Erstellt: 28.05.05, 18:20 Betreff: Re: Termine und Infos
vorhin per Rundmail erhalten:
Bewegungsarmut herrscht in unserer Zeit. Die radikale Linke ist marginal und es gelingt ihr nicht eine sozialrevolutionäre Perspektive zu entwickeln. Gleichzeitig werden die Angriffe von Staat und Kapital härter und die BRD „normalisiert“ sich immer weiter zur europäischen Führungsmacht.
Flankiert wird dieser Prozess von einem umfassenden Geschichtsrevisionismus, der es auch auf linksradikale Bewegungsgeschichte abgesehen hat. Dieser kommt sowohl in Gestalt historischer und psychologischer Abhandlungen daher als auch mit wachsender Häufigkeit auf medialer und kultureller Ebene mit verzerrenden und denunziatorischen Publikationen. So fällt zum Beispiel Jan-Philipp Reemtsma, in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zu RAF-Mitglied nur noch SS-Mann ein. Gemeinsam ist allen Formen dieser Geschichtsrevision die Botschaft, dass die Infragestellung der herrschenden Verhältnisse und praktischer Widerstand dagegen sinnlos ist.
Mit dem Kongress „in bewegung bleiben“ wollen wir, der Denunziation von sozialrevolutionären Bewegungen etwas entgegensetzen und uns linksradikale Bewegungsgeschichte jenseits des herrschenden Diskurses von Distanzierung und Historisierung wiederaneignen.
In Auseinandersetzung mit Leuten, die in verschiedenen Zusammenhängen aktiv waren und es zum Teil noch heute sind, wollen wir die Entstehung von bewaffnet agierenden Gruppen im historischen Kontext der sozialen und antiautoritären Bewegungen ab den 60er Jahren, ihre organisatorischen Konzepte und ihre Praxis untersuchen. Wir wollen diskutieren inwieweit Kämpfe in anderen Teilen der Welt die Bewegungen und bewaffnete Gruppen in der BRD beeinflusst haben. Darüber hinaus soll es um die gesellschaftliche Verankerung dieser Gruppen und die Wechselverhältnisse zwischen bewaffnet agierenden Gruppen und sozialen Bewegungen, aber auch um die repressive Antwort des Staates auf die sozialrevolutionären Versuche gehen. Wir wollen Schwächen und Fehler und die Gründe des Scheiterns der Bewegungen versuchen zu analysieren.
Es gibt ein breites Bedürfnis, die gegenwärtig scheinbar so fest gefügten, Herrschaftsverhältnisse wieder in Bewegung zu bringen. Die Diskussionsprozesse um dieses Bedürfnis herum müssen die bereits gemachten Versuche und Erfahrungen umfassen. Befreiung und Klassenkampf haben in jedem Moment ihre Geschichte und ihre Kontinuität. Der Kongress ist ein Versuch dieses zu vermitteln.
2. Juni 1967 19.00 Uhr | Gesellschaftliche Situation in der Nachkriegs-BRD – nazistische Kontinuitäten, politische Justiz, Notstandsgesetze
20.30 Uhr | Der 2. Juni 1967 – Anti-Schah-Demonstration, Ermordung Benno Ohnesorgs, die Außerparlamentarische Opposition (APO) radikalisiert sich Film „Berlin 2. Juni ’67“ – anschließend Diskussion mit dem Filmemacher Thomas Giefer
22.00 Uhr | Die Außerparlamentarische Opposition (APO) und der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) – Entstehung, Praxis und Zersplitterung Vortrag von Hans-Rüdiger Minow
23.00 Uhr | Filme und Musik
Samstag 4. Juni 2005 | 14 Uhr in der SfE
Jugendrevolte und Subkultur 14.00 Uhr | Politisierung und Organisationsansätze Podium mit Ralf Reinders (Haschrebellen), Stefan Wisniewski (Randgruppenstrategie), Carlos Antoniazzi (Tommy-Weissbecker-Haus) und Gabriele Rollnik (Frauenbewegung)
Aus der Krankheit eine Waffe machen – Sozialistisches Patientenkollektiv (SPK) Vortrag von Margrit Schiller
17.30 Uhr | Pause und Essen
Internationaler Kontext 18.30 Uhr | Der Einfluss der internationalen Kämpfe auf die Entwicklung des Stadtguerillakonzepts in der BRD
Black Panther, Weather Underground Organization – Bewaffneter Kampf in den USA Vortrag von Inge Viett
„Sieg im Volkskrieg“ – Abbildung und Täuschung. Die vietnamesische Erfahrung. Voraussetzung und Grenzen des Guerillakampfes Vortrag von Hans-Rüdiger Minow
Einblick in die Lateinamerikanischen Kämpfe am Beispiel der Tupamaros
Internationale Solidarität damals und heute Vortrag von Ralf Reinders
22.00 Uhr | Filme und Musik
Sonntag 5. Juni 2005 | 14 Uhr im Clash
Bewegung 2. Juni und Knast 14.00 Uhr | Gespräch über Aufbau, Konzept und Entwicklung der Bewegung 2. Juni Podiumsdiskussion mit Inge Viett, Gabriele Rollnik und Ralf Reinders
17.00 Uhr | Pause und Essen
Die Denunziation der Subversion 18.00 Uhr | Verzerrungen, Psychologisierungen, Mystifizierungen – aktuelle Formen der Denunziation linker Bewegungsgeschichte Vortrag von Wolfgang Dressen
Bilanz und Aussicht 19.30 Uhr | Betrachtung über vergangene Kämpfe und mögliche Perspektiven neuer sozialrevolutionärer Bewegung Podiumsdiskussion mit Gabriele Rollnik, Inge Viett, Ralf Reinders, Thomas Giefer, Hans-Rüdiger Minow und Wolfgang Dreßen
22.00 Uhr | Filme und Musik
Filmauswahl für die Abende
„Von Richtern und anderen Sympathisanten“ | BRD 1982 „Von der Revolte zur Revolution“ | BRD 1968/69 „Sturm auf’s Pentagon“ | Rosta Kino, USA 1967 „Black Panther Party“ | Rosta Kino „Schafft zwei, drei, viele Vietnams“ Rede von Che Guevara, Rosta Kino, BRD 1968 „Damals war’s“ | ein Zusammenschnitt zur Entführung, 1996