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bjk

Beiträge: 7353


New PostErstellt: 28.02.06, 12:27     Betreff:  Re: WASG-Konferenz vom 28. januar 2006 in Berlin

    Zitat: Horch
    [...] aber eine nichtneoliberale Politik kann man sicher schon erwarten.
Hallo Horch,

die Linkspartei.PDS hat leider mit der Regierungsbeteiligung in Berlin und Schwerin ein riesiges Glaubwürdigkeitsproblem. Die Berliner WASG wirft ihr m. E. völlig zu Recht vor, sonntags sei sie gegen Neoliberalismus und werktags ist sie Steigbügelhalter.

So sehr ich der Linkspartei und ganz besonders freundschaftlich auch gerade meinen Weidener GenossInnen verbunden bin, so sehr mußte ich in den letzten Wochen und Monaten schmerzhaft erkennen, daß maßgebliche Kräfte in der Führung der Bundespartei leider einen Kurs und einen Umgang mit andersdenkenden KritikerInnen vorgegeben haben, den ich nicht mittragen kann. Statt daß die PDS sich, wie ich noch im Herbst 2005 glaubte, nun endlich auch anderen demokratischen linken Organisationen und außerparlamentarischen Gruppen aufgeschlossen öffnen würde um eine gemeinsame starke linke Gegenbewegung gegen den Ungeist des globalisierten Neoliberalismus zu bilden, poltern Bisky, Ramelow, Bartsch und andere SpitzengenossInnen von "politikunfähigen Minderheiten", von "durchgeknallten Revolutionslyrikern", von "Gurkentruppe", von "Spinnern und Sektierern" mit denen man "keine Gespräche mehr führen solle" und die in der Linkspartei nichts zu suchen hätten bzw. die man "entfernen" müsse. Bei letzterem sind nicht nur kritische WASG'lerInnen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern gemeint. Lothar Bisky fällt zu alledem nichts anderes ein, als zu jammern, die "große historische Chance" dürfe nicht wegen "Rechthabereien unter Linken" verpasst werden.

Was glauben der sogenannte Fusionsbeauftragte Ramelow und andere, sich jetzt selbstzufrieden auf die Schultern klopfenden Spitzen-GenossInnen, die seinerzeit die vergeigte Bundestagswahl 2002 zu verantworten hatten, eigentlich, warum die Linkspartei in 2005 zu stolzen gesamtdeutschen 8,7% Wählerstimmen gekommen ist und welche Erwartungen eine geeinte Linke in der Wählerschaft geweckt hat?!

Ganz bestimmt nicht haben DIE Linkspartei-WählerInnen erwartet, daß z.B. Bodo Ramelow glückselig verkünden würde, gerne in die Kirche zu gehen und er happy sei, sogar mal mit einer Bischöfin geredet zu haben. Vom Genossen Gysi war sinngemäß zu vernehmen, ohne Christentum kein Abendland. Die unrühmliche Krone wurde hier in Berlin aufgesetzt, indem ausgerechnet ein PDS-Senator, nämlich Thomas Flierl, sich in Sachen "Staatsvertrag mit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg" in einem ND-Interview rühmt, "an dieser Ausgestaltung des Verhältnisses von Staat und Kirche" mitgewirkt zu haben obwohl doch grundgesetzlich eine klare Trennung von Kirche und Staat festgelegt ist. Die Pleitestadt Berlin schiebt der Evangelischen Kirche mal eben so 7 Millionen Euro rüber, garantiert der Theologischen Fakultät der HU auch weiterhin 11 Professorenstellen, während alle anderen Uni-Bereiche massiv abbauen müssen. Wenig bekannt ist sicher auch, daß diese Professoren, Pfarrer, Bischöfe und andere kirchlichen Einrichtungen aus dem in Berlin leeren Steuertopf bezahlt werden und darüberhinaus noch Kirchensteuer zusätzlich und zwangsweise erhoben wird. Statt also auf klare Trennung von Kirche und Staat hinzuarbeiten, gefallen sich meine Berliner GenossInnen darin, lieber mit Kirchen-Klüngeln einvernehmlich zu kungeln.

