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bjk

Beiträge: 7353


New PostErstellt: 22.04.05, 19:16     Betreff:  Re: Berliner Justiz will in Sachen Demonstrationsrecht ein Exempel statuieren




kopiert aus: http://www.pruefdienst-paul.de.vu/montag04.php



Prüfdienst-Paul verletzt und verhaftet


Auch ich gehöre zu den Verletzten und Festgenommenen der Montagsdemo vom 20. September.

Ich bin 55 Jahre alt, parteilos, an keine Gewerkschaft gebunden, habe einen kleinen Teilzeitjob, Anspruch auf ergänzende Sozialhilfe und - bin Westberliner.

Seit einem schweren Fahrradunfall im Jahre 1998 habe ich ein kaputtes Knie und bin dadurch auf eine Gehhilfe - auch Krücke genannt - angewiesen.

Trotzdem nehme ich mein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und das Recht auf Demonstration aktiv in Anspruch.

So auch am letzten Montag - allerdings paßte das der Obrigkeit nicht und daher wurde ich, wie viele andere, durch einen brutalen Polizeieinsatz daran gehindert.

Ich hielt mich in der Nähe des Lautsprecherwagens vom Bündnis auf, als an einer äußerst dunklen Straßenecke ein Trupp Polizeischläger in voller Kampfrüstung ohne Vorwarnung prügelnd und tretend mitten hinein in die friedlich demonstrierende Menge stürmte.

Vorgeschickt wurden die besonders großen Polizisten, die mit der Schulter voran sich gegen Frauen, Kinder und ältere Mitbürger warfen - so, als wollten sie eine Wohnungstür einrennen.

Sie drängten mich vom Wagen fort, nahmen mir meine Krücke weg und warfen sie in zwei Teile zerlegt in hohem Bogen in eine Baugrube.

Dann traf mich ein heftiger Stoß eines Polizisten, der mich umwarf.

Ich wollte mich gerade wieder aufrappeln, als ein anderer Polizist einen Ausfallschritt auf mich zu machte und mir seinen Knüppel auf den Kopf schlug.

Umstehende halfen mir auf und machten mich auf die stark blutende Platzwunde aufmerksam.

An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die mir Papiertaschentücher reichten und meine Krücke in der Baugrube wiederfanden.

Nach der Erstversorgung durch Sanitäter vor Ort wurde ich in die Charité gebracht, wo die Wunde mit sechs Stahlklammern geschlossen wurde.





In der Charité lauerten mir mehrere Polizisten auf, die mich dann verhafteten.

Der Vorwurf lautet "wahrscheinlich" - wie ein Polizist nicht müde wurde zu betonen - auf schweren Landfriedensbruch und Widerstand. Und sie hätten sowieso alles auf Video.

Da nach dem Röntgenbefund ein Schädelbruch ausgeschlossen wurde, erklärte mich der Doktor als "verwahrfähig" und ich durfte dann eine ganze Weile in einer Wanne vor der Charité sitzen.

Ich bekam mit, daß die Polizei noch auf einen anderen Verletzten wartete, der lange Zeit nicht von der Charité freigegeben wurde. Angeblich hatte der einen Polizisten gebissen - wie soll das gehen bei dieser Rüstung?

Der "Beißer" - wie ihn die Polizisten nannten - wurde jedoch noch untersucht, da sein Herzschrittmacher defekt war.

Er muß wohl mehrere heftige Stöße von der Polizei vor die Brust bekommen haben, bei denen der Herzschrittmacher kaputt ging.

Später ließ man dann mehrere Beamte zur Bewachung des Herzpatienten zurück und ich wurde in die Pankstraße "verschubt", wo ich wie ein Schwerverbrecher erkennungsdienstlich behandelt wurde - also mehrere Photos und Abnahme der Fingerabdrücke.

Gegen Mitternacht durfte ich dann endlich nach Hause.

Watt lernt uns ditt?

Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit wurden in allen Bundesländern - so auch in Berlin seit 1992 - die Polizeigesetze verschärft.

Die Öffentlichkeit nahm nur wahr, daß nunmehr leichter Platzverweise gegen randalierende Hooligans oder bettelnde Obdachlose erteilt werden können, um die Innenstädte sauber zu halten.

Der eigentliche Zweck dieser Polizeigesetze ist jedoch unter anderem die umfassende Video-Überwachung von Demonstrationen verbunden mit der vorbeugenden erkennungsdienstlichen Behandlung willkürlich verhafteter Demonstrationsteilnehmer.

Im Februar 2003 wurden die Polizeibefugnisse durch den rot-roten SPD-PDS Senat nochmals erweitert und unter anderem die sogenannten "gefährlichen Orte" erfunden.

Nachdem also die große Koalition aller Volks-Parteien einschließlich PDS die Voraussetzung zur Bekämpfung sozialer Unruhen gelegt hatte, konnte der entscheidende Schritt vorgenommen werden: Der Abbau des Sozialstaates.

Vorgeblich zur Sanierung des Gesundheitswesens, der Rentenkassen und des Arbeitsmarktes wurden nun Hartz 1 bis Hartz 4 erfunden. Der eigentliche Zweck dieser Gesetze ist jedoch die massive Umverteilung von unten nach oben durch Absenkung des Lohnniveaus unter die Armutsgrenze, die Abwälzung der sozialen Kosten auf die Arbeiter, Angestellten und Rentner verbunden mit der massiven Einschüchterung von in Not geratenen Menschen und einer abschreckenden Schnüffelpraxis im Privatleben jener, die Hilfe am dringensten benötigen.

Und Hartz 5 ist schon in Planung: Der nächste Schritt ist die vollständige Befreiung der Unternehmer von allen Arbeitgeber-Anteilen zur Sozialversicherung.

Den Politikern ist bewußt, daß dieser massive Sozialabbau zu Protesten und Demonstrationen - sprich: zu sozialen Unruhen - führt; daher war die Verschärfung der Polizeigesetze notwendig.

Mir wird nun also Landfriedensbruch vorgeworfen, weil ich mein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung wahrnehme.

Was ist - oder besser: war - das für ein Frieden, der hier in diesem unserem Lande herrschte? Es war auch ein sozialer Friede, der für einen gewissen Ausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sorgte und auch sozial Benachteiligte einigermaßen schützte.

Dieser soziale Friede ist von den Unternehmern und ihren Helfershelfern aus Politik und Gewerkschaft gekündigt worden!

Es gibt also keinen Frieden mehr in diesem Land, der gebrochen werden könnte.

Die verfassungsmäßige Ordnung, nach der die BRD ein demokratischer und sozialer Bundesstaat ist, wurde zerstört.

Wie heißt es in Artikel 20 des Grundgesetzes so schön: "Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand."

Mit anderen Worten: Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht!

Und deswegen: Jeden Montag - bis Hartz 4 vom Tisch ist - trotz Krücke und Loch in'n Kopp: Ich komme wieder - jetzt erst recht!







Auch Ernst hat am Dienstag vor dem gleichen Amtsgericht "sein" Strafverfahren zu erwarten. Den Termin werde ich versuchen, in Erfahrung zu bringen. Auch er ist einer von uns, auch hier werden wir protestieren und ihm im Gerichtssaal zur Seite stehen.

bjk






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