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Reise nach Holland

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Gudrun
Ehemaliges Mitglied


New PostErstellt: 23.08.06, 16:31  Betreff: Reise nach Holland  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

Eine Reise nach Holland....
von Emily Perl Kingsly (Autorin, Mutter eines Kindes mit Down-Syndrom, viele Arbeiten für die Sesamstraße, mittlerweile Großmutter), geschrieben 1987 (veröffentlicht in Tuttle&Tuttle 1996,161ff)

Wenn Sie ein Baby erwarten, dann ist das ähnlich, wie wenn Sie eine Traumreise nach Italien planen. Sie kaufen eine Anzahl Reiseführer und machen wundervolle Pläne. Es ist alles sehr aufregend. Nach Monaten eifriger Erwartung ist der Tag schließlich da. Sie packen Ihren Koffer, und es geht los. Einige Stunden später landet das Flugzeug. Die Stewardess kommt herein und sagt: "Willkommen in Holland."

"Holland?" sagen Sie. "Was meinen Sie mit Holland? Ich habe für Italien gebucht! Mein ganzes Leben lang habe ich davon geträumt, einmal nach Italien zu reisen."

Doch es gab einen Wechsel im Flugplan. Sie sind in Holland gelandet und dort müssen Sie nun bleiben. Sie müssen ausgehen und andere Reiseführer kaufen. Und Sie müssen eine ganz neue Sprache lernen. Sie werden eine ganz neue Gruppe Menschen kennenlernen, welche Sie ansonsten nie getroffen hätten.

Es ist nur ein anderer Ort. Es ist alles langsamer als in Italien, weniger leuchtend als in Italien. Doch nachdem Sie eine Weile dort waren und wieder zu Atem gekommen sind, schauen Sie sich um und bemerken, dass Holland Windmühlen hat. Holland hat Tulpen. Holland hat Rembrandts.
Aber jedermann, den Sie kennen, kommt entweder gerade aus Italien oder bereitet sich auf eine Reise dorthin vor und sie alle prahlen mit der wunderschönen Zeit, die sie dort hatten. Für den Rest Ihres Lebens werden Sie sagen:" Ja, dorthin hätte ich auch reisen sollen. Das hatte ich geplant".

Und der Schmerz darüber wird niemals mehr vergehen, weil der Verlust dieses Traumes ein sehr bedeutsamer Verlust ist.
Aber wenn Sie den Rest Ihres Lebens damit verbringen, über die Tatsache zu trauern, dass Sie nie nach Italien kamen, werden Sie niemals fähig sein, die ganz besonderen, sehr lieblichen Dinge in Holland zu genießen.


Viele grüße von Gudrun
Auch wenn wir in verschiedenen Gebieten von Holland sein werden, werden wir immer eines miteinander teilen.

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Gudrun
Ehemaliges Mitglied


New PostErstellt: 17.01.07, 19:20  Betreff: Re: Reise nach Holland  drucken  weiterempfehlen

Hallo an alle,
Ich wollte schon eine ganze Weile die Fortsetzung der Holland-Geschichte ins Forum setzen, da sie die Situation mit einem "besonderen" Kind versucht beschreiben und auch zeigt:
Wenn Dinge anders verlaufen als geplant, dann sind sie nicht automatisch schlechter, sondern sie können auch ein Stück weit bereichern.
(Tipp an alle, die Teil 1 noch nicht kennen: Zuerst Teil 1 lesen :-))
Liebe Grüße an alle
Gudrun

Willkommen in Holland – Teil II
Übersetzung Anna-Klara Lindskog (Tante eines Betroffenen 22q11- Kindes)
von Emily Perl Kingsly (Autorin, Mutter eines Kindes mit Down-Syndrom, viele Arbeiten für die Sesamstraße, mittlerweile Großmutter), geschrieben 1987 (veröffentlicht in Tuttle&Tuttle 1996,161ff)


Jetzt wohne ich schon seit über zehn Jahren in Holland. Es ist zu meinem neuen zu Hause geworden. Ich hatte Zeit meinen Atem auszuruhen, mich einzuleben und zu akzeptieren, dass etwas anders geworden ist, als ich es mir vorgestellt und es geplant habe. Oft denke ich an meine ersten Jahre in Holland. Meinen Schock, meine Angst, meine Wut – meinen Schmerz und meine Ungewissheit.

In den ersten paar Jahren habe ich versucht zurück nach Italien zu kommen, wie es zuerst geplant war. Heute bin ich mir darüber bewusst, wie weit ich auf dieser unerwarteten Reise gekommen bin. Ich habe so viel mehr gelernt. Aber auch diese Reise war eine Reise, die Zeit gefordert hat.

Ich habe hart gearbeitet, neue Bücher über Holland studiert, eine neue Sprache gelernt. Und so habe ich mich langsam eingelebt. Eine große Hilfe für mich war, dass ich in dieser Zeit andere getroffen habe, die auch ihre Pläne haben ändern müssen und die somit meine Erfahrung geteilt haben. Einige schätze ich heute als sehr gute Freunde.

Manche dieser Reisekameraden waren schon viel länger als ich in Holland und waren Erfahrene Führer die mir auf dem Weg geholfen haben. Viele haben mich ermutigt. Viele haben mir beigebracht, meine Augen für die Wunder und Gaben dieses Landes zu öffnen. Ich habe eine Gemeinschaft gefunden in der Leute sich umeinender kümmerten. Holland war nicht so schlecht wie ich dachte.

Ich denke, dass Holland daran gewöhnt ist, Reisende wie mich aufzunehmen und das es somit ein Land der Gastfreundschaft ist, das Neuangekommene wie mich willkommen heißt. Durch die Jahre habe ich mich gefragt, wie mein Leben wohl geworden wäre, wenn ich damals wie geplant in Italien gelandet wäre. Wäre mein Leben einfacher gewesen? Hätte es mich erfüllt? Hätte ich die wichtigen Erkenntnisse gemacht, die heute mein Leben bereichern?

Natürlich war diese Reise teilweise eine sehr große Herausforderung und ich habe vielmals (und mache dieses auch heute noch) meine Füße auf den Boden gestampft und vor Frustration und Protest geweint. Und doch war Holland – auch wenn es ein langsameres Tempo hat und weniger hermacht als Italien – eine unerwartete Gabe. Auch ich habe gelernt, es ein wenig langsamer angehen zu lassen und mir Dinge genauer anzuschauen. So genau, dass ich die Schönheit Hollands mit Tulpen, Windmühlen und Rembrandts schätzen kann.

Nun liebe ich Holland und es ist zu meiner Heimat geworden.

Ich reise viel und habe gelernt, dass es nicht wirklich etwas ausmacht wo man landet. Es ist viel wichtiger was man aus seiner Reise macht und wie man die Dinge sieht und schätzt die Holland – oder jedes beliebige Land – anzubieten hat.

Es stimmt dass ich vor zehn Jahren in ein anderes Land kam, als ich geplant hatte. Nichts desto trotz bin ich dankbar, denn dieses Schlussstation war erfüllender und wertvoller als ich hätte träumen können.
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Gudrun
Ehemaliges Mitglied


New PostErstellt: 11.07.07, 20:25  Betreff: Re: Reise nach Holland  drucken  weiterempfehlen

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