Ganz bestimmt auch nicht haben DIE Linkspartei-WählerInnen erwartet, daß ausgerechnet fünf GenossInnen, welche die Linkspartei im Europaparlament vertreten, eine einseitig gegen das sozialistische Kuba gerichtete Resulotion mitunterzeichenen bzw. mittragen würden. Nur Sarah Wagenknecht hat bekanntlich mit NEIN gestimmt. Tobias Pflüger, parteilos, hätte ebenfalls mit NEIN gestimmt, wäre er bei der Abstimmung anwesend gewesen. Dafür und für seine harsche Kritik insbesondere an Yvonne Kauffmann auch wegen ihres parteiwidrigen JA zur EU-Verfassung mußte sich Pflüger vom Vorsitzenden der brandenburgischen PDS-Jugend, Heilig, anblaffen lassen, er solle gefälligst sein EU-Mandat an die Linkspartei zurückgeben. Rückendeckung hat der Nachwuchs-PDS'ler Heilig dabei durch Ramelow erhalten, der gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" im Zusammenhang mit dem Kuba-Debakel in dümmlicher Besserwessi-Manier müffelte, "viele in der Partei täten heute wieder so, als sei die DDR ein Hort der Menschenrechte gewesen". Dafür hätte er eigentlich eine Zurechtweisung durch seine politischen Ziehväter verdient. Aber leider hat eben diese Parteiführung sich sehr zögerlich erst nach Wochen und auch nur auf Druck weiter Teile der empörten Basis dazu aufgerafft, sinngemäß wie lustlos zu verkünden, die JA-Stimmen der linken EU-Abgeordneten zum Kuba-Eklat würden nicht die Meinung der Partei widergeben.

Ich könnte noch seitenlang fortfahren, weitere Negativbeispiele über die sich meines Erachtens deutlich abzeichnenden Fehl-Entwicklung der Linkspartei anzuführen. Insbesondere weil ich hier in Berlin hautnah miterlebe, in welch beängstigendem Tempo und entgegen dem Wählerauftrag die PDS-GenossInnen der East-Yuppie-Generation Liebich/Wolf/Lederer auf eine neoliberale Realo-Politik à la Fischer & Grüne hinsteuern. Aus Protest bin ich doch ganz bewußt als Berliner PDS-Mitglied im KV Weiden geworden und nicht im LV Berlin! Meine Weidener FreundInnen kenne ich nämlich schon lange als aufrechte engagierte SozialistInnen, die linke Politik für Menschen, für Arbeitslose, für Ausgestoßene, für Kaputtgemachte und für Niedergetrampelte machen wollen - lupenreine PDS-Politik eben. Bodo Ramelow und seinen politischen Ziehvätern dagegen schwebt mit der Fusion von PDS und WASG offenkundig die Umbildung in eine "moderne Bürgerrechtspartei", O-Ton Ramelow, nach sozialdemokratischem Vorbild vor.

Angesichts der verbalen Eskalationen und angedrohten Sanktionen gegen "politikunfähige durchgeknallte Revolutionslyriker, Spinner, Sektierer, Spalter, Rechthaber" solidarisiere ich mich mit den solcherart verbal Geprügelten, denn auch diese wollen eine linke Politik für Menschen, für Arbeitslose, für Ausgestoßene, für Kaputtgemachte und für Niedergetrampelte machen. Aber was sie genausowenig wie ich nicht wollen, ist sozialdemokratisiert-neoliberale Politik nach Kassenlage mit dem Ziel, die Umverteilung von Unten nach Oben nur ja nicht ernsthaft zu gefährden. Also praktizierte rotrote Berliner Kommunalpolitik eben.

Von einer urlinken sozialistischen Politik, also einer Politik, die sich u. a. konsequent und kämpferisch für die Menschenwürde der Arbeitslosen, der Ausgestoßenen, der Kaputtgemachten und der Niedergetrampelten einsetzt, scheinen mir der LV Berlin und leider auch maßgebliche SpitzengenossInnen der Bundespartei mehr oder weniger offen Abstand nehmen zu wollen. Sicher nicht nur für mich stellt sich deshalb die Frage, ist es verantwortbar, die Glaubwürdigkeit zugunsten einer (dubiosen) taktischen Entscheidung für's (vermeintlich) kleinere Übel auf's Spiel zu setzen?

Ich entscheide mich für die Glaubwürdigkeit ohne Wenn und Aber!

bjk



Mensch bleiben muß der Mensch ...
von Tegtmeier


[editiert: 28.02.06, 12:34 von bjk]
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