Nachdem ich Watchers Beitrag "Israel und Palästina: 80 Thesen für ein neues Friedenslager" gelesen habe, kam mir der Gedanke, diesen Thread zu eröffnen, um hier keine persönlichen Meinungen sondern möglichst nur sachliche Daten und Abläufe zu den Konflikten im Nahen und Mittleren Osten zu sammeln, um wabernden Spekulationen und tendenziöser Hetze durch möglichst klare Fakten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Sozusagen einen Pool zu schaffen, aus dessen Informations-Grundlage hier im Forum engagiert diskutiert und persönlich Stellung bezogen werden kann.
Aus diesem Grund werde ich auch Watchers Beitrag aus dem "Dies und Das"-Subforum in diesen Thread kopieren.
bjk
Reife ist schärfer zu trennen und inniger zu verbinden
Israel und Palästina: 80 Thesen für ein neues Friedenslager Ein Entwurf der israelischen Friedensorganisation Gush Shalom
Die hier erstmals auf deutsch vorgelegten, von Uri Avnery formulierten 80 Thesen wurden am 13. April 2001 als Anzeige der Friedensgruppe "Gush Shalom" in der hebräischen Ausgabe der - auch auf englisch erscheinenden - israelischen Tageszeitung "Ha’aretz" veröffentlicht. Gedacht als Einstieg in eine öffentliche Debatte innerhalb und außerhalb Israels, dokumentieren sie das Bemühen der konsequenten jüdisch-israelischen Friedenskräfte, in einer extrem schwierigen Situation die Wahrheit über den israelisch-palästinensischen Konflikt zu verbreiten. Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge werden erbeten an Gush Shalom: - P.O. Box 3322, Tel-Aviv 61033.
1. Der Friedensprozess ist zusammengebrochen - und hat einen großen Teil des israelischen Friedenslagers mit sich gerissen.
2. Vorübergehende zufällige Umstände wie persönliche oder parteipolitische Querelen, Versäumnisse der Führung, politischer Egoismus, interne und globale politische Entwicklungen sind nur wie Schaum auf den Wellen. So wichtig sie sein mögen, sie können den totalen Zusammenbruch nicht hinreichend erklären.
3. Die wahre Erklärung kann nur unter der Oberfläche gefunden werden, an den Wurzeln des historischen Konflikts zwischen den beiden Völkern.
4. Der Madrid-Oslo-Prozess scheiterte, weil beide Seiten Ziele zu erreichen versuchten, die nicht miteinander in Einklang gebracht werden können.
5. Die Ziele jeder der beiden Seiten werden von ihren nationalen Grundinteressen her bestimmt, die von ihrer Geschichtsdeutung, von ihren verschiedenen Ansichten über den 120 Jahre andauernden Konflikt geformt sind. Die nationalisraelische Geschichtsversion und die nationalpal ästinensische Version derselben Geschichte sind im Ganzen wie im Detail gesehen völlig gegensätzlich.
6. Die Unterhändler und die Führung auf israelischer Seite verhandelten in völliger Unkenntnis der national-palästinensischen Geschichtsdeutung. Selbst wenn sie ernsthaft guten Willens waren, eine Lösung zu erreichen, waren ihre Bemühungen zum Scheitern verurteilt, da sie die nationalen Wünsche, Traumata, Befürchtungen und Hoffnungen des palästinensischen Volkes nicht verstehen konnten. Und obwohl es keine Symmetrie zwischen beiden Seiten gibt, war die palästinensische Haltung ähnlich.
7. Die Lösung eines so lange währenden historischen Konfliktes ist nur dann möglich, wenn jede Seite in der Lage ist, die nationale geistige Welt der andern Seite zu verstehen und wenn sie bereit ist, ihr als gleichberechtigter zu begegnen. Eine unsensible, herablassende, anmaßende Haltung schließt jede Möglichkeit einer einvernehmlichen Lösung aus.
8. Die Regierung von Barak, in die so viel Hoffnung gesetzt worden war, war genau von dieser Haltung geprägt. Daher kam es zu der enormen Kluft zwischen anfänglichen Versprechen und den verhängnisvollen Ergebnissen.
9. Ein wichtiger Teil des alten Friedenslagers (auch "Zionistische Linke" genannt oder "vernünftige Öffentlichkeit") ist ähnlich geprägt und ist darum mit der Regierung, die sie unterstützte, zusammengebrochen.
10. Deshalb wäre die wichtigste Aufgabe eines neuen Friedenslagers, die falschen Mythen und die einseitige Sicht des Konflikts aufzugeben. Das bedeutet nicht, dass die israelische Geschichtsdeutung automatisch zu verwerfen und die palästinensische unhinterfragt zu akzeptieren wäre. Doch es erfordert, die Position des anderen im historischen Konflikt mit offenem Sinn anzuhören und zu verstehen, um die Kluft zwischen beiden nationalen Geschichtsauffassungen zu überbrücken.
11. Jeder andere Weg würde zu einer endlosen Fortsetzung des Konflikts mit Perioden scheinbarer Ruhe und scheinbarer Versöhnung führen, doch häufig unterbrochen von Ausbrüchen gewalttätiger, feindseliger Aktionen zwischen den beiden Völkern und zwischen Israel und der arabischen Welt. Wenn man das Tempo der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen in Betracht zieht, können weitere Runden der Auseinandersetzungen zur Zerstörung aller Konfliktparteien führen.
Die Wurzeln des Konflikts
12. Der israelisch-palästinensische Konflikt ist die Fortsetzung des historischen Zusammenpralls zwischen der zionistischen Bewegung und dem palästinensisch-arabischen Volk, ein Zusammenprall, der am Ende des 19. Jahrhundert begann und noch immer kein Ende gefunden hat.
13. Die zionistische Bewegung war im Wesentlichen eine jüdische Reaktion auf die nationalen Bewegungen in Europa, die alle den Juden gegenüber feindlich gesinnt waren. Nachdem sie von den europäischen Nationen abgelehnt worden waren, entschieden einige Juden, sich selbst als Nation zu konstituieren und, nach dem neuen europäischen Modell, ihren eigenen Nationalstaat zu gründen, in dem sie Herr über ihr eigenes Schicksal sein könnten. Das Prinzip der Trennung, das die Basis der zionistischen Idee bildet, hatte später weitreichende Folgen. Das grundlegende zionistische Dogma, wonach eine Minorität, nach europäischem Modell, nicht in einem national homogenen Staat existieren könne, führte zur praktischen Ausgrenzung der nationalen Minderheit im zionistischen Staat, der 50 Jahre später Wirklichkeit wurde.
14. Traditionelle und religiöse Gründe brachten die zionistische Bewegung nach Palästina (hebräisch: Erez Israel) und es wurde entschieden, in diesem Land einen jüdischen Staat zu gründen. Die Losung lautete: "Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land". Diese Losung wurde nicht nur aus Unkenntnis geprägt, sondern auch auf Grund der allgemeinen Arroganz gegenüber nichteuropäischen Völkern, die zu jener Zeit in Europa vorherrschte.
15. Palästina war nicht leer - weder Ende des 19. Jahrhunderts noch zu irgend einer anderen Zeit. Zu jener Zeit lebte eine halbe Million Menschen in Palästina, 90 Prozent davon waren Araber. Diese Bevölkerung war natürlich gegen das Eindringen eines anderen Volkes in ihr Land.
16. Die arabische Nationalbewegung entstand fast gleichzeitig wie die zionistische Bewegung, anfänglich um gegen das türkisch-osmanische Reich, und nach dessen Zerstörung am Ende des 1. Weltkrieges um gegen die Kolonialmächte zu kämpfen. Eine eigene arabisch-palästinensische Nationalbewegung entwickelte sich im Land, nachdem die Briten einen separaten Staat gegründet hatten, den sie Palästina nannten, und infolge des Kampfes gegen das Eindringen der Zionisten.
17. Seit Ende des 1. Weltkrieges gab es eine zunehmende Auseinandersetzung zwischen den beiden Nationalbewegungen, der jüdischzionistischen und der palästinensisch-arabischen, und beide trachteten danach, im selben Land ihr Ziel zu verfolgen - das den andern völlig außer Acht ließ. Diese Situation blieb unverändert bis zum heutigen Tag.
18. Als in Europa sich die Verfolgung der Juden intensivierte und die Länder der Welt ihre Tore für jüdische Einwanderer, die dem Inferno zu entkommen versuchten, schlossen, gewann die zionistische Bewegung an Stärke. Der Holocaust, dem sechs Millionen Juden zum Opfer fielen, verlieh der zionistischen Forderung nach Errichtung des Staates Israel moralische und politische Macht.
19. Das palästinensische Volk, das die Zunahme der jüdischen Bevölkerung in seinem Land beobachtete, konnte nicht einsehen, warum von ihm der Preis für die von Europäern an Juden begangenen Verbrechen gefordert wurde. Heftig wehrte es sich gegen weitere jüdische Einwanderung und gegen weiteren Landerwerb durch Juden.
20. Die totale Leugnung, durch beide Völker, der nationalen Existenz des jeweils anderen führte unvermeidlich zu einer falschen und verzerrten Wahrnehmung, die im kollektiven Bewusstsein beider tiefe Wurzeln schlug. Diese Wahrnehmung beeinflusst ihre Haltung zueinander bis heute.
21. Die Araber glaubten, dass die Juden vom westlichen Imperialismus in dies Land verpflanzt worden seien, um die arabische Welt zu unterwerfen und ihre Reichtümer zu kontrollieren. Diese Überzeugung wurde durch die Tatsache bestärkt, dass die zionistische Bewegung von Anfang an eine Allianz mit wenigstens einer westlichen Macht angestrebt hatte (Deutschland, Großbritannien, Frankreich, die USA), um den Widerstand der Araber zu brechen. Das Ergebnis war eine praktische Zusammenarbeit und Interessengemeinschaft zwischen dem zionistischen Projekt und imperialistischen und kolonialen Kräften, die sich gegen die arabische Nationalbewegung richteten.
22. Die Juden dagegen waren davon überzeugt, der arabische Widerstand gegenüber dem zionistischen Unternehmen - um die Juden aus den Flammen Europas zu retten - wäre die Folge der mörderischen Natur der Araber und des Islam. In ihren Augen waren die arabischen Kämpfer "Banditen", und die Aufstände jener Zeit wurden Ausschreitungen genannt. (Tatsächlich stand der extremste zionistische Führer, Vladimir Zeev Jabotinsky, in den 20er Jahren mit seiner Erkenntnis fast allein, dass der arabische Widerstand gegen das zionistische Vorhaben unvermeidbar und normal und so gesehen sogar eine rechtmäßige Reaktion der "Eingeborenen" war, die ihr Land gegen fremde Eindringlinge verteidigten. Jabotinsky erkannte auch die Tatsache an, dass die Araber im Land eine eigene nationale Entität waren, und verspottete Versuche, die Führer anderer arabischer Länder zu bestechen, um dem palästinensisch-arabischen Widerstand ein Ende zu setzen. Jabotinskys Schlussfolgerung war dann aber, eine "Eiserne Wand" gegen die Araber zu errichten und ihren Widerstand mit Gewalt zu brechen.)
23. Dieser totale Widerspruch in der Auffassung der Tatsachen hatte seine Wirkung auf alle Aspekte dieses Konfliktes. Zum Beispiel interpretierten die Juden ihren Kampf für "Jüdische Arbeit" als einen fortschrittlichen sozialen Versuch, aus einem Volk von Händlern und Spekulanten eines von Arbeitern und Bauern zu machen. Die Araber dagegen sahen darin einen verbrecherischen Versuch der Zionisten, sie zu enteignen, sie vom Arbeitsmarkt zu verdrängen und auf ihrem Land eine araberfreie separate jüdische Wirtschaft zu schaffen.
24. Die Zionisten waren stolz auf die "Erlösung des Landes". Sie hatten es zum vollen Wert erworben mit dem Geld, das Juden aus aller Welt gesammelt hatten. Die "Olim" (die neuen Einwanderer, wörtlich Pilger), die in ihrem früheren Leben Intellektuelle und Kaufleute waren, verdienten jetzt ihren Lebensunterhalt "im Schweiße ihres Angesichtes". Sie glaubten, dass sie all das mit friedlichen Mitteln erreicht hätten und ohne einen einzigen Araber zu enteignen. Für die Araber jedoch war es eine grausame Geschichte von Enteignung und Vertreibung: Die Juden erwarben Land von abwesenden arabischen Großgrundbesitzern und vertrieben gewaltsam dann die Fellachen, die seit Generationen auf und von diesem Land gelebt hatten. Zunächst ließen sich die Zionisten bei diesem Tun von der türkischen, dann von der britischen Polizei unterstützen. Die Araber mussten verzweifelt zusehen, wie ihnen ihr Land weggenommen wurde.
25. Gegen die zionistische Behauptung, erfolgreich "die Wüste in einen Garten verwandelt" zu haben, zitierten die Araber Zeugnisse europäischer Reisender aus mehreren Jahrhunderten. Sie berichteten von einem Palästina, das besiedelt war und ein blühendes Land wie seine Nachbarländer.
Unabhängigkeit und Katastrophe
26. Der Kontrast der beiden nationalen Geschichtsdeutungen gipfelte im Krieg von 1948. Von den Juden wurde dieser "Unabhängigkeitskrieg" oder gar "Befreiungskrieg" genannt, von den Arabern "al-Nakba", die Katastrophe.
27. Mit der Zunahme des Konflikts in der Region und unter der Nachwirkung des Holocaust entschieden die Vereinten Nationen, das Land in zwei Staaten zu teilen, einen jüdischen und einen arabischen. Jerusalem und seine Umgebung sollten einen Sonderstatus unter internationaler Aufsicht erhalten. Den Juden waren 55 Prozent des Landes einschließlich des unbesiedelten Negev zugeteilt.
28. Die zionistische Bewegung akzeptierte den Teilungsplan, davon überzeugt, dass es das Wichtigste war, eine feste Basis für jüdische Souveränität zu schaffen. In geschlossenen Sitzungen hat David Ben Gurion nie seine Absicht verhehlt, bei der nächsten Gelegenheit das den Juden gegebene Land zu erweitern. Deshalb definiert Israels Unabhängigkeitserklärung nicht Israels Grenzen, und der Staat hat bis heute keine festgelegten Grenzen.
29. Die arabische Welt lehnte den Teilungsplan ab und betrachtete ihn als einen nichtswürdigen Versuch der Vereinten Nationen (die damals ein Klub von westlichen und kommunistischen Staaten waren), ein Land zu teilen, das ihnen nicht gehörte. Dass man den größten Teil des Landes der jüdischen Minderheit übergab, die nur ein Drittel der Bevölkerung ausmachte, machte die Sache in arabischen Augen noch weniger entschuldbar.
30. Der Krieg, der nach dem Teilungsplan von den Arabern begonnen wurde, war zwangsläufig ein "ethnischer" Krieg, eine Art von Krieg, in dem jede Seite versucht, so viel Land wie möglich zu erobern und die Bevölkerung der Gegenseite zu vertreiben. Eine solche Kampagne (die man heute "ethnische Säuberung" nennt) ist immer mit Vertreibung und Gräueltaten verbunden.
31. Der Krieg von 1948 war eine unmittelbare Fortsetzung des zionistisch-arabischen Konflikts, bei der jede Seite versuchte, ihre Ziele zu erreichen. Die Juden wollten einen homogenen Nationalstaat errichten, der so groß wie möglich sein sollte. Die Araber wollten die zionistischj üdische Gemeinschaft vernichten, die sich in Palästina festgesetzt hatte.
32. Beide Seiten praktizierten ethnische Säuberung als integralen Bestandteil ihres Kampfes. Da blieben nicht viele Araber in den von Juden eroberten Gebieten, und kein Jude blieb in den von Arabern eroberten Gebieten. Da jedoch die von Juden eroberten Gebiete bei weitem größer waren als die von Arabern eroberten, war das Ergebnis keineswegs ausgeglichen. (Die Idee eines Bevölkerungsaustausches und "Transfers" war in den zionistischen Organisationen schon in den 30er Jahren aufgekommen. Tatsächlich bedeutete sie die Vertreibung der arabischen Bevölkerung aus dem Land. Auf der andern Seite waren viele Araber der Meinung, dass die Zionisten dorthin zurückgehen sollten, wo sie hergekommen waren.)
33. Der Mythos von "den Wenigen gegen die Vielen" wurde von den Juden gepflegt, um die Lage der jüdischen Gemeinschaft mit 650.000 Menschen gegen die gesamte arabische Welt von über hundert Millionen zu beschreiben. Die jüdische Gemeinschaft verlor im Krieg ein Prozent ihrer Mitglieder. Die Araber malten ein völlig anderes Bild: Eine gespaltene arabische Bevölkerung ohne nennenswerte nationale Führung, ohne einheitliches Kommando über ihre schwachen Streitkräfte, mit wenigen armseligen, meistens veralteten Waffen stand einer außerordentlich gut organisierten jüdischen Gemeinschaft gegenüber, die im Gebrauch ihrer Waffen bestens ausgebildet war. Die benachbarten arabischen Staaten verrieten die Palästinenser, und als sie schließlich ihre Armeen entsandten, operierten sie in Konkurrenz miteinander, unkoordiniert und ohne einen gemeinsamen Plan. Vom gesellschaftlichen und militärischen Standpunkt aus war die Kampfkraft der Israelis der der arabischen Staaten, die sich gerade erst von der kolonialen Epoche erholten, weit überlegen.
34. Entsprechend dem Plan der Vereinten Nationen sollte der Anteil der arabischen Bevölkerung im jüdischen Staat etwa 40 Prozent betragen. Während des Krieges dehnte der jüdische Staat seine Grenzen aus, bis er 78 Prozent des Landes umfasste. Dieses Gebiet war von fast allen Arabern verlassen worden. Die arabische Bevölkerung von Nazareth und ein paar Dörfern in Galiläa blieben eher zufällig zurück. Die Dörfer im so genannten Dreieck waren von König Abdullah Israel als Teil eines Deals vermacht worden und konnten deshalb nicht evakuiert werden.
35. Im Krieg wurden etwa 750.000 Palästinenser entwurzelt. Einige flohen aus Angst vor den Kämpfen, wie es Zivilbevölkerung in jedem Krieg tut. Einige wurden durch Terrorakte wie das Massaker von Deir Yassin verjagt. Andere wurden im Laufe der ethnischen Säuberung systematisch vertrieben.
36. Nicht weniger bedeutsam als die Vertreibung ist die Tatsache, dass es den Flüchtlingen nicht erlaubt war, nach den Kämpfen in ihre Häuser zurückzukehren, anders als es nach einem konventionellen Krieg üblich ist. Im Gegenteil, das neue Israel sah im Verschwinden der Araber einen großen Segen und beeilte sich, 450 arabische Dörfer völlig zu zerstören. Auf den Ruinen wurden neue jüdische Ortschaften gebaut, denen neue hebräische Namen gegeben wurden. Die verlassenen Häuser in den Städten wurden neuen Immigranten überlassen.
"Ein jüdischer Staat"
37. Die Unterzeichnung der Waffenstillstandsvereinbarungen am Ende des Kriegs von 1948 brachte kein Ende des historischen Konflikts. Im Gegenteil, dieser wurde auf eine neue und intensivere Ebene gehoben. 38. Der neue Staat Israel widmete seine frühen Jahre der Konsolidierung seines homogenen nationalen Charakters als "jüdischer Staat". Große Teile des Bodens wurden enteignet - von den "Abwesenden" (den Flüchtlingen) und von denen, die offiziell als "abwesend Anwesende" bezeichnet wurden (Araber, die zwar physisch in Israel geblieben waren, aber nicht Bürger des Landes werden durften). Enteignet wurde sogar der größte Teil des Bodens der arabischen Bürger Israels. Auf diesen Ländereien wurde ein dichtes Netzwerk jüdischer Siedlungen geschaffen. Jüdische "Immigranten" wurden eingeladen oder sogar veranlasst, in Massen zu kommen. Dieser große Aufwand vergrößerte die Macht des Staates in nur wenigen Jahren um ein Mehrfaches.
39. Zur selben Zeit führte der Staat nachdrücklich eine Politik zur Auslöschung der palästinensischen Gemeinschaft als eine nationale Entität. Mit israelischer Hilfe übernahm der transjordanische König Abdullah die Kontrolle über das Westjordanland, und seitdem gibt es praktisch eine israelische militärische Garantie für die Existenz des Königreichs Jordanien.
40. Der Hauptgrund für die Zusammenarbeit zwischen Israel und dem haschemitischen Königreich, die seit drei Generationen andauert, war die Verhinderung des Entstehens eines unabhängigen arabisch-palästinensischen Staates, der - damals wie heute - als ein wesentliches Hindernis für die Realisierung der zionistischen Ziele betrachtet wurde bzw. wird.
41. Gegen Ende der fünfziger Jahre ereignete sich auf palästinensischer Seite ein historischer Wandel, als Yasser Arafat und seine Mitstreiter die Fatah-Bewegung gründeten, die die palästinensische Befreiungsbewegung aus der Vormundschaft der arabischen Regierungen führen sollte. Es war kein Zufall, dass diese Bewegung nach dem Scheitern des großen panarabischen Konzepts entstand, dessen bekanntester Vertreter Gamal Abd-el-Nasser war. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten viele Palästinenser gehofft, in eine vereinigte allarabische Nation aufgenommen zu werden. Als diese Hoffnung dahinschwand, erwachte die eigene palästinensische Nationalidentität aufs Neue.
42. Die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) wurde von Gamal Abd-el Nasser geschaffen, um selbständige palästinensische Aktionen zu verhindern, die ihn in einen unerwünschten Krieg mit Israel hätte hineinziehen können. Die Organisation sollte die ägyptische Herrschaft über die Palästinenser sichern. Doch nach der arabischen Niederlage im Krieg von 1967 übernahm die von Yasser Arafat geführte Fatah die Kontrolle über die PLO, die seither die einzige Vertreterin des palästinensischen Volkes ist.
Der "Sechs-Tage-Krieg"
43. Der Juni-Krieg 1967 wird - wie jedes Ereignis der vergangenen 120 Jahre - von beiden Seiten in sehr verschiedener Weise gesehen. Nach israelischem Mythos war er ein verzweifelter Verteidigungskrieg, der dem Staat Israel wunderbarerweise eine Menge Land bescherte. Nach palästinensischem Mythos tappten die Ägypter, Syrer und Jordanier in eine von Israel gestellte Falle, um all das zu erbeuten, was von Palästina noch übrig war.
44. Viele Israelis glauben, dass der "Sechs-Tage-Krieg" die Wurzel allen Übels ist und dass erst zu diesem Zeitpunkt das friedliebende und fortschrittliche Israel sich in einen Eroberer und Besatzer verwandelte. Diese Überzeugung erlaubt den Israelis, die Idee der absoluten Unschuld des Zionismus und des Staates Israel bis zu diesem Zeitpunkt aufrecht zu erhalten und ihre alten Mythen zu bewahren. Diese Legende entspricht aber nicht den Tatsachen.
45. Der Krieg von 1967 war eine neue Phase des alten Kampfes zwischen den beiden Nationalbewegungen. Er änderte nichts am Wesentlichen. Er änderte nur die Umstände. Die wesentlichen Ziele der zionistischen Bewegung, ein jüdischer Staat, Expansion und Besiedelung machten große Fortschritte. Die besonderen Umstände dieses Krieges machten eine umfassende "ethnische Säuberung" unmöglich. Aber mehrere Hunderttausende Palästinenser wurden trotzdem vertrieben.
46. Israel waren im Teilungsplan 1947 55 Prozent des Landes (Palästina) zugesprochen worden; zusätzliche 23 Prozent wurden im 1948er-Krieg erobert und nun noch die verbliebenen 22 Prozent - jenseits der "Grünen Linie" (der Waffenstillstandslinie von vor 1967). So wurde 1967, unbeabsichtigt, das palästinensische Volk unter Israels Herrschaft wieder vereinigt - einschließlich eines Teils der Flüchtlinge.
47. Kaum war der Krieg beendet, begann die Siedlungsbewegung. Fast jede politische Gruppe des Staates beteiligte sich daran - von der messianisch-nationalistischen "Gush Emunin" bis zu den "Linken" der Vereinigten Kibbuz-Bewegung. Die ersten Siedler erhielten breite Unterstützung von Seiten der meisten Politiker, von linken und rechten, von Yigal Alon (jüdische Siedlung in Hebron) bis Shimon Peres (Kdumin Siedlung).
48. Die Tatsache, dass alle Regierungen Israels - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - die Siedlungen hegten und pflegten, beweist, dass das Siedeln auf kein besonderes ideologisches Lager beschränkt ist und zur gesamten zionistischen Bewegung gehört. Der Eindruck, die Siedlungsbewegung sei von einer kleinen Minderheit geschaffen worden, ist illusorisch. Nur die ständige Unterstützung seitens aller Regierungsbehörden von 1967 bis heute konnte die gesetzgeberischen, die strategischen und die Haushalts-Infrastrukturen schaffen, die für so ein lange dauerndes und ausgedehntes Unternehmen erforderlich sind.
49. Die gesetzgeberische Infrastruktur enthält die irreführende Unterstellung, dass die Besatzungsmacht Eigentümerin des "regierungseigenen Bodens" sei, obwohl es um die lebenswichtigen Landreserven der palästinensischen Bevölkerung geht. Es versteht sich von selbst, dass die Siedlungsbewegung gegen internationales Recht verstößt.
50. Der Streit zwischen den Anhängern von "Groß-Israel" und denen des "Territorialen Kompromisses" ist seinem Wesen nach ein Streit über den Weg, auf dem das grundlegende zionistische Anliegen - ein homogener jüdischer Staat auf dem größtmöglichen Territorium - zu erreichen ist: Die Anhänger des "Kompromisses" betonen den demographischen Aspekt und wollen die Einbeziehung der palästinensischen Bevölkerung in den Staat verhindern. Die Anhänger eines "Groß-Israel" betonen den geographischen Aspekt und meinen (öffentlich oder privat), es sei möglich, die nichtjüdische Bevölkerung aus dem Land zu vertreiben (das Schlüsselwort: "Transfer").
51. Der Generalstab der israelischen Armee spielte bei der Planung und beim Bau der Siedlungen eine bedeutende Rolle. Er zeichnete die Karte der Siedlungen (Ariel Sharon): Blöcke von Siedlungen und Umgehungsstraßen, der Länge und der Breite nach, so dass das Westjordanland und der Gaza-Streifen zerstückelt sind und die Palästinenser in isolierten Enklaven eingesperrt werden, deren jede von Siedlungen und der Besatzungsarmee umzingelt ist.
52. Die Palästinenser nutzten verschiedene Methoden des Widerstandes, hauptsächlich Überfälle von Jordanien und dem Libanon aus und Angriffe innerhalb Israels und überall in der Welt. Diese Aktionen werden von den Israelis als "terroristisch" bezeichnet, während die Palästinenser in ihnen den legitimen Widerstand einer Nation unter Besatzung sehen. Die Führung der PLO, geleitet von Yasser Arafat, wurde von den Israelis lange Zeit als eine terroristische Führung angesehen, aber nach und nach wurde sie international als die "einzig legitime Vertretung" des palästinensischen Volkes anerkannt.
53. Als den Palästinensern klar wurde, dass diese Aktionen die Siedlungsbewegung nicht beenden konnten, die ihnen allmählich das Land unter den Füßen wegzog, begannen sie Ende 1987 die Intifada - einen Volksaufstand aller Bevölkerungsgruppen. In dieser Intifada wurden 1.500 Palästinenser getötet, unter ihnen Hunderte von Kindern, das Mehrfache der israelischen Verluste.
Der Friedensprozess
54. Der Oktoberkrieg 1973 begann mit dem Überraschungssieg der ägyptischen und syrischen Truppen und endete in ihrer Niederlage. Er überzeugte Yasser Arafat und seine engen Mitarbeiter, dass es keinen militärischen Weg gibt, die palästinensischen Ziele zu erreichen. Er beschloss, den politischen Weg zu einem Abkommen mit Israel zu beschreiten, um wenigstens einen Teil der nationalen Ziele durch Verhandlungen zu verwirklichen.
55. Um dafür eine Grundlage zu schaffen, stellte Arafat zunächst Verbindungen mit israelischen Persönlichkeiten her, die Einfluss auf die öffentliche Meinung und auf die Regierungspolitik in Israel hatten. Seine Vertreter (Said Hamami und Issam Sartawi) trafen sich mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens Israels, jenen Pionieren des Friedens, die 1975 den "Israelischen Rat für einen israelisch-palästinensischen Frieden" gründeten.
56. Diese Verbindungen und die wachsende Erschöpfung der Israelis durch die Intifada, der Rückzug Jordaniens aus dem Westjordanland, die Veränderung der internationalen Bedingungen (der Zusammenbruch des kommunistischen Blocks, der Golfkrieg) führten zur Madrider Konferenz und später zum Oslo-Abkommen.
Das Oslo-Abkommen
57. Das Oslo-Abkommen weist positive und negative Merkmale auf.
58. Positiv war, dass das Abkommen Israel erstmals dazu brachte, das palästinensische Volk und seine Führung offiziell anzuerkennen, und die palästinensische Nationalbewegung zur Anerkennung der Existenz Israels führte. In dieser Hinsicht war das Abkommen (und der Briefwechsel, der ihm vorausging) von größter historischer Bedeutung.
59. Das Abkommen gab der palästinensischen Nationalbewegung eine territoriale Basis auf palästinensischem Boden, die Struktur eines "Staates im Werden" und bewaffnete Kräfte - Tatsachen, die eine bedeutende Rolle im palästinensischen Kampfe spielen sollten. Für die Israelis öffnete das Abkommen die Tore zur arabischen Welt und beendete die palästinensischen Angriffe - solange es wirksam war.
60. Der hauptsächliche Mangel des Abkommens war, dass beide Seiten hofften, ihre vollkommen gegensätzlichen Ziele zu erreichen. Die Palästinenser sahen es als ein zeitweiliges Abkommen an, das den Weg zur Beendigung der Besatzung und zur Gründung eines Palästina-Staates in allen besetzten Gebieten bereitete. Die jeweiligen israelischen Regierungen sahen in ihm den Weg, die Besatzung in großen Teilen des Westjordanlandes und des Gaza-Streifens aufrecht zu erhalten, wobei der palästinensischen Selbstregierung (self-government) die Rolle einer Hilfsagentur für die Sicherheit Israels und der Siedlungen zufallen sollte.
61. Darum stellt Oslo nicht den Beginn eines Prozesses zur Beendigung des Konflikts dar, sondern eher eine neue Phase des Konflikts.
62. Da die Erwartungen beider Seiten so sehr von einander abwichen und jede völlig an die eigene nationale Geschichtsdeutung gebunden blieb, wurde jeder Abschnitt des Abkommens verschieden interpretiert. Letzten Endes wurden viele Teile des Abkommens vor allem von Seiten Israels nicht umgesetzt. (Der dritte Rückzug, die vier sicheren Passagen zwischen dem Gaza-Streifen und dem Westjordanland, u.a.)
63. Während der ganzen Periode des Oslo-Prozesses fuhr Israel mit der Ausdehnung der Siedlungen fort, indem es hauptsächlich unter verschiedenen Vorwänden neue gründete, die bestehenden vergrößerte, ein sorgfältig ausgearbeitetes Netz von Umgehungsstraßen baute, Land enteignete, Häuser zerstörte und Plantagen verwüstete. Die Palästinenser andrerseits nutzten die Zeit, ihre Kräfte auszubauen innerhalb und außerhalb des Rahmens des Abkommens. Tatsächlich ging der historische Konflikt unter dem Vorwand der Verhandlungen und des "Friedensprozesses" unvermindert weiter, der stellvertretend für tatsächlichen Frieden stand.
64. Im Gegensatz zu seinem Image, das sich nach seiner Ermordung noch verstärkte, hielt Yitzak Rabin den Konflikt "auf dem Boden" am Leben, während er gleichzeitig den politischen Prozess managte, Frieden zu israelischen Bedingungen zu erlangen. Da er ein Anhänger der zionistischen Geschichtsdeutung war und ihre Mythologie akzeptierte, litt er an einer kognitiven Dissonanz, als seine Hoffnungen auf Frieden mit seiner Vorstellungswelt zusammenprallten. Er hat anscheinend begonnen, einige Teile der palästinensischen Geschichtsdeutung wahrzunehmen - aber das war erst kurz vor seinem Lebensende.
65. Der Fall Shimon Peres ist viel ernster. Er schuf sich selbst ein internationales Image als Friedensmacher und richtete seine Redeweise so aus, dass sie dieses Image reflektiert ("Der Neue Nahe Osten"), während er im Wesentlichen ein traditioneller zionistischer Falke blieb. Dies wurde während der kurzen und gewalttätigen Periode deutlich, als er nach der Ermordung Rabins als Ministerpräsident fungierte, und noch einmal, als er kürzlich die Rolle des Sprechers und Verteidigers von Sharon annahm.
66. Am deutlichsten wurde das israelische Dilemma, als Ehud Barak zur Macht kam und vollkommen von seiner Fähigkeit überzeugt war, den Gordischen Knoten des historischen Konfliktes mit einem dramatischen Schlag lösen zu können - nach Art Alexanders des Großen. Barak näherte sich dem Problem mit völliger Ignoranz gegenüber der palästinensischen Geschichtsdeutung und ohne Achtung vor deren Bedeutung. Er präsentierte seine Vorschläge als Ultimaten und war erschrocken und wütend, dass sie zurückgewiesen wurden.
67. In seinen eigenen Augen und auch denen eines Großteils der Israelis hatte Barak "jeden Stein umgedreht" und hatte den Palästinensern "großzügigere Angebote als jeder Ministerpräsident vor ihm" gemacht. Als Gegenleistung wollte er, dass die Palästinenser sie als "Ende des Konflikts" akzeptieren. Die Palästinenser betrachteten dies als groteske Anmaßung, da Barak von ihnen faktisch verlangte, ihre nationalen Grundanliegen aufzugeben, wie das Recht auf Rückkehr und die Souveränität über Ost-Jerusalem und den Tempelberg. Mehr noch, während Barak die Ansprüche auf Annexion von Land als eine Angelegenheit von kaum erwähnenswerten Prozenten ("Siedlungsblöcke") darstellte, sollten nach Berechnungen der Palästinenser tatsächlich 20 Prozent des Lands jenseits der "Grünen Linie" annektiert werden.
68. Die Palästinenser hatten ihrer Ansicht nach schon den entscheidenden Kompromiss gemacht, indem sie bereit waren, ihren Staat jenseits der Grünen Linie aufzubauen - auf nur 22 Prozent ihrer historischen Heimat. Deshalb konnten sie nur kleinen Grenzkorrekturen mit Land-Austausch zustimmen. Die traditionelle israelische Position dagegen ist, dass die Errungenschaften des Krieges von 1948 feststehende Fakten sind, an denen nicht gerüttelt werden darf, und dass ein Kompromiss sich daher nur um die verbleibenden 22 Prozent drehen kann.
69. Wie die meisten Begriffe und Vorstellungen hat auch das Wort "Konzession" für beide Seiten unterschiedliche Bedeutung. Die Palästinenser sind davon überzeugt, sie hätten bereits 78 Prozent ihres Landes "konzediert", wenn sie sich mit 22 Prozent davon begnügen. Die Israelis glauben, ein "Zugeständnis" zu machen, wenn sie damit einverstanden sind, den Palästinensern Teile dieser 22 Prozent (Westjordanland und Gaza-Streifen) zu "geben".
70. Der Camp David Gipfel im Sommer 2000, der Arafat gegen seinen Willen aufgedrängt wurde, war vorzeitig und spitzte die Probleme zu. Barak forderte - seine Forderungen wurden beim Gipfel als solche Clintons präsentiert -, die Palästinenser sollten den Konflikt einvernehmlich beenden, indem sie auf das Rückkehrrecht und die Rückkehr selbst verzichten; sie sollten komplizierte Regelungen für Ost-Jerusalem und den Tempelberg, ohne Souveränität über beides, akzeptieren; sie sollten mit großen territorialen Annexionen im Westjordanland und im Gaza-Streifen einverstanden sein, desgleichen mit israelischer Militärpräsenz in weiteren großen Gebieten und mit der israelischen Kontrolle über die Grenzen, die den palästinensischen Staat vom Rest der Welt trennen. Kein palästinensischer Führer könnte jemals ein solches Abkommen unterzeichnen. Und so endete der Gipfel mit einem toten Punkt, und die Karrieren Clintons und Baraks waren auch am Ende.
Die Al-Aksa-Intifada
71. Der Zusammenbruch des Gipfels, das Verschwinden jeglicher Hoffnung auf ein Abkommen zwischen den beiden Seiten und die bedingungslose Pro-Israel-Haltung der Amerikaner führten unvermeidlich zu einer neuen Runde von gewalttätigen Konfrontationen, die den Namen Al-Aksa-Intifada bekamen. Für die Palästinenser ist dies ein gerechtfertigter nationaler Aufstand gegen eine fortdauernde Besatzung, deren Ende nicht in Sicht ist und die es ermöglicht, ihnen ständig und täglich ihr Land unter den Füßen wegzuziehen. Für die Israelis ist dies ein Ausbruch mörderischen Terrors. Für die Palästinensern sind die Ausführenden dieser Akte Nationalhelden - für die Israelis gnadenlose Verbrecher, die liquidiert werden müssen.
72. Die offiziellen Medien in Israel sprechen inzwischen nicht mehr von "Siedlern", sondern von "Einwohnern"; ein Angriff auf sie ist demnach ein Verbrechen gegen Zivilisten. Die Palästinenser sehen in den Siedlern die vorderste Reihe eines gefährlichen Feindes, dessen Absicht es ist, sie ihres Land zu berauben, und der besiegt werden muss.
73. Ein Großteil des israelischen "Friedenslagers" brach während der Al-Aksa Intifada zusammen und es stellt sich heraus, dass viele seiner Überzeugungen auf tönernen Füßen standen. Besonders nachdem Barak "jeden Stein umgedreht" und "großzügigere Angebote als jeder frühere Ministerpräsident" gemacht hatte, war die Reaktion der Palästinenser für den Teil des "Friedenslagers" unbegreiflich, der die zionistische Geschichtsdeutung nie gründlich revidiert und nicht zur Kenntnis genommen hatte, dass es auch eine palästinensische Deutung gibt. So blieb ihm nur die Erklärung, dass die Palästinenser das israelische Friedenslager betrogen hätten, dass sie nie beabsichtigt hätten, Frieden zu schließen, und dass ihre wahre Absicht sei, die Juden ins Meer zu werfen, wie die zionistische Rechte seit je behauptet.
74. Das Ergebnis war, dass die Trennlinie zwischen der zionistischen "Rechten" und "Linken" verschwand. Die Führer der Arbeiterpartei traten in die Sharon-Regierung ein und wurden ihre wirksamsten Apologeten (Shimon Peres), und sogar die formelle linke Opposition (Yossi Sarid) beteiligte sich am Konsens. Dies beweist erneut, dass die zionistische Geschichtsdeutung der entscheidende Faktor ist, der alle Facetten des politischen Establishments in Israel eint und die Unterschiede zwischen Rehavam Zeevi und Avraham Burg, Yitzak Levi und Yossi Sarid unbedeutend werden lässt.
75. Es gibt einen spürbaren Rückgang der palästinensischen Bereitschaft, den Dialog mit den israelischen Friedenskräften wieder aufzunehmen; dies ist eine Folge der großen Enttäuschung über die "linke Regierung", die nach den Netanyahu-Jahren so viele Hoffnungen geweckt hatte, wie auch eine Folge der Tatsache, dass, mit Ausnahme der kleinen radikalen Friedensgruppen, von keiner israelischen Empörung über die brutalen Reaktionen der Besatzungskräfte zu hören war. Die Tendenz, die Reihen zu schließen, typisch für jede Nation in einem Befreiungskrieg, ermöglicht es den extremen nationalistischen und religiösen Kräften auf palästinensischer Seite, sich gegen jede israelisch-palästinensische Zusammenarbeit zu stellen.
Ein neues Friedenslager
76. Der Zusammenbruch des alten israelischen Friedenslagers erfordert die Schaffung eines neuen, das realistisch, zeitgemäß, wirksam und stark ist, das auf die israelische Öffentlichkeit Einfluss ausüben und eine umfassenden Neubewertung der alten Axiome herbeiführen kann, um einen Wechsel im israelischen politischen System zu bewirken.
77. Dazu muss das neue Friedenslager die öffentliche Meinung zu einer mutigen Neubewertung der nationalen Geschichtsdeutung und deren Befreiung von falschen Mythen bewegen. Es muss danach streben, die Geschichtsdeutungen der beiden Völker in einer gemeinsamen Deutung zu vereinen, die frei von Fälschungen ist und von beiden Seiten akzeptiert werden kann.
78. Dabei muss sie der israelischen Öffentlichkeit auch vermitteln, dass, bei all den schönen und positiven Seiten des zionistischen Unternehmens, dem palästinensischen Volk furchtbares Unrecht angetan wurde. Dieses Unrecht, das seinen Höhepunkt während der "Nakba" erreichte, verpflichtet uns, Verantwortung zu übernehmen und den Schaden wieder gutzumachen, so weit dies möglich ist.
79. Mit einem neuen Verständnis der Vergangenheit und der Gegenwart muss das neue Friedenslager einen Friedensplan erarbeiten, der auf folgenden Grundlagen beruht:
Neben Israel wird ein unabhängiger und freier Palästinastaat gegründet.
Die "Grüne Linie" wird die Grenze zwischen den beiden Staaten. Mit Zustimmung beider Seiten ist ein begrenzter Gebietsaustausch möglich.
Die israelischen Siedlungen auf dem Territorium des Palästinastaates werden geräumt.
Die Grenze zwischen den beiden Staaten wird nach einer zwischen beiden Seiten vereinbarten Regelung für die Bewegung von Personen und Gütern offen sein.
Jerusalem wird die Hauptstadt beider Staaten - West-Jerusalem die Hauptstadt Israels und Ost-Jerusalem die Hauptstadt Palästinas. Der Staat Palästina wird die vollständige Souveränität in Ost-Jerusalem besitzen, einschließlich des Haram al-Sharif (Tempelberg). Der Staat Israel wird die volle Souveränität in West-Jerusalem besitzen, einschließlich der West-Mauer ("Klagemauer") und des jüdischen Viertels. Beide Staaten werden ein Abkommen über die physische Einheit der Stadt auf Verwaltungsebene schließen.
Israel wird prinzipiell das Recht der Palästinenser auf Rückkehr als ein unveräußerliches Menschenrecht anerkennen. Die praktische Lösung des Problems wird durch ein Abkommen erreicht, das auf gerechten, fairen und praktischen Erwägungen beruht und die Rückkehr auf das Gebiet des Staates Palästina, auf das Gebiet des Staates Israel und Entschädigungen einschließt.
Die Wasservorkommen werden gemeinsam kontrolliert und in einem gleichberechtigten und fairen Abkommen zugeteilt.
Die Sicherheit beider Staaten wird in einem zweiseitigen Abkommen garantiert, das die spezifischen Sicherheitsinteressen Israels wie Palästinas berücksichtigt.
Israel und Palästina werden mit andern Staaten der Region zusammenarbeiten, um eine Nahost-Gemeinschaft nach dem Modell der Europäischen Union zu errichten.
80. Die Unterzeichnung eines Friedensabkommens und dessen ehrliche Umsetzung wird zur historischen Versöhnung zwischen den beiden Nationen führen, die auf Gleichheit, Zusammenarbeit und gegenseitiger Achtung beruht.
Aus dem Englischen übersetzt von Ernst Herbst und Ellen Rohlfs; von Uri Avnery autorisiert. Aus: Marxistische Blätter, Heft 3/2001 (erscheint Anfang/Mitte Mai). Bezug über: Marxistische Blätter, Hoffnungstr. 18, 45127 Essen. Per e-mail:[email protected]
Ex-Geheimdienstchefs warnen Israel vor dem "Abgrund"
Vier ehemalige israelische Geheimdienstchefs haben die Regierung in Jerusalem in ungewöhnlich scharfer Form angegriffen und einen sofortigen Teilrückzug aus den besetzten Gebieten gefordert. Wenn Israel die bisherige Politik fortsetze, drohe es selbst in einen "Abgrund" zu stürzen.
Die früheren Leiter des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet - Jaakov Perry, Ami Ajalon, Avraham Schalom und Carmi Gillon - sagten der Tageszeitung "Jediot Achronot", sie stimmten darin überein, dass nur ein weit gehender Rückzug aus dem Westjordanland und ein sofortiger Abzug aus dem Gazastreifen zur Beendigung des Konflikts führten.
In ihrem Aufsehen erregenden Interview gaben sich die vier Geheimdienstchefs, die den Schin Bet zwischen 1980 und dem Jahr 2000 führten, äußerst pessimistisch über die Zukunft Israels. "Wir sind auf dem Weg (in den Abgrund), da alle Schritte, die wir bisher unternommen haben, Schritte sind, die sich gegen den Frieden richten", sagte Ex-Geheimdienstchef Avraham Schalom nach einem Treffen mit seinen Amtskollegen.
Seit über 100 Jahren betreiben konservative jüdische Kreise die Gründung eines rein jüdischen Staates auf arabischem Gebiet (Teil I)
Jürgen Aust
Mit dem in den letzten Wochen geführten Libanon-Krieg und der erneuten militärischen Offensive im Gazastreifen geht es Israel nicht um die Sicherung seiner Grenzen, sondern um die seit Jahrzehnten verfolgte Realisierung der zionistischen Vision eines Groß-Israel. Im Jahr 1919, am Rande der Pariser Friedenskonferenz, auf dem die Bedingungen für den Frieden nach dem Ersten Weltkrieg festgelegt wurden, legte die zionistische Bewegung einen Plan für einen zukünftigen jüdischen Staat vor, nach dem sie Palästina für sich beanspruchten. Danach sollten die Grenzen dieses Staates im Norden Teile des heutigen Libanon, im Osten Teile des heutigen Jordanien und im Süden das Gebiet des Sinai umfassen. Im Gegensatz zu den jüdischen Einwanderern der ersten »Alija« (Einwanderungswelle), die in erster Linie aufgrund ihrer jüdischen Religion ins »gelobte Land« heimkehren wollten, beriefen sich die weiteren jüdischen Einwanderer auf die von Theodor Herzl (1860-1904) verfaßte programmatische Schrift »Der Judenstaat« und die Forderung des von ihm erstmals einberufenen Kongresses aus dem Jahr 1897 in Basel, wonach der »Zionismus (...) für das jüdische Volk die Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina« anstrebte.
Der Einfluß zahlreicher Zionisten auf die englische Regierung führte schließlich dazu, daß diese 1917 in der sogenannten »Balfour-Deklaration« ihre Bereitschaft erklärte, in Palästina eine »nationale Heimstätte« für das jüdische Volk zu unterstützen. Die jüdischen Einwanderungswellen, die seit den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts auf zahlreichen antisemitischen Pogromen in Polen und Rußland beruhten, führten dazu, daß zwischen 1880 und 1914 60000 Juden nach Palästina kamen, während zur gleichen Zeit an die zwei Millionen Juden in die USA und 200000 Juden in Großbritannien einwanderten. Diese Zahlen sind ein Indiz dafür, daß das »Land Zion« nur für einen geringen Teil der osteuropäischen Juden Anziehungskraft besaß. Dies änderte sich erst, als England in einem weiteren blutigen Kolonialkrieg gegen das Osmanische Reich 1918/19 Palästina unterwarf und in den Folgejahren das vom Zionistischen Weltkongreß und insbesondere das vom Jüdischen Nationalfonds mit millionenschweren Geldtransfers finanzierte Projekt der Besiedelung Palästinas unterstützte. Als sich 1921 der erste arabische Widerstand gegen die jüdische Kolonisierung Palästinas regte, wurde dieser vom englischen Militär mit Unterstützung zionistischer Militärverbände, Hagana (Verteidigung) genannt, bereits blutig niedergeschlagen.
In den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelte sich eine zionistische Bewegung, die immer radikaler ihre Ansprüche auf arabischen Boden erhob und die Konflikte mit der arabischen Bevölkerung verschärfte. Einer der zionistischen Wortführer war Wladimir Zeev Jabotinsky (1880–1940), der zum geistigen Wegbereiter der späteren Ministerpräsidenten Menachem Begin (1913–1992), Ariel Scharon und Ehud Olmert wurde. Er gründete 1925 die Revisionistische Partei, um seine politischen Ziele zu realisieren: die Grenzen von Groß-Israel noch weiter nach Jordanien ausdehnen und dabei jegliche Verhandlungslösung ablehnen. Außerdem gründete er den militärisch organisierten Jugendverband namens »Betar«, dem Olmert später beitrat. Bereits damals forderte der junge David Ben Gurion (1886–1973), der 1948 den Staat Israel proklamieren sollte: »Die politische Idee des Zionismus stellt an uns eine Forderung: eine jüdische Majorität in Palästina zu schaffen« (Meier-Cronemeyer, S. 72).
Holocaust Nebensache
Die Kolonisierungspläne waren untrennbar mit der Besiedlung Palästinas verbunden, die jedoch zu keiner Zeit von der arabischen Bevölkerung freiwillig akzeptiert wurde, wie es die zionistische Geschichtsschreibung zur Rechtfertigung ihres Projektes unermüdlich behauptet. Die Kolonisierung palästinensischen Bodens war unvermeidbar mit der Vertreibung und Enteignung arabischer Bauern und Landbesitzer verbunden, wie Haim Kalvarisky, der Verwalter der Jewish Colonization Association in Palästina, freimütig erklärte. Er enteigne seit 25 Jahren Araber, was keine leichte Aufgabe sei. Er müsse sie von ihrem Land vertreiben, weil die jüdische Öffentlichkeit dies von ihm verlange (Segev, S. 127ff.).
Zwischen 1922 und 1936 wuchs die Zahl der jüdischen Siedler in Palästina von 86000 (elf Prozent der Gesamtbevölkerung) auf zirka 400000 (30 Prozent) an. Sie nahm vor allem zwischen 1933 und 1936 infolge der Machtergreifung Hitlers in wesentlich stärkerem Maße als in den Jahren davor zu. Die arabischen Organisationen entwickelten gegen diesen schleichenden Ausverkauf ihrer Heimat einen immer stärkeren Widerstand und forderten die englische Kolonialmacht immer wieder auf, diesem Ausverkauf Einhalt zu gebieten und eine Regierung einzusetzen, in der beide Volksgruppen entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil vertreten sein würden. Als die arabische Seite feststellen mußte, daß sowohl die britische als auch die zionistische Seite alle Bemühungen um einen Ausgleich kategorisch ablehnten, leitete im Mai 1936 ein Generalstreik einen dreijährigen arabischen Aufstand ein. Als daraufhin die von England eingesetzte Peel-Kommission die Dreiteilung Palästinas vorschlug, wurde dieser Vorschlag vom 20. Zionistischen Weltkongreß im August 1937 entschieden zurückgewiesen, da Juden das unveräußerliche Recht besäßen, in allen Teilen Palästinas zu siedeln.
Der Taktiker Ben Gurion erklärte allerdings, daß der Peel-Plan der »denkbar mächtigste Hebel für die allmähliche Eroberung ganz Palästinas« sei (Flapan, S. 34), da er in dem Plan einen ersten politischen Schritt sah, seiner Vision von »Eretz Israel« näherzukommen. Vor der zionistischen Exekutive unterstrich er noch einmal die rein taktische Natur seines Eintretens für den Teilungsplan, weil »wir nach dem Aufbau einer großen Armee im Anschluß an die Errichtung des Staates die Teilung aufheben und uns über ganz Palästina ausdehnen können« (Flapan, S. 34). Der arabische Aufstand wurde jedoch von britischen Soldaten blutig niedergeschlagen, weil die Aufständischen militärisch hoffnungslos unterlegen waren. Die zionistische Exekutive war bereits zu Beginn des arabischen Protestes darum bemüht, die britische Regierung davon zu überzeugen, daß die Juden in Palästina und das britische Empire Schulter an Schulter gegen einen gemeinsamen Feind und für gemeinsame Ziele kämpfen, was dazu führte, daß die jüdischen Streitkräfte an der Seite der britischen Armee einen nicht unerheblichen Anteil an der Niederschlagung des Aufstandes hatten. Es ging sogar so weit, daß Tausende jüdische Polizisten von der Mandatsmacht eingestellt wurden, die die weitgehende Kontrolle über arabische Dörfer und Städte ausübten. Den überaus größten »Blutzoll« hatte die arabische Seite zu zahlen. Neben Tausenden Toten wurden infolge des verhängten Kriegsrechts Hunderte Araber zum Tode verurteilt und aufgehängt sowie zwischen 1936 und 1940 um die 2000 arabische Häuser zerstört (Segev, S. 457).
Auf der von Ben Gurion im Mai 1942 in New York einberufenen »Biltmore-Konferenz« wurde unmißverständlich die Forderung nach einem jüdischen Staat in ganz Palästina erhoben und jeglicher Verhandlungslösung mit der arabischen Seite eine Absage erteilt. Das Biltmore-Programm wurde zukünftig zur offiziellen Plattform der zionistischen Weltbewegung und war die Basis für den Aufstieg von Ben Gurion zum »unangefochtenen Führer des Weltzionismus« (Flapan, S. 37). Ihm gelang es insbesondere, sich gegen die zionistische Linke durchzusetzen, die sich gegen eine einseitige Staatsgründung aussprach und nach wie vor auf den Dialog mit der arabischen Seite setzte.
Die Nachrichten über den Holocaust erreichten erst allmählich die zionistische Exekutive in Palästina. »Was die Rettung von Juden aus dem nationalsozialistisch besetzten Europa betrifft, so hatte ich davon wenig Kenntnis, obwohl ich Vorsitzender der Jewish Agency war. Meine Tätigkeit bestand im wesentlichen darin, das Judentum dafür zu gewinnen, sich für die Gründung eines jüdischen Staates einzusetzen«, schrieb Ben Gurion einige Jahre später in seinem Tagebuch (Segev, S. 504). Die zionistische Führung in Palästina hatte also nahezu keine politischen Initiativen zur Rettung der in Europa verfolgten Juden unternommen. Während die westliche Propaganda in der Regel die Gründung Israels in einen untrennbaren Zusammenhang mit dem Holocaust stellt, führt Segev (S. 539) aus, daß »die Behauptung, die Staatsgründung sei eine Folge des Holocaust gewesen, jeglicher Grundlage entbehre«. Der Holocaust bestimmt jedoch bis zum heutigen Zeitpunkt jede Auseinandersetzung über die israelische Kriegspolitik. Ihre zahlreichen Kritiker aus den Reihen der zionistischen Bewegung haben immer wieder davor gewarnt, den Holocaust als Rechtfertigung für die Vertreibung der arabischen Bevölkerung zu instrumentalisieren. Es war kein Geringerer als der Präsident der Jüdischen Weltorganisation, Nahum Goldmann (1894–1982), der im Oktober 1981 erklärte: »Wir müssen begreifen, daß das Leid der Juden, das sie durch den Holocaust erlitten, nicht mehr als Schutzschild dienen kann, und wir müssen ganz sicher davon Abstand nehmen, den Holocaust zur Rechtfertigung unseres Tuns heranzuziehen. Wenn Menachem Begin die Bombardierung des Libanon unter Verweis auf den Holocaust rechtfertigt, begeht er eine Art ›Hillul Haschem‹ [ein Sakrileg – J. A.], eine Banalisierung der heiligen Tragödie der Shoa, die nicht als Begründung für eine politisch zweifelhafte und moralisch verwerfliche Politik mißbraucht werden darf« (Chomsky, S. 38).Staatsgründung durch Terror
Die palästinensische Tragödie begann im eigentlichen Sinne nach Verabschiedung des Teilungsplanes der UN am 29. November 1947, der die Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen palästinensischen Staat vorsah. Die während des Zweiten Weltkrieges gegründete Arabische Liga lehnte den Teilungsplan zunächst ab, weil er nicht nur eine Zweiteilung Palästinas empfahl, sondern der jüdische Staat 56,47 Prozent Palästinas erhalten sollte, obwohl 1415000 Arabern (69 Prozent) lediglich 650000 Juden (31 Prozent) gegenüberstanden, denen bisher nur 5,67 Prozent des Bodens gehörte (Meier-Cronemeyer, S. 29). Allerdings veränderte sie wenige Wochen später ihre Position und bekräftigte noch im Dezember 1947 ihr Einverständnis mit dem Teilungsplan und bezeichnete es als ihre Hauptaufgabe, einen jüdisch-arabischen Krieg zu verhindern. Doch bereits zu dieser Zeit begannen zionistische Terrorgruppen in zahlreichen Landesteilen damit, gezielte Anschläge zu verüben, weil sie davon überzeugt waren, daß die Araber nur durch kriegerische Mittel zur Aufgabe ihrer Heimat gezwungen werden könnten. Diese Terrorgruppen rekrutierten sich im wesentlichen aus den militärischen Verbänden, die an der Niederschlagung des arabischen Aufstandes beteiligt waren und trugen Namen wie Irgun, Etzel, Palmach, LEHI sowie Stern. Diese Gruppen wurden u.a. von den späteren israelischen Ministerpräsidenten wie Begin und Yitzhak Schamir befehligt. Bereits im Dezember 1947 warf ein Irgun-Kommando in einer Raffinerie in Haifa eine Handgranate in eine Gruppe arabischer Arbeiter, von denen sechs getötet und 42 schwer verletzt wurden. Am 4.Januar 1948 verübte die Irgun mit einer Autobombe einen Sprengstoffanschlag auf das Verwaltungszentrum von Jaffa; 26 arabische Zivilisten fanden dabei den Tod. Drei Tage später starben bei der Explosion einer Irgun-Bombe am Jaffator in Jerusalem 25 arabische Zivilisten. Am 9. April 1948 überfielen Irgun und LEHI-Kommandos das Dorf Deir Jassin und richteten vorsätzlich ein Blutbad unter der arabischen Bevölkerung an, bei dem 250 Einwohner, darunter viele Kinder, kaltblütig umgebracht wurden. Dieses Massaker führte dazu, daß zwischen dem 21. April und dem 4. Mai 1948 eine Massenflucht der arabischen Bevölkerung aus Haifa und Jaffa einsetzte. Im März 1948 hatte die israelische »Verteidigung« Hagana den »Plan Dalet« verabschiedet, der die »Eroberung und Zerstörung ländlicher Gebiete« vorsah. Ben Gurion schrieb am 11. Mai 1948 in sein Tagebuch, er habe Anweisung erteilt, »arabische Inseln in jüdisch besiedelten Gebieten zu zerstören« (Flapan, S.146). Die schlimmste Vernichtung »arabischer Inseln« geschah zwei Monate nach der israelischen Staatsgründung am 15. Mai 1948, als in Lydda und Ramla am 12. und 13. Juli 1948 mehr als 50000 Palästinenser aus ihren Häusern vertrieben wurden. Bis zum Ende des nach der Gründung des israelischen Staates einsetzenden Krieges hatte die israelische Armee zirka 350 arabische Dörfer und Städte entvölkert und eingeebnet (Flapan, S. 140).
Der palästinensische Widerstand hatte diesem Exodus nichts entgegenzusetzen. Die Palästinenser verfügten über keine Armee, und ihr Kampf wurde von verstreut operierenden Freiwilligenverbänden geführt, deren militärische Kampfkraft nicht annähernd der der israelischen Seite entsprach. Während bei einer systematischen Vertreibungsaktion bis Juli 1948 330000 Palästinenser flüchteten, verließen während des Krieges zwischen Israel und den arabischen Staaten insgesamt 770000 Araber ihre Heimat, deren Rückkehrrecht Israel bereits damals trotz eindeutiger UN-Resolutionen kategorisch ablehnte. Während die offizielle israelische Darstellung des Flüchtlingsproblems lautete, die arabische Bevölkerung habe weitgehend freiwillig ihre Häuser und Dörfer verlassen, ist die israelische Linke bereits in den Jahren 1948/49 dieser Propaganda scharf entgegengetreten. Der Mythos vom freiwilligen Exodus der Araber diente jedoch bisher jeder israelischen Regierung als probates Argument für die Weigerung, auch nur eine Teilverantwortung für das Flüchtlingsproblem zu übernehmen (Flapan, S. 174). Israel lehnte in den folgenden Monaten und Jahren auf sämtlichen Konferenzen jegliche Vorschläge der arabischen Staaten ab, das Flüchtlingsproblem zu lösen, wobei die arabischen Staaten bereits damals bereit waren, Israel in den vom UN-Teilungsplan vorgesehenen Grenzen anzuerkennen. Auf der Konferenz in Lausanne im April 1949 scheiterte jedoch endgültig ein Kompromiß an dem unbeugsamen Nein der israelischen Delegation (Flapan, S. 331ff.).
Die israelische Eroberungsstrategie
Diese Strategie, sich Verhandlungslösungen zu verweigern und die »Eroberung« Palästinas in erster Linie mit kriegerischen Mitteln durchzusetzen, hat Israels Politik in den folgenden Jahrzehnten bis zum aktuellen Libanon-Krieg bestimmt. Bereits 1956 beteiligte sich Israel erneut an einer militärischen Intervention, als es zusammen mit den ehemaligen Kolonialmächten England und Frankreich einen Angriffskrieg gegen Ägypten führte. Unter Präsident Gamal Abdel Nasser (1918–1970) war der im Besitz einer englisch-französischen Gesellschaft befindliche Suezkanal verstaatlicht worden. Israel besetzte in kurzer Zeit den gesamten Sinai. Da jedoch die UNO sofort intervenierte und insbesondere die Sowjetunion Konsequenzen androhte, konnte ein weiterer »Nahost-Krieg« verhindert und Israel zum Abzug seiner Truppen gezwungen werden. Mehr »Erfolg« war dem Sechs-Tage-Krieg 1967 beschieden, als Israel weitere palästinensische Gebiete besetzte, um damit seiner Vision von Groß-Israel erneut Nachdruck zu verleihen. Diese Kriegsstrategie war von Anfang an damit verbunden, die nunmehr besetzten Gebiete gegen alle Regeln des Völkerrechts zu besiedeln, so wie es die zionistische Bewegung vor 1948 in dem heutigen israelischen Staatsgebiet praktiziert hat.
Theodor Herzl (1860-1904), der Begründer der Groß-Israel-Idee Foto: jW-Archiv
In der letzten Phase des »Unabhängigkeitskrieges« legte Jigal Allon (1918–1980), Oberbefehlshaber der Hagana, Ben Gurion einen fertig ausgearbeiteten Plan für die Besetzung der Westbank vor, mit der Begründung, der Jordan sei unter strategischen Gesichtspunkten die bestmöglich Grenze (Flapan, S. 168). Bereits damals, wie Flapan (S. 216) dazu bemerkt, »blieb es ein zentrales Anliegen der israelischen Politik, die Entstehung eines Palästinenserstaates auf dem Territorium der Westbank zu verhindern und eine territoriale Expansion Israels weiter im Auge zu behalten.« Deshalb weigerte sich Israel auch in den Folgejahren, trotz zahlreicher Resolutionen des UN-Sicherheitsrates die Besetzung nicht nur nicht zu beenden, sondern begann 1977 unter Begin ein breit angelegtes Siedlungsprogramm in der Westbank, um damit die seit Jahrzehnten gehegten Besitzansprüche auf dieses Gebiet zu untermauern. Während 1985 erst ungefähr 50000 Juden in der Westbank lebten, waren es 1994 bereits 300000. Begins Traum war es, eine Million seiner Landsleute in »Judäa« und »Samaria« anzusiedeln, wie nach historischer Lesart dieses Gebiet von ultrarechten und religiösen Juden genannt wird.
Mit Begin kam erstmalig nach der israelischen Staatsgründung ein Vertreter des Likud-Blocks an die Macht, der in den Folgejahren die alte Gewalt- und Kriegspolitik fortsetzen sollte. Er gehörte, nachdem er 1942 nach Palästina einwanderte und nach kurzer Zeit die Führung der Terrorgruppe Irgun übernahm, zu den schärfsten Kriegstreibern. Sein politischer Gesinnungsgenosse Ariel Scharon gelangte bereits 1952 zu einer zweifelhaften Berühmtheit, als er als junger Oberbefehlshaber der Israel Defense Forces (IDF, israelische Armee) für ein Massaker in einem palästinensischen Dorf verantwortlich war, 70 Menschen umbrachte und 41 Häuser sowie eine Schule zerstörte, weil in diesem Dorf angeblich palästinensischen Freischärlern Unterschlupf gewährt worden war. Unter solchen Vorwänden wird die massenhafte Zerstörung palästinensischer Häuser und Dörfer bis zum heutigen Tage gerechtfertigt. Er war es auch, der als Oberbefehlshaber der IDF 1982 einen grausamen Krieg gegen den Libanon führte– der nicht zufällig starke Parallelen zum jüngsten Krieg gegen den Libanon aufweist. Wie aktuell die Entführung von zwei israelischen Soldaten als Kriegsvorwand gegen den Libanon diente, war 1982 ein Anschlag auf den israelischen Botschafter in London für Israel der Anlaß, einen von langer Hand vorbereiteten Angriffskrieg gegen den Libanon zu führen. Der erste »Teilakt« bestand darin, daß ein Palästinenserlager im Libanon bombardiert wurde, wobei 50 Bewohner umkamen. Als die Palestine Liberation Organization (PLO), die damals im südlichen Libanon ihren Sitz hatte, mit Raketenbeschuß reagierte, antwortete Israel mit einem massiven militärischen Überfall des Libanon, der unter anderem mit einem »historischen« Massaker verbunden war, als mit israelischer Absicherung libanesische Milizen der rechtsgerichteten Phalange in ein Palästinenserlager eindrangen und Hunderte Frauen, Kinder und ältere Männer niedermetzelten. Die israelische Okkupation dauerte drei Jahre und war ausschließlich mit dem Ziel verbunden, die PLO zu zerschlagen und ein israelfreundliches Regime im Libanon zu installieren.
Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg kostete damals erstaunlicherweise den »Kopf« Scharons, da ein israelisches Militärgericht die Massaker untersucht und seine maßgebliche Verantwortung daran festgestellt hatte. Scharon mußte daraufhin als Verteidigungsminister abdanken, was ihn bekanntlich nicht davon abhielt, gewissermaßen wie ein Phönix aus der Asche im Jahre 2001 zum Regierungschef gewählt zu werden, um seine alte Gewalt- und Kriegspolitik fortzusetzen.
* Literatur
– Noam Chomsky, Offene Wunde Nahost. Israel, die Palästinenser und die US-Politik, Hamburg: Europa Verlag 2003
– Simcha Flapan, Die Geburt Israels. Mythos und Wirklichkeit, München: Knesebeck & Schuler 1988
– Hermann Meier-Cronemeyer, Geschichte des Staates Israel. Teil 1: Entstehungsgeschichte: Die zionistische Bewegung, Schalbach/Ts.: Wochenschau-Verlag 1997
– Tom Segev, Es war einmal ein Palästina. Juden und Araber vor der Staatsgründung Israels, München: Siedler Verlag 2005
* Jürgen Aust ist Jurist und Pressesprecher der WASG in Duisburg
Seit über 100 Jahren betreiben konservative jüdische Kreise die Gründung eines jüdischen Staates auf arabischem Gebiet (Teil II und Schluß)
Jürgen Aust
* Im gestrigen ersten Teil zeichnete Jürgen Aust die Tradition nach, in der die Außenpolitik der heutigen israelischen Regierung steht: die Idee eines Groß-Israels. 1897 wurde sie von Theodor Herzl entworfen und dann in Abwandlungen und unter Protest der Linken Israels von den wichtigsten Repräsentanten des Landes als Außenpolitik praktiziert. Die arabische Mehrheit Palästinas, in dessen Grenzen hauptsächlich »Eretz Israel« gegründet werden sollte, hatte kein Mitbestimmungsrecht. Sie wurde seit den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts ihres Bodens beraubt und mit Gewalt vertrieben; anfangs in kleinem Rahmen, in den Dreißigern mit Hilfe der englischen Kolonialmacht und ab der Staatsgründung im Jahre 1948 mit eigenem Militär über die Grenzen Palästinas hinaus. Friedensverträge mit den arabischen Staaten wurden nie eingehalten.
Israelische Elitesoldaten durchsuchen ein Hamas-Büro, 2. Juli 2006 Foto: AP
Es war der frühere Verteidigungsminister Israels Ariel Scharon, der 1994 auf dem Balkon der Zentrale des Likud-Blocks in Jerusalem stand, als Palästinenserführer Yassir Arafat (1929–2004) nach Jahren des erzwungenen Exils erstmals wieder palästinensischen Boden betreten konnte und in einem »Triumphzug« durch Jerusalem fuhr. Neben Scharon standen der Likud-Chef Benjamin Netanjahu, der Ex-Premier Yitzhak Schamir sowie Ehud Olmert, der damals Bürgermeister von Jerusalem war. Sie hatten ein Transparent entfaltet in Englisch und Hebräisch mit der Aufschrift: »Death to Arafat – Tod für Arafat«. Netanjahu skandierte per Megafon »Wir sind hier, um einen palästinensischen Staat zu verhindern« (Vogel, S. 33).
Nachdem Scharon dann im Jahr 2001 Ministerpräsident wurde, setzte er konsequenterweise jegliche Verhandlungen mit der Palestine Liberation Organization (PLO) unter Führung von Arafat aus und erklärte ihn für vogelfrei. In der Folgezeit wurde Arafats Regierungssitz in Ramallah bombardiert und der PLO-Chef in Geiselhaft genommen. Die bisherigen Verhandlungsergebnisse – das Oslo-Abkommen I von 1993, das Oslo-Abkommen II von 1995 (in dem die Palästinenser auf 78 Prozent ihres Landes verzichteten, die seit 1949 den Staat Israel bilden), das Camp-David-II-Abkommen von 2000 sowie die »Road Map«, die eine palästinensische Staatsgründung zum Ziel hat– waren für Scharon nur noch Makulatur. Um die alte Vision von Groß-Israel weiter zu verfolgen, begann er damit, das Siedlungsprogramm in der Westbank massiv auszuweiten. Deshalb räumte er als kluger Taktiker den Gazastreifen, um damit der Weltöffentlichkeit zu demonstrieren, daß Israel am Friedensprozeß weiterhin interessiert sei. Verhandlungen sollten allerdings erst wieder aufgenommen werden, wenn Arafat, immerhin Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, nicht mehr im Wege stehe. Aber auch diese Absichtserklärung war nicht ernst gemeint. Mit der vom palästinensischen Volk frei gewählten Hamas-Führung wurde nach Arafats Tod ebenso nicht verhandelt, vielmehr zog Israel die Daumenschrauben noch weiter an und verweigerte die Auszahlung jener Steuergelder, die es zwar – aufgrund der völkerrechtswidrigen Besatzung – einzieht, obwohl sie rechtmäßig der palästinensischen Regierung zustehen. Erschwerend für Palästina kam hinzu, daß die EU zunächst sämtliche Zahlungen an das Land einstellte.
Olmert in Kriegstradition
Mit dem neuen israelischen Regierungschef Ehud Olmert, einem überzeugten Anhänger Scharons und dessen jahrzehntelanger Gewaltpolitik, wird die Strategie der Durchsetzung Groß-Israels mit Krieg und Terror fortgesetzt. Diese Politik hat nichts mit Gefährdung der israelischen Grenzen zu tun und wurde bereits 1948 vom ersten israelischen Ministerpräsidenten Ben Gurion so umrissen: »Wir sollten uns darauf einstellen, zur Offensive überzugehen und den Libanon, Transjordanien und Syrien zu vernichten. (...) Der schwache Punkt in der arabischen Koalition ist der Libanon, denn das muslimische Regime ist künstlich und leicht zu unterminieren. Es sollte ein christlicher Staat errichtet werden, dessen Südgrenze Litani [der im Libanon gelegene Fluß – J. A.] bildet. Wir werden mit diesem Staat ein Bündnis eingehen. Wenn wir die Arabische Liga zerschlagen und Amman bombardieren, können wir auch Transjordanien eliminieren und dann wird Syrien fallen« (zitiert nach Chomsky, S.94).
Diese unverhüllte Kriegsstrategie hat die gesamte israelische Politik seit den Anfängen der zionistischen Bewegung und insbesondere seit 1948 bis zum heutigen Zeitpunkt bestimmt. Auch Menachem Begin (1913–1992) bekräftigte bereits 1948 als Reaktion auf den UN-Teilungsplan: »Die Teilung (...) wird niemals anerkannt werden. (...) Eretz Israel wird dem jüdischenVolk zurückerstattet werden. Alles. Und für immer« (Chomsky, S. 92). Nachdem es Israel 1948 gemäß dieser Strategie gelang, den palästinensischen Widerstand nicht nur zu zerschlagen, sondern sogar noch weitere Gebiete über den UN-Teilungsplan hinaus sich anzueignen, dauerte es bis zum Sechs-Tage-Krieg im Jahr 1967, daß Israel einen erneuten Anlauf unternahm, durch einen Krieg seine Verfügungsgewalt über Palästina weiter auszudehnen. Es besetzte nun die restlichen Palästinensergebiete im Gazastreifen sowie im Westjordanland und installierte trotz zahlreicher UN-Resolutionen ein brutales Besatzerregime. Entgegen einer von der zionistischen Bewegung gebildeten Legende begannen nicht die arabischen Staaten diesen Krieg; er wurde wie der jüngste Libanon-Krieg Israels von langer Hand vorbereitet. Begin, zu der Zeit Premierminister, gab zu: »Wir müssen uns selbst gegenüber ehrlich sein. Wir entschlossen uns zum Angriff« (Chomsky, S. 41). Die weiteren Überfälle auf den Libanon 1978, 1982, 1993 und 2006 tragen dieselbe Handschrift und ordnen sich in die bereits 1948 von Ben Gurion beschriebene Strategie ein.
»Linke« Kriegstreiber
Kampf mit ungleichen Waffen - Westjordanland im Jahr 2004 Foto: AP
Es gehört zur Tragödie in Palästina, daß die geschichtlichen Fakten in der Weltöffentlichkeit weitgehend tabuisiert werden, nicht zuletzt von früheren Pazifisten und Linken, die heute unverblümt die israelische und, damit verbunden, die amerikanische Kriegsstrategie rechtfertigen. So verteidigte Grünen-Chef Reinhard Bütikofer Israels Angriffskrieg mit den Worten: »Jeder muß verstehen, daß Israel es nicht achselzuckend hinnehmen kann, wenn Raketen in Haifa einschlagen« (Rheinische Post vom 18.7.2006). Konkret-Herausgeber Hermann L. Gremliza beschreibt ein Szenario, in dem sogar der Einsatz von Atomwaffen möglich ist, wenn er in der Augustausgabe formuliert: »Dieser Krieg, der lange dauern und mit sehr wechselndem Einsatz geführt werden kann, endet entweder – und im besten Fall – mit der vollständigen Entwaffnung von Hamas, Dschihad, Al-Aksa-Brigaden und Hisbollah, bis zu welcher die Räumung der Westbank aufgeschoben wird, oder mit einem ganz anderen Krieg, in dem Israel jene Staaten, die eine zweite ›Endlösung der Judenfrage‹ betreiben, Syrien und der Iran allen voran, mit jeder Waffe angriffe, die ihm zu Gebote steht.« Solche grünen und ehemals linken Bellizisten rechtfertigen ihren Wechsel ins rechte Lager ausschließlich und gebetsmühlenartig mit dem Holocaust, der als geschichtsloses Instrument wider jeden Widerstand gegen aggressive israelische Politik dient und die historische Verantwortung der israelischen Politik für die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung schlichtweg tabuisiert oder leugnet.
Dagegen stellt der israelische Historiker Moshe Zuckermann fest: »Nirgends auf der Welt ist der Jude als Individuum durch den Antisemitismus so bedroht, wie er es in Israel durch Israels Politik ist – und zwar als eklatante Folge einer von Israel seit Jahrzehnten betriebenen Außenpolitik und der mit dieser einhergehenden Erhaltung und Fortsetzung eines barbarischen Okkupationsregimes, eine Außenpolitik, die sich nicht zuletzt der Ideologie einer längst zum Fetisch verkommenen ›Bedrohlichkeit‹ bedient« (inamo, Juni 2004). Für grüne und ehemals linke Bellizisten ist es daher ein konsequenter Schritt, den palästinensischen Widerstand im Schulterschluß mit der israelischen Regierung als den eigentlichen Kriegsgrund und insbesondere als Terrorismus zu brandmarken, um damit die Rechtfertigung für die US-amerikanische und israelische Strategie für die Neuordnung des Nahen Ostens zu übernehmen. Demgegenüber sollte es zum Selbstverständnis der deutschen und internationalen Antikriegs- und Friedensbewegung gehören, sich mit dem palästinensischen Widerstand zu solidarisieren, der sich berechtigterweise von Anfang an gegen die jüdische Kolonisierung Palästinas gewehrt hat und daraus seine historische und moralische Rechtfertigung ableitet.
Neutrale Position unmöglich
Auch wenn der Holocaust der israelischen Staatsgründung im Mai 1948 ihre völkerrechtliche Legitimation verschaffte, wollte der palästinensische Widerstand sich zunächst nicht damit abfinden, daß die Kolonialmächte England und Frankreich in Allianz mit der neuen Weltmacht USA sich der Verantwortung für das jüdische Flüchtlingsproblem dadurch entzogen, daß sie durch die UN-Teilungsresolution der arabischen Bevölkerung den größten Teil ihrer Heimat nahmen, obwohl diese den Holocaust nicht zu verantworten hatte. Spätestens seit dem israelischen Eroberungskrieg von 1967 und der Besetzung der restlichen Gebiete Palästinas bezieht der Widerstand in diesem Land seine Legitimation nicht allein aus zahlreichen UN-Resolutionen, die die Besetzung als völkerrechtswidrig verurteilen und Israel zum Rückzug aus den besetzten Gebieten auffordern, sondern auch aus dem im Völkerrecht völlig unstrittigen Grundsatz, daß ein Volk berechtigt ist, gegen ein Okkupationsregime Widerstand zu leisten, woraus nicht zuletzt die PLO, die Hamas (arabisch »Eifer« bzw. Akronym für »Islamische Widerstandsbewegung«) und auch die Hisbollah (arabisch »Partei Allahs«) ihre Legitimation erhalten.
Wie die Debatte über den Libanon-Krieg einmal mehr beweist, bestehen innerhalb der Linken gerade bei der Frage, ob sie sich mit dem palästinensischen Widerstand solidarisieren sollen, erhebliche Probleme. Als das Mitglied des Bundesvorstands der WASG Christine Buchholz auf einer Veranstaltung in Berlin am 12. August 2006 erklärte: »Auf der einen Seite steht die israelische Regierung. (...) Auf der anderen Seite stehen in diesem Konflikt die Hisbollah, die Friedensbewegung in Israel und die internationale Antikriegsbewegung. Das ist die Seite, auf der auch ich stehe«, bekam sie Widerspruch von ihrem Parteivorstandskollegen Fritz Schmalzbauer, der meinte: »Ich halte die öffentlichen Äußerungen von Christine Buchholz (...) für politisch falsch. Religiöse Fundamentalisten wie die Hisbollah mögen zwar Ausdruck einer verarmten Bevölkerung sein und durch die israelische Kriegspolitik zusätzliches [politisches – J. A.] Terrain gewonnen haben. Trotzdem ist diese Strömung völlig ungeeignet, einen Beitrag zur friedlichen Lösung im Nahostkonflikt zu leisten. (...) Für die Linke in Deutschland kommt es darauf an, sowohl die Interessen des israelischen Volkes wie das der arabischen Völker auf friedliches Zusammenleben und ökonomische Prosperität in den Mittelpunkt zu stellen.«
Joachim Bischoff, Herausgeber der Zeitschrift Sozialismus, kommentiert diese Debatte mit der Feststellung: »Unseres Erachtens verbietet sich die Parteinahme zugunsten der einen oder anderen Seite« (Bischoff, S. 3). Diese Debatte, die beispielhaft für zahlreiche vergleichbare Stellungnahmen steht, bringt das Dilemma zum Ausdruck, in dem sich weite Teile der Linken befinden, wenn sie sich im palästinensischen Konflikt positionieren wollen. Dieses Dilemma beruht hauptsächlich darauf, daß der Konflikt von seinen historischen Ursachen »befreit« wird, um dann umso leichter in die Rolle des neutralen Vermittlers zu schlüpfen, wie Bischoff der Linken empfiehlt. Es sollte jedoch für eine antiimperialistisch orientierte Linke unverzichtbar sein, sich mit den Ursachen für die Flucht zahlloser Palästinenser aus ihrer Heimat und den aus ihr resultierenden Problemen sowie mit der israelischen Besetzung weiter Teile Palästinas auseinanderzusetzen, um ein anderes Verhältnis zum Widerstand entwickeln zu können.
»Guter« und »böser« Widerstand
Die Existenz von PLO und Hamas steht in untrennbarem Zusammenhang mit der Verantwortung Israels für das Flüchtlingsproblem und die Verhinderung eines palästinensischen Staates. Es dauerte nahezu zehn Jahre, bis sich erstmals mit der Gründung der Fatah (Akronym für »Bewegung zur nationalen Befreiung Palästinas«) im Jahre 1959 der Widerstand neu formierte. Bis dahin bestand die »Lösung« des Flüchtlingsproblems hauptsächlich darin, daß einzelne arabische Staaten immer wieder Israel zu einer Verhandlungslösung bewegen wollten, was jedoch aufgrund der Politik Israels zum Scheitern verurteilt war. Erschwerend für den Widerstand kam hinzu, daß seit dem Krieg von 1948/49 Jordanien das eigentlich palästinensische Westjordanland unter seiner Verwaltung hatte und die arabischen Staaten sich deshalb nicht darauf verständigen konnten bzw. wollten, die Forderung nach einem Palästinenserstaat auf die Tagesordnung zu setzen.
Erst nachdem Israel 1967 die restlichen Teile des historischen Palästina besetzt hatte, wurde die PLO, die 1964 gegründet worden war, unter Arafat zur entscheidenden Kraft im palästinensischen Widerstand. Die PLO wurde in der Folgezeit von zahlreichen Staaten als Vertreterin des palästinensischen Volkes anerkannt, dennoch weigerten sich sämtliche israelische Regierungen in den siebziger und achtziger Jahren ultimativ, die PLO als Verhandlungspartner zu akzeptieren. Da Israels Interessen seit Beginn der fünfziger Jahre einen wesentlichen Bestandteil der US-amerikanischen Hegemonialpolitik im Nahen und Mittleren Osten darstellen, ist es für Israel bis heute ohne jegliche außenpolitische Konsequenzen möglich, sowohl die zahlreichen UN-Resolutionen zur Räumung der besetzten Gebiete zu ignorieren, als auch die PLO auf dem internationalen Parkett als Terrororganisation zu diskreditieren und damit zu isolieren.
Nachdem die PLO in den siebziger Jahren schwere militärische Niederlagen erlitt und insbesondere durch den israelischen Überfall auf den Libanon im Jahr 1982 ihre Kampfverbände weitgehend zerschlagen worden waren, verabschiedete sie sich nach heftigen internen Auseinandersetzungen von der Strategie des bewaffneten Kampfes und orientierte in den folgenden Jahren in erster Linie darauf, ihr Ziel eines Palästinenserstaates auf dem Verhandlungsweg zu erreichen. Trotzdem verzichtete die israelische Politik nicht darauf, mit gezielten Anschlägen und offenem Terror die PLO als Hauptkraft des palästinensischen Widerstandes auszuschalten. Nachdem die PLO-Führung durch den israelischen Krieg gegen den Libanon 1982 gezwungen war, ihren Sitz nach Tunis zu verlegen, bombardierte die israelische Luftwaffe 1985 das PLO-Hauptquartier, wobei 70 Menschen getötet und Hunderte verletzt wurden. Nur durch einen Zufall kam Arafat mit dem Leben davon (Sadek, S. 73). Vergleichbare gezielte Mordanschläge verübte die zionistische Regierung gegen bekannte PLO-Führer in den Jahren davor und bis zum heutigen Zeitpunkt gegen zahlreiche Hamas-Vertreter, ohne daß die USA oder europäische Staaten jemals dagegen interveniert hätten.
Auch die 1987 gegründete Hamas ist Ausdruck des palästinensischen Widerstands gegen eine Jahrzehnte andauernde völkerrechtswidrige Besatzung Palästinas und eines barbarischen Terrors des israelischen Militärs in den besetzten Gebieten. Sie entstand 1987 im zeitlichen Zusammenhang mit der ersten Intifada (arabisch »sich erheben«, »abschütteln«) als eine mit der PLO konkurrierende Organisation, die deshalb große Sympathien in der palästinensischen Bevölkerung gewinnen konnte, weil sie einen konsequenteren Widerstand gegen die Besatzung forderte und zugleich die Korruption innerhalb der PLO verurteilte.
Auch wenn man von einem pazifistischen Standpunkt aus die Strategie der Selbstmordanschläge verurteilt und die islamistische Ausrichtung nicht teilt, sollte die Linke nicht aus dem Auge verlieren, daß Israel der Aggressor ist und seit 1948 mit Krieg und Terror einen palästinensischen Staat verhindert. Dem sicherlich gleichsam gewaltsamen Widerstand der indianischen Bevölkerung Amerikas gegen ihre Ausrottung und Vertreibung durch europäische Staaten von der frühen Neuzeit bis ins 19. Jahrhundert hinein hat die Linke nicht ihre Solidarität versagt, obwohl die Indianer kämpften und andere Götter anbeteten. Wer »guten« und »bösen«, friedlichen und militärischen Widerstand auseinanderdividiert, der wird letztlich nur seine Spaltung erreichen. Es sollte deshalb für eine linke und antiimperialistisch orientierte Bewegung keinem Zweifel unterliegen, daß nicht der palästinensische Widerstand, sondern die völkerrechtswidrige israelische Besatzung Palästinas und die israelische bzw. US-amerikanische Kriegspolitik im Nahen Osten die Ursachen dafür sind, daß es den Palästinensern bisher verwehrt wurde, einen eigenen Staat zu gründen – obwohl dieser aufgrund der von den Westmächten abgesegneten Annexionspolitik Israels ohnehin nur noch zirka 22 Prozent des historischen Palästinas umfassen würde.
* Literatur
– Noam Chomsky, Offene Wunde Nahost. Israel, die Palästinenser und die US-Politik, Hamburg: Europa Verlag 2003
– Artur K. Vogel, Der Palästinenserstaat. Arafats langer Marsch nach Jerusalem, Zürich: Orell Füssli Verlag 1995
– Moshe Zuckermann, »Antisemitismus und ›Antisemitismus‹-Ideologie. Anmerkungen zur israelischen politischen Kultur«, in: inamo (Informationsprojekt Naher und Mittlerer Osten e.V.) Nr. 38, Juni 2004 (www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/Rassismus/zuckermann.html)
– Joachim Bischoff/Björn Radke, »Zur Debatte um den jüngsten Nahost-Krieg und den Waffenstillstand«, in: www.netzwerk-linke-alternative vom 18.8.2006
* Jürgen Aust ist Jurist und Pressesprecher der WASG in Duisburg
Erstellt: 16.10.06, 14:55 Betreff: Nordkorea "möchtegern" was Israel längst hat...druckenweiterempfehlen
AHA! ...war mir noch nicht bewußt bzw. hätte ich es bisher für nicht möglich gehalten!:
Zitat:
Israel ist die einzige Atommacht im Nahen Osten mit bis zu 200 Sprengköpfen. Jedoch hat das Land dies nie bestätigt. 1985 setzte sich ein israelischer Atomtechniker nach Großbritannien ab und veröffentlichte Fotos von Israels Atomanlagen. Seitdem gilt Israel als Atommacht.
Israel Israel hat sein Atomwaffenpotenzial nie offiziell zugegeben, droht jedoch in Krisensituationen immer wieder in einer Art und Weise, als könne es Atomwaffen einsetzen. Experten schätzen, dass Israel 75 bis 200 Atomwaffen besitzt, die Arabische Liga behauptet, es habe eher 350 im Arsenal. Um die Diskussion über seine Atomwaffen und eine eventuelle Abrüstung zu umgehen, tritt Israel dem Atomwaffensperrvertrag nicht bei.
Nordkorea Nordkorea hat erst für Schlagzeilen gesorgt, als es Anfang 2003 aus dem Atomwaffensperrvertrag ausgetreten ist. Seit den 9. Oktober 2006 ist es so gut wie sicher, dass Nordkorea bereits im Besitz von Atomwaffen ist, da es einen ersten Atomtest durchführte. Die US-Geheimdienste behaupten, dass es bereits vorher mindestens zwei Atomwaffen gebaut habe. Nordkorea ist im Besitz von genügend waffenfähigem Plutonium, um eine kleine Menge Atomwaffen bauen zu können. Die Schätzungen über die Mengen von Plutonium sind sehr verschieden (6 bis 24 Kilogrammen) und der Zahl der Atomwaffen ist vom Entwicklungstand der verwendeten Technologie abhängig.
"Richtet den Blick auf Israels Atomwaffen" Haiko Lietz Nach 18 Jahren aus israelischer Haft entlassen, fordert der Whistleblower Mordechai Vanunu die Inspektion des israelischen Atomwaffenarsenals Gestern ist der israelische Staatsbürger Mordechai Vanunu nach 18 Jahren aus seiner israelischen Gefangenschaft mit harten Auflagen entlassen worden. 1986 beendete die britischen Sunday Times unter Verwendung von Vanunus Beschreibungen und heimlichen Fotos die Spekulation, ob Israel Atomwaffen habe (In Freiheit, aber wie im Gefängnis). Experten kamen seitdem zu dem Schluss, dass Israel das sechstgrößte Atomwaffenpotential der Welt habe. Israel hat den Atomwaffensperrvertrag nie unterschrieben und verfolgt eine Strategie der nuklearen Verschleierung. Israel kann mit seinen Atomwaffen alle Länder erreichen, mit denen es schon einmal im Krieg war. Vanunus erste Aussage nach seiner Freilassung unter Auflagen war, nun den Blick auf Israels Atomwaffen zu richten. Ein Dossier zu Israels geheimem Atomwaffenarsenal.
Es verdichtet sich mein Eindruck: Israel is hijacked, von galle-grünen Mißgünstlingen.
Übrigens: Nun da "unsere" robuste Blechbüchsen-Navy per rustikalem Mandat und mit der Hand am Colt vorm Libanon dümmpelt, um "libanesischen Waffenschmuggel an die radikal-islamistische Hisbollah zu unterbinden", wundert es mich auch nicht mehr, dass es hier bezüglich "Antisemitismus" so verdächtig ruhig geworden ist. Ich interpretiere das so: Die Pro-Israel-Militarismus-Lobbyisten (kurz: Bahamiten) lehnen sich nach ihren Stör- und Ablenkungsmanövern zufrieden zurück. Jede weitere Thematisierung schiene augenblicklich auch inopportun, weil sie den imperialistischen Blick auf Nordkoreas Möchtegern-Atomwaffenarsenal ad Absurdum führen würde.
Ergo: Jede UN-Resolution macht sich lächerlich, die nicht gleichzeitig ausdrücklich auch die Atomentwaffnung Israels fordert.
Kleiner Scherz am Rande: Man stelle sich folgendes Szenario vor:
Wir schreiben das Jahr 2010. Die letzte Kundesbanzlerin ist zum Teufel gemerkelt. In Deutschland herrscht ein demokratischer Sozialismus. In ganz Deutschland? Nein: Die Chefin der imperialistischen Israel-Lobbyisten im Lande fühlt sich einmal zu viel beleidigt, setzt ihre Semantikverschieber auf die "Ursachendefinition" an, erklärt den Sozialismus zum National-Sozialismus und Deutschland zu einem einig Volk von Antisemiten. Eingedenk der historischen Verantwortung bleibe nur eine preemptive Antwort: Atom-Uboote Israels radieren - von der italienischen Adria aus - Deutschland von der Landkarte. Die europäischen Nachbarn, die reichlich "Kollateralschäden" einstecken müssen, finden das aber nicht so dolle, womit der vierte Weltkrieg da ist, in dessen Verlauf Israel seinerseits vernichtet wird. In den Geschichtsbüchern wird es später heißen: "Im Jahre 2011 löschte das immer schon antisemitische Europa Israel aus..." -
Wer kontrolliert eigentlich den Waffenschmuggel an Israel?? Oh, sorry, Asche auf mein Haupt. Das ist natürlich kein Waffenschmuggel, sondern freundliche Militärhilfe der guten Menschen aus historischer Verantwortung heraus.
Und wer die unterbinden will, ist Antisemit! gezeichnet: Ihre liebe Rüstungsindustrie
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Ich jedenfalls fühle mich direkt betroffen und betrogen: Das, was an teuren Steuer-Euros vor der libanesischen Küste (und nicht nur dort) in die See geworfen und den Israelis (und nicht nur denen) an Atom-Ubooten in Arsch geschoben wird, fehlt uns hier zur Ausstattung unseres Kühlschranks und damit nicht nur zum Leben, sondern zunehmend zum Überleben!! Für Rüstungs-Wahnsinn ist immer Kohle da, nicht dagegen für vernünftig bezahlte Erwerbs- und Ausbildungsmöglichkeiten. Im Gegenteil: Bezahlstudium ist angesagt.
Es reicht! - "Die Herren tun es selbst, dass ihnen der kleine Mann Feind wird."
Interessant! Obiges schrieb ich, noch bevor ich die Presse durchgesehen hatte und überrascht feststellte, dass quer durch den heutigen Blätterwald eine "Unterschichtdebatte" aufgegriffen wird. Zum Teil verbunden mit der Feststellung oder Klage, dass CDU wie SPD massiv die Mitglieder davonlaufen. höhöhö
Die dröhnende Krönung ist wohl (laut jw) die Äußerung eines Herrn Müntegöring: "Es gibt keine Schichten in Deutschland." Vizekanzler und Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) am Montag im Fernsehsender N24. (Ziemlich nahe kommt das doch wohl dem Niveau von "Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten.")
Allein die Arschloch-Zitate der Herren Beck und Müntefering für sich dürften inzwischen nicht nur Kuhhäute, sondern ganze Häuserwände füllen... Will Müntefering partout nicht mehr sicher über die Straße gehen können, oder worauf hat er es eigentlich angelegt?
Erstellt: 16.10.06, 22:41 Betreff: Re: Nordkorea "möchtegern" was Israel längst hat...druckenweiterempfehlen
Zitat: zystein
"Die Herren tun es selbst, dass ihnen der kleine Mann Feind wird."
... hi zystein, Du hast, denke ich, hier sowohl eine richtige und eine falsche Aussage getan ... richtig ist: die, die sich da oben dünken, machen sich uns, die sie da unten dünken, selber zum Feind ... falsch ist: es gibt keine Herren! ... es sei denn, wir lassen solche zu, die sich uns gegenüber als Herren dünken! ... und dann verdienen wir es nicht besser!
Erstellt: 17.10.06, 00:01 Betreff: Re: Nordkorea "möchtegern" was Israel längst hat...druckenweiterempfehlen
Zitat: zystein
[...] fehlt uns hier zur Ausstattung unseres Kühlschranks und damit nicht nur zum Leben, sondern zunehmend zum Überleben!! Für Rüstungs-Wahnsinn ist immer Kohle da, nicht dagegen für vernünftig bezahlte Erwerbs- und Ausbildungsmöglichkeiten. Im Gegenteil: Bezahlstudium ist angesagt.
Erstellt: 17.10.06, 20:39 Betreff: Re: Münzers Herrenzitat - Sein und Sollendruckenweiterempfehlen
Hi bjk
Zitat: bjk
Zitat: zystein
"Die Herren tun es selbst, dass ihnen der kleine Mann Feind wird."
... hi zystein, Du hast, denke ich, hier sowohl eine richtige und eine falsche Aussage getan ... richtig ist: die, die sich da oben dünken, machen sich uns, die sie da unten dünken, selber zum Feind...
Der Ausspruch stammt - "natürlich" - nicht von mir, sondern von Thomas Münzer. Korrekt soll er es so und in folgendem Kontext gesagt haben:
Zitat:
...Die Grundsuppe < alter Kraftausdruck; Inbegriff alles Schlechten> des Wuchers, der Dieberei und Räuberei seien die Fürsten und Herren; sie nehmen alle Kreaturen zum Eigentum, die Fische im Wasser, die Vögel in der Luft, das Gewächs auf Erden. Und dann predigen sie gar noch den Armen das Gebot: Du sollst nicht stehlen, sie selber aber nehmen, wo sie's finden, schinden und schaben den Bauer und den Handwerker; wo aber dieser am Allergeringsten sich vergreife, so müsse er hängen, und zu dem allen sage dann der Doktor Lügner: Amen. "Die Herren machen das selber, daß ihnen der arme Mann feind wird. Die Ursache des Aufruhrs wollen sie nicht wegtun, wie kann es in die Länge gut werden? Ach, liebe Herren, wie hübsch wird der Herr unter die alten Töpfe schmeißen mit einer eisernen Stange! So ich das sage, werde ich aufrührisch sein. Wohl hin!"
... falsch ist: es gibt keine Herren! ... es sei denn, wir lassen solche zu, die sich uns gegenüber als Herren dünken!
Wie kommst du auf eine solche Zustandsbeurteilung? Hast du Beispiele, Belege?
Für mich gibt es einen Unterschied zwischen Sein und Sollen. Die Aussage "Keine Herren" verstehe ich als ein Ausdruck des Sollens. Sonst wäre ja gar das Motto "kein Pfaff kein Staat kein Herr kein Sklave" am Ende als "mission accomplished" mißzuverstehen...
mfg zystein
PS: Mir stellt sich immer wieder eine ganz andere Frage bei dem Ausspruch "Die Herren machen es selbst...": Nämlich, ob das reicht?... Und was unterscheidet uns so wesentlich von französischen Verhältnissen? Wenn es wirklich "Obrigkeitsgläubigkeit" ist, sind die Franzosen wirklich weniger obrigkeitsgläubig? Für aktuell, ja zeitlos gültig und typisch halte ich den nächsten Satz: "Die Ursache des Aufruhrs wollen sie nicht wegtun, wie kann es in die Länge gut werden?" Heute würde man vielleicht eher sagen: "Sie wollen die Schere nicht schließen, sondern reißen sie immer weiter auf, welche Perspektive soll das haben?"
Erstellt: 19.10.06, 09:42 Betreff: Re: Daten und Fakten zum Nahen und Mittleren Ostendruckenweiterempfehlen
Zitat:
es sei denn, wir lassen solche zu, die sich uns gegenüber als Herren dünken! ... und dann verdienen wir es nicht besser!
so ist es!
es ist ein desaster, daß sich da anzubahnen scheint aber im gewissen sinne ist dieser Mist auf dem Kollektiv gewachsen und ideologische Denke führt da nicht raus.
Erstellt: 19.10.06, 18:04 Betreff: Re: Daten und Fakten zum Nahen und Mittleren Ostendruckenweiterempfehlen
Zitat: Riker
Zitat:
es sei denn, wir lassen solche zu, die sich uns gegenüber als Herren dünken! ... und dann verdienen wir es nicht besser!
so ist es!
es ist ein desaster, daß sich da anzubahnen scheint aber im gewissen sinne ist dieser Mist auf dem Kollektiv gewachsen und ideologische Denke führt da nicht raus.
Gruß
Riker
...eh nicht, kein Zweifel, ich stimme zu. "Vernünftige" Argumente allein helfen da nicht weiter, weil das Problem imho nicht auf Vernunft beruht. Ganz abgesehen davon, dass wir wohl alle hier das Verhältnis von Herrschaft und Unterdrückung - zumindest theoretisch - als ein dialektisches Verhältnis begreifen.
Zitat:
...und ideologische Denke führt da nicht raus.
Also bist du übermorgen auf der DGB-Demo mit dabei?
Wie kommst du eigentlich auf "ideologische Denke"? Kannst du das mal erläutern?
Vielleicht weil die Zitaterläuterung aus einer ML-Quelle stammt? Hätte ich auf die Schnelle eine "Anarcho-Quelle" zur Hand gehabt, hätte ich die angeführt... Bei wiki ist ja auch einiges nachzulesen, allerdings nicht der Zitat-Kontext. Also keine Sorge, ich bin kein oder bezeichne mich nicht als "MLer"... sondern bin geworden und werde eher ein "undogmatisch-kritischer-nicht-nur-politischer sondern-auch-wirtschaftlicher-Radikaldemokrat".
@ lieber bjk, es ist wohl sinnvoller und ich möchte dich an dieser Stelle bitten, diesen Seitensprung in Babas Thema "Unterschicht-Beck" zu verschieben, das sie erfreulicherweise aufgegriffen hat. Werde mich dann per Anschluss und Querverweis auf das hiesige Thema beziehen. (Hatte eigentlich nicht mit "Einlassungen" diesbezüglich und an dieser Stelle gerechnet..., es ist nur so, dass man imho gar nicht oft genug darauf hinweisen kann, wie jede Militär- bzw. Rüstungsausgabe direkte soziale Schatten wirft, die ich - aus meiner Sicht jedenfalls - nicht gutheißen kann.)
Tja, schon wieder. Da hätte "man" (Olmert und Co) es fast geschafft, einen (Gegen-)"Angriff" auf israelische Kriegshandwerker durch deutsche Kriegshandwerker zu provozieren. Um dann Deutschland mit seinen eigenen Waffen und in historischer Verantwortung zu schlagen, oder wie??? Das obige Szenario - von dem ich sehr hoffe, dass es maßlos übertrieben ist - scheint also gar nicht so vollkommen aus der Luft gegriffen. Ein Gutes hat es ja: Dass ausgerechnet "unsere" konservative Führung die "Vorzüge" des perfiden Olmert-Ensembles erschnuppern darf...
Für die ist "1701" offenbar nur eine längst vergangene Jahreszahl.
Erstellt: 31.10.06, 12:02 Betreff: Olmert erweitert sein "Ensemble" nach rechtsaußendruckenweiterempfehlen
Israels Premier Olmert erweitert sein "Ensemble" nach rechtsaußen
Zitat:
Avigdor Lieberman, der rechtspopulistische Chef der Partei „Israel Beitenu“ („Israel ist unser Haus“), soll mit elf Abgeordneten die Koalition im Parlament verstärken.
"Teuerste Seeübung", "ineffektiv", "ausweglose Situation" - die Kritik am Libanon-Einsatz der Bundeswehr wird immer stärker. ...
Der SPD-Außenpolitiker Niels Annen kritisiert vor allem Israel. Er sagte der "Berliner Zeitung", Israel dringe regelmäßig in den libanesischen Luftraum ein. Dies seien "Provokationen, die den Waffenstillstand gefährden". Verteidigungsminister Franz Josef Jung müsse dies auf seiner Israel-Reise am Wochenende deutlich ansprechen. ...
- Am kommenden Samstag (07. 05. 2011) soll in Wuppertal eine europaweite Konferenz, des Palestinian Return Center stattfinden. Das Return Center, ist eine der antisemitischen Hamas nahestehenden Organisation mit Sitz in London. Bei der letzt jährigen Konferenz in Berlin traten mehrere Hamas-Aktivisten auf und auch in Wuppertal ist mit antisemitischen und islamistischen Redebeiträgen zu rechnen. Gegen die Konferenz mobilisiert mittlerweile ein breites Spektrum vom autonomen bis ins bürgerliche Spektrum zu verschiedenen Aktionen. Antinationale Linke wollen sich morgen früh um 9:30 Uhr vor der Uni-Halle, in der die Konferenz stattfindet treffen, um ihre Kritik direkt an die Konferenzteilnehmer zu richten. In ihrem Aufruf wird sich zwar von einer Solidarität mit Israel abgegrenzt, der antisemitische und terroristische Gehalt der Hamas kommt aber auch klar zur Sprache und wird verurteilt.
Um 10:30 Uhr beginnt eine weitere Kundgebung in der Nähe der Uni-Halle, diese wird von der Gruppe-FEKA veranstaltet und positioniert sich auch klar zur Solidarität mit Israel. Bei dieser Kundgebung geht es vor allem darum, sich den anreisenden AntisemitInnen direkt in den Weg zu stellen und deutlich zu zeigen, dass es in Wuppertal keinen Platz für islam-faschistische Propagandashows gibt.
Am Nachmittag (15 Uhr) findet eine weitere, eher bürgerliche Kundgebung, des Mideast Freedom Forums Berlin auf dem Kerstenplatz in Wuppertal-Elberfeld statt. Hierbei wird es verschiedene Redebeiträge unter anderem von der Else Lasker-Schüler Gesellschaft geben.
Für aktuelle Informationen zu den Kundgebungen, einen ausführlichen Pressespiegel usw.: http://antisemitischekonferenzstoppen.blogspot.com
hier noch die Unterstützerliste zur antideutschen Hetzaktion in Wuppertal, der obige Hetzartikel ist übrigens mittlerweile auf indymedia gelöscht: "Mideast Freedom Forum Berlin Bündnis gegen Antisemitismus Universität Duisburg Essen Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft Gruppe FEKA (Für einen konsequenten Antifaschismus) Freund_innen der befreiten Gesellschaft Pro-Israel-Initative Neveragain (Siegen) salon des communistes - Düsseldorf Assoziation gegen Antisemitismus und Israelfeindschaft NRW Gruppe et2c (Münster) Emanzipatorische Lüdenscheider AntifaschistInnen [ELA] Webblog Lizas Welt Infoportal Wuppertal Antifa-Cafe Wuppertal Antifaschistische Initative Wuppertal Freundeskreis Beer Sheva Linke Liste an der Ruhr Universität Bochum "
... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen! von Yossi Wolfson
Im Vorfeld der Konferenz gab es verschiedene Gruppen, die sie wegen angeblicher Hamasnähe und Antisemitismus verhindern wollten. Auch auf Indymedia wurde gegen diese Konferenz agiert und zu Aktionen dagegen aufgerufen. Trotzdem hat die Stadt Wuppertal, der im Vorfeld eine Rednerliste vorlag, diese Konferenz ungestört stattfinden lassen. Aus ihrer Sicht waren die Vorwürfe unbegründet.
Auf verschiedenen Internetseiten wird die Konferenz unterschiedlich beurteilt. Die Palästinesische Gemeinde in Deutschland (PGD) hat eine Verleumdungskampagne und unredliche Presseberichtserstattung bereits im Vorfeld als unredlich zurückgewiesen.
Felicia Langers Rede auf der 9. Konferenz der Palästinenser in Europa am 7.5.2011 in Wuppertal
Sehr geehrte Organisatoren der 9. Konferenz der Palästinenser in Europa,
ich begrüße Sie herzlich und danke Ihnen für die Einladung und die Möglichkeit, ein Gastwort sagen zu dürfen und mit Ihnen zusammen sein zu können.
Ana saïda dschiddan wa katir mamnuna akun ma’akum. Uhayyikum dschamie’an tahia qalbiah!
Liebe Freunde,
ich war als Kind und Jugendliche ein Flüchtling, und das Schicksal der palästinensischen Flüchtlinge ist mir sehr nah. Israel hat circa 800.000 Palästinenser aus ihrer Heimat vertrieben und circa 530 Dörfer zerstört. Eine echte ethnische Säuberung. Wie das funktionierte, berichtete einer der Offiziere, Yitzhak Pundak (Haaretz 2004, Ilan Pappé, S. 25): „Es gab 200 Dörfer (an der Front) und sie sind verschwunden. Wir mussten sie zerstören, sonst hätten wir hier (im Süden Palästinas) Araber gehabt wie in Galiläa. Wir hätten eine weitere Million Palästinenser gehabt.“ Das ist der genetische Code der Zionismus. Und das ist die NAKBA der Palästinenser, die Israel leugnet. Das Völkerrecht ist in der Sache klar. In einer Resolution der Vollversammlung der UNO (Nr. 194(III) vom 11. Dezember 1948) findet sich der Beschluss, „dass Flüchtlingen, die in ihre Heimat zurückkehren und in Frieden mit ihren Nachbarn leben wollen, die Rückkehr zum frühestmöglichen Zeitpunkt erlaubt werden soll; dass eine Entschädigung gezahlt werden soll für das Eigentum derer, die sich nicht zur Rückkehr entschließen, sowie für den Verlust oder die Beschädigung von Eigentum, für die nach Völkerrecht und Billigkeitsrecht die Regierungen oder zuständigen Behörden Wiedergutmachung leisten sollen“. (Ilan Pappé. S. 306)
Diese historische Resolution wurde nur einen Tag nach der berühmten Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO verabschiedet. Artikel 13(2) dieser Erklärung besagt, dass jeder das Recht hat, jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen und in sein Land zurückzukehren. Israel ignoriert seit Jahren UNO-Resolutionen, auch die eben erwähnte, und man muss die Welt bewegen, sich einzumischen, Druck auf Israel auszuüben. Auch Deutschland ist hier gefordert, den Verstoß Israels gegen die Menschenrechte, die universell sind, anzuprangern.
Im Jahre 1950 habe ich nach meiner Einwanderung nach Israel im Rahmen von Familienzusammenführung das erste Mal die zerstörten Dörfer der Palästinenser gesehen und über das Schicksal der Flüchtlinge erfahren. Das prägt mich bis zum heutigen Tag. Ich habe damals begriffen, dass Frieden nur möglich sein wird, wenn wir unsere Schuld bekennen und das Recht der Flüchtlinge auf Rückkehr als ein elementares Menschenrecht anerkennen.
Aber Israel hat weiter erobert, zerstört - und entrechtet die Palästinenser, auch die in Israel, die israelische Staatsbürger sind, und hat alle Friedensinitiativen und Bemühungen abgelehnt. Israel hat dabei zweifelhafte Rekordzahlen erreicht: 44 Jahre kolonisatorische Besatzung, 20 Jahre leere, trügerische Friedensgespräche, und die Liste der Rekorde ist noch lang…
Auf den Ruinen der drei palästinensischen Dörfer Yalu, Beit Nuba und Amwas, von der israelischen Armee 1967 zerstört, habe ich den Schwur abgelegt, die Rechte der Palästinenser bedingungslos zu verteidigen.
Nach der Besatzung von 1967 habe ich das Leid und auch den Kampf gegen die Entrechtung der Palästinenser als Zeitzeugin und als Augenzeugin kennen gelernt. Die Gefolterten, die Verletzten mit gebrochenen Beinen und Armen, dem Befehl Yitzhak Rabins entsprechend; die toten palästinensischen Jugendlichen, Opfer der ersten Intifada, und die hunderten von Verhafteten sind Teil meines Lebens geworden. So wie die Enteignung des Landes der Palästinenser für die israelischen völkerrechtswidrigen Kolonien, sogenannte „Siedlungen“. Jahrelang habe ich juristisch gegen den Landraub gekämpft, aber vergeblich. Wenigstens konnten wir das verrottete Rechtssystem der Besatzer entlarven.
Die Besatzer wollten der Jugend Palästinas die Zukunft stehlen, den Mut und die Hoffnung. Sie sind gescheitert. Man kann diese Jugend heute beobachten, wenn sie für die Einheit der Palästinenser kämpft, für die Einigung zwischen Fatah und Hamas, was ich von Herzen begrüße! Sie kämpft auch gegen die Apartheidsmauer, zusammen mit ausländischen Solidaritätsgruppen und der israelischen Friedensbewegung. Der Kampf dieser Palästinenser ist gewaltfrei, aber nicht so die Reaktion der israelischen Armee, die gewalttätig und aggressiv ist, in Bi’ilin, Ni’ilin, in Ost-Jerusalem und überall. Wir werden auch nie die Menschen in Gaza vergessen, die unter einer unmenschlichen Blockade leiden. 1 ½ Millionen Menschen im größten Freiluftgefängnis der Welt, noch in Trümmern nach dem letzten israelischen Massaker (vom 27. Dezember 2008 bis zum 18. Januar 2009), der sogenannten Operation „Gegossenes Blei“, mit 1.444 palästinensischen Todesopfern, Tausenden Verwundeten, Hunderte von ihnen Kinder und Jugendliche, die meisten Opfer Zivilisten. Dazu eine gezielte Zerstörung der Infrastruktur.
Liebe Freunde, wir haben das Glück, uns heute hier zu treffen, während im Nahen Osten sich der arabische Frühling ausbreitet. Ein epochales Ereignis, das uns alle betrifft, das uns erfreut und ermutigt.
Mein palästinensischer Adoptivsohn Sami, der in den USA lebt, schrieb mir am 2. Februar 2011 die folgenden Zeilen unter dem Titel „Born again!“: Our mother, the feelings amongst Arab-Americans, whether from Palestine, Syria, Tunisia, Lebanon, Iraq is one of “Born Again!” It is just amazing to see these people a few weeks ago and today! People feel like they were in a deep sleep. Your dedicated and hard work and standing steadfast to principles of justice and equality and freedom through all these decades were not in vain! Let us hope that Egypt and Tunisia lead the way for the people of the region to live in democracy and freedom. I wrote to an Egyptian friend in Cairo telling her that “I feel like an Egyptian!” Her response was: “Yesterday we were all Tunisians; today we are all Egyptians, but WE ARE ALWAYS PALESTINIANS!”
Die Demonstranten in Kairo haben keine palästinensischen Fahnen getragen, aber in ihren Herzen hatten und haben sie Palästina! Israel muss sich damit abfinden, dass seine freundlichen bezahlten Tyrannen nunmehr der Vergangenheit angehören. Die arabischen Völker werden die Entrechtung der Palästinenser durch Israel, mit Hilfe der USA und Europa, nicht dulden!
Die Alternative zu Frieden mit Gerechtigkeit, was auch für das israelische Volk ein Segen wäre, ist eine Existenz als israelische Insel der Apartheid in der Region Nahost. Das sagt auch unsere Friedensbewegung und Menschen mit Gewissen überall auf der Welt.
Liebe Freunde, der Kampf geht weiter, und ich bin immer mit Ihnen!
Elkifah mustamer, wa ana daïman maakum! Schukran dschasilan!
Danke!
Felicia Langer
organisiert von der Palästinensischen Gemeinschaft in Deutschland (PGD) unter dem Motto „Die Generation der Rückkehr kennt ihren Weg“.
Hallo Bernd, ich möchte in dem Zusammenhang eine Kritik anbringen, die mir schon lange auf den Nägeln brennt. In dem Artikel heisst es:
Zitat: Link
Parallel zu den Feierlichkeiten Israels ist dieses Jahr zugleich der 75. Jahrstag der Machtübernahme der Nationalsozialisten und der damalige Beginn der Verfolgung und Diskriminierung der Jüdinnen und Juden, angefangen mit den Nürnberger Rassegesetzen, die in Pogromen und schließlich in die systematische, fabrikmäßige Ermordung von 6 Millionen europäischer Jüdinnen und Juden mündete.
Ich findes es nicht gut, in dem Zusammenhang immer nur auf die jüdischen Mitbürger zu verweisen. Das hat was von MIssachtung der anderen Opfer des Nationalsozialismus an sich. Ich will nicht behaupten, dass es wirklich so gemeint ist, aber es wirkt so. Und dann finde ich es auch schlimm, dass da immer von "Juden" die Rede ist. Der Punkt ist dabei, dass damit eine BEsonderheit herausgestellt wird, die sie in eine gewisse Distanz zum deutschen Volk bringt. Auch in diesem Fall ist es ganz sicher nicht so gemeint (ich habe keinerlei Anlass, der PdL Rassismus zu unterstellen), aber es hat eben diesen Beigeschmack. Beide Punkte lassen sich dadurch vermeiden, dass man von der Ermordung von Mitbürgern redet. Diese Sprachregelung hat auch den Vorteil, dass sie das ungeheuerliche Verhalten des damaligen deutschen Staates viel stärker in den Fokus stellt, denn ein Staat, der seine eigenen Staatsbürger (und zwar egal, welches Glaubens oder welcher Überzeugung) umbringt, wird viel stärker als verbrecherisch charakterisiert als einer der (vermeintlich fremde) "Juden" umbringt. Ich würde mich freuen wenn diese Gedanken in der Linken (nicht nur der PdL) mal diskutiert würden. Nix für ungut Peter
Erstellt: 10.05.11, 10:56 Betreff: Re: Münzers Herrenzitat - Sein und Sollendruckenweiterempfehlen
Ich muss wiedermal eine Lanze für den preussischen General von Clausewitz brechen. In dem angeführten Vortrag von Gregor Gysi heisst es unter Berufung auf Clausewitz:
Zitat: Gregor Gysi
Der moderne Begriff des Krieges, der bei Clausewitz seine volle Ausformung erhielt, bestimmt den Krieg bekanntlich als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Der Krieg ist somit nicht der Gegenbegriff zur Politik. Das Politische am Krieg ist tatsächlich die Fortexistenz eines politischen Zwecks. Der Zweck des Krieges ist ein scheinbar doppelter: erstens den Feind zu schwächen, um ihn so einem Friedensabschluss geneigter zu stimmen (deswegen ist jeder Krieg vermeintlich eine "Friedensmission"), zweitens die Bedingungen zu verbessern, unter denen die in den Krieg führenden Zwecke verwirklicht werden können.
Dazu ist zu sagen, dass die beiden Formen von Clausewitz zusammengefasst werden in dem Begriff "dem Gegner das Gesetz geben". Das heisst, Ziel des Krieges ist es, den Gegner zur Erfüllung der eigenen Forderungen zu zwingen. Clausewitz hat aber keineswegs den Krieg als legitimes Mittel der Politik beschrieben, wie dies oben im Anschluss an die gängige Interpretation behauptet wird. Der Satz "Der Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" bedeutet also keine Legitimation, sondern nur die Feststellung, dass jeder Krieg eine politische Vorgeschichte hat, die er fortsetzt. Clausewitz war kein Kriegshetzer. Er gehörte neben Scharnhorst zu den ihrer Zeit weit voraus denkenden Militärtheoretikern, die für eine Volksbewaffnung eintraten. Eine solche Form der Streitkräfte ist aber für Angriffskriege denkbar ungeeignet. Ich empfehle also, Clausewitz mal unvoreingenommen zu lesen, denn von dem kann man wirklich lernen. Peter
Erneut politisch motivierter Polizeieinsatz gegen Meinungsäußerung und demokratische Forderungen an der Universität Bonn: Allgemeiner StudentInnenausschuss (AStA) Bonn lässt Diskussionsveranstaltung mit israelischer Menschenrechtlerin räumen. AStA-Angestellter: „Das war Rechtsbruch!“
Die SPD, jahrzehntelang treue Bruderpartei der arabischen Diktaturen, mimt im Bonner AStA gemeinsam mit Grünen und LUST den Mubarak: Eine der AStA-Koalition missliebige Diskussionsveranstaltung mit der Menschenrechtlerin Rajaa Omari an der Uni Bonn wurde am Abend des 19. Mai Ziel eines offenbar illegalen Polizeieinsatzes.
Jakob Horneber, Vorsitzender des rot-grünen AStA und Mitglied der Grünen Hochschulgruppe, versuchte die seit Wochen beworbene Veranstaltung unter dem Titel „Der Kampf für allgemeine Menschen- & Bürgerrechte in Israel“ kurz vor Beginn(!) telefonisch zu verbieten. Er berief sich dabei zunächst auf einen Formfehler bei der Raumbuchung(!) durch die veranstaltenden Hochschulgruppen LiLi und UBIG, gestand aber später offen ein, dass er aus politischer Motivation handle.
Durch sein Vorgehen hat Horneber seine rechtlichen Kompetenzen gleich in mehrfacher Hinsicht überschritten. Erstens wäre laut Einschätzung eines AStA-Angestellten eine rechtzeitige schriftliche Absage der Raumbuchung gegenüber der LiLi grundsätzlich absolut notwendig gewesen. Zweitens verfügt der AStA lediglich in ausführender Funktion über die von ihm gemieteten und an Hochschulgruppen vergebenen Hörsäle der Universität Bonn, deren Hausrecht aber durch das Rektorat ausgeübt wird. Mit dem Rektorat war der Formfehler bei der Raumbuchung (die versehentliche Vertauschung zweier Veranstaltungstitel) aber bereits zu Beginn der Woche von den Veranstaltern ausgeräumt und behoben worden. Da von Seiten des Rektorats keinerlei Beanstandung an der Raumnutzung bestand, handelte der AStA also klar widerrechtlich, als er unter Berufung auf Formfehler und politische Missliebigkeit die Veranstaltung verbot, die Polizei rief und mit deren Hilfe die Räumung durchsetzte.
Da die Teilnehmer der Diskussionsveranstaltung nicht bereit waren, den AStA-Maulkorb zu akzeptieren und die Veranstaltung abzusagen, riefen die beiden vom Vorsitz instruierten und vor Ort geschickten AStA-Referenten für Finanzen und für Soziales, Malte Lömpke (Grüne) und Katrin Stange (LUST), telefonisch die Polizei zur Hilfe und leiteten gegen 20:30 Uhr eine Räumung ein. Nachdem die Disksussion mit Rajja Omari ab 19:30 Uhr trotz wiederholter Störungen durch die AStA-Referenten eine Stunde lang gelaufen war, verließen die Teilnehmer der Veranstaltung schließlich unter Protest den Hörsaal und setzten die Veranstaltung zur Menschenrechtssituation in Israel im Freien fort.
Während die Millionen Demonstranten und Aufständischen in der arabischen Welt bei ihrem Kampf um Menschen- und Bürgerrechte durch den Sturz der nordafrikanischen Diktatoren Mubarak und Ben Ali erste bescheidene Fortschritte erzielt haben, werden ihre palästinensischen Nachbarn nach wie vor diskriminiert, enteignet, beschimpft und wie Menschen dritter Klasse behandelt. Verantwortlich für diese Lage ist der israelische Staat, der ebenso wie die deutschen Regierungen der letzten Jahrzehnte aus SPD, Grünen, CDU und FDP über lange Jahre enge und freundschaftliche Beziehungen zu den arabischen Diktatoren unterhielt. Besatzung und Diktatur sind im nahen und mittleren Osten untrennbar miteinander verbunden. Hier in Deutschland setzen Grüne und SPD diese Politik mit teilweise ähnlichen Mitteln fort.
Rajaa Omari, palästinensische Bürgerrechtsaktivistin und Mitglied der Organisation „Abnaa el Balad“ (dt.: Söhne und Töchter des Landes), berichtete in Bonn bei der Veranstaltung über die zunehmende Verletzung des Menschen- und Völkerrechts sowohl in Westbank und Gaza als auch innerhalb des israelischen Staates. Sie zeigte Perspektiven eines demokratischen Widerstands der Palästinenser auf und diskutierte bis in die späte Nacht mit den Teilnehmern. Den Teilnehmern stellte sich unter anderem die Frage: Sehnen sich die SPD- und Grünenpolitiker im Bonner AStA und im Parlament auch nach einer arabischen Diktatur hier in Deutschland? Schaut man nicht auf die rot-grünen Lippenbekenntnisse zu „Demokratie“ und „Meinungsfreiheit“, sondern auf ihre praktische Politik der letzten Jahre, gerade an der Uni Bonn, so ist die Frage weitgehend beantwortet:
Bereits im vergangenen Jahr war der rot-grüne Bonner AStA mit Polizeigewalt, Anzeigen und Hausverboten gegen Friedensaktivisten und Gewerkschafter vorgegangen, um sie mundtot zu machen. [*] Diese politischen Methoden haben mittlerweile System. Sie sind typisch für rechte Organisationen und Regierungen. Die Bonner Hochschulgruppen von SPD, Grünen und LUST unterstreichen durch diese Politik der Repression, dass sie der demokratischen Bewegung im nahen und mittleren Osten feindlich gegenüberstehen. Sie sind Anhänger der Fortsetzung von Unterdrückung und Besatzung der arabischen Völker durch die Marionetten ihrer Mutterparteien und wollen jede Diskussion im Keim ersticken. Daher gab es noch nicht einmal den Ansatz einer öffentlichen Erklärung der anwesenden AStA-Referenten gegenüber den Veranstaltungsteilnehmern oder gar ihre Teilnahme an der Diskussion der brennenden politischen Fragen der demokratischen Bewegung in Israel mit Frau Omari. Statt zu argumentieren wurden die aufgebrachten Teilnehmer auf die persönliche Verantwortlichkeit von Jakob Horneber für diese Entscheidung hingewiesen, der „alle Fragen später beantworten werde“.
Wir sind natürlich äußerst gespannt auf die „Erklärungsversuche“ und Ausflüchte des Grünen-Politikers für dieses widerrechtliche, undemokratische und zensierende Verhalten und werden außerdem rechtliche Schritte prüfen. Aufgrund des erneuten antidemokratischen Vorgehens in Zusammenarbeit mit der deutschen Staatsgewalt, wegen des offenen Rechtsbruchs und der konsequent gegen Araber gerichtete Politik der Bonner AStA-Parteien fordern wir gemeinsam
eine umfassende politische Erklärung des Gesamt-AStA und den sofortigen Rücktritt Jakob Hornebers vom Posten des Vorsitzenden
Wir lassen uns keinen Maulkorb verpassen! Wir kündigen an, in Zukunft vermehrt zu den Fragen von Demokratie, Krieg und Besatzung im nahen und mittleren Osten öffentlich an der Universität zu diskutieren, gerade die Kernfrage der palästinensischen Besatzung.
( ... ) Der Fraktionschef der Linksfraktion im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, sagte der taz: "Wenn ein katholischer Kardinal einem schwulen Religionslehrer die Lehrerlaubnis entzieht, dann ist die Empörung in der Linkspartei zu Recht groß. Wenn aber Schwule im Gazastreifen um ihr Leben fürchten müssen, höre ich von den gleichen Empörten nichts. Das ist ein Problem."
Der Berliner Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich forderte seine Parteiführung auf, entschiedener gegen antisemitische Tendenzen in den eigenen Reihen vorzugehen. ( ... )
Studie sieht Zunahme von Antisemitismus bei den Linken
( ... ) Der Berliner Landeschef Klaus Lederer, mit Vize-Parteichefin Halina Wawzyniak gerade auf Delegationsreise in Israel, nennt das Vorgehen seiner Parteifreunde in Bremen „verräterisch“, das von Höger „empörend“. ( ... )
Der Fraktionsvorsitzende der Linken im Duisburger Stadtrat, Hermann Dierkes, wandte sich am Donnerstag in einem offenen Brief an den Fraktionsvorsitzenden der Linken im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, wegen dessen Äußerungen zu Antisemitismus in der Frankfurter Rundschau vom selben Tag:
Werter Bodo, in der FR vom heutigen Tage wirst Du in einem äußerst tendenziösen Artikel über unsere Partei und einzelne ihrer Mitglieder mit Äußerungen zitiert, die mich erneut verwundern. Mir selbst wirfst Du laut FR »krudes Zeug« vor, und ich hätte »keine Ahnung«. Wovon genau, wird leider nicht weiter ausgeführt. Ich muß es aus den Folgesätzen erraten, mit denen Du zitiert wirst. Die FR: »Am Wochenende hatte Dierkes u.a. einen ›unlösbaren Widerspruch‹ in Israels ›Staatsdoktrin‹ ausgemacht: jüdisch und demokratisch – das sei unvereinbar.« Dazu sollst Du folgende Aussage gemacht haben: »Solche Einlassungen leg (t)en nahe, ›daß Dierkes sich das Verschwinden der jüdischen Bevölkerung im Nahen Osten eher wünscht oder es billigend in Kauf nimmt‹, stellte Ramelow fest.« Ende des Zitats. Hast Du wirklich gegenüber der FR eine solche ungeheuerliche Aussage gemacht und wann? Sollte das nicht der Fall sein, hast Du Dich davon distanziert oder wirst Du das tun?
Daß nach dem FR-Zitat aus meinem Interview für die Online-Zeitung »Die Freiheitsliebe« von letzter Woche mein nicht zitierter Satz folgt: » (Die israelische Staatsdoktrin) verurteilt alle Nichtjuden in diesem Staat zu Bürgern zweiter Klasse, es schafft und vertieft Apartheid-ähnliche Verhältnisse«, scheint Dich genausowenig zu interessieren wie die angeblichen Wissenschaftler, die der FR-Artikel anführt. Sie sind aus dem Spektrum der Antideutschen, der Broder und »Honestly Concerned« (…). Mein Folgesatz zu den Apartheid-ähnlichen Verhältnissen in Israel und den besetzten Gebieten und der gesamte Argumentationsstrang des Interviews, auf das sich der FR-Artikel bezieht, lassen keine rassistische/antisemitische Auslegung zu, im Gegenteil! (…) Ich fordere Dich zu einer Podiumsdiskussion über die Verhältnisse in Israel/Palästina und die deutsche Verantwortung auf. Wir sollten endlich nicht nur übereinander reden, sondern endlich miteinander. (…)
Bodo Ramelow veröffentlichte am Freitag unter dem Titel »Hat Die Linke ein Antisemitismusproblem?« folgende Pressemitteilung:
Bodo Ramelow widerspricht der sehr verkürzten Darstellung, daß die Partei Die Linke ein strukturelles, gar verfestigtes Antisemitismusproblem habe.
Unstrittig gebe es in Deutschland Antisemitismus nicht nur unterschwellig. Dieser sei »ein Problem der gesamten Gesellschaft, aus deren Mitte er immer wieder entsteht. (…) Dabei sei natürlich auch Die Linke, wie alle in der Gesellschaft verankerten Parteien, nicht frei von vereinzelten, in diese Richtung wirkenden inakzeptablen Grenzüberschreitungen. (…) »Es kommt immer wieder darauf an, jeglichen antisemitischen Tendenzen, Äußerungen und Umtrieben entschieden entgegenzutreten«, erklärt Ramelow und verweist auf die »nun wirklich eindeutige und schnelle Reaktion« der Linken-Bundesvorsitzenden Gesine Lötzsch z.B. auf nicht hinnehmbare Israel-Boykott-Aufrufe. »Für solche Haßtiraden gibt es keinen Platz in der Linken.« (…)
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meine Meinung:
... die beflissene Entschulderitis und Distanzeritis der PDL-FunktionärInnen und das selbstgeißelnde Drüberhüpfen über jedes Stöckchen, das der PDL unter anderem von der rechtslastigen rassistischen antideutschen Apartheid-Mafia auch innerhalb der PDL hingehalten wird, wird immer peinlicher und beschämender
... solange eine rechtslastige rassistische Organisation wie BAK Shalom innerhalb der PDL unterstützt, gefördert und ihren Haßtiraden Rückendeckung gegeben wird, solange bleibt die PDL unter anderem als Gerechtigkeits- und Antikriegspartei absolut unglaubwürdig
bjk
... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen! von Yossi Wolfson
Wer zum Boykott Israels aufruft, soll künftig nach dem Willen des israelischen Parlaments vor Gericht belangt werden können. Gegner des Gesetzes haben bereits Verfassungsklage eingereicht. Sie befürchten massive Einschränkung der Meinungsfreiheit.
Das Gesetz, das am Montagabend von der Knesset mit ausgesprochen geringer Mehrheit beschlossen wurde, sieht vor, dass jeder, der mit dem Ziel, den »jüdischen und demokratischen Charakter des Staates Israel in Frage zu stellen«, zum Boykott von israelischen Produkten oder Dienstleistungen sowie von Institutionen, Organisationen oder Kommunen aufruft, dafür von den Betroffenen vor Gericht auf Schadenersatz verklagt werden kann, ohne dass die Kläger den entstandenen Schaden beziffern müssen. Zudem sollen Personen und Unternehmen, die an einem solchen Boykott teilnehmen, künftig von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.
Es sei ein Grundsatz der Demokratie, dass man der Bevölkerungsgruppe, mit der man nicht übereinstimmt, trotzdem nicht weh tut, begründeten die beiden Abgeordneten von Likud und Jisrael Beiteinu, die den Entwurf eingebracht hatten, die Vorlage. Versuchen, Israel zu delegitimieren, müsse Einhalt geboten werden.
»Nichts delegitimiert Israel besser als dieses Gesetz«, antwortete Ilan Gilon, Abgeordneter der linksliberalen Meretz. »Es schadet dem öffentlichen Diskurs, es schadet der Demokratie, es schadet unserem Ansehen, es schadet dem Friedensprozess: Die Rechte versucht, alle zu ihrer Meinung zu zwingen.« In der Tat erklärte ein Sprecher der Palästinensischen Autonomiebehörde am Dienstag, das Gesetz mache eine neue Verhandlungsrunde unmöglich. Es sei »ein weiterer Versuch, zu verschleiern, dass die Siedlungen nicht Teil Israels sind«.
Und auch Juristen sparen nicht mit Kritik. »Mir fallen auf Anhieb mehrere rechtsstaatliche Grundsätze ein, die hier verletzt werden sollen«, erläuterte Aharon Barak, ehemaliger Vorsitzender des Obersten Gerichtshofes, dessen Nachfolger in den kommenden Wochen die Rechtmäßigkeit überprüfen müssen.
Denn zwar können auch Ausländer, die im Ausland zum Boykott Israels aufrufen, dafür in Israel verklagt werden – doch die Hauptbetroffenen sind Israelis und Palästinenser. So hatten sich Ende 2010 Dutzende prominente Kulturschaffende geweigert, zur Eröffnung einer Kulturhalle in der Siedlung Ariel aufzutreten, und damit heftige Kritik der Rechten heraufbeschworen.
Würden diese Künstler nun erneut eine Veranstaltung in einer jüdischen Siedlung boykottieren, müssten sie nicht nur damit rechnen, von der Siedlung verklagt zu werden, sondern sie wären auch von Jobs bei Theatern, öffentlich-rechtlichen Sendern und von Kulturförderung ausgeschlossen.
Wieso niemals Palästina? Das Gebiet dort nennt sich seit hunderten von Jahren Palästina, es darf nur nicht mehr so genannt werden. Wer z.B. die besetzten Gebiete besuchen möchte muss als Reiseziel Israel angeben. Dann fliegt man über TelAviv ein und muss über die Checkpoints dann in die besetzten Gebiete einreisen, was natürlich von der Willkür der Soldaten abhängig ist. Passt ihnen deine Visage nicht, kannst du wieder gehen. Wer als Reiseziel Palästina angibt kann am Flughafen gleich wieder in das nächste Flugzeug einsteigen und wird zurückgeschickt. So geschehen vor kurzem bei einer Aktion von Aktivisten unter dem Namen "Willkommen in Palästina!". Die rechte israelische Regierung und ihre Geheimdienste haben sogar europäische Fluglinien und Behörden unter Druck gesetzt und diese aufgefordert bestimmte Menschen mit dem Reiseziel Palästina gar nicht erst anfliegen zu lassen. So wurde die Friedensaktion massiv und fast vollständig behindert.
Es ist notwendig in diesem Konflikt, sofern man sich mit ihm beschäftigt, klare Positionen zu beziehen und diese nicht selbst zu verwässen. Die Solidarität mit den Linken in Israel und den besetzten Gebieten ist enorm wichtig für die Situation vor Ort, da Israels empfindlichster Punkt das Ansehen ausserhalb der Region ist. Proteste vor Ort werden totgeschwiegen oder plattgewalzt. Die Menschen sind auch auf unsere Hilfe angewiesen, sei es auch nur die der berechtigten Kritik oder Boykotte. Das Verbot ist ein weiterer Schritt berechtigte Kritik mundtot zu machen. Solange es Staaten gibt, also so lange es Israel gibt, muss die Forderung natürlich klar ein autonomer Palästinenserstaat sein. Um mal mit den Worten der Verfechter der rechtskonservativen, rassistischen Politik Israels, welche für die Radikalisierung in den besetzten Gebieten die Schuld trägt, zu sprechen, ein Schutzraum muss her.
Erstellt: 22.07.11, 00:27 Betreff: the only Boycott in the Nazi era was the boycott of German goods organised by the Jewish unions anddruckenweiterempfehlen
The only Boycott in the Nazi era was the boycott of German goods organised by the Jewish unions and the international labour movement. The so-called boycott of Jewish shops on April 1st 1933 by the SA [Sturm Abteilung Nazi stormtroopers] was nothing of the kind – it was an armed siege, just as Gaza today experiences an armed siege. But even more pertinent, the SA intended the ‘boycott’ to last indefinitely. Hitler called it off after one day after Goring and the German capitalists panicked at the effects of the Jewish Trade Union Boycott of German goods. In late March Goring called the German Jewish leaders to see him and they said they had no influence. But also invited, after lobbying, was the German Zionist Federation which openly stated that it opposed the Boycott as an ‘unZionist’ way to do things. Unsurprisingly because the Zionist movement was intent on laying their hands on German Jewish wealth (this was openly stated). They therefore concluded Ha’varah, The Transfer Agreement between Nazi Germany and Jewish Palestine (Yishuv)! 60% of capital investment in the Yishuv between 1933-39 came from Nazi Germany! But what benefitted Zionism did not benefit Jews. The Jews able to take advantage of Ha’avarah were wealthy German Jews who could have got out anyway. What it did was seal the fate of ordinary and poor German Jews for whom no other weapon was available. For those interested, read Edwin Black’s book ‘The Transfer Agreement’.
Black is the son of ethnic Jews from Poland who were survivors of the systematic campaign of genocide against the Jewish people by the fascist government of Germany and its allies. His mother Edjya, from Białystok, had only managed to survive the Holocaust when as a 12-year old in August 1943 she was pushed to safety by her mother and other prisoners through the vent of a boxcar en route to the Treblinka extermination camp.[2][3] His father as a young man had escaped his murder by successfully fleeing to the woods from a long march to an isolated "shooting pit" and had subsequently fought the fascists as a Betar partisan.[4] The pair had survived World War II by hiding in the forests of Poland for two years, emerging only after the end of the conflict and emigrating to the United States.[2]
Der letzte Teilnehmer der Aktion »Willkommen in Palästina« ist seit Sonnabend nach Palästina unterwegs, allerdings nicht über Tel Aviv. Isam Kamel, 41-jähriger deutscher Staatsbürger mit palästinensischen Wurzeln, muss über Amman an seinen Zielort Bethlehem in den israelisch besetzten Gebieten gelangen.
Isam Kamel, in Berlin lebender deutscher Staatsbürger, Geschäftsmann und Generalsekretär des Deutsch-Palästinensischen Wirtschaftsrats, kann nicht auf schnellstem Weg – in fünf Stunden von Berlin über Tel Aviv nach Bethlehem, in seine Heimatstadt – reisen. Er sieht sich wie andere europäische oder US-amerikanische Bürger mit palästinensischen Wurzeln genötigt, die zeitraubende Route über Amman zu nehmen. So dauert die Reise bis zu drei Tage – wegen der vielen israelischen Kontrollposten, die er passieren muss.
»Bei der Ausreise aus Bethlehem musste ich beim letzten Mal erst zehn Stunden in einer Halle mit mehreren tausend Palästinensern warten, bevor wir in den Bus nach Jordanien steigen durften«, berichtet Kamel. »Unterwegs wendete unser Busfahrer plötzlich. Ich fragte nach dem Grund, der Fahrer sagte nur: ›Wir dürfen die Soldaten nicht fragen.‹ Es waren Kranke unter den Passagieren, Alte und Schwache.« Kamel hält das für Schikane, »um auf die Palästinenser so viel Druck auszuüben, dass diese ihre Heimat verlassen.« Für ihn ist das eine Maßnahme »der ethnischen Säuberung«.
Bei der Durchsetzung der israelischen »Sonderbedingungen« macht die deutsche Regierung mit. Laut Kamel musste er bei der Einbürgerung im Jahr 2003 schriftlich einwilligen, auf den Schutz des deutschen Staats zu verzichten, wenn er in das Territorium Israels und die von Israel besetzten Gebieten reist. Dort gilt er nicht mehr als deutscher Bürger, sondern als Palästinenser.
Auf Anfrage konnte das Auswärtige Amt kein Land außer Israel nennen, in denen Deutsche ihre staatsbürgerlichen Rechte verlieren. Die Bundesregierung trete »gegenüber der israelischen Regierung für transparente und angemessene Regelungen zur Einreise in die palästinensischen Gebiete ein«.
Das deutsche Innenministerium gab Kamel ein Merkblatt für »Deutsche palästinensischer Herkunft« mit, das der Autorin vorliegt. Darin heißt es: »Ihnen wird das Recht bestritten, in den palästinensischen Gebieten und in Israel diplomatischen oder konsularischen Schutz von den deutschen Auslandsvertretungen zu erhalten.«
»Ich bin mir nicht sicher«, sagt Kamel, »ob das mit dem deutschen Grundgesetz konform geht.« Ein Berliner Verwaltungsrichter soll ihm gesagt haben, dass eine Klage Aussicht auf Erfolg hätte.
... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen! von Yossi Wolfson