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Erich Müsam: Der Lampenputzer

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Autor Beitrag
Baba Yaga
New PostErstellt: 28.01.04, 23:15  Betreff: Erich Müsam: Der Lampenputzer  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

Der Lampenputzer

War einmal ein Revoluzzer,
im Zivilstand Lampenputzer;
ging im Revoluzzerschritt
mit den Revoluzzern mit.

Und er schrie: «Ich revolüzze!»
Und die Revoluzzermütze
schob er auf das linke Ohr,
kam sich höchst gefährlich vor.

Doch die Revoluzzer schritten
mitten in der Strassen Mitten,
wo er sonsten unverdrutzt
alle Gaslaternen putzt.

Sie vom Boden zu entfernen
rupfte man die Gaslaternen
aus dem Strassenpflaster aus,
zwecks des Barrikadenbaus.

Aber unser Revoluzzer
schrie: «Ich bin der Lampenputzer
dieses guten Leuchtelichts.
Bitte, bitte, tut ihm nichts!

Wenn wir ihn' das Licht ausdrehen,
kann kein Bürger nichts mehr sehen.
Lasst die Lampen stehn, ich bitt! –
Denn sonst spiel ich nicht mehr mit.»

Doch die Revoluzzer lachten,
und die Gaslaternen krachten,
und der Lampenputzer schlich
fort und weinte bitterlich.

Dann ist er zu Haus geblieben
und hat dort ein Buch geschrieben:
nämlich, wie man revoluzzt
und dabei doch Lampen putzt.

Erich Mühsam

Als Verfasser revolutionärer Lieder war Mühsam zu Beginn der 20er Jahre weit über anarchistische Kreise hinaus nicht nur in der Arbeiterschaft bekannt.

Er lebte in Berlin und er setzte sich unermüdlich für politische Gefangene im ganzen Reichsgebiet.
Von 1926 bis 1931 gabe er die Zeitschrift 'Fanal' heraus und schrieb 1928 sein Drama 'Staatsräson'.

Hellsichtig warnte Mühsam als Redner und Publizist vor dem sich formierenden Faschismus und wurde deshalb noch in der Nacht des Reichstagsbrandes verhaftet.
Nach seinem Leidensweg durch mehrere KZ wurde er in der Nacht zum 10. Juli 1934 im KZ Oranienburg ermordet.
Seine Frau Zensl emigrierte in die Sowjetunion, überlebte trotz Gefangenschaft die Stalinzeit und starb in den 50er Jahren in der DDR.

Mühsam schrieb gegen Unrecht und Unmenschlichkeit an,
...ebenso gegen die Unterdrückung der Frau.
Dabei benutzte er konventionelle Versformen.
Seine Gedichte zur Politik, seine Liebeslyrik und die Satire, mit wlecher sie formuliert wurden, zeigen einen radikalen, aber auch humorvollen Dichter.
Er war ein kompromissloser und unbeugsamer, ein rebellischer Poet und poetischer Rebell. Festunshaft im KZ konnten diese Hlatung nicht brechen!

Interpretation
Mir erscheint es so, dass der Lampenputzer keinen richtigen Grund hat, bei der Revolution mitzumachen.
Er wollte einfach 'dabei' sein.
Vielleicht sucht er auch etwas allgemeine Anerkennung, da sein Selbstwert als Lampenputzer nicht hoch ausgeprägt zu sein scheint.

[Zeile 5, 6] Er schreitet im Schritt und Tritt, wie die andern, mit.

[Zeile 7] Er zeigt den anderen, dass er dazugehört, beim Revoluzzen.
Deshalb schreit er so, als ob der selbst die Revolution veranlaßt hätte:
«ICH revolüzze!».

[Zeile 8, 9] Er trägt eine Mütze als äußeres Merkmal und er trägt diese, im Sinne der Sozialdemokraten, links.

[Zeile 10] Er hälst sich selbst für wichtig und gefährlich – kann es aber als Einzelner nicht sein, nur das erkennt er so nicht.

[Zeilen 11-12] Die Revoluzzer zeigen und bekennen sich auf den Straßen. Sie verstecken sich nicht.

[Zeilen 13-18] Lampenputzers Enttäuschung;
Revoluzzer nehmen auf Lampenputzer keine besonderen Rücksichten
...obwohl, oder gerade weil er treu seinen Dienst tut.
Er wittert Verrat und zweifelt an der Aufrichtigkeit seiner Kollegen.
Mit Gewalt reissen diese die Gaslaternen aus dem Boden, um Barrikaden daraus zu bauen. Der Zweck heiligt die Mittel.

[Zeilen 19-21] Der lampenputzrt ist davon überzeugt: Die Leute brauchen dieses Licht.

[Zeilen 22-25] Jetzt erst beginnt er eigenständig denken:
Wenn die Laternen ausgerissen werden, schadet das den Bürgern und natürlich auch ihm selbst.
Er möchte die Kampf-Genossen daran hindern, die Laternen umzulegen. Doch die hören nicht auf ihn. Daraufhin entscheidet er sich, nicht mehr mitzumachen:

[Zeile 26] Weiterer Hinweis darauf, dass der Lampenputzer die Revolution nicht begreift . Er würde ansonsten nicht sagen, er mache nicht mehr mit.

[Zeilen 27-30] Die Lampen werden umgelegt ("Hau weg den Scheiss" - aktuelle Parole der Mastenleger).
Für den Lampenbputzer ist eine heile Welt zusammengebrochen.
Er sondert sich ab, obwohl ihm die Revolution doch zugesagt hatte.

[Zeilen 31-34] Hinterher emanzipiert er sich von sich selbst,
schreibt eine allgemeine Handlungsanweisung darüber, wie man revoluzzt ohne Schaden zu nehmen.
Man sucht in diesem Werk jedoch vergeblich eine Begründung, wieso und weshalb man revoluzzt.
Der lampenputzer kann in seinem Buch und auch sonst keinen eigentlichen Grund für Revolution benennen!

Sprach- und Verständnisschwierigkeiten!!!!
Erich Mühsam hat sie mit seinem Gedicht verdeutlicht!

War´s nicht ähnlich bei der studentischen Protsetbewegung 1968?

Baba Yaga
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bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 10.07.08, 14:27  Betreff:  am 10. Juli 1934 wurde Erich Mühsam von der bayrischen SS-Wachmannschaft des KZ Oranienburg ermordet  drucken  weiterempfehlen

kopiert aus: http://www.muehsam.de/




6. April 1878 - 10. Juli 1934

Erich Mühsam, 1878 bis 1934, Dichter und Anarchist. Erich Mühsam war führend beteiligt an der anarchistischen Münchner Räterepublik, verbrachte danach mehrere Jahre in Festungshaft. Erich Mühsam kämpfte in der Weimarer Republik in der Roten Hilfe für die Freilassung politischer Gefangener. In der Nacht des Reichstagsbrandes wurde Erich Mühsam verhaftet. In der Nacht vom 9. zum 10. Juli 1934 wurde Erich Mühsam von der bayrischen SS-Wachmannschaft des KZ Oranienburg ermordet.




kopiert aus: http://www.erich-muehsam.de/texte.html


Der Gefangene

Ich hab's mein Lebtag nicht gelernt,
mich fremdem Zwang zu fügen.
Jetzt haben sie mich einkasernt,
von Heim und Weib und Werk entfernt.
Doch ob sie mich erschlügen:
Sich fügen heißt lügen!

Ich soll? Ich muß? ­ Doch will ich nicht
nach jener Herrn Vergnügen.
Ich tu nicht, was ein Fronvogt spricht.
Rebellen kennen beßre Pflicht,
als sich ins Joch zu fügen.
Sich fügen heißt lügen!

Der Staat, der mir die Freiheit nahm,
der folgt, mich zu betrügen,
mir in den Kerker ohne Scham.
Ich soll dem Paragraphenkram
mich noch in Fesseln fügen.
Sich fügen heißt lügen!

Stellt doch den Frevler an die Wand!
So kann's euch wohl genügen.
Denn eher dorre meine Hand,
eh ich in Sklavenunverstand
der Geißel mich sollt fügen.
Sich fügen heißt lügen!

Doch bricht die Kette einst entzwei,
darf ich in vollen Zügen
die Sonne atmen ­ Tyrannei !
Dann ruf ich's in das Volk: Sei frei!
Verlern es, dich zu fügen!
Sich fügen heißt lügen!




Es ist allerhöchste Zeit, Art. 1, Abs. 1 und Art. 20, Abs. 4, GG, Geltung und Wirkung zu verschaffen!
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