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Ein-Euro-Job-Spaziergänge

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Baba Yaga


New PostErstellt: 25.04.05, 23:50  Betreff: Ein-Euro-Job-Spaziergänge  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen



[editiert: 05.07.05, 13:19 von bjk]
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bjk

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New PostErstellt: 27.04.05, 11:46  Betreff:  apropos Redebeitrag  drucken  weiterempfehlen




seht mal hier rein http://www.montags-gegen-2010.de/

dann oben in "Tribunal - Redebeitrag auf der Montagsdemo vom 25.05.2005 von Bernd Kudanek am 26.05.200" den Button unten rechts "mehr" anklicken

Fotos von der Demo am vergangenen Montag gibt's hier *


wer da auf dem LKW wohl quasselt? Einmal dürft ihr raten


[editiert: 27.04.05, 11:50 von bjk]



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bjk

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New PostErstellt: 19.05.05, 18:59  Betreff:  Re: 1€Job: Der Fall der Woche  drucken  weiterempfehlen



Morgen, dem 20. Mai ab 11 Uhr findet auch in Berlin eine Ein-Euro-Aktion statt, mit der ich mich solidarisiere und an der ich teilnehmen werde.

bjk






kopiert aus: http://de.indymedia.org/2005/05/117222.shtml


Gegen Hartz IV und Ein- Euro- Jobs

von weg mit Hartz IV - 19.05.2005 16:27



Es kann nicht oft genug wiederholt werden: Noch immer wird gegen Hartz IV protestiert. Vielerorts finden auch 2005 regelmässig Montagsdemos statt.
Am 20. Mai 2005 ist ein bundesweiter Aktionstag gegen Ein-Euro-Jobs geplant. Eine kleine Fortsetzung vom Agenturschluss, bei dem am 3.1.2005, dem ersten Geltungstag von Hartz IV, etwa 56 Städte mitgemacht haben. Angekündigt sind für den 20.5. zwar nur Aktionen in wenigen Städten, nämlich Berlin, Köln, Kassel und Wuppertal. Aber es sind Überraschungen vorgesehen, und die Berichte werden voraussichtlich bei indymedia zu lesen sein...


labournet.de | andersarbeiten.de


Die Aktionen stehen unter dem Motto "Workfare is not fair. Gegen Lohndumping und Zwangsdienste - Ein-Euro-Jobs stoppen!". Aufgegriffen wird die Idee der Spaziergänge gegen Ein-Euro-Jobs, die schon mehrmals in Berlin und Köln stattgefunden haben. Eine kleine Gruppe von 12-25 Leuten besucht gemeinsam Einrichtungen wie Wohlfahrtsverbände, Vereine und andere, die Ein-Euro-JobberInnen beschäftigen, fährt schwarz oder läßt sich sonst etwas Nettes einfallen.

Termine am 20.5.:
Berlin:
Ein-Euro-Spaziergang. Treffpunkt: Freitag, d. 20.5. um 11 Uhr, U-/S-Bahn Friedrichstr. vor dem Tränenpalast.
Köln: Unsere deutliche Forderung lautet :"Finger weg vom Geschäft mit den Zwangsdiensten!" In Köln wollen wir früh morgens für Überraschung sorgen. 20. Mai - morgens 6.30 Uhr. Treffpunkt: Friesenplatz (vor dem Strauss-Laden, von da aus werden wir uns per Straßenbahn und zu Fuß auf die Socken machen.).
Kassel: Die Firma IWM (Internationale Wirtschafts- und Managementgesellschaft) bietet neben Weiterbildung, Jobvermittlung als ein "zweites Standbein" auch Vermittlung in 1-Euro-Jobs an (und kassiert vermutlich die entsprechende Vermittlungsgebühr). Vor dieser Firma soll am Freitag ein Infostand stattfinden. Treffpunkt dafür ist um 9.30 Uhr am DGB Haus. Menschen in Overalls (werden besorgt) werden mit Besen bestückt, die Straße kehren und andere werden mit Eimer und Wischer, kostenlos Autoscheiben waschen (natürlich nur von denjenigen, die das auch wollen).
Wuppertal: Treffpunkt für den Ein-Euro-Stadtrundgang ist 20. Mai - 9.00 Uhr Schwebebahnhaltestelle Döppersberg (Hbf Wuppertal

einige Texte zum Thema Widerstand gegen Hartz IV:
Die Sozialproteste erfordern eine stärkere Orientierung auf den Alltag (FelS AG Soziale Kämpfe 24.2.2005)
Perspektiven der Proteste 2005 (Labournet)
Dirk Hauer: Strategische Verunsicherung (ak, linksnet)
Gisela Notz: Die ganze Bäckerei! (Forum Wiss., linksnet)
Harald Werner: Es ging um mehr als Hartz IV (Z., jW, linksnet)





[editiert: 19.05.05, 19:02 von bjk]
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bjk

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New PostErstellt: 20.05.05, 21:03  Betreff:  Ein-Euro-Job-Spaziergang heute in Berlin - konstruktiv, mutmachend!  drucken  weiterempfehlen



Berliner Ein-Euro-Job-Spaziergang

heute zur „gsub“ und zur „Caritas“



Als Fortsetzung der Agenturschluß-Aktion vom vergangenen 3. Januar hat heute am 20. Mai eine bundesweite Ein-Euro-Job-Spaziergang-Aktion stattgefunden, so auch in Berlin.

Gleich vorweg: insgesamt war unsere heutige Aktion durchaus konstruktiv und mutmachend dahingehend, auch weiterhin beharrlich, kämpferisch und konsequent gegen das gesetzlich verordnete Lohndumping und den modernen Sklavenhandel in Form der gesetz- und sittenwidrigen Ein-Euro-Jobs vorzugehen! Solche gezielten Aktionen bringen zusätzlich Sand ins Getriebe Sozialkahlschlag-Kartells von SPD-GRÜNE-CDU-CSU-FDP und ihrer Auftraggeber in der Raubtierkapitalismus-Mafia. Die vielen kleinen Nadelstiche nervt diese neoliberale Bagage gewaltig, hoffte sie doch schon vergeblich, sie hätten unsere allwöchentlichen Montagsdemos in Berlin und bundesweit durch mediales Totschweigen oder Umlügen wenn schon nicht kriminalisieren, dann doch wenigstens bis zur Lächerlichkeit minimieren können.

Stattdessen hat sich am 8. Mai, dem Befreiungstag, die Linke hier in Berlin bekanntlich machtvoll mit über 10.000 MitstreiterInnen den Nazis entgegengestellt, nicht unbedingt zur Freude der Staatsmacht, die mit wesentlich weniger linker Gemeinsamkeit gerechnet haben dürfte! Dann fand am letzten Wochenende in Gelsenkirchen eine Demo gegen den verbrecherischen Sozialkahlschlag statt, von der das dortige Ordnungsamt und ihre Polizeiführung glaubte, mehr als 50 (fünfzig) DemonstrantInnen kämen nicht zusammen – es waren aber stattdessen zwischen 5.000 bis 6.000 empörte BürgerInnen aus dem gesamten Bundesgebiet zusammengekommen und haben auch hier linke Gemeinsamkeit in der gemeinsamen Sache vorgeführt. - Dazu die vielfachen immer neuen gezielten Nadelstiche des zivilen Ungehorsams, wie unsere heutige Aktion, und/oder die bundesweit aufsehenerregende Aufdeckung von skandalösen Mißbrauchsfällen in Sachen Ein-Euro-Jobs. durch die ver.di-Erwerbsloseninitiative Weiden in der Oberpfalz, speziell
Nun zurück zu unserem heutigen Ein-Euro-Job-Spaziergang, der vorher bis auf die gestrige indymedia-Meldung (oben, ein paar Beiträge höher) leider fast nur durch Mund-zu-Mund-Propaganda und interne Mails einem begrenzten Publikum bekannt wurde. Die Öffentlichkeits- und Pressearbeit wird zukünftig sicher noch deutlich verbessert werden können. Ebenso der zunächst eher etwas griesgrämig erscheinende Habitus, der einige zumeist langjährigen Aktiven zu umgeben scheint, was Außenstehenden und/oder interessierten Neulingen es unnötig erschwert, in Kontakt zu kommen. Auch daran wird noch mehr oder weniger intensiv gearbeitet und zwar erfolgreich, wie ich sicher bin. Vor allem, nachdem ich später feststellen konnte, wie nett charmant und kompetent in Wahrheit auch diejenigen Mitstreiterinnen sind, für die der eigenwillig-provokative bjk vorher nur ein greuslich stänkernder Schlimmling war ich denke mal, ich konnte heute doch den einen oder anderen Minuspunkt abbauen.

Daniel und ich waren kurz vor 11 Uhr am Treffpunkt Tränenpalast am Bahnhof Friedrichstraße. Ich hoffte, schon mal ein paar bekannte Gesichter zu sehen – aber auch hier galt das löbliche Motto „Pünktlichkeit ist eine Zier, doch es geht auch ohne ihr“ wir waren jedenfalls die ersten. Bis auf die Grünlinge, die erwarteten wohl in ihrer grünweißen Wanne mit Gitterblick mehrere Hundert militante „SpaziergängerInnen“ und wollten uns sicher begleiten. Daraus wurde nix!

Denn nachdem alle so an die 20 TeilnehmerInnen eingetrudelt waren, gings leger grüppchenweise in den Untergrund, in den U-Bahnhof Friedrichstraße nämlich. Eventuelle Verfolger wurden so feixend abgeschüttelt. Eine Gruppe fuhr trotzdem nochmal sicherheitshalber eine Station in die Gegenrichtung, um dann bis Oranienburger Tor zurückzufahren. Erster Zielpunkt war nämlich die „gsub“ in der Oranienburger Str. 65, einer Gesellschaft für (angeblich) soziale Unternnehmensberatung mbH im treuhänderischen Auftrag der Bundesregierung und des Berliner Senats. Diese „gsub“ verspricht in ihrer hochtrabenden Werbung mit „Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung“ Projekte zum Laufen zu bringen. Im Klartext heißt das nichts anderes, als daß sie eine moderne Sklavenhandelsorganisation betreiben! Die „gsub“ ist eine Trägergesellschaft für Ein-Euro-Jobs und vermittelt zugewiesene LohnsklavInnen an andere Unternehmen. Hier die Homepage: http://www.gsub.de

Nach kurzer Beratung auf der Straße begab sich die erste Gruppe mit den drei SprecherInnen in die dritte Etage, um unser Anliegen möglichst der Geschäftsleitung vorzubringen, wir anderen folgten schubweise und erwartungsvoll nach. Soviel geballten Andrang hat das gsub-Büro sicher noch nicht allzuoft erlebt. Wir warteten erstmal in Flur und Treppenhaus, bis wir bald darauf freundlich ins Beratungszimmer gebeten wurden. Was aber kampferprobte Ein-Euro-Job-SpaziergängerInnen sind wir ließen uns lange lange Zeit, bis wir auf weiteres mehrfaches Bitten der überraschten gsub-Sprecherin uns dann doch überwiegend ins Beratungszimmer oder zumindest in Türnähe begaben.

Die professionell und engagiert vorgetragenen Fragen unserer SprecherInnen nahm die gsub-Sprecherin zwar freundlich auf, konnte (oder durfte?) sie aber weitestgehend nicht beantworten. Sie verwies auf den Bereichsleiter, der leider nicht anwesend sei aber sie sei gerne bereit, ihm unsere schriftlich abgefaßten Fragen vorzulegen und versprach deren umgehende Beantwortung. Wir waren mit ihrem Vorschlag einverstanden, denn immerhin war es ein Erfolg und mehr als ein Sandkörnchen im Getriebe, daß wir schon mal empfangen wurden und unsere Anliegen vorbringen konnten. Unter anderem wurde die Frage gestellt, ob die gsub schon Besuch von Kontrollorganen z. B. des Runden Tisches aus Wirtschaftssenator, IHK, Handwerkskammer und Gewerkschaften erhalten habe. Es wurde darauf verwiesen, daß der Ein-Euro-Job-Mißbrauchsskandal in Weiden mittlerweile bundesweites Aufsehen errege. Die gsub-Sprecherin verneinte meine diesbezügliche Frage, sie war aber offenbar schon von dem Weidener Skandal unterrichtet. Meine nächste Frage, ob die gsub Vorkehrungen getroffen habe, daß solche Mißbräuche bei den von ihr „beratenen“ Firmen ausgeschlossen seien, konnte sie natürlich auch nur pflichtschuldigst verneinen. Trotzdem war wohl unser aller Eindruck, sie hat sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten sehr kooperativ verhalten und irgendwie glaubte ich, sie hatte nicht nur Verständnis für unsere Aktion ... ... ...

Wie auch immer, wir verabschiedeten uns und und dankten für die freundliche aber kooperative Nichtauskunft in den wesentlichen Fragen, bewunderten noch eine Weile im Treppenhaus ausgelegte Ein-Euro-Job-Grafiken eines mit unbekannten Künstlers, die übrigens im Foto unten mehrmals zu sehen sind, und sammelten uns wieder unten auf der Straße. Einige mußten sich dann wegen anderer Termine verabschieden, der Rest „spazierte“ dann zur Hauptverwaltung der Caritas in der Friedrichstraße.

Dort so gegen 13 Uhr angekommen bildeten wir wieder mehrere Gruppen – aber Pustekuchen! Im Büro der Caritas in der 5. Etage öffnete niemand, alles Klingeln und Klopfen half nichts auch nicht das vorsorgliche Verstecken vor der Kamera neben der Klingeltaste. Nehmen wir mal zugunsten der Caritas an, daß wegen des Wochenendes schon um 12 Uhr Büroschluß war aber sicher ist das ganz und gar nicht. Bei der Caritas ist bekanntlich alles möglich.

Tja, so beschlossen wir nach ein bißchen Smalltalk, daß, wer noch Zeit und Lust habe, in einer nahegelegenen netten Eisdiele in der Linienstraße Ecke Friedrichstraße sich von den Strapazen des Spaziergangs „erholen“ könne (siehe Fotos). So klang bei wirklich leckerem Eis aus eigener Produktion und ohne künstliche Farbstoffe, so die Werbung, in gemütlicher Runde eine insgesamt recht erfolgreiche, vor allem aber mutmachende Aktion durchaus positiv aus (siehe auch oben Absatz 3 ).

Wir werden jedenfalls zukünftig auf unseren allwöchentlichen Montagsdemos und auch in der Homepage http://www.montags-gegen-2010.de jedenfalls alle Aktions- und sonstigen Termine anderer MitstreiterInnen-Organisationen veröffentlichen und zum Mitwirken aufrufen. Ein erfreulicher Grundlkonsens gegenseitigen Vertrauens ist heute nämlich sicherlich geschaffen und damit für weitere gemeinsame erfolgreiche Aktionen gegen den Sozialkahlschlag der Weg bereitet worden. - Denn nur gemeinsam sind wir stark!


Hartz IV muß weg! Wir arbeiten daran!


bjk


die "Spaziergängerinnen" im ersten Foto sind natürlich charmante Ein-Euro-Job-Spaziergängerinnen, zwei von vielen

[editiert: 05.07.05, 10:19 von Baba Yaga]



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bjk

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New PostErstellt: 22.05.05, 15:16  Betreff: Re: 1€Job: Der Fall der Woche  drucken  weiterempfehlen




hier der Aufruf zum bundesweiten Aktionstag am 20. Mai in www.labournet.de als Zeitung unter http://www.labournet.de/diskussion/arbeit/aktionen/agenturzeitung.pdf

hier auch die online-Fragebogenaktion "Anonyme Umfrage zum Arbeitsamt und zu Ein-Euro-Jobs"
http://www.az-wuppertal.de/labournet/fragebogen.php


Das Editorial und die Artikel sind zeitlos hochaktuell!

bjk


die "Tafelrunde" unten wurde kopiert aus: http://www.guenter-merzky.de/hartz.htm


[editiert: 22.05.05, 16:09 von bjk]



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bjk

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New PostErstellt: 09.06.05, 15:33  Betreff:  Re: 1€Job: Der Fall der Woche  drucken  weiterempfehlen




in diesen Zusammenhang und diesen Thread paßt auch ganz hervorragend ein Kommentar vom 3. Juni von Hans-Dieter Hey aus


Das Kapo-Prinzip



Der Kapitalismus treibt den menschlichen Wettbewerb auf die Spitze. Es ist ein Wettbewerb der Barbarei, in dem immer mehr Menschen auf der Strecke bleiben. Es ist der entfesselte Kampf jeder gegen jeden, Beschäftigte gegen Erwerbslose, Jüngere gegen Ältere, Gesunde gegen Kranke. Es gilt der Profit – der Mensch nichts mehr. In den Betrieben werden mehr und mehr Menschen deshalb krank. Erwerbslose sind es oft ohnehin. Die Noch-Beschäftigten kotzt die Armut der Ausgegrenzten an. Und diese machen dem Rest schweigend vor Angst und Scham deutlich, dass alles nur noch schlimmer kommen kann. Und das hat Methode.

Auf Geheiß der Wirtschaft werden die Systeme der gesellschaftlichen Spaltung von Agenda 2010 und Hartz IV per Gesetz zementiert. Politik ist zur ausführenden Gewalt der Wirtschaft verkommen. Der erstarkte autoritäre Obrigkeitsstaat vollzieht einen Wechsel vom Wohlfahrtsstaat zum Zwangsarbeitsstaat (workfare-state). Zur Durchsetzung seiner Ziele existiert ein Netzwerk von Abhängigkeiten, von Nutznießern, Willfährigen und Hilfstruppen. Und damit alles so bleibt, gibt es das Kapo-Prinzip. Ursprünglich aus dem Italienischen kommend bedeutet es schlicht "Chef". Bekannt wurde es aber durch die Konzentrationslager des nationalsozialistischen Terrors. Ein Kapo war ein mit Vergünstigungen ausgestatteter Häftling in einem Konzentrationslager, der zum Vorgesetzten mit vollständiger Sanktionsmacht erklärt wurde. In einem perfiden Machwerk von Delegation, Verantwortungsübertragung, Sanktionen und Wohltaten hatten die Kapos die Arbeit der Häftlinge "anzuleiten" und waren für die zweifelhaften Ergebnisse verantwortlich.

Damit das Kapo-Prinzip funktioniert, bedarf es eines Sündenbocks. In unserem Fall heute sind es die Erwerbslosen. Den Ball brachte Gerhard Schröder ins rollen, als er der Bild-Zeitung mitteilte: "Keiner hat das Recht auf Faulheit". Sofort haben die Medien in vorauseilendem Gehorsam den Florida-Rolf entdeckt und dem Mob zum Fraß vorgeworfen. Doch er macht sich gar nicht mit Sozialhilfe in Florida das Leben schön, sondern entpuppte sich als krankes Häuflein Elend. Ein Fernsehsender lässt sich gar eine Sendereihe einfallen mit dem Titel "Sozialfahnder unterwegs", in der noch der letzte Sozialhilfeempfänger medial ausgeräuchert wird, indem die Meute von Dummheit und Ignoranz auf die Opfer der Apartheid gehetzt wird. So werden Opfer zu Tätern erklärt. Das Ablenkungsmanöver funktioniert. Um Erwerbslose weiter zu stigmatisieren konnte sich die Politik vor kurzem gar die Einführung elektronischer Fußfesseln vorstellen.

In einer Situation aus Unsicherheit, Angst und Verdächtigung entfalten die Arbeitsmarktreformen ihre Wirkung. Wesenskern ist das "Fordern und Fördern". Erwerbslosen werden mögliche Arbeitsplätze versprochen und dass sie gefördert werden. Und deshalb könne man auch etwas von ihnen verlangen. Doch die früheren Fördermaßnahmen sind fast völlig weggefallen, weil kein Geld mehr da ist. Richtige Arbeit gibt es ohnehin nicht. Daher ist es erklärter Wille der Politik, statt dessen die Erwerbslosen in Maßnahmen zu einem Euro Aufwandsentschädigung die Stunde zu zwingen. Nach Gerhard Schröder schafft Politik keine Arbeitsplätze. Nur die Arbeitslosenzahlen will man senken, die Ziele werden nach unten weitergegeben.

Zum Kapo-System in nächster Instanz gehören die Beschäftigten der Arbeitsagenturen, die diesen politischen Willen durchzusetzen haben. Als Staatsdiener haben sie eine besondere Treuepflicht gegenüber dem Staat. Ihnen wird mit Hartz IV ein großzügiger Handlungs- und Verantwortungsrahmen überantwortet. All das fordert - mit zahlreichen Sanktionen versehen - von den Beschäftigten eine ganz besondere Gehorsamsbereitschaft. Die Erwerbslosen werden dabei in einem für sie nicht entwirrbaren Paragraphendschungel mit "Strafanlässen" konfrontiert, die amtlichem Handeln Tür und Tor öffnen. Das Menschenrecht auf existenzielle Grundversorgung wurde gesetzlich abgeschafft, weil die Fallmanager der Arbeitsagenturen nun persönlich nach Aktenlage entscheiden. So wird die Sanktionsvollmacht des Verwalters zum "Integrationsinstrument" erklärt.

In Großbritannien wehren sich Erwerbslose und Job-Manager häufig solidarisch. Fällt ein Job-Manager dort unangenehm auf, findet er sein Konterfei mit Bericht prompt in der Tagespresse. Mit den braven Deutschen und dem deutschen Beamtentum ist das völlig ausgeschlossen. Der Druck der Politik wird in den nächsten Monaten vor der Wahl massiv erhöht werden, Fallmanager werden ihre ganze Kraft darauf verwenden, Erwerbslose entweder in 1-Euro- Jobs zu zwingen oder aus dem Arbeitslosengeldbezug hinaus zu fegen. Dies wird als zielzahlenorientiertes Verwaltungshandeln bezeichnet. Ein ehemaliger Mitarbeiter des Amtes verrät, was er eigentlich nicht sagen darf: Bedürftigen gegenüber werden Ansprüche geleugnet oder Anträge nicht angenommen. Es werden keine Bescheide erstellt oder Teilbescheide bzw. vorläufige Bescheide erteilt. Oder es finden Verweise auf nicht vorhandene Paragraphen statt, um Ansprüche streitig zu machen. Die Möglichkeiten amtlicher Willkür, um die geforderten Zielzahlen zu erreichen, sind außerordentlich groß. Hinzu kommen intime Aushörpraktiken, die inzwischen von der Bundesagentur nicht einmal geleugnet werden. Die Frage nach Gesundheit und Krankenhausaufenthalten, nach dem vollständigem sozialen Geflecht, Vereinstätigkeit usw. eröffnen den Fallmanagern weitere Hinweise, Menschen aus der staatlichen Fürsorge zu entfernen.

So wird z.B. in Köln versucht, einem 56jährigem arbeitsfähigen Erwerbslosen durch geschickte Befragung einzureden er sei krank. Mit "Sozialgeld" erscheint er dann nicht mehr in den Arbeitslosenzahlen. Ein anderer Erwerbsloser erhält während einer Fortbildung über Monate nur die Fahrtkosten aber kein Unterhaltsgeld, beim einem weiteren ist es genau umgekehrt. In einem anderen Fall legt eine Erwerbslose gegen den Bescheid Widerspruch ein. Doch dieser wird erst gar nicht bearbeitet, sondern kommentarlos an den Absender zurück geschickt. In einem weiteren Fall erhält ein Betroffener hintereinander sich widersprechende Bescheide. Inzwischen alles keine Einzelfälle mehr. Es herrscht das organisierte Unrecht im Rechtsstaat. Ein von amtswegen tätiger Sozialfahnder "überrascht" eine junge Frau, deren Freund sie drei Tage besucht, und erhält vom Amt einen Bußgeldbescheid über 50 Euro. Eine allein stehende Frau hat von ihrem Arbeitslosengeld II noch 60 Euro übrig, und die Arbeitsagentur zieht ihr dies bei der nächsten Überweisung wieder ab. Dass die Mitarbeiter der Arbeitsagenturen anhand ihrer Zielzahlen leistungsabhängig bezahlt werden, ist für das Funktionieren des Kapo-Prinzips genauso notwendig und zwingt, den Druck nach unten weiter zu geben.

