Verbrechens. Die DDR war ein Unrechtsstaat. Die USA sind der engste Verbündete der Bundesrepublik Deutschland. In solche Schubladen werden Geschichte und Gegenwart einsortiert. Daß die Herrschenden das so wünschen, ist normal. Wenn auch Linke sich diese Sichtweise zu Eigen machen, trifft das Gegenteil zu: Es ist anormal. Führende Genossinnen und Genossen der PDS resp. Linkspartei.PDS haben in der Vergangenheit so manchen Kotau vor der veröffentlichten Meinung gemacht. Erinnert sei an den Umgang mit der Problematik des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) von Anbeginn, an die Kette von Entschuldigungen, zum Beispiel die 1946 vollzogene Vereinigung von SPD und KPD oder den Mauerbau betreffend, erinnert sei an Äußerungen, mit dem Untergang der DDR sei Sozialismus in Deutschland erst wieder möglich geworden oder daß die DDR partiell totalitärer gewesen sei als Nazideutschland, erinnert sei an die Präambel zum Berliner Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2002. Die Aufzählung ließe sich mühelos fortsetzen.

    Auch in jüngster Vergangenheit fehlte es nicht an Würdelosigkeiten. Sei es die Mitwirkung der PDS an Geschichtsklitterungen im Zusammenhang mit der früheren Haftanstalt des MfS in Hohenschönhausen. Sei es die Rolle unserer Partei bei der Errichtung des Gedenksteins »Den Opfern des Stalinismus« auf dem Friedhof der Sozialisten in Friedrichsfelde – um nur zwei Beispiele zu erwähnen. Um Mißverständnisse zu vermeiden: Die Autoren dieses Diskussionspapiers reden nicht einem unkritischen Umgang mit unserer Geschichte das Wort. Widerstand gegen Denunziationen ist kein Verzicht auf Kritik. Wir sind für eine Versachlichung der Geschichtsdebatte, frei nach Friedrich Engels: »Über geschichtliche Ereignisse beklagt man sich nicht, man bemüht sich im Gegenteil, ihre Ursachen zu verstehen und damit auch ihre Folgen, die noch lange nicht erschöpft sind.« (...) Nicht die Verdammung seiner Geschichte, sondern Analyse war angesagt. Schlußfolgerungen für die Zukunft sollten gezogen werden; es kam bekanntlich anders. (...) Wie redlich wird die gegenwärtige Geschichtsdebatte geführt?


    2. Warum eigentlich keine Aufklärung?

    Am 23. Januar 2007 fand im Berliner Landesvorstand der Linkspartei.PDS zu dieser Debatte eine ausführliche Verständigung statt. In der Sofortinformation über diese Sitzung hieß es u. a.: »In der (...) Diskussion wurde eingeschätzt, daß die Debatte in unserer Partei mit großer Heftigkeit geführt wird. Dabei wird deutlich, daß klare Positionen, die Vorstände formuliert haben, nicht ausreichend in der Basis verankert sind. Es zeigt sich ein Trend, sich ›wider den Zeitgeist‹ zu stellen, indem unter dem Druck der öffentlichen Verdammung der DDR von unserer eigenen Kritik Abstand genommen wird. Der antistalinistische Grundkonsens – unwiderruflicher Bruch mit dem Stalinismus als System – wird schwächer. Deshalb sieht der Landesvorstand in der Intensivierung der Geschichtsdebatte eine vorrangige Aufgabe der politischen Bildung. Dabei geht es nicht um historische Aufklärung, sondern um die Bewertung von Geschichte.«

    Warum eigentlich keine Aufklärung? Aufklärung bedeutet, Licht in die Dunkelheit der Unwissenheit und der Vorurteile zu bringen. Ist das Wissen über Geschichte so gewaltig? Sind die nicht zuletzt medial erzeugten Vorurteile so unerheblich? Kant hat die Aufklärung 1784 als den »Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit« definiert. Aufklärer sein heißt nach Kant, »den Mut haben, sich seines eigenen Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen«. Ist das überholt? Können wir die sich ständig perfektionierende Massenmanipulation einfach ignorieren? Aus welchem Grund konstruiert der Berliner Landesvorstand der Linkspartei.PDS faktisch einen Gegensatz zwischen politischer Bewertung und historischer Aufklärung? Wird als Begründung angeführt, wir hätten in der DDR gelebt und bedürften der Aufklärung daher nicht? Mitnichten. Der Landesvorstand selbst gibt eine andere Antwort. In der bereits erwähnten Sofortinformation heißt es weiter zur Geschichtsdebatte: Diese »ist auch für die neu entstehende Partei wichtig, sie betrifft junge und alte Parteimitglieder sowie Ost- und Westlinke.« Zumindest den Jungen und den Westlinken aber käme doch ein wenig Aufklärung im Sinne Kants eher gelegen. Doch genau diese scheint nicht erwünscht; sie zerstört den Schubladeneffekt. Marx und Engels definierten das Wesen der Aufklärung. Sie sei »ein offener, ein ausgesprochener Kampf gegen (...) alle Metaphysik« (MEW 2, S. 132). Der zeitgeistdominierte Umgang mit der Geschichte des frühen Sozialismus allerdings ist zutiefst metaphysischer Natur.

    (...)


    3. Dialektische Sicht und metaphysisches Herangehen

    (...)

    Man kann den real existiert habenden Sozialismus des vergangenen Jahrhunderts sehr unterschiedlich beurteilen. Dabei sollte man jedoch seine Daseinsweise niemals von den Gesamtumständen trennen, unter denen er um seine Existenz kämpfte. (...) Wer realen Sozialismus an vollendeten kommunistischen Verhältnissen mißt, kann nur zu dem Schluß gelangen, das Reale sei nicht das Erwünschte. Die auch in der Linkspartei nicht beendete Auseinandersetzung zum Thema Menschenrechte, erinnert sei an die Kuba-Debatte, widerspiegelt dieses Problem. Eine Übergangsperiode, also eine Übergangsgesellschaft – nichts anderes kann der frühe Sozialismus sein – ist alles andere als vollkommen. Es ist daher schlicht unredlich, das Erwünschte zur Denunziation des Realen zu benutzen, zu verlangen, das Reale müsse von heute auf morgen so werden, wie das Erwünschte – wohlwissend, daß nur ein Wundertäter das bewerkstelligen könnte. Das angestrebte Ziel zu vergessen ist auf Dauer tödlich; das Ideal mit der Wirklichkeit gleichzusetzen tötet auch.

    Die von den Autoren dieses Papiers geführten Auseinandersetzungen um eine historisch gerechte Bewertung des Sozialismus und daher auch der DDR waren zu keiner Zeit von Vereinfachungen gekennzeichnet. Gerade auch deshalb waren wir nie bereit, zu Kritisierendes und Bewahrenswertes einfach schematisch getrennt voneinander zu betrachten. Wir waren und sind vielmehr davon überzeugt, daß gerade ein differenzierter Umgang mit den sozialistischen und nichtsozialistischen Zügen der DDR ein grundsätzliches Bekenntnis zu ihr ermöglicht.


    4. Wir bagatellisieren die Fehler, Irrtümer und Strukturdefizite des frühen Sozialismus nicht

    Den heute Herrschenden geht es absolut nicht um eine differenzierte Analyse der Sozialismusgeschichte, auch nicht um eine objektive Bewertung der Geheimdienste der untergegangenen sozialistischen Länder. Erinnert sei an die Auseinandersetzungen um das ehemalige MfS-Untersuchungsgefängnis in Berlin-Hohenschönhausen. Die endlose Debatte über das MfS bedient einen anderen Zweck. Indem das MfS uneingeschränkt verteufelt wird, wird zum Kapitalverbrechen erklärt, daß die DDR Instrumente zu ihrem Schutz geschaffen hatte. Diese Denunziation eines Teils der Staatsmacht greift auf die Gesamtstrukturen des frühen Sozialismus über. Von der Verteufelung des MfS zur These vom Unrechtsstaat DDR ist es ein äußerst kurzer Weg. Die Unerbittlichkeit der Bewertung der Machtstrukturen des sozialistischen Versuchs resultiert aus der Ablehnung, daß da etwas anderes praktiziert wurde, als Kapitalverwertung. Aus der Ablehnung des Sozialismus kommt der Haß der veröffentlichten Meinung, nicht aus den Fehlern und Gebrechen der nichtkapitalistischen Ordnung. Und der Haß kommt aus dem Wissen, daß das zunehmend mörderische Funktionieren des Profitmechanismus selbst das Verlangen nach einer gesellschaftlichen Alternative stimuliert. Unausbleiblichem Widerstand soll daher der Gedanke an eine alternative Perspektive genommen werden.

    Zu diesem Zwecke wird die angebliche Untauglichkeit eines kommunistischen Gemeinwesens aus der Geschichte des real existiert habenden Sozialismus abgeleitet. Nichts wird seit Gorbatschow sosehr für Antikommunismus instrumentalisiert, wie eine der sogenannten Totalitarismusdoktrin unterworfene Interpretation der Geschichte der Sowjetunion und der anderen sozialistischen Länder.

    (...) wird auch die herausragende Rolle der Sowjetunion beim Sieg über den Hitlerfaschismus hervorgehoben. Am liebsten würde man die Sowjetunion und deren Verdienste bei der Zerschlagung der faschistischen Bestie aus dem Gedächtnis der Menschheit streichen. Doch solange das nicht möglich ist, sollen die Leistungen der Sowjetunion im Großen Vaterländischen Krieg wenigstens weitestgehend diskriminiert werden. Und das funktioniert nur, wenn Menschen eingeimpft wird, der antifaschistische Kampf des sowjetischen Volkes sei ein minderwertiger gewesen. Minderwertig deshalb, weil sich sozusagen lediglich ein Unrechtssystem gegen ein anderes zur Wehr gesetzt hätte und weil im Ergebnis des Sieges des einen Systems über das andere lediglich neues Unrecht installiert worden wäre. Und schon ist der überragende Anteil der UdSSR an der Zerschlagung der faschistischen Kriegs- und Mordmaschinerie beinahe selbst ein barbarischer Akt. Wozu nun das Ganze? Wozu so viel ideologisches Bemühen um Vergangenes, noch dazu, da die Sowjetunion gar nicht mehr existiert? Es geht darum, dem gewesenen realen Sozialismus das vielleicht einschneidendste historische Verdienst abzusprechen: die Zerschlagung der realen Barbarei. Nicht zuletzt auf diese Weise soll Menschen, die in Ländern des real existiert habenden Sozialismus lebten und jenen, die allen jüngsten Entwicklungen zum Trotz ihrer Gesinnung treu geblieben sind, jegliche Identifikationsmöglichkeit genommen werden. Nichts, aber auch gar nichts war etwas wert – so lautet die Botschaft.


    5. Der Sozialismus des vergangenen Jahrhunderts war historisch legitim

    Auch die DDR wird auf ihre realen und vermeintlichen Negativseiten reduziert. Nicht nur durch politische Gegner. So wird im Entwurf der programmatischen Eckpunkte einer zukünftigen Linkspartei der gewesene frühe Sozialismus auf die Formel reduziert: »Wir lehnen jede Form von Diktatur ab und verurteilen den Stalinismus als verbrecherischen Mißbrauch des Sozialismus.« Da nun der gewesene europäische Sozialismus in Gänze stalinistisch gewesen sein soll, ist, der Logik dieser Aussage zufolge, selbiger auch in Gänze verbrecherisch gewesen. Das kommt dem »Niveau« der am 25. Januar 2006 beschlossenen Antikommunismusresolution 1481 der parlamentarischen Versammlung des Europäischen Parlaments in gewisser Weise nahe. Es dürfte außer Zweifel stehen, daß die übergroße Mehrheit der Mitglieder der Linkspartei.PDS sowohl die Geschichte des gewesenen Sozialismus als auch ihr eigenes Leben anders beurteilt. Das wohl ist es, was den Berliner Landesvorstand veranlaßte zu beklagen, »daß klare Positionen, die Vorstände formuliert haben, nicht ausreichend in der Basis verankert sind«. Diese »klaren Positionen der Vorstände« sind nicht die unseren.

    Wir suchen nach Antworten jenseits der veröffentlichten Meinung. Für die Zukunft des Sozialismus ist zu fragen: Was war bewahrenswert? Was darf sich nicht wiederholen? Welches waren die Ursachen für die nichtsozialistischen Züge des gewesenen Sozialismus; waren sie unvermeidbar oder hätten sie vermieden werden können? Natürlich kann niemals als Grundsatz akzeptiert werden, um einer zukünftigen Gerechtigkeit willen den jetzt Lebenden ins Gesicht zu schlagen. Wir wissen auch, daß Lebenden ins Gesicht geschlagen wurde. Dennoch meinen wir, daß der gewesene Sozialismus dem Profitsystem gegenüber historischen Fortschritt verkörperte, auch wenn er unterlag und alles andere war als vollkommen. Er war unvollkommen, gekennzeichnet auch durch Irrtümer und Fehler. Er war nicht frei von Verbrechen – er war, wie Karl Marx es prognostizierte, »eine kommunistische Gesellschaft, nicht wie sie sich auf ihrer eignen Grundlage entwickelt hat, sondern umgekehrt, wie sie eben aus der kapitalistischen Gesellschaft hervorgeht, also in jeder Beziehung, ökonomisch, sittlich, geistig, noch behaftet ist mit den Muttermalen der alten Gesellschaft, aus deren Schoß sie herkommt« (MEW 19, S. 20). Einen Sozialismus zu wünschen, der die Phase seiner Herkunft überspringt und wie ein Phönix aus der Asche steigt, ist leider Träumerei. Die Tragik des untergegangenen europäischen Sozialismus liegt nicht zuletzt darin, daß er im Überlebenskampf gegen das Kapital zuviel von seiner eigenen Identität preisgab. Der Sozialismus kam in eine tiefe Krise, und dafür ist bei weitem nicht nur der Gegner verantwortlich zu machen. (...) Der Sozialismus ist bekämpft worden, bis aufs Blut. Und sehen wir uns die Welt von heute an, so ist nicht nur überdeutlich, warum das geschah, sondern die Konsequenzen seines Untergangs zeichnen sich täglich deutlicher ab.

    Wir sind weder bereit, so zu tun, als hätten wir alles richtig gemacht, noch so zu tun, als hätten wir alles richtig machen können. Wir sind keine Verschwörungstheoretiker. Diese reduzieren komplexe Zusammenhänge auf einen Sündenbock. Wir wissen, daß es für den Untergang des Sozialismus des zwanzigsten Jahrhunderts auf europäischem Boden vielfältige Gründe gab, und wir wissen, daß die Auseinandersetzung über die Hauptursachen noch lange nicht beendet ist. Letztlich ist im Rahmen dieses Streits allerdings maßgeblich: War es legitim, die Macht des Kapitals zu brechen und durch Verhältnisse zu ersetzen, die nicht durch die Jagd nach Profit bestimmt waren oder machten die Unzulänglichkeiten des frühen Sozialismus diesen zu einer illegitimen Angelegenheit? Unsere Antwort auf diese Frage lautet ohne Wenn und Aber:
    Der Sozialismus des vergangenen Jahrhunderts war historisch legitim.
*
der vollständige jW-Artikel kann hier
nachgelesen werden.

[editiert: 21.03.07, 08:32 von bjk]
nach oben
Benutzerprofil anzeigen Private Nachricht an dieses Mitglied senden Website dieses Mitglieds aufrufen
Riker
New PostErstellt: 07.03.07, 15:27  Betreff: Re: LV der Linkspartei.PDS Berlin möchte die eigenen Wurzeln vergessen  drucken  weiterempfehlen

die wirtschaft muß demokratisiert werden - es gibt keinen anderen weg.
alles andere incl. des obigen jw beitrags ist ideologisches gelabber, daß sich eine reine weste verschaffen will
nach oben
bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 07.03.07, 15:39  Betreff: Re: LV der Linkspartei.PDS Berlin möchte die eigenen Wurzeln vergessen  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: Riker
    die wirtschaft muß demokratisiert werden - es gibt keinen anderen weg.
... mei, lieber Riker, kannst Du aber schnell lesen - in 6 Minuten mit antworten!
... oder ging's bloß deswegen so schnell, weil keine AP-Fotos drinne sind
... daß der Polit-Virus "Es gibt keine Alternative" längst auch in Bayern grassiert, wissen wir ja spätestens seit Straußens-Gott-hab-ihn-selig-Zeiten
... wie "demokratisiert" man denn Wirtschaft, nur mal so gefragt
... von staatswegen scheidet doch aus - weil das ja doch "ideologisches gelabber" wäre


    Zitat: Riker
    alles andere incl. des obigen jw beitrags ist ideologisches gelabber, daß sich eine reine weste verschaffen will
... ach, Riker, wenn ein Bayer poltert, muß das nicht unbedingt objektiv und auch nicht vernünftig sein, wa?

Gruß
bjk
ALG II-Unterschichtler





[editiert: 07.03.07, 15:43 von bjk]
nach oben
Benutzerprofil anzeigen Private Nachricht an dieses Mitglied senden Website dieses Mitglieds aufrufen
Riker
New PostErstellt: 07.03.07, 16:51  Betreff: Re: LV der Linkspartei.PDS Berlin möchte die eigenen Wurzeln vergessen  drucken  weiterempfehlen

"wie "demokratisiert" man denn Wirtschaft, nur mal so gefragt"

in dem gesellschaftliche demokratische entscheidungsprozesse nicht von oben nach unten laufen sondern querbeet von unten nach oben anders formuliert daß es kein Oben mehr gibt. Volksentscheide wären da so ein Weg...Foren die demokratische Volksentscheide entwickeln und ermöglichen...

aber wir zwei werden die probleme der Welt in diesem Forum nicht lösen insofern spare ich es mir darüber ausführlich zu reverieren und zu antworten
nach oben
Riker
New PostErstellt: 07.03.07, 17:11  Betreff: Re: LV der Linkspartei.PDS Berlin möchte die eigenen Wurzeln vergessen  drucken  weiterempfehlen

sorry das hatte ich noch vergessen

Gruß nach berlin
Riker
nach oben
bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 10.03.07, 12:10  Betreff:  Re: LV der Linkspartei.PDS Berlin möchte die eigenen Wurzeln vergessen  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: Riker
    aber wir zwei werden die probleme der Welt in diesem Forum nicht lösen
jedes auch noch so kleine Mosaik ist wichtig - selbst ein Riker mit seinen Beiträgen in diesem Forum


Lieber Riker,

nicht nur aber vor allem für Dich kopiere ich mal ein Interview mit Kurt Goldstein, einem der Unterzeichner des Diskussionspapiers, mit dem ich diesen Thread eröffnet hatte. Vielleicht hilft es ja, vom einen oder anderen typisch westdeutschem Vorurteilchen in Sachen PDS und DDR zu einer objektiveren Betrachtungsweise zu kommen. Schaden täte eine solche Wissenserweiterung nämlich keinesfalls.

Abschließend noch ein Geheimtip, damit Du mainstreamunabhängig in Sachen politische Zusammenhänge immer auf dem laufenden bleibst, abonniere die jW, kann ich übrigens nicht nur Dir wärmstens empfehlen.

Herzliche Grüße nach Bayern
bjk
ALG II-Unterschichtler

...........................................................................................................

kopiert aus: http://www.jungewelt.de/2007/03-10/049.php


»Schlimme Dinge, aber auch große Erfolge«

Die Linkspartei.PDS darf nicht im Rechtsopportunismus versinken. Ein Gespräch mit Kurt Goldstein


Interview: Peter Steiniger


Kurt Goldstein, Jahrgang 1914, Spanienkämpfer, Überlebender des Todesmarsches nach Buchenwald, in der DDR als Journalist tätig, ist Ehrenpräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees. Er ist Mitunterzeichner eines Diskussionspapiers zur Geschichtsauffassung in der Linkspartei.PDS, das ihrem am Sonntag stattfindenden Berliner Landesparteitag vorgelegt wird. (Dokumentiert in jW vom 7. März 2007)


jW: Mit Vertretern der Kommunistischen Plattform verteidigen Sie in einem Fünf-Punkte-Papier die historische Legitimität der gescheiterten sozialistischen Gesellschaften. Gleichzeitig werfen Sie der Führung der Berliner Linkspartei Opportunismus und Geschichtsklitterung vor. Was bezwecken Sie mit diesem Beitrag?

Kurt Goldstein: Es gibt, insbesondere in der Berliner Parteiführung, verstärkte Tendenzen, sich von wichtigen Teilen unserer Geschichte abzusetzen. Ich fürchte, daß es dabei weniger um die historische Wahrheit geht als darum, Hindernisse für tagespolitische Absichten und Wünsche auszuräumen.


jW: Landesvorsitzender Klaus Lederer sieht darin »Geschichtsrelativierung« und wirft Ihnen vor, Menschenrechtsverletzungen als Kollateralschäden abzutun. Verharmlost das Papier die stalinistischen Verbrechen?


Kurt Goldstein: Wer sich aufmerksam und unvoreingenommen damit befaßt, kann das nicht herauslesen. Wir sagen ausdrücklich, daß es im frühen Sozialismus nicht schlechthin politische Dummheiten und Fehler gegeben hat, sondern eindeutige Verbrechen. Aber die Tatsache, daß es diese schlimmen Dinge gab, löscht nicht aus, daß es auch große Erfolge in unseren Versuchen, in der DDR den Sozialismus aufzubauen, gegeben hat.


jW: Die jetzt anberaumte Debatte ist auch eine Reaktion auf die heftigen Kontroversen, welche die Aufstellung eines Gedenksteins für die Opfer des Stalinismus in der Gedenkstätte der Sozialisten in Berlin-Friedrichsfelde hervorgerufen hat. Ist das nicht auch die Folge eines Versäumnisses der kommunistischen Kräfte, verfolgte Linke und Opfer von Willkür in der Stalin-Ära zu ehren?


Kurt Goldstein: Ich habe mich schon sehr früh und auch in meinen Bücher mit der Thematik auseinandergesetzt. Die Genossinnen und Genossen, die das Papier mit unterzeichnet haben, ignorieren diese Fragen ebensowenig.


jW: Klaus Lederer behauptet, daß die Geschichtsauffassung des kommunistischen Flügels in der Linkspartei keinen Rückhalt habe. Wie marginalisiert sind Ihre Positionen?


Kurt Goldstein: Wir wollen nichts anderes, als daß wirklich diskutiert wird. Und ich bin sicher – bei einer Mitgliederbefragung würde sich zeigen, wessen Auffassungen tatsächlich marginalisiert sind. Ob die von Harald Wolf und Co. oder unsere. Also die derjenigen, die zu dieser Partei stehen, die die »Treppenterrier« bei den Wahlkämpfen sind. Derjenigen, welche die Unterschriften sammeln und das Geld für den Wahlkampf. Undemokratisch ist eben, daß wenige entscheiden wollen, weil sie die Macht haben. Mitgliederschwund wird dabei bewußt in Kauf genommen.


jW: Nach dem Debakel bei den Abgeordnetenhauswahlen hatte die Führung der Berliner Linkspartei.PDS eine tiefgehende Analyse der Ursachen angekündigt. Ist das eingelöst worden?


Kurt Goldstein: Bisher nicht, nein.


jW: Im Vorfeld des Parteitages hat der Landesvorstand eingeschätzt, daß die Linkspartei in der Berliner Koalition zu sehr als angepaßter, kleiner Partner wahrgenommen werde. Ist eine politische Korrektur erkennbar?


Kurt Goldstein: Nur rhetorisch. In Wirklichkeit machen sie dieselbe Politik weiter, die uns bei den letzten Wahlen fast die Hälfte der Stimmen gekostet hat. Es geht darum, die Partei nicht noch weiter im Rechtsopportunismus versinken zu lassen. Ich rede explizit vom Berliner Landesverband.


jW: Klaus Lederer hat eine harte Linie gegen Ihre Positionen angekündigt. Sind so gegensätzliche Geschichtsauffassungen innerhalb einer Partei dauerhaft aushaltbar?


Kurt Goldstein: Aus unserer Geschichte müssen wir lernen, daß nicht jede Meinungsverschiedenheit zu einer Spaltung führen darf.


jW: Für die Berliner Linkspartei.PDS ist es ihr Abschiedsparteitag. Ein Wiedersehen soll es dann als neue Linkspartei, verstärkt um eine Minderheit der Berliner WASG, geben. Wie beurteilen Sie die Chancen, daß daran viel neu sein wird?


Kurt Goldstein: Ich kann nur hoffen, daß die neue Partei sich zu einer wirklich linken, sozialistischen entwickelt. Gemeinsam mit meinen Freundinnen und Freunden werde ich dafür tun, was ich kann.



nach oben
Benutzerprofil anzeigen Private Nachricht an dieses Mitglied senden Website dieses Mitglieds aufrufen
Sortierung ndern:  
Anfang   zurück   weiter   Ende
Seite 1 von 1
Gehe zu:   
Search

powered by carookee.com - eigenes profi-forum kostenlos

Layout © subBlue design
. . . zum Politikmagazin auf diesen Button klicken >> bjk's Politikmagazin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .