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Grundeinkommen: Zeitungsartikel * Leserbriefe/Kommentare

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Perestroika

Ort: EU Berlin Kreuzberg

New PostErstellt: 10.01.07, 09:00  Betreff: Grundeinkommen: Zeitungsartikel * Leserbriefe/Kommentare  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

Zeitungsartikel * Leserbriefe
Hier kann man online-Zeitungsartikel und gegebenenfalls Leserbriefe (auch eigene) posten.

Thematisch gehts zwar ums Grundeinkommen, aber auch alles was in der Nähe davon liegt ist interessant. (z.B. Hartz-Artikel wo man dann mittels Leserbrief aufs BGE hinweisen kann, Montagsdemos, alternative Artbeitsformen, Genossenschaften, usw, die bei einem BGE evenutell "besser" laufen...)

Woher Zeitungsartikel nehmen?
Kann man mit ->news.google.de finden, in das Suchfeld einen entsprechenden Begriff eingeben.

Blogsuche:
->Blog-Search
Bei diesem Link ist die Suche nach Datum eingestellt und als Suchwort "bedingungsloses Grundeinkommen"


Diskussionen
...sind natürlich voll erwünscht. Gut wäre größere Diskussionen gegebenenfalls in einen extrathread auszulagern.



.



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Perestroika

Ort: EU Berlin Kreuzberg

New PostErstellt: 10.01.07, 09:06  Betreff: Re: Grundeinkommen: Zeitungsartikel * Leserbriefe/Kommentare  drucken  weiterempfehlen

9.1.07: dm-Chef Götz Werner fordert ein Grundeinkommen für alle

->jetzt.sueddeutsche.de

    Zitat:
    SZ: Herr Werner, SPD und Union konkurrieren derzeit um die Vorherrschaft über das Soziale. Die Parteien diskutieren über mehr Geld für ältere Arbeitslose, einen "sozialen Arbeitsmarkt" oder Steuergutschriften für Niedrigverdiener. Woher kommt das?
    Werner: Weil wir an allen Ecken und Enden sehen, wie unsere Gesellschaft auseinanderdriftet. Als ich neulich durch den Park am Stuttgarter Hauptbahnhof ging, habe ich beobachtet, wie ein Mann aus einem Abfalleimer einen Pappbecher fischte und die Reste daraus trank. Es ist doch absurd: Um uns rum türmen sich Güterberge und gleichzeitig verarmen die Menschen, weil sie von Hartz IV oder einem Niedriglohn nicht leben können.
    (...)

    Hätten wir nicht bald ein paar Millionen Arbeitslose mehr, wenn jeder Geld bekommt, ohne dafür arbeiten zu müssen?
    Mit einem Grundeinkommen haben Sie per Definition gar keine Arbeitslosen mehr. Wir hängen heute zwanghaft an dem Begriff der Erwerbsarbeit. Gerade Frauen wissen, dass es auch Familienarbeit, Kulturarbeit, Fürsorgearbeit gibt. Das erkennen wir immer noch nicht an. Die Einengung unseres Arbeitsbegriffes ist ein Fehler.
    (...)
Die dämliche Frage, ob nicht alle faul herumliegen, wenn man 600, 700 oder 800 Euro für nix bekommt, ist scheinbar nicht auszumerzen. Götz Werner erwähnt allerdings auch nie, daß derzeit viele (gutverdienende) Menschen nicht aus reinem Spaß malochen, sondern eben wegen ihrer Konsumbedürfnisse. So ein Richter, der fließbandmäßig Hartz4-Empfänger wegen Schwarzfahren, Obdachlose wegen Vergehen gegen die "Unterhaltpflicht" oder Kiffer wegen 0,9 Gramm Cannabissubstanz verknackt, tut das bestimmt nicht aus reinem Vergnügen. Er kriegt halt die Kohle hinten reingeschoben und tut was "man" von ihm verlangt. Dafür kann er sich dann seine Spießervilla finanzieren und lieb und nett zu Frau, Kind und Dackel sein.

Kommentar
Man kann einen Kommentar zu dem Artikel schreiben, dazu muß man sich aber bei "jetzt.sueddeutsche" registrieren (kein Problem, nicht mal Emailbestätigung).
Es sind schon 10 Kommentare, mehr pro als kontra (am 10.01.07).

alles Liebe
Perestroika



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bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 10.01.07, 09:06  Betreff: Re: Grundeinkommen: Zeitungsartikel * Leserbriefe/Kommentare  drucken  weiterempfehlen




Hi Umgestalter,

prima, daß Du den Thread eröffnet hast! Sobald ich den Kopf etwas frei habe, klinke ich mich hier ein. Ist nämlich ein wirklich interessantes Thema.

Gruß
bjk
ALG II-Unterschichtler



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Perestroika

Ort: EU Berlin Kreuzberg

New PostErstellt: 11.01.07, 20:07  Betreff: Re: Grundeinkommen: Zeitungsartikel * Leserbriefe/Kommentare  drucken  weiterempfehlen

11.01.2007: Weiteres Wasser auf die Mühlen der BGE-fans!

Rainer Roth ist Professor für Sozialwissenschaften an der Fachhochschule in Frankfurt am Main und Autor der kürzlich erschienenen Broschüre »Zur Kritik des bedingungslosen Grundeinkommens«. Sie ist zum Preis von drei Euro bei zu beziehen.

Professor Rainer Roth gerät unter Druck. In einem Interview mit der Jungen Welt vom 29.12.2006
->www.jungewelt.de
lautete der Untertitel: "Es ist Erwerbstätigen kaum zu vermitteln, daß sie arbeiten müssen, um das »repressionsfreie« Leben anderer zu finanzieren."

Dies scheint einigen Unmut ausgelöst zu haben. Am 11.1.2007 rückt Professor Roth in einem Leserbrief diesen Satz zurecht.

->www.jungewelt.de

    Zitat:
    Beitrag zur Einigung
    Zu jW vom 29. Dezember

    Ich habe Ihnen ein Interview zum bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) gegeben, daß völlig richtig abgedruckt wurde. Der Untertitel unter der Interviewüberschrift »Es ist Erwerbstätigen kaum zu vermitteln, daß sie arbeiten müssen, um das ›repressionsfreie‹ Leben anderer zu finanzieren. Ein Gespräch mit Rainer Roth« erweckt jedoch den falschen Eindruck, als ob das die Zusammenfassung meiner Ansichten über das BGE wäre. Ich habe diesen Satz nicht autorisiert, der Satz ist in dieser Absolutheit falsch.

    Es ist Erwerbstätigen sehr wohl zu vermitteln, daß sie arbeiten müssen, um das Leben anderer mitzufinanzieren, das Leben z. B. von Menschen, die als Arbeitskräfte zu alt sind, überflüssig, behindert, krank usw.. Ein Teil des Lohns, in Form von Beiträgen zur Sozialversicherung zurückgelegt oder als Lohnsteuer an den Staat abgeführt, dient diesem Zweck. Der Satz erweckt den falschen Eindruck, als ob ich das bestreite. Im Zusammenhang des Interviews erweckt er ferner den Eindruck, als ob ich mich für Repressionen gegen diese ungenannten »anderen«, vor allem aber für Repressionen gegen Erwerbslose ausspreche, das war kein Thema des Interviews. Diese Formulierung leitet Wasser auf die Mühlen der BGE-Befürworter, die ihren Kritikern unterstellen, daß diese für Zwang und Repression gegen Erwerbslose eintreten, sie dagegen nicht, und das, obwohl sie den allgemeinen Zwang zur Lohnarbeit und die entsprechende Ausbeutung des Menschen durch den Menschen als Voraussetzung des BGE anerkennen.

    Falsch ist auch die Ankündigung des Interviews auf der Frontseite, daß das BGE »nichts als eine Illusion« sei. Das BGE hat, wie ich im Interview erklärt habe, einen realen Kern: den berechtigten Widerstand gegen die Bedürftigkeitsprüfungen und Zwänge zu untertariflicher Arbeit usw. durch die Arbeitsagenturen. Es ist nicht nur eine Luftblase, sondern spiegelt reale Interessen wider, allerdings in einer durch einseitige Interessen verzerrten Form.

    Mein Bestreben ist es nicht, durch falsche Anschuldigungen und Übertreibungen den Befürwortern des BGE Munition zu liefern und damit die von ihnen herbeigeführte Spaltung zwischen Erwerbstätigen und Erwerbslosen zu vertiefen, sondern einen Beitrag dazu zu leisten, daß man sich auf der Grundlage eines Minimalprogramms einigen kann, der Untertitel zum Interview steht dem entgegen.

    Rainer Roth, Frankfurt/M.
Man kann dazu auch einen Leserbrief schreiben. Dazu unten rechts die entsprechende Funktion anclicken.

Leserbrief:
    Zitat:
    Weiteres Wasser auf die Mühlen der BGE-fans!

    1. Das undifferenzierte Hantieren mit dem Wörtchen "Erwerbstätige" obendrein als Synonym für "Lohnarbeiter" verdeckt einen sehr wichtigen Umstand: Einige Erwerbstätige (speziell aus dem "produktiven" Wirtschaftssektor) "müssen" nicht nur das Leben von Menschen, die "als Arbeitskräfte zu alt, überflüssig, behindert, krank usw. sind", finanzieren, sie finanzieren auch das Leben einiger anderer Erwerbstätige, z.B. das von Professoren, die ja direkt oder indirekt durch Steuern finanziert werden. Unter anderm gerade dadurch, daß sie finanziert werden, erscheint ihre Arbeit nützlich. Beim BGE ist es genauso: Die Arbeit aller Nichterwerbstätigen wird mittels BGE gesellschaftlich anerkannt und gefördert!
    Unter den "Erwerbstätigen" finden wir also verschiedene Sorten. Herr Roth, als Soziologe, findet sie anscheinend nicht? Für ihn sind Richter, Professoren, "administrativ Beschäftigte", Banker, Lehrer, Versicherungsangestellte, Ingeneure, Fußballspieler, Fernsehmoderatoren, Manager usw allesamt "Lohnsklaven" des "Kapitals", die wie auch Menschen im Niedriglohnsektor "ausgebeutet" werden, und genauso wie sie leiden. Man beachte auch, daß zur Zeit 39 Mio Bürger erwerbstätig und 43 Mio Bürger nicht erwerbstätig sind.

    2. Die undifferenzierte Behandlung der "Arbeit" führt zu absurden Schlußfolgerungen. So argumentieren auch unsre "Neoliberalen": Es ist egal womit man Geld verdient, Hauptsache man verdient Geld. Die Menschen können U-Boote bauen, Klingeltöne fabrizieren, in Wachschutzfirmen schuften usw. all das muß nur vollversicherungspflichtig und tariflich abgesichert sein. Dann ist die Welt in Ordnung.

    3.
    > Diese Formulierung (die beanstandete)
    > leitet Wasser auf die Mühlen der BGE-
    > Befürworter, die ihren Kritikern unterstellen,
    > daß diese für Zwang und Repression gegen
    > Erwerbslose eintreten, sie dagegen nicht,
    > und das, obwohl sie den allgemeinen Zwang
    > zur Lohnarbeit und die entsprechende
    > Ausbeutung des Menschen durch den
    > Menschen als Voraussetzung des BGE
    > anerkennen.
    Schock! Dahinter steckt nur ein "logisches" müssen: Alle Bürger müssen neben Sauerstoff Ernährungsmittel zu sich nehmen. Diese Ernährungsmittel "müssen" produziert werden. Aus diesem "müssen" einen Arbeitszwang abzuleiten ist einfach nur noch bösartig.
    Bei einem Grundeinkommen in ausreichender Höhe kann jeder frei entscheiden, ob er für seine Konsumbedürfnisse, z.B. für seine Professorenvilla am Stadtrand, arbeiten geht oder nicht. Was hat das mit Arbeitszwang zu tun?

    > ...sondern einen Beitrag dazu zu leisten, daß
    > man sich auf der Grundlage eines
    > Minimalprogramms einigen kann, der
    > Untertitel zum Interview steht dem entgegen.
    Dieses traurige Minimalprogramm (Mindestlohn, 70 Euro mehr für Hartz4-Emfpänger... und die Obdachlosen?) kann sich Herr Professor Roth ans Knie nageln. Die Repressionen, Schikanen und Kontrollen sollen ja wohl bleiben. Das Minimalprogramm der BGE-Befürworter dagegen lautet:

    Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!


    mit revolutionären Grüßen
    (...)
frische Grüße aus Kreuzberg
Perestroika


------------------------
PS: ein Leserbrief zu dem Interview vom 29.12.06 befindet sich im thread "Gott schütze uns vor unsrer Schutzmacht" (in meinem forum):
forum.dadabit.de



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Perestroika

Ort: EU Berlin Kreuzberg

New PostErstellt: 21.01.07, 15:48  Betreff: Re: Grundeinkommen: Zeitungsartikel * Leserbriefe/Kommentare  drucken  weiterempfehlen

19.1.2007 * Blaschke: Der neue Streit um das Grundeinkommen

->www.die-linke-grundeinkommen.de

»Roth ist isoliert« Der neue Streit um das Grundeinkommen

    Zitat:
    ND: Warum ist in der Erwerbslosenbewegung gerade jetzt Streit um das bedingungslose Grundeinkommen ausgebrochen?
    Blaschke: Die Debatte gibt es seit 25 Jahren. Ein Teil der Erwerbslosenbewegung forderte in erster Linie eine schnelle Rückkehr in ein Lohnarbeitsverhältnis. Daneben gab es eine starke unabhängige Erwerbslosenbewegung, die gemeinsam mit der Bewegung prekär Beschäftigter den Schwerpunkt auf ein bedingungsloses Grundeinkommen legte, von ihr Existenzgeld genannt. Diese Ansätze wurden also in der Erwerbslosenbewegung seit Jahrzehnten mehr oder weniger freundschaftlich miteinander diskutiert.

    Wie schätzen Sie das Kräfteverhältnis zwischen diesen beiden Flügeln ein?
    Vor allem Hartz IV trug dazu bei, dass die Unterstützung für ein bedingungsloses Grundeinkommen in der Erwerbslosenbewegung sehr gewachsen ist. Gegen verschärften Arbeitszwang, Bespitzelung durch Detektive und Verarmung wird von vielen Erwerbslosen im Grundeinkommen eine Alternative gesehen – aber auch von Erwerbstätigen. Hartz IV soll ja auch auf sie Druck ausüben. Die Hinwendung zum Grundeinkommen drückt sich in der mit großer Mehrheit auf der Aktions- und Strategiekonferenz der sozialen Bewegungen in Frankfurt (Main) beschlossenen Formulierung im Frankfurter Appell aus. Es wurde ein Mindesteinkommen für Erwerbslose ohne Bedürftigkeitsprüfung, partnerunabhängig und repressionsfrei, gefordert.

    Aber eine Gruppe um den Soziologen Rainer Roth protestiert heftig dagegen.
    Es ist eine kleine Gruppe, die aus ideologischen Gründen sogar diese Forderung nach einem repressionsfreien Mindesteinkommen für Erwerbslose ablehnt. Sie hat allerdings gemerkt, dass sie mit ihrer Position in der Erwerbslosenbewegung isoliert ist und versucht jetzt in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, die Bewegung sei gespalten. ....

    Aber behindert der Streit nicht die Arbeit tatsächlich?
    Das sehe ich nicht so. Wenn Erwerbslose auf die Straße gehen, machen sie das aus eigener Betroffenheit und nicht weil Prominente dazu aufrufen. In der ostdeutschen Erwerbslosenbewegung hat der Frankfurter Appell zudem nie eine große Rolle gespielt. Dort wurde eher mit eigenen Aufrufen mobilisiert.

    Wird durch die Forderung nach dem bedingungslosen Grundeinkommen die Kooperation mit dem DGB belastet?
    Das sehe ich nicht. Denn selbstverständlich unterstützen die Teile in der Erwerbslosenbewegung, die sich für ein Grundeinkommen einsetzen, auch die Forderung nach einem Mindestlohn, nach radikaler Arbeitszeitverkürzung. Dabei gehen sie sogar über die Forderungen des DGB hinaus, z. B. mit der Forderung nach 10 Euro Mindestlohn.

    Der DGB ist gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen.
    Auch in gewerkschaftlichen Kreisen ist die Diskussion längst in Gang gekommen. An der Gewerkschaftsbasis ist sie schon weit fortgeschritten. Fast jedes fünfte Mitglied des Netzwerkes Grundeinkommen ist in einer Gewerkschaft organisiert. Bei Gewerkschaftsseminaren ist der Zuspruch jedenfalls groß.

    Dennoch wehren sich zumindest sämtliche Gewerkschaftsvorstände energisch gegen solche Ansätze.
    Auch dort haben die Debatten begonnen. So ist mit Volker Köhnen ein ver.di-Funktionär aus Hessen Befürworter des Grundeinkommens. DGB-Chef Michael Sommer hat bereits 2002 Vorstellungen geäußert, die dem nahe kommen – nämlich die Idee eines Grundeinkommens für Erwerbstätige, die sich eine Auszeit nehmen wollen. Sommer forderte eine arbeitsunabhängige Anerkennungsprämie dafür, dass man solidarisch Arbeitsplätze teilt. Allerdings hat sich der Gewerkschaftsflügel, der eine keynesianische Politik fordert, mit solchen Fragen bisher kaum ernsthaft befasst.

    Interview: Peter Nowak
laukalte Grüße aus grauem Kreuzberg
Perestroika



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Perestroika

Ort: EU Berlin Kreuzberg

New PostErstellt: 23.01.07, 01:22  Betreff: Re: Grundeinkommen: Zeitungsartikel * Leserbriefe/Kommentare  drucken  weiterempfehlen

Januar 2007 * Bedingungsloses Grundeinkommen: Keine Alternative zum Sozialstaat

Böckler Impuls 01/2007

Bedingungsloses Grundeinkommen: Keine Alternative zum Sozialstaat


->www.boeckler.de

Leserbriefe kann man eventuell schicken an:

WSI-Forscher Claus Schäfer


Redaktion


    Zitat: Leserbrief
    Lieber Claus Schäfer!

    Da haben Sie es den BGE-fans aber mächtig gegeben. Wie bei vielen BGE-Kritikern gehen sie mit keinem Wort auf die "positiven" Aspekte ein, sondern listen nur wahllos alles auf, was dagegen sprechen könnte. Fangen wir an:

    > Sozial gerecht? Warum auch vermögende
    > Personen in den Genuss einer
    > steuerfinanzierten Grundsicherung
    > kommen sollten, sei nicht einzusehen,
    > schreibt der Forscher. Selbst wenn sie im
    > Gegenzug mit höheren Steuern belastet
    > würden.

    Durch Umlenkung der Geldflüsse (Steuersystem, Sozialabgaben) läßt sich durchaus erreichen, daß über den Daumen gepeilt gilt:

    Netto_neu:=(Netto_alt - bge) + bge

    Der Vorteil liegt auf der Hand: man muß den Bedarf nicht mehr feststellen. Das große Verbrechen, daß Nichtbedürftige, etwa Professoren oder "Forscher", auch in den Genuß eines BGE kommen, tritt also nur dem äußerem Anschein nach ein. Netto ändert sich nur im Niedriglohn- oder Nulllohnsektor etwas (Praktikanten, Hausmänner und Hausfrauen, Obdachlose, Straßenkinder, Trödler, Kulturschaffende usw). Weniger als das BGE kann es nicht mehr geben.

    Prinzipiell sollte es ausreichen, Einkommensunterschiede im Steuersystem auszugleichen. Wer viel verdient, zahlt entsprechend viel. Bei der Verteilung des Staatszasters müssen dann nicht abermals Einkommensunterschiede berücksichtigt werden. Das bedeutet nur doppelte Bürokratie und zusätzlich Schikane: Zwar sollen die "Reichen" schikaniert werden, in der Realität sind es aber immer die "Armen, Schwachen und Bedürftigen", die ja für allen möglichen Scheiß ihre "Bedürftigkeit" beweisen müssen und die so fortlaufend an ihre "Bedürftigkeit", d.h. ihre von Gut- und Besserverdienenden verordnete Minderwertigkeit, erinnert werden.

    Anscheinend kommen Sie, lieber Herr Schäfer, als satter und wohlmeinender Mensch nicht ohne "Hilfebedüftige" aus? Wie anders ist zu verstehen:

    > Selbst wenn sie (die nicht Bedürftigen) im
    > Gegenzug mit höheren Steuern belastet
    > würden.
    Unsozial ist es, wenn Nichtbedürftige ein BGE erhalten, selbst wenn sie es kraft Umlenkung der Geldflüsse im Gegenzug nicht erhalten?

    weiter lesen wir:
    > Einstieg in den "Sozialstaat light". Gerade
    > die BGE-Vorschläge aus konservativen
    > Kreisen könnten sich aus sozialstaatlicher
    > Perspektive als Trojanisches Pferd
    > erweisen, warnt Schäfer. Die Kosten für
    > ein bedingungsloses Grundeinkommen
    > würden dort als Argument "für die
    > möglichst ersatzlose Streichung aller
    > anderen sozialstaatlichen
    > Transferzahlungen einschließlich der
    > Rente" dienen.
    Es ist immer schön, wenn man das "linke" BGE mit dem "konservativen" BGE erschlagen will. Statt das "konservative" BGE abzulehnen, gibts ja die Alternative, Sozialstaat und BGE zu kombinieren. Z.B. macht das die Ulmer Gruppe um Herrn Pelzer. Bei ihrem BGE bleibt alles wie es ist. (Die Einkommen werden etwas belastet, was aber durchs BGE wieder ausgeglichen wird). Was sich ändert und zwar merklich verringert ist die Anzahl der Antragsteller und der Anträge und das schon bei 400 Euro/Monat.

    Darüberhinaus malen Sie ein Schreckgespenst an die Wand. Herr Althaus, dessen Hauptanliegen darin bestand, erstmal eine öffentliche Diskussion über das BGE zu entfachen, sieht in seinen Schriften gar nicht die Beseitigung des Sozialstaates vor. Auf seiner Homepage findet man:

    http://www.d-althaus.de/fileadmin/PDF/FAQ_Buergergeld.pdf

    > Frage: 10. Was ist mit Bürgergeldbeziehern,
    > die einen objektiv höheren Bedarf haben?

    Althaus:
    > Bei Bürgergeldbeziehern mit begründetem,
    > höherem Bedarf (z.B. Behinderung,
    > besondere Lebenssituation) kann auf
    > Antrag ein individueller Bürgergeldzuschlag
    > gewährt werden. Dieser erfolgt jedoch nicht
    > bedingungslos.

    Also ist der Schrecken, den Sie da konstruieren, nicht mal bei dem "konservativen" Althaus zu finden, ganz zu schweigen davon, daß z.B. Katja Kipping von der Linkspartei den Sozialstaat durch ein BGE ersetzen möchte.

    Sie schreiben:
    > Kein Ersatz für heutigen Sozialstaat. Selbst
    > wenn das Bürgergeld großzügig bemessen
    > wäre - etwa mit 1.000 Euro im Monat -
    > wären längst nicht alle Probleme gelöst.
    > (...)
    Damit rennen Sie bei allen BGE-fans offene Türen ein. Vielleicht versuchen Sie es mal in einer langsamen Gangart? Selbstständigens Denken ist übrigens auch möglich. Es gibt bisher niemanden -etwa einen dicken Guru- der uns alles löffelweise eingibt!

    > Gravierende Auswirkungen auf die
    > Lohnstruktur. Der Druck auf die Löhne
    > würde steigen, der Niedriglohnsektor enorm
    > wachsen. Denn die Einführung eines BGE
    > würde Arbeitgeber vollends von der Pflicht
    > entbinden, Arbeitnehmern Existenz
    > sichernde Löhne zu zahlen. Am Ende
    > stünde ein "Super-Kombilohn mit einem
    > hohen Staatsanteil und einem niedrigen
    > Arbeitgeberanteil", befürchtet der Experte.

    Zu erwähnen wären ein paar nackte Daten: von 82 Mio Bürgern sind nur 39 Mio erwerbstätig. 43 Mio sind nicht erwerbstätig. Unter den 39 Mio Erwerbstätigen ist die Minderheit "Lohnempfänger". 1 Mio sind in der Landwirtschaft tätig, 10 Mio im "produktiven Wirschaftsbereich" und 28 Mio im "Dienstleisungssektor".

    Zunächst ist es merkwürdig vom "Lohn" zu schwafeln, wenn es unter den 39 Mio "Erwerbstätigen" nur schlappe 10 Mio klassische Lohnempfänger gibt. Aber bleiben wir beim "Lohn" als Synonym für Gehalt, Tantiemen, Honorare, Gagen, Diäten, Abfindungen und kargen Unterschichtenlohn.

    Nun, der Lohn hat zwei Gesichter. Das eine ist der Empfänger des "Lohnes". Diesen interessiert nicht der "Lohn", sondern was er Netto in der Tasche hat.

    Die andere Seite ist derjenige, der diesen Lohn zahlt. Das muß nicht zwangsläufig ein Unternehmer sein. Das kann der Staat, ein Kleinbetrieb, eine Genossenschaft, die Kommune, die Kirche, ein Verein, eine Partei, die Gewerkschaft oder eine Stiftung sein. Nennen wir ihn aber Arbeitgeber. Klar ist, daß dieser Arbeitgeber außer Lohn noch alles mögliche andere an der Backe hat. Er interessiert sich also für das Brutto, was er pro Arbeitnehmer löhnen muß.

    Nun zu der demagogischen Panikmache: die Löhne sinken, wenn wir ein BGE haben.
    Einige "Linke" und Gewerkschaftler sehen in den Lohnempfängern bekanntlich keine Menschen, die Geldmittel für ihr Dasein benötigen, sondern Instrumente, mit denen man dem "Kapital" Schaden zufügen kann: hoher Lohn = großer Schaden, und genau daher ist das BGE Scheiße! In der Tat erhalten alle heutigen "Lohn"empfänger (auch Sie, Herr Schäfer) nach Einführung des BGEs im Idealfall NETTO genausoviel wie eben jetzt auch. Nur im Mindestlohn- oder Nullohnsektor würde etwas mehr rausspringen.
    Dieser für normale Menschen entscheidende Netto"lohn" setzt sich dann aus zwei Teilen zusammen: Einen Teil, nämlich das BGE, erhält man aus der Staatskasse (oder auch Bürgergeldkasse?), den anderen -wie bisher- vom Arbeitgeber, sofern man erwerbstätig ist.
    Allein so gesehen ist völlig unklar was dieses elende Geschwätz vom "sinkenden Lohn" eigentlich soll. Wird hier bewußt Panik unter den "Erwerbstätigen" verbreitet, besonders unter denen, die vom BGE profitieren?

    Kommen wir zum Brutto: Es sind hier viele Fälle "denkbar". Der Arbeitgeber (z.B. ein kommunales Jugendzentrum oder ein Pflegeheim) zahlt den Teil, der als BGE gezahlt wird nicht: sinkender "Lohn". Da nun aber nach wie vor Steuern gezahlt werden, könnte man sich fragen, ob nicht einfach nur ein dem BGE entsprechender Anteil des jetzigen Lohnes künftig als Steuer zusammen mit anderen Steuern an den Staat gezahlt wird. An den Bruttoausgaben ändert sich dann nichts. Es ändert sich nichtmal "technisch" irgendetwas, die Buchhaltung schreibt nur andere Zahlen auf die Gehaltsstreifen und überweist anderere Beträge in passende Töpfe.

    Sollten nun aber -wie beim Mehrwertsteuermodell- die Bruttoausgaben sinken -der Supergau-, so bedeutet das keineswegs etwa prall gefüllte Unternehmertaschen (gar bei Kommunen oder im Pflegedienst?). Durch die Konkurrenz würden die Preise ebenfalls sinken. Denn es geht auch bei den "Gewinnen" marktwirtschaftlich zu: Hohe Gewinne rufen neue Konkurrenten in den Ring. Und als Konkurrenten kommen eventuell vermehrt Genossenschaften in Frage, die sich gerade, wenn wir ein BGE haben, viel leichter betreiben ließen.

    Also müssen weder die "Lohn"empfänger einen Nachteil erleiden, noch erhalten unsere Arbeitgeber nennenswerte Vorteile.

    Schließlich -um dieser stumpfsinnigen Panikverbreitung ein Ende zu bereiten: Auch nach der Einführung eines BGE wird es soziale Bewegungen, Gewerkschaften und Parteien geben. Wir wollen kein Minimum und keine Almosen, sondern ein Maximum:
    Ein Maximum an Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen aller Menschen weltweit!

    Sie schreiben weiter:

    > Ein Teil der konservativen BGE-Anhänger
    > vertritt die Position, dass ein
    > Grundeinkommen zwar ohne
    > Bedürftigkeitsprüfung, aber nur im Falle
    > einer Gegenleistung in Form
    > "gemeinnütziger Arbeit" gezahlt werden
    > solle. Dadurch könnte jedoch reguläre Arbeit
    > durch getarnte Billigarbeit verdrängt werden.

    Dann handelt es sich nicht um das BGE!

    Daß einige "Arbeit" auf freiwilliger Basis herkömmliche Erwerbsarbeit verbilligt oder gar ersetzt, spricht nicht gegen das BGE. Es entstehen ja auch neue "Erwerbstätigkeiten", so können unter den 43 Mio heute nicht Erwerbstätigen, etliche durchaus neue Firmen oder Genossenschaften gründen.

    > Zwei-Klassen-Gesellschaft. Insgesamt
    > könnte sich die Ungleichheit in der
    > Einkommensverteilung trotz BGE sogar
    > verschärfen, wenn die Arbeitseinkommen
    > drastisch sinken und bisherige
    > Sozialleistungen gestrichen werden.
    > Während ein Teil der Gesellschaft mit dem
    > Grundeinkommen abgespeist würde, könnte
    > ein anderer umso mehr Einkommen und
    > Vermögen akkumulieren, so Schäfer.
    Ja, es könnte auch der Mond auf die Erde fallen. Anscheinend ist Ihnen unbekannt, daß alle Einkommensverhältnisse von den jeweiligen Einkommensbeziehern mit entschieden werden. Unter anderem gibts dazu die Gewerkschaften. Ein BGE verbessert die Verhandlungsposition eines potentiellen Arbeitnehmers enorm, oder nicht?
    Und was die zwei-Klassengesellschaft betrifft, sie existiert bereits. Der Ruf nach einem BGE erschallt aufgrund der heutigen zwei-Klassengesellschaft.

    > Vollbeschäftigung - kein politisches Ziel
    > mehr. "Die immer noch lohnende Suche
    > nach einer alternativen Politik zur
    > Wiederherstellung von Vollbeschäftigung"
    > würde durch ein BGE delegitimiert, kritisiert
    > der WSI-Forscher. Schließlich könnte das
    > Ziel, hinreichende
    > Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen,
    > gänzlich aufgegeben werden.

    Nach 25 Jahren Massenarbeitslosigkeit ist es langsam Zeit sich über die "Ausrangierten" Gedanken zu machen und nicht weitere 25 Jahre über künftige Vollbeschäftigung zu labern.

    Anscheinend haben Sie das BGE-Gespenst nicht genügend erschlagen:
    > Auf Basis der europäischen
    > Sozialstaatsidee sei es selbstverständlich
    > denkbar, dass die Gesellschaft jedem "a
    > priori ein bestimmtes Grundeinkommen als
    > bedingungslose Voraussetzung für
    > individuelle bzw. bürgerliche Autonomie
    > zukommen lässt".

    Plötzlich kommt die EU ins Spiel! Für eine SPD-nahe Stiftung ist das schon sehr jämmerlich. Unter Schröder gabs nichts europäisches. Nur Abwehr und Blockaden.
    Damals ging es darum jeden auch noch so kleinen Vorteil im europäischen Standortkonkurrenzkampf zu nutzen. Erinnert sei an die 30/35 Std-Woche in Frankreich, die von unsren wackren Sozialdemokraten und den Gewerkschaften 1998 nicht etwa aufgegriffen sondern hintertrieben wurde. Damals glaubten die schlauen Genossen, daß das "Kapital" Frankreich meiden und nach Deutschland kommen würde, um dort die Arbeitslosenzahl zu halbieren. Hat nicht funktioniert. Statt dessen wird die 30/35 Std-Woche in Frankreich wieder rückgängig gemacht und in Deutschland erhöht man ebenfalls Arbeitszeit und Lebenszeit.

    Aber Ihr europäisches Pawlow-Argument, Herr Schäfer, zündet beim BGE nicht wirklich. Den Nachbarstaaten kann es prinzipiell wurscht sein, ob man Erwerbslosen in Deutschland gestapo-ähnliche Truppen in die Behausung schickt, oder ob man auf Bedürftigkeitsprüfungen, Schikanen und Kontrollen verzichtet und dasselbe Geld ohne Bedingungen auszahlt.

    Insgesamt ist ihrem Schnellpamphlet nur zu entnehmen, daß Sie offenbar psychologische Aversionen gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen haben. Vielleicht schleppen Sie sich selber mit letzter Kraft auf ihren warmen Forscherplatz -allerdings aus Konsumgründen. Mich und andere beschleicht langsam der Verdacht, daß die sozial bewegten Gutverdiener immer die "Lohnarbeiter" vorschieben, um von ihren eigenen Pfründen abzulenken. Sie leiden ja so sehr mit den "Ausgebeuteten" und quälen sich so schrecklich ab für Spießerhäußchen am Waldesrand, elektronische Tiefkühltruhen und Urlaub auf den kanarischen Inseln usw, usf.

    Und dewegen müssen auch andere, so wie Sie, kräftig leiden, allerdings aus profanen Existenzgründen: Fressen, Wohnen, Kleiden.
Mitternachtsgrüße aus Kreuzberg an wohlmeinende Überflüssige
Perestroika



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