Eine weitere Instanz des Kapo-System sind die Wohlfahrtsverbände, Kirchen und Organisationen des Zweiten Arbeitsmarktes. So ist beispielsweise in Köln ein ganzer "Verbund Kölner Träger zur Integrations- und Beschäftigungsförderung" entstanden, zu dem das Diakonische Werk, der Evangelische Stadtkirchenverband und ein Dschungel von 250 bis 500 Einsatzstellen gehören. Der Verbund wird gesteuert durch eine "Zentrale Geschäftsstelle und Dokumentation", über die die Erwerbslosen verteilt werden und die Arbeitsagentur ihre Zielzahlen durchzusetzen versucht. Sie überwacht diese und kann Sanktionen ausüben. Beispielsweise existiert eine Gesellschaft mit dem Namen "Zug um Zug", die nach Auskunft eines Insiders mit angeblich geschönten Vermittlungen in den ersten Arbeitsmarkt andere Träger unter Druck gesetzt hat, so dass diese keine öffentliche Förderung mehr erhalten haben. Oder es kann die Genehmigung ganz entzogen werden. So setzt man sich gegenseitig unter Druck.

Die letzte Instanz des Kapo-Systems sind die Einsatzstellen. Dort erfreuen sich vor allem Wohlfahrtsverbände wie die AWO und kirchliche Träger – Gott sei's gepriesen – der billigen Arbeitskräfte. Die AWO bietet beispielsweise Arbeitsgelegenheiten im sozialpflegerischen und pädagogischen Bereich an, die Caritas in der Bildung oder Hauswirtschaft, in Kindertagesstätten, Handwerk oder Landschaftspflege und vielen anderen. Sie nennt ihre Firma Allerhand gGmbH (gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung). Und es ist wirklich allerhand, dass vorher die regulären Arbeitsplätze vernichtet wurden, um an die modernen Sklaven für einen Euro Aufwandsentschädigung heranzukommen. Die evangelische Kirche bietet Küsterhilfen, Nachhilfe oder Unterstützung in weiteren sozialen Bereichen an. In anderen Beschäftigungsgesellschaften werden manchmal zerbrochene Spiegel wieder zusammen geklebt, das private Fahrrad repariert oder andere sinnlose Tätigkeiten ausgeführt. Solch sinnlose Arbeit zerstört die Zielstrukturen der Menschen, ihre Persönlichkeit und ihr Vertrauen in die Zukunft. Schließlich wird allen Qualifizierung vorgegaukelt, eine Qualifizierung für die Dienstbotengesellschaft des 18. Jahrhunderts. In Neudeutsch heißt es Dienstleistungsgesellschaft, wenn jeder Oberwasserträger seinen Wasserträger bekommt, jeder Pfarrer seine Dienstmagd.

Verantwortlich für die Qualifizierung sind Sozialarbeiter oder Sozialpädagogen, die allesamt arbeitslos wären, gäbe es das Kapo-System nicht. Auf der Strecke bleiben die Erwerbslosen, die diesem ausgeliefert sind. Wo staatlich verordnete Not und Zwang Mittel zur Arbeit und wo Überwachung und Sanktion probate Mittel indirekter Gewalt werden. Ausgestattet mit der "Kundennummer" der Arbeitsagentur wird individuelle Persönlichkeit umgedeutet in den anonymen Massenmenschen. Die Nummer als modernes schwarzes Dreieck. Der frühere Leiter des Kölner Arbeitslosenzentrums, Prof. Dr. Thomas Münch, warf Wirtschafts- und Arbeitsminister Clement in einer Fernsehsendung vor, mit Hartz IV Menschenversuche zu machen. Das ist das Kapo-Prinzip.





dem ist nichts hinzuzufügen ... ... ...

bjk







[editiert: 09.06.05, 15:35 von bjk]
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New PostErstellt: 09.06.05, 15:43  Betreff:  Re: 1€Job: Der Fall der Woche  drucken  weiterempfehlen





hier ist eine Datenbank von

über gesammelte Mißbräuche von Beschäftigungsträgern für Ein-Euro-Jobber, sprich Sklavenhandelsorganisationen, zu finden












[editiert: 09.06.05, 15:44 von bjk]
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New PostErstellt: 10.06.05, 13:36  Betreff:  Ein-Euro-Job-Spaziergänge - Bericht vom 10. Spaziergang am 31. Mai in Berlin  drucken  weiterempfehlen



kopiert aus: http://de.indymedia.org/2005/06/119861.shtm



Neues vom 10. Ein-Euro-Job Spaziergang

von standortschädling - 10.06.2005 09:51
ein weiterer spaziergang in berlin, ein neuer grosser beschäftigungsträger und tatsächlich sind wir auf jobberinnen gestossen, die bock haben was zu rocken. mehr dazu im bericht.
Spaziergang No° 10, 31.5.2005



Zu sechst waren wir heute unterwegs in Friedrichshain. Ziele waren eine städtische Kita, ein Beschäftigungsträger und ein Verein für die Betreuung von alten Menschen.

Die Stimmung beim Beschäftigungsträger reichte von unbeteiligt über genervt bis explosiv. Wir hatten Glück und trafen direkt zur Mittagspause (12-13h) ein. Vor den Werkstätten gibt es Bänke und Sonnenschirme, wo sich die Leute aus den unterschiedlichen Arbeitsbereichen treffen. Die Ausgangslage für Gespräche war gut. Es kamen immer neue Leute, andere mussten zurück zur Arbeit. Einige unterhielten sich untereinander über unsere Flugblätter. Eine ganze Stunde waren wir dort. Auf dem Weg nach draussen kam die Chefin und eskortierte uns das letzte Stück hinaus, mit dem freundlichen Hinweis, das Gelände unverzüglich zu verlassen.
Eingesetzt sind dort ungefähr 100 Menschen in den Maßnahmen IDA (Integration durch Arbeit, Träger war vor Hartz IV das Sozialamt), ABM (Arbeits-Beschaffungs- Maßnahme, bisher für ca. 12 Monate bewilligt, anschliessend Anspruch auf ALG I, jetzt rutscht man direkt ins ALG II) und MAE (Mehraufwandsentschädigung = Ein-Euro-Job).
Der Träger beherbergt eine Kreativwerkstatt, in der sich die Leute kreativ langweilen können, selbst oder mit Schülern Gestecke und ähnliches basteln und zum Verkauf anbieten. Ausserdem gibt es eine Holzwerkstatt, eine Tischlerei, einen Renovierungstrupp für Arbeiten im trägereigenen Gebäude und für Aufträge von ausserhalb, den Bereich Verwaltung und Büro, Strassen- und Grünflächenreiniger.
Die Leute auf IDA sind mit ihrer Maßnahme bald durch, einige von ihnen hoffen darauf, dass der Träger sie als MAElerin weiter beschäftigt.
Die Arbeitsagentur hat dem Träger im April das Geld für die Leute in den Maßnahmen verspätet überwiesen. Das Geld, was eigentlich schon am 15.5 da sein sollte war heute, am 31.5., noch nicht da. Eine Frau wusste nicht, wie sie ihre Miete bezahlen soll und will am Donnerstag ins Amt, sich beschweren und Druck machen. Wir haben ihr angeboten, dass wir mitkommen und sicherlich noch ein paar weitere Leute dafür mobilisieren könnten. Sie hat auf unser Angebot sehr positiv reagiert und wollte unser Flugblatt haben, was sie kurz vorher dankend abgelehnt hatte. Falls das Geld bis Donnerstag nicht auf ihrem Konto ist, will sie uns kontaktieren.
Die Jungs vom Renovierungstrupp, die den vom Träger neu erworbenen Seitenflügel des Gebäudes in Schuss bringen, kotzen über ihre Arbeit ab. Die meisten dort sind unter 25 und zwangszugewiesen, mindestens einer davon mit abgeschlossener Ausbildung (Schlosser). Sie erledigen alle Renovierungsarbeiten. „Mal unter uns...“, meinte der eine, auf ihre Arbeitsnachweiszettel dürfen sie nur bestimmte Sachen schreiben. Malerarbeiten z.B. werden als Flurverschönerung bezeichnet. Malerarbeiten dürften sie offiziell nicht machen, weil das keine zusätzliche Arbeit ist und als Auftrag an den 1. Arbeitsmarkt gegeben werden müsste. Warum sie das mit sich machen lassen, haben wir gefragt. Sie hätten keinen Bock und Schiss vor einer Kürzung ihrer Leistung um 30%. Wir haben dann noch versucht klar zu machen, dass sie keine Kürzung dafür bekommen, dass der Träger bescheisst. Aber was wirklich passiert, wenn sie den Träger anschwärzen, wissen wir natürlich auch nicht und schon gar nicht können wir dafür garantieren, dass sie nicht doch irgendwie Ärger bekommen.
Die Kreativwerkstatt war zum einen besetzt mit Frauen mit migrantischem Hintergrund, zum anderen mit Deutschen unter 25, überwiegend Frauen, insgesamt 40 Leute, MAElerinnen und AsS (Arbeit statt Strafe). Obwohl es sich um eine Gruppe handelt, wirkte es doch wie zwei. Während die migrantischen Frauen eher zurückhaltend auftraten in unserem Gespräch, plauderten die unter 25jährigen fröhlich, frustriert und genervt aus dem Nähkästchen. Die Massnahme sei total sinnlos, langweilig, es sei ihnen versprochen worden, einen Schulabschluss nachmachen zu können. Jetzt ist klar, dass das nicht realistisch ist. Ausserdem werde keine wirkliche Arbeitsleistung abgefordert, sie könnten auch die ganze Zeit Zeitung lesen. Die MAE-Stelle wurde als Job in der Arbeitsagentur angkündigt und nicht als Massnahme.
Die Qualifizierungsmassnahmen besteht aus einmal wöchentlich stattfindenden Fortbildungen. Es werden Schulfächer unterrichtet wie Mathe und Deutsch, Arbeitsrecht ist Thema und es gibt Bewerbungstrainings.
Die Frauen waren hochgradig unzufrieden.

Der städtische Kindergarten, den wir aufsuchten, verwies uns auf eine Gesellschaft, die hier in Friedrichshain mehrere 100 MAElerinnen an Kitas und Schulen vermittelt. An der angegebenen Adresse des Hauptsitzes dieser Gesellschaft fanden wir jedoch nicht diese vor, sondern einen grossen Wohlfahrtsverband, dessen Geschäftsführer auch der Chef der Gesellschaft ist. Was diese Verquickung zu bedeuten hat, ist unklar.

Wir schauten dann spontan bei einem Verein vorbei, der hauptsächlich mit alten Menschen arbeitet, d.h. ambulante Altenbetreuung, Freizeitaktivitäten und vereinzelt Kindergärten betreibt. Insgesamt beschäftigt der Träger 110 MAElerinnen. Davon 55 in Stadtteilzentren (5 über 55 jährige, 25 unter 25 jährige (U25)), sowie 55 im Mobilitätsdienst.
Nach dem gescheiterten Versuch der Sekretärin uns abzuwimmeln, bat uns die Geschäftsführerin zum Gespräch in ihr Büro. Wir hatten uns zunächst als Ein-Euro-Job Suchende ausgegeben, machten aber recht schnell deutlich, dass es uns um eine Auseinandersetzung über diese geht. Es stellte sich heraus, dass sie selbst aktiv bei den Montagsdemonstrationen dabei war und konstatierte enttäuscht, dass sie keinen weiteren Festangestellten des Trägers zur Teilnahme bewegen konnte. Sie erkenne die Brisanz der Situation um Ein-Euro-Jobs, aber sie könne ja nix daran ändern. Ja ja, wir sind alle so unschuldig.
Zumindest versucht sie in Bewerbergesprächen herauszufinden, ob die Leute freiwillig kommen oder eigentlich nur aus Zwang diesen Job machen würden. Die Träger müssen jede Ablehnung mit zwei, drei Zeilen begründen. Steht da dann sowas wie „nicht motiviert genug“, kann das eine Kürzung des Arbeitslosengeldes zur Folge haben. Bei ihr „hat bisher noch keiner eine Sperre bekommen.“ (Immerhin)
Wir sechs waren uns während des Gespräches, das ca. 15 Minuten dauerte, nicht wirklich über unsere Strategie einig. Während einige sehr provokative Fragen stellten und kontrovers diskutieren wollten, lobten andere sie für ihr vorbildliches Verhalten den Unwilligen gegenüber, d.h. denen, die nicht auf einer MAE Stelle arbeiten möchten.
Was solche Gespräche mit Chefs bringen, ist eher unklar. Manchmal finden wir dabei Sachen raus, die wir sonst nicht erfahren hätten, aber ansonsten reden wir uns den Mund fusselig, ohne das es etwas bewirken würde.

Anschliessend haben wir im Cafe ein paar Eindrücke und Ergebnisse vom Spaziergang zusammengetragen. Wir haben festgestellt, dass wir nochmal konkreter überlegen müssen, was wir den Leuten für Handlungsmöglichkeiten anbieten können, ohne das unmittelbar eine Sperre droht. Was konkret kann Widerstand in solchen Einrichtungen bedeuten?
Neu auf dem Spaziergang war, dass Jobberinnen von sich aus Aktionen machen wollten und wir dafür konkret Unterstützung anbieten konnten (s.o). Für die nächsten Spaziergänge ein wichtiger Ansatzpunkt.

Wir werden immer wieder gefragt, wie solche Spaziergänge vorbereitet werden können. Deswegen an dieser Stelle zwei, drei Tipps dazu.
Es sollten vorher Stellen gefunden werden, wo klar ist, dass es dort Ein-Euro-Jobberinnen gibt. Für uns sind mittlerweile hauptsächlich die grossen Werkstätten oder Träger von Interesse, wo viele Jobberinnen auf einem Haufen anzutreffen sind.
Es gibt Trägerverzeichnisse, wo die grossen Beschäftigungsträger aufgelistet sind. Dort kann angerufen werden. Praktisch ist es, sich als Suchende für einen Ein-Euro-Job auszugeben. Fragt, in welchen Arbeitsbereichen die Leute eingesetzt werden, ob man sich vorher eine solche Stelle mal ansehen könnte. Manchmal, obwohl doch eher selten, rücken die Träger mit Adressen ’raus.
Dann macht es auch Sinn und Spass, bei der Vorrecherche einfach durch die Strassen zu ziehen und Beschäftigungsträger oder soziale Einrichtungen, die ihr unterwegs entdeckt, zu inspizieren. Manchmal wissen die Ein-Euro-Jobberinnen von weiteren Einsatzstellen.
Flugblätter sind auf dem eigentlichen Spaziergang hilfreich, um Gespräche mit den Jobberinnen anzufangen und um nochmal intensiver darzustellen, worum es bei den Spaziergängen geht. Im Anschluss einen Bericht schreiben und diesen der Öffentlichkeit zugänglich machen wäre gut, damit die ganzen Informationen nicht verloren gehen.

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ERGÆNZUNGEN


das muß noch gesagt werden
Bernd Kudanek alias bjk 10.06.2005 13:20


weil ja Ein-Euro-Job-Spaziergänge nicht unbedingt dem üblichen News-Aktualitätsprinzip unterliegen, hatte standortschädling auch keine besondere Eile mit der Veröffentlichung des Spaziergangsberichts vom 31. Mai. Bis auf die eine oder andere Unschärfe, z.B. waren wir zu fünft und nicht zu sechst, und die recht eigenwillige Interpretation, die Geschäftsführerin sei angeblich für ihr vorbildliches Verhalten "unwilligen" Ein-Euro-Jobbern gegenüber gelobt worden, zeichnet sich der Bericht durch meist recht gut recherchierte Details in Bezug auf Stimmungslage und Tätigkeiten der Beschäftigten des Beschäftigungsträgers aus. Der Vollständigkeit halber sei noch hinzugefügt, nicht alle sind mit den Qualifizierungsmaßnahmen unzufrieden. Mehrere ABMlerInnen, mit denen ich gesprochen habe, wollten dem Beschäftigungsträger ein konstruktives Qualifizierungsbemühen durch Lehrstoff und Lehrmittel wie Maschinen etc. nicht absprechen, einer lobte sogar seine Weiterbildung zum IT-Techniker, wovon er sich für seine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt Vorteile versprach. Insgesamt jedoch überwog auch bei den von mir Befragten eine fatalistische, mutlose bis zornig resignative Einstellung ihrer Zwangstätigkeiten hier und die weiteren Möglichkeiten, irgendwann wieder mal einen Job zu bekommen, von dem mensch leben könne.

Ich bedauerte außerordentlich, keine bzw. nicht genügend informative Flugblätter - also nicht nur bloße Aufforderungen zur Teilnahme an Demos - zur nachhaltigen Verstärkung solcher Gespräche mit Betroffenen dabei zu haben, wie standortschädling dies am Schluß des Berichts auch sehr richtig empfohlen hat. Bei labournet kann mensch hervorragend geeignete Flugis herunterladen, hier die URL's:
http://www.labournet.de/diskussion/arbeit/aktionen/agentureuro.pdf und http://www.labournet.de/diskussion/arbeit/aktionen/berlinsp05.pdf
Diese ausgezeichneten Flugis beinhalten eigentlich schon die ganze Bandbreite des gesetzlich verordneten modernen Sklaventums und machen klar, wie sehr Recht und Menschenwürde durch die Zwangsarbeit der Ein-Euro-Job-Tätigkeit mit Füßen getreten werden. Sehr wichtig ist m. E. dabei, den Betroffenen Angebote zu unterbreiten, wie sie sich wehren und ihre ohnehin schon geringen Rechte wahrnehmen können. Denn der Grundsatz unserer Agenturschluß- und Spaziergang-Aktionen ist ja unter anderem, solange "Sand in's Getriebe" des herrschenden Raubtierkapitalismus und seiner neoliberalen verantwortungslosen Polit-Vasallen zu streuen, bis endlich dieses menschenunwürdige Konstrukt aus Agenda 2010 und Hartz IV zu Fall kommt.

Und dazu zählen sehr wohl auch Gespräche mit den "Chefs", selbst wenn standortschädling, nach eigenen Worten, deren Sinn unklar ist und zu offensichtlichem Unmut mit entsprechender Unschärfe in der Berichterstattung veranlaßte. Es gilt nämlich, ganz besonders auch bei Chefs, bei SachbearbeiterInnen und allen Sklavenaufsehern durch beharrliche Gespräche ein Unrechtsbewußtsein der eigenen Tätigkeit nicht nur im Zusammenhang mit Ein-Euro-Jobs zu schaffen - - - eben Sand ins Getriebe zu streuen! Nicht nur standortschädling sollte sich daran erinnern, welchen Hintergrund es hatte, bei der Agenturschlußaktion am 3. Januar diesen Jahres mit den Armutsamt-Angestellten und ihrer Chefs ins Gespräch zu kommen. Deren Topmanagment ahnte die Brisanz und Sprengkraft und ließ entsprechende Versuche erst gar nicht zu. Vielmehr wurden unsere Agenturschluß-Aktionen schon vorher, siehe u.a. Arbeitsamt Müllerstraße in Berlin-Wedding, brutal von der Bullerei zusammengeknüppelt.

Daß mensch bei solchen Gesprächen, sollen sie die gewünschte Wirkung erzielen, nicht mit der Grundeinstellung "alle Chefs sind scheiße, weil sie Chefs sind", herangehen kann sondern eine intelligentere Vorgehensweise erfordern, ist sicherlich auch standortschädling klar. Und das bedeutet nun mal, auf gleicher Augenhöhe zu reden - also auch sein gegenüber zu akzeptieren und nicht sich selber zu erhöhen. Das bedeutet auch, daß ich die Geschäftsführerin zu Recht gelobt habe, als sie erklärte, sie habe selbst an Montagsdemos teilgenommen, sei zuvor ehrenamtlich in der Altenpflege tätig gewesen und erkenne sehr wohl die Problematik von Agenda 2010 und Hartz IV, so erreichte ich weiterführende offene Gesprächsbereitschaft bei ihr. Wäre es bei plumper bloßer Kontroversität geblieben, hätten wir all diese Dinge nicht erfahren und sie hätte sehr schnell das Gespräch beendet und uns hinauskomplimentiert, wie standortschädling das ja schon des öfteren erfahren hat. Sie hätte dabei ganz sicher kein schlechtes Gewissen gehabt, sondern sich im Recht gefühlt. Und genau das gilt es unbedingt zu vermeiden! Chefs und Sachbearbeiter müssen ein mehr oder weniger schlechtes Gewissen haben, wenn wir gegangen sind! Und das erreichen wir meines Erachtens dadurch am ehesten, wenn durch intelligente Gesprächsführung, z. B. Lob, wenn Lob angesagt ist, ein Klima der gegenseitigen Akzeptanz erzeugt und trotzdem Unrecht und Mißstände der Sklavenhandelsorganisationen sowie Fehlverhalten ihrer Sklavenaufseher offen angesprochen werden.

WIR müssen immer das Gespräch steuern, selbstbewußt in Gang halten und keinesfalls in den Fehler verfallen, gemäß der Transaktionsanalyse, also dem Eltern-Kindchen-Schema, sich in Lamentieren und bloßem Opponieren zu verzetteln.

WIR müssen im Laufe des Gesprächs unbedingt AUCH unbequeme unangenehme Fragen stellen ohne jedoch als Inquisitoren aufzutreten, - ganz sicher nicht immer leicht, vor allem dann nicht, wenn wir an Chefs geraten, die in Rethorik und Dialektik geschult und auch noch autoritär sind.

WIR haben zunächst mal den schwereren Stand, weil das Hausrecht eine ultimative Waffe der Chefs ist, wenn diese sich in die Enge getrieben fühlen, also müssen wir besser sein und alles daran setzen, daß die Chefs gar nicht dazu kommen, an ihre ultimative Waffe des Rausschmisses durch Hausrecht zu denken. Sicher wird sogar standortschädling mir hier zustimmen - oder?!

Alles in allem aber hat standortschädling wie schon eingangs erwähnt einen recht guten Situationsbericht erstellt.

bjk
Forum: http://freies-politikforum.carookee.com





[editiert: 10.06.05, 13:37 von bjk]
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New PostErstellt: 10.07.05, 09:28  Betreff:  Re: Ein-Euro-Job-Spaziergänge  drucken  weiterempfehlen

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Date: 05 Jul 2005 08:42:00 +0100
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Reply-To: FAU Berlin 16
Subject: [bt] Erfahrungen mit 1-Euro-Job-Spaziergaengen
To:

Freitag 8. Juli, um 20:00 Uhr im FAU-Lokal
*Erfahrungen mit 1-Euro-Job-Spaziergängen*

Seit mehreren Monaten organisiert die Gruppe no service in Berlin so
genannte Ein-Euro-Job-Spaziergänge. Der direkte Kontakt mit den von
Arbeitszwangsmaßnahmen Betroffenen wie auch mit den Verantwortlichen bei
den Trägen ermöglicht den SpaziergängerInnen aufschlussreiche Einblicke in
die schöne neue Arbeitswirklichlichkeit. Zudem sind die Spaziergänge eine
direkte Intervention in den Ablauf der Arbeitszwangs-Maschinerie.
Hintergrundbericht von Mitgliedern der Gruppe no service.
## CrossPoint/OpenXP v3.40 R ##